Monat: November 1997

Laute Familie

  Das Wetter ist gut wie selten. Die wenigen Frosttage des Mai schon lange vorbei. Eigentlich hätte er sich Regen gewünscht, aber seit drei, vier Jahren kann man das im Mai vergessen. Es ist schon etwas beängstigend. Den Abend verbringt…

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Sag wo find ich deine Seele? Sag! Damit ich weiß worauf ich reiten soll abends wenn der Tag in die Grätsche und wieder die Fragen schreien und keiner mehr weiß zwischen bleiernen Spinnenweben Erinnerung *** Weiterführend → Ein Porträt von…

Der Andere

  Wenn er an seinen Tod denkt, ist es immer der Tod des andren. Der neben ihm hergeht, den er im Spiegel sieht, der seine Briefe schreibt. Der die schwarzschwarzen Stunden mit Witzen verhöhnt. Durchtrieben und ahnungslos.      …

Phlegma

  Atemzug fuer Atemzug schachmattes Murmeln Schwarz schlægt Weiss Kræhenf∫sse legen sich nachdenklich in Falten Federn auf dem Sprung Zahnræder stehen still… Zeitreisen durch die verrostete Mechanik einer Spieluhr   ephemeres Artefakt eines Anæherungsprozesses herausgeschnittene Momente lebendiger Zeit unablæssige Grenzueberschreitung…

DIE JUNGEN

  ich besteige einen nachtzug und bleibe, da ich auf anhieb keinen freien platz finde, im gang stehen. der schaffner bemerkt dies sofort und geleitet mich, wortlos und mit wenigen, doch eindeutig wohlwollenden gesten, in ein abteil, das bereits von…

Steglitzer Ecke Genthiner

In jede Kindheit ragten damals noch die Tanten, die ihr Haus nicht mehr verließen, die immer, wenn wir mit der Mutter zu Besuch erschienen, auf uns gewartet hatten, immer unter dem gleichen schwarzen Häubchen und im gleichen Seidenkleide, aus dem…

Statt eines Nachworts – der Frager wird zum Befragten

Briefe gehören unter die wichtigsten Denkmäler, die der einzelne Mensch hinterlassen kann. Goethe ULRICH PETERS: Zwischen 1995 und 1999 hast du gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland, Belgien, Österreich, Rumänien und der Schweiz eine Reihe von Kollegengesprächen gemacht, wie kam es…

Das Reden über die Dinge

    Es waren immer die Anfänge, die Sorgen machten. Ohne Beginn kam gar nichts in Gang. Die ersten Worte fehlten einfach. Darauf folgte das Warten mit zweiten und dritten Sätzen, seltsame Lähmungen, Blockaden, während der Große Blick weit gefächert…

Föhn

  Blinde Klage im Wind, mondene Wintertage, Kindheit, leise verhallen die Schritte an schwarzer Hecke, Langes Abendgeläut. Leise kommt die weiße Nacht gezogen, Verwandelt in purpurne Träume Schmerz und Plage Des steinigen Lebens, Daß nimmer der dornige Stachel ablasse vom…

Epitaph – altägyptische Zaubersprüche

: Briefe an Tote. So wie die Großmutter.   Zwischen den Wänden dieser Wohnung kauert. Ein heller   Schatten, Schlachtmesserchen an den Handgelenken. Als wärn die Augen   Hacken guckt sie nach Außen. So aus sich   heraus. Die Wohnung,…