Kategorie: Allgemein

Kettenöl

  „Nicht immer müssen gegebene oder übernommene Aufgaben ernst genommen werden. Manchmal muss man einen Ausweg, vielleicht auch einen Umweg suchen. Manchmal sollte es eine Ausnahmeregel sein, um sich aus einer misslichen Lage zu bringen, um sich um eine Entscheidung…

Kopfkino

  Kohlestaub scheint über diesem Stadtteil zu liegen, die Paraffinlampen verdüstern mehr, als sie erhellen. Auf dem Weg zur Corova–Milchbar beobachtet Georg Halbwüchsige. Sie üben die Tritte und Handkantenschläge eines Kampfsports und stürmen johlend die Treppe ihres Hauses hinab. Auf…

hAlterung

    Niemandes Sein zu treffen, ins Schwarze grinsendes Suchen verfehlend. Im Weiß genoß einmal jemand das Schweigen- Verfluchen, das Äffen, als Greis.       *** Ein Rückblick auf: orten vernähte alphabetien Texte von Angelika Janz. Verlag Wiecker Bote,…

Der Letzte

  He! da oben! lachen! ich lache! drei Tage stürzen! brüllen! drei Tage Jahre Ewigkeiten! und bist noch nicht zerstürzt! verfluchter Himmel! Blaubalg! pafft Zigarren und stiebt Asche. alles zusammen. den Graben. Schützengraben. Schutz. Grab. die Stellung wird gehalten bis…

LEBENSERHALTUNG

    Immer wieder hineinhören in die lautlose stille immer wieder die bilder die aufleuchtend verglühen immer wieder tief in sich den abschied spüren immer wieder aber auch der hoffnung fernes licht nicht die frage stellen wieviel zeit noch bleibt…

Die Särge

  Die Särge wohnten in einem kleinen Sargladen voll mit Gaslampen. Es war sehr zugig und kalt. Der Winter hörte in dem Laden nie auf. Und wenn draußen der Märzwind lärmte, dann wurde es im Laden November. Tote Blätter fielen…

NO!art

NO!art reflektiert den Mix aus Abschaum und Verbrechen, mit dem die Massenmedien die Gemüter unserer Zeit überfluten Harold Rosenberg Boris Lurie, Sam Goodman und Stanley Fisher organisierten anfangs Ausstellungen in der March Gallery, New York, aus denen dann die NO!art…

Die Glut

  Die Glut. Die Glut. „Der Tod pfeift immer noch nicht aus dem letzten Loch. Er schlägt härter zu, genauer und unberechenbarer als irgendein Konzern und singt seinen eigenen Blues“, sagte Stella. „Ich stoße meine Stirn in die Tastatur, unter…

Lyrische Novelle 13

  Dann lernte ich Erik kennen. Er kam aus Schweden und war mit Magnus verwandt, aber das wusste ich gar nicht, ich traf ihn in der Bar des Walltheaters, und Sibylle machte uns miteinander bekannt. Er fragte mich, ob ich…

Im L@b®atorium

  An der Schnittstelle der Stile ist Wissbegierde der Motor des Fortschritts. Die globalisierte Wirtschaft lockt mit ewiger Jugend, Wachstum ohne Grenzen und Geld ohne Ende. Wer sie in Frage stellt, hat die Zukunft verpasst. Nach dem Ausscheiden seines Vor–Gesetzten…

Traumnovelle

  Das Geheimnisvolle dieser Novelle rührt von der Entdeckungsreise ins Selbst her, die Fridolin unternimmt, einen Abstieg in die Tiefen seiner eigenen Psyche, und den Veränderungen in den Beziehungen zwischen Menschen. Sie verkörpert eine Fülle von psychologischer Metaphorik und Symbolismus…

Der Roman

  Er hatte sich Papier gekauft, einen ganzen Block, einen wunderschönenen Füller und Tinte. Er würde einen Roman verfassen, große Prosa, hatte er gesagt. Und irgendwann auch lesen und schreiben lernen.      *** Unerhörte Möglichkeiten, von Herrn Nipp. Edition…

Cafe Klößchen

I Lisel Liblichlein war aus der Provinz in die Stadt gekommen, weil sie Schauspielerin werden wollte. Zu Haus empfand sie alles spießig, eng, verblödend. Die Herren waren dumm. Der Himmel, das Küssen, die Freundinnen, die Sonntagnachmittage wurden unerträglich. Am liebsten…

Rostschicht

  Nach Gattung geordnet stehen diese Gegenstände dicht beieinander und ineinander verhakt. man könnte meinen, hier fände sich alles ein, was sich gegen eine gebrauchswürdige Nutzung sperrt -unzählige leergetrunkene Flachmänner liegen auf der mit einer Rostschicht bedeckten Erde verteilt, trockenes…

In wasserloser Ferne

  In wasserloser Ferne. Ich wohne in einer alten Stadt in einem kleinen Haus mit engen Stiegen am großen Platz, der zerfurcht ist von den Schienen der Straßenbahn. In der Ferne kreischen die Räder aus dem blanken Metall der Gleise.…

Das Rendez-vous mit dem Goldzahn

  Möglichkeiten verpflichten. Diesen Satz hatte Eiermann insgeheim seiner Lebensführung vorangestellt. Schon in jungen Jahren. Was zur Folge hatte, daß seine Biographie durchaus nicht so schematisch geblieben war wie die anderer, sondern streckenweise ganz ungewöhnliche Höhepunkte aufwies. Allerdings nur in…

Im Einpersonenaufzug nach oben

  Da sind diese Momente; in denen man ganz draußen steht – und dort eingeschlossen sich vorfindet im innersten Bezirk des allgemeinen Subjektiven. Man schließt die Augen oder heftet sie auf eine metallische Wand und erwartet ergeben was nun geschieht: ganz…

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  Engführungen. Nataly liebt das Halbdunkel, in dem die Realität das Absurde streift, ins Surreale abgleitet, blühende Bilder einer Welt, die trotzig ihr letztes Geheimnis bewahrt. Morgens wirkt das Stadtbild auf die Frühaufsteherin so zart hinaquarelliert, dass es die Anmutung…

Lyrische Novelle 12

  Heute beginnt die Jagd. Ich komme die Treppe herunter, es ist kurz vor ein Uhr, der Wirt steht im Flur, begrüsst mich und sagt: »Die Jagd ist offen.« Ich verstehe zuerst nicht, was er meint. Es klingt wie: »Das…

AN DER WAND

  mein vater klettert in mehreren metern höhe einem käfer gleich, doch menschengestaltig, an der hauswand meines schönebecker kindheitshauses entlang. meine mutter steht aufgeregt darunter und klagt, daß er verunglücken werde. er aber ruft hinab: »ach was, mir passiert nichts.«…

Ich gehe durch den Schlaf wie durch eine Wohnung

  Ich im Bett. Zur Fensterseite liegt Elisa, rechts neben mir eine Frau, die ich nicht kenne. Beide sind mit dünnen Tüchern halb zugedeckt. Ich drehe mich zu Elisa im Licht, ins zarte Weiß, sie schläft, dann zu der anderen…

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  Polster aus Licht & die aufgetakelten Moose schräg gegen Wälder gelehnt das Herz & dein Dorf das zusammenwächst     *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2022 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten…

Erinnerung an den Tag des Mauerbaus

Ich verstehe Ihre Frage so, daß es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? …  Mir ist nicht bekannt, daß eine solche Absicht besteht, da sich die…

Lyrische Novelle 11

  Heute bin ich ungeduldig und beeile mich auf dem Heimweg, als könnte mich jemand erwarten. Und das ist doch nicht möglich, niemand kennt meinen Aufenthalt, nicht einmal ein Brief kann mich erreichen. Ich werde mich zwingen, langsam zu gehen.…

Abigail der Dritte

Professor Walter Otto dem großen Jüngling Der ehemalige Zebaothknabe Jussuf, der Sohn des verstorbenen Oberpriesters und seiner schönen Mutter Singa, war jetzt in Theben Melech. Er bekleidete außer der Königswürde auch das Oberamt des Tempels. Sein siebzehnjähriges Gesicht und seine…

Novelle

Ein dichter Herbstnebel verhüllte noch in der Frühe die weiten Räume des fürstlichen Schloßhofes, als man schon mehr oder weniger durch den sich lichtenden Schleier die ganze Jägerei zu Pferde und zu Fuß durcheinander bewegt sah. Die eiligen Beschäftigungen der…

Das ornament, das heute geschaffen wird

  Da das ornament nicht mehr organisch mit unserer kultur zusammenhängt, ist es auch nicht mehr der ausdruck unserer kultur. Das ornament, das heute geschaffen wird, hat keinen zusammenhang mit uns, hat überhaupt keine menschlichen zusammenhänge, keinen zusammenhang mit der…

Der McGuffin, ein Nachruf auf den Kriminalroman

  Vera Strange gehört zu dem Typ Frau, der zielstrebig um Haaresbreite an der so genannten Wirklichkeit vorbeilebt. Sie sympathisiert mehr mit dem, wie es sein könnte, als mit dem, was auf der realen Handlungsebene blossliegt. Die Künstlerin ist eine…

Lyrische Novelle 10

  Es ist noch nicht spät, aber die Dunkelheit ist wie ein Vorhang über das Land gesunken. Wenn ich an die Stadt denke, ist es mir, als habe ich dort ohne Ahnung von der Welt gelebt, ich weiss nicht, wie…

Die Tage fielen um wie Dominosteine

  Die Arbeit am Computer war ermüdend, die Zeit verging und blieb stehen. Ich las Sartre. Ich spielte mit seinen Ideen in Les jeux sont faits und schrieb einen härteren Schluss. Mir gefiel das philosophische Spiel, so lernte ich am…

Die Taube

… als auch ich den größten Teil meines Lebens in immer kleiner werdenden Zimmern verbringe, die zu verlassen mir immer schwerer fällt. Ich hoffe aber, eines Tages ein Zimmer zu finden, das so klein ist und mich so eng umschließt,…

Schwimmen gehen

  Der jüngere der drei Wanderer hatte den ganzen Tag davon geschwärmt, abends ins Schwimmbecken zu steigen, sich abzukühlen. Dieser Traum als Ziel hatte ihn während der Strapazen wohl ernsthaft aufrechterhalten. Beim Zelt angekommen, ergreift er als erstes sein Badezeug,…

Lyrische Novelle 9

  Denke ich sehr viel an Sibylle? Ich würde sagen, dass ich es nicht weiss, ich denke nicht nach, aber ich habe sie noch keine Minute vergessen. Es ist, als hätte ich nie ohne sie gelebt. Nichts verbindet uns, aber…

Madrigal

  wir schlafen ein Nacht für Nacht es summt der Mond der Samen und der Sand die Vogelröschen brennen und glühen wir jagen Schattenfische unter dem Laub der stillen Bäume Gespenster abends an der Tür weinen Murmeln zwischen den Rippen…

Ich traf Usch in einem Café am Reileck

  Ich traf Usch in einem Café am Reileck. Sie verspätete sich. Ich setzte mich an einen Tisch am Fenster. Ich beobachtete im Asphalt die Spiegelung des dunklen Himmels. Die Wolken zogen durch die Pfütze. ‚Ganz frei sind wir nirgends’,…

Der Dieb

  »Gott ich schwöre Dir, ich werde Deinen Willen tun. Denn Du bist der Herr, Herr, und ich bin Dein Werkzeug für und für, von nun an bis in Ewigkeit. Amen. Das heißt, ja, ja, es soll also geschehen. Ich…

BLICK AUF WALD UND MEER

  ich laufe in einer uferstraße an zerfallenen häusern mit wendeltreppen, terrassen und balkonen entlang, die jeden moment einzustürzen drohen. nirgends sehe ich menschen. plötzlich bricht knirschend die gußeiserne verzierung eines balkons herab und zerplatzt direkt neben mir. ich gehe…

Lyrische Novelle 8

  Aber damit war es bald vorbei. Und dann verbrachte ich den ganzen Tag in einer beinahe unerträglichen Ungeduld. Erst wenn der Abend begann, tröstete ich mich, die Lichter flammten auf, und jetzt erwachte Sibylle. Ihren Namen zu denken, erfüllte…

Das unsichtbare Reich

  Johann Sebastian Bach errichtete aus schwingender Luft den weltumfassenden unsichtbaren Gottesstaat und ging bei Lebzeiten in ihn ein wie der chinesische Maler der Legende in sein Bild. Betrachten wir die trotz der dreißig Bachjahrbücher, trotz Spitta, Schweitzer, Pirro, Terry…

Stella hielt nichts von meiner Reise

  „Du schiebst alles auf, was Arbeit macht, du verdrängst deine Pflicht. Du suchst belanglose Abenteuer und weißt nicht, wie du dein Leben gestaltest.“ „Ich weiß“, antwortete ich, „aber ich lerne auch aus meinen Eskapaden.“ „Du bist irrsinnig“, sagte Stella,…

Tragödie einer Entwürdigung

Leidenschaft als Verwirrung und Entwürdigung war eigentlich der Gegenstand meiner Fabel, – was ich ursprünglich erzählen wollte, war überhaupt nichts Homo-Erotisches, es war die – grotesk gesehene – Geschichte des Greises Goethe zu jenem kleinen Mädchen in Marienbad, das er…

Das Giftfläschchen

  Berlin war ein Feuerbrand von Sonne. Die Dächer der Häuser und die Fenster zitterten vor Junihitze, so wie die Hitzeluft über Steinwüsten zittert. Es war, als heizten die Scharen der Autos mit ihren Benzindämpfen die Straßen, wie fliegende Öfen.…

Auswüchse

  Hatte er nicht etwas aus den Augenwinkeln gesehen, etwas unerwartet und zunächst einfach nur Blödes? Herr Nipp drehte sich aus der zügigen Bewegung in Richtung Ausgangstür noch einmal um und traute seinen Augen nicht, tatsächlich wuchs da aus einem…

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  die Trommel hat einen Mund spielt Herzmuskel bum bum: burn, burn       *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2022 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

Die größte Erfindung der Menschheit

Ohne Schrift wären wir nur Stimme, schwebten wir in ständiger Gegenwart. Silvia Ferrara Dieser Autorin ist klar wovon sie redet. Vor allem wovon sie schreibt, Das Buch von Silvia Ferrara erzählt von der wahrscheinlich größten Erfindung der Welt. Ohne die…

Flagstaff. Youth Hostel

  Ich treffe das Indiana-Mädchen wieder. Mit ihr in einem Ford Babbit (rent car) zum Montezuma Castle. Oak Creek Canyon. Sunset Crater. Walnut Canyon. Holbrook, Arizona. Painted Desert und Petrified Forest. Albuquerque. Gallup. Hitchhiking nach Shiprock, Cortez, weil keine Greyhound-Linie.…

Absperrung

  Die Beförderung beginnt nach Durchschreiten der gebotenen Absperrung. Die Stationen sind nur mit gültigem Fahrausweis betretbar, Die Beförderung erfolgt aufgrund der jeweils gültigen Beförderungsbedingungen. Letzte Instanz für die Glaubwürdigkeit solcher Gebote sind die mitfahrenden Personen sehr ähnlichen Mitfahrenden, die…

Lyrische Novelle 7

  Ich arbeitete sehr regelmässig, bevor ich Sibylle kannte. Ich stand um sieben Uhr auf, und wenn ich kein Kolleg zu hören hatte, ging ich um halb neun Uhr in die grosse Bibliothek. Am Morgen waren viele Plätze leer, ich…

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  Umm el–dunja = die Mutter der Welt. Leben auf einer überhitzten Herdplatte, von der sich Dieselschwaden nicht verziehen wollen. Fossile Brennstoffe weisen den Weg in die Zukunft. Im Gegensatz zum muselmanisch–mittelalterlichen Treiben in den Souks der Altstadt steht der…

Wunderkiste

  Bei den Dingen, die die Kunst des Lebens ausmachen, ist es wie mit den Wörtern. Für sich genommen kann man sie leicht nach Wortarten unterscheiden. Harmonie, gesund sein, Freude, essen, Liebe, genug haben, Sicherheit, sich frei fühlen usw. Doch…

Pfaueninsel und Glienicke

  Der Sommer rückte mich an die Hohenzollern heran. In Potsdam waren es das Neue Palais und Sanssouci, Wildpark und Charlottenhof, in Babelsberg das Schloß und seine Gärten, die unseren Sommerwohnungen benachbart waren. Die Nähe dieser dynastischen Anlagen störte mich…

Je suis Taring Padi

  Nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo waren WIR nach dem 7. Januar 2015 alle einig: „Ich bin Charlie“. Man wollte sich von den „Ziegenfickern“ nicht vorschreiben lassen, was Kunst ist und was Satire darf. Das Triviale…

Eines Morgens wache ich auf

  Eines Morgens wache ich auf und sehe in die stummen Augen eines Maultierhirschs, der sich über mich beugt und bald in aller Ruhe davontrabt. Abends am Feuer fünf Amerikaner, ein Schwede und ich. Diskussion über Obama und Clinton ……

Notiz letzte Woche

  Gewalt gehört nun mal zum Weltgeschehen dazu, will man mehr als die Butter aufs Brot, sagte Sophie. Wenn ich denen sage lasst die Waffen in Ruh, nennt man mich Mörderin. Denen ist Feind oder Nichtfeind egal, die sind nur…

Sparsamkeit

  Als ich die folgenden Seiten, oder vielmehr den größten Teil derselben schrieb, lebte ich allein im Walde, eine Meile weit von jedem Nachbarn entfernt in einem Hause, das ich selbst am Ufer des Waldenteiches in Concord, Massachusetts, erbaut hatte…

Abigail der Zweite

Karl Kraus dem Cardinal Abigail des Spätgeborenen ältester Vetter Simonis saß auf dem Thron zu Theben nur einen Tag und langweilte sich und verzichtete auf die Krone zu Gunsten seines Bruders Arion-Ichtiosaur. Der nannte sich Abigail der Zweite – wie…

Die verhältnisse in den gewerben

  Die verhältnisse in den gewerben der holzbildhauer und drechsler, die verbrecherisch niedrigen preise, die den stickerinnen und spitzenklöpplerinnen bezahlt werden, sind bekannt. Der ornamentiker muß zwanzig stunden arbeiten, um das einkommen eines modernen arbeiters zu erreichen, der acht stunden…

Prolog: Monster of Biomacht!

  Sie bevölkern uralte Märchen und Mythen genauso wie Filme, Comics und die moderne Populär-Kultur: die Ungeheuer. Laut Definition versteht man unter einem Ungeheuer, einem sogenannten „Monstrum“, ein Wesen von großen, gewaltigen Ausmaßen, das jedoch meist nicht real existiert sondern…

Lyrische Novelle 6

  In Marseille kannte ich ein Mädchen, man nannte sie Angelface. Eigentlich kannte ich sie kaum, denn ich sah sie nur in der Nacht, ein einziges Mal, und da stand sie in ihrem Zimmer und dachte, dass wir Einbrecher sein…

Ein Porträt von Andrej Kokot

  Andrej Kokot hat meinen Gedichtband „Oporoka Casa“ (Zeitzeichen) ins Slowenische übersetzt. Wir haben uns früher oft und immer wieder getroffen, auch zusammen mit unserem gemeinsamen Freund, dem kärntnerslowenischen Dichter und Chorleiter Valentin Polanšek; oft auch in Slowenien bei den…

Sechster Schritt

  Dann wachte ich auf. Ich bin wieder zu mir gekommen. Aber was ist mein Ziel? Erst die Theorie entscheidet, was beobachtet werden kann. Stella fragte mich aus. Sie wollte wissen, warum ich in Paris war. Ich sagte ihr die…

Schloss Kostenitz

  Der Freiherr von Günthersheim zieht sich mit seiner deutlich jüngeren Frau auf seinen Landsitz zurück. Die Opposition zu Metternichs reaktionärer Politik und die Sympathien mit der Revolution von 1848 hatten ihn zum Verlassen des Staatsdienstes gedrängt. Die Tagespolitik holt…

Manchmal

  Manchmal treffen und überschneiden sich das Denken, das Virtuelle und die Realität. Wir könnten dann wohl auch verzweifeln, dachte Herr Nipp und zog seine Konsequenzen. Er würde in der Realität einiges von der virtuellen Welt beseitigen und paradoxer Weise…

Der Heizer

Als der sechzehnjährige Karl Roßmann, der von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr,…

Risse. Mörtel. Eine Wand. Ein Bild.

  Risse. Mörtel. Eine Wand. Ein Bild. Wimpern. Augen. Davor, ein Blick. Ein weiterer… 
Einblick: ganz genau dort weiter oder besser doch noch einmal zurückspulen und unter die Zeitlupe nehmen, jene Einzelbildschaltung, präzise das, dann allerdings längst, Vergangene zum wiederholten…

Er steht auf

  Er steht auf. Er fasst den Kugelschreiber und stößt ihn in den Text. Er geht mit schnellen Schritten zu dem Presslufthammer und stellt den Motor an. Der Hammer pulst, die Stöße zittern laut. Die erhobene Lanze schüttelt seinen Körper,…

Ein Nachmittag

  Die Straße kam ihm vor wie ein langer Strich, die Leute, die an ihm vorübergingen, schienen ihm wie lauter aufgeblasene weiße Puppen. Was wußten sie auch von seiner Seligkeit. Er hatte sie gefragt: »Darf ich Sie küssen?«, der kleine…

Lyrische Novelle 5

  Ich bin den ganzen Nachmittag im Wald gewesen. Zuerst lief ich gegen den Wind über ein grosses Feld, es war anstrengend, ich fror, und der Waldrand war wie ein Obdach. Nirgends war ein Mensch, ich blieb einmal stehen und…

Erinnerung an einen apokalyptischen Anarchisten

  “Je tiefer man in das Werk des Poeten, Philosophen, Cineasten, Cineasten, Politologen, Romanciers und bilden Künstlers, kurzum: des Autors Pasolini eindringt, je länger man sich mit den unzähligen Facetten seines Werkes und seiner Arbeitsweise beschäftigt, desto subtiler und komplexer,…

Uranos

    Der Raum ist schwarz. Langsam fließt Blau steil hinab, tiefblau, hellblau, zartblau angestrichene Strahlen von Licht. Flirrende Töne fließen mit, sie schwellen an und füllen den Raum so laut, dass die Farben zittern, dann wird es leise. Trommelndes…

Leutnant Gustl

Ein Einfall war da, die Gestalt tritt hinzu, die dazu dient, den Einfall zu illustrieren, und der Einfall tritt im Laufe der Überlegung, eventuell erst im Laufe der Arbeit hinter der Gestalt zurück. Arthur Schnitzler Diese Novelle ist fast gänzlich…

Die romantische Schule

  Ueber das Verhältniß des Herrn Schelling zur romantischen Schule habe ich nur wenig Andeutungen geben können. Sein Einfluß war meistens persönlicher Art. Dann ist auch, seit durch ihn die Naturphilosophie in Schwung gekommen, die Natur viel sinniger von den…

Kulturgutvernichtung

  Man kann sich durchaus berechtigt darüber aufregen, dass in verschiedenen Staaten der Welt, aus welchen Gründen auch immer, aktive Kulturgutvernichtung begangen wird. Unbewachte Museen in Kriegsländern, die geplündert werden, um persönlichen Profit zu schlagen. Raubgräberei, illegaler Antiquitätenverkauf, das Sprengen…

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  Sich mit der Erde versöhnen: Gras fragt nicht wie es wachsen soll oder       *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2022 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage…

Lyrische Novelle 4

  Es ist schade um die Menschen, sagt Strindberg. Vor einigen Monaten sass ich mit einem Dichter zusammen in einem Berliner Kaffeehaus, wir redeten begeistert und begeisterten uns immer mehr an unserem gegenseitigen Einverständnis. Er war viele Jahre älter als…

Eine Erinnerung an Robert Menasse

  Den Robert Menasse braucht man in der österreichischen Literaturszene und bei Standard-Lesern nicht vorzustellen. Man verbindet mit ihm den Begriff des kritischen Fragenstellers, Denkers und Feuilletonisten, der sich auch in aktuelle politische Geschehnisse einmischt, indem er dazu Stellung nimmt.…

Lächeln als Kapitulation begreifen

  Als ich noch in Berlin lebte, wurde ich oft gefragt, ob ich dort glücklich sei. Meine ehrliche Antwort lautete: „Nein.“ Berlin ist hässlich, laut, marode, stinkend. Berlin ist ein Schweinestall mit Bordellbeleuchtung. Es gibt keinen Grund, Berlin mit „Glück“…

Die Angst vor dem Tod ist das Schlimmste

  Der Tod griff mich erst an, als ich Jahre später Grandmère Louise verlor. Sie glaubte an die Sprache in den Psalmen und Faust, aber nicht an Gott. Der ließ sie fallen, als sie beim Überqueren der Allee in der…

6

  Moral ist die Schminke einer zivilisierten Gesellschaft. Nicht Krieg, sondern die schöpferische Zähmung der Natur bildet die Basis für die Entwicklung. Auf dem Kanal von Canopus verkehrten Wassertaxen, sie steuerten Herbergen, Traumdeuter–Häuser und Wirtshäuser an. Dieser Ort war Zentrum…

jenseits des falschen lebens

  bernd marcel gonner, der lyrik, prosa, dramatische texte und kinderliteratur schreibt und heute in berlin lebt, wurde 1966 als sohn eines luxemburgischen vaters und einer böhmischen mutter geboren. solche verschiedenen herkünfte regen kreativität an, weil sie mit unterschiedlichen identitäten…

Jugendkulturwoche 1963

  Dünn, zerbrechlich, zart; mit langsamen, eleganten Bewegungen, einem Lächeln im Gesicht, freundlich und höflich, kollegial. Dabei voller Wortwitz, Ironie, aber nie mit einem Sarkasmus, der verletzen hätte können. Alles so hinterfragen, skizzieren, sichtbar machen, darstellen. Gedichte wie aus hellgrauer,…

Der Sammler

  Nostalgischer Mythomane. Dr. h.c. Paul Pozozza begeht mit der Galeristin Grazia Terribile eine Maschinenhalle, erbaut aus Backstein, Glas und einem graziösen Stahlskelett. Die Museumsarchitektur als begehbare Skulptur ist selbst ein Kunstwerk und hat sich von ihrem Inhalt emanzipiert. Dem…

Selbstentierter

  Es fordert die pflichtgemäße Annullierung der vorausgegangenen Aktivitäten. Es ist mit der Aufschrift Selbstentioerter versehen. Sie hatte es seit Jahren vermieden, sich länger als eine Minute im Spiegel zu betrachten, über die Einzelheiten des Gesichts hinaus etwas Zusammenhängendes oder…

Fünfter Schritt

  Fünfter Schritt. Schon wieder ein Traum. Stella erzählte ihn mir, wieder am Brunnen. Sie träumte mich. Ich war im Traum mit ihr verschmolzen, sie träumte von mir, jetzt weiß ich es, sie träumte, was ich geträumt hätte, wenn ich…

Lyrische Novelle 3

  Früher hatte ich immer das Bedürfnis, mich allen Menschen zu erklären, um mit allen im Einverständnis leben zu können. Und ich hasste doch alle Geschwätzigkeit. Ich weiss aber nicht, ob ich sie hasste, weil ich ihr immer wieder verfiel,…

Abigail der Erste

Kete Parsenow der Venus Er wurde Melech, als er noch im Mutterleibe war. Die Melechmutter klagte, denn Abigail weigerte sich zur Welt zu kommen. Der lag in seiner Mutter Prachtleib wohl geborgen und schnarchte so laut, daß man seinen Schlummer…

Die nachzügler

  Die nachzügler verlangsamen die kulturelle entwicklung der völker und der menschheit, denn das ornament wird nicht nur von verbrechern erzeugt, es begeht ein verbrechen, dadurch, daß es den menschen schwer an der gesundheit, am nationalvermögen und also in seiner…

Auf ewig Dein!

  Das Digitalradio spuckt über Speaker Kurzweil aus. Dauerbrenner des tropisch aufgeheizten Sommers: eine Hypercalypseleitmelodei, verspricht in naher Zukunft eine ferne Sehnsucht zu realisieren. Eine Vorgeschichte zu erzählen ist bisweilen wie eine Nachgeschichte vorwegnehmen. Es formieren sich die Erinnerungen zu…

Tempus fugit

  Das Licht strömt aus unserer Mitte und vibriert, es fließt oder schlägt Wellen von einem zum andern. Der Himmel verliert sein letztes Blau. Jetzt ist er ganz schwarz, so schwarz, als wäre er gar nicht da, wie das Nichts…