Autor: Adolf Loos

HEIMATKUNST

  Die architekten haben mit der reproduktion der alten stile schiffbruch gelitten, sie leiden jetzt, nachdem sie ohne erfolg versucht haben, den stil unserer zeit zu finden, wieder schiffbruch. Und da kommt ihnen das schlagwort „heimatkunst“ als letzter rettungsanker sehr…

KURZE HAARE

Beantwortung einer rundfrage Drehen wir die frage um. Fragen wir die frauen, was sie zu den kurzen haaren der männer sagen. Sie werden wahrscheinlich antworten, daß das eine sache ist, die die männer allein angeht. In Zürich hat der leiter…

OSKAR KOKOSCHKA

  Ich traf ihn im jahre 1908. Er hatte das plakat für die wiener „kunstschau“ gezeichnet. Es wurde mir gesagt, daß er ein angestellter der „Wiener Werkstätte“ sei und mit fächermalen, zeichnen von ansichtskarten und ähnlichem, nach deutscher art –…

ORNAMENT UND ERZIEHUNG

Antwort auf eine rundfrage Sehr geehrter herr professor! Ihre anfrage erreicht mich gerade zur rechten zeit. Es gibt wahrheiten, die man verschweigen muß. Samen auf steinigen boden zu werfen, ist verschwendung. Seit siebenundzwanzig jahren zögere ich daher, das auszusprechen, was…

DER STAAT UND DIE KUNST

Aus dem vorwort zu den „richtlinien für ein kunstamt“ Der staat hat sich zu entscheiden, ob er den künstlern helfen will oder der kunst. In der monarchie war der herrscher der schutzherr der kunst. In der republik ist es das…

DAS MYSTERIUM DER AKUSTIK

  Man hat mich gefragt, ob der Bösendorfersaal erhalten werden solle. Der frager ging wohl von der voraussetzung aus, daß es eine sache der pietät wäre, einen saal, der in der musikgeschichte Wiens eine so große rolle gespielt hat, nicht…

ARNOLD SCHÖNBERG UND SEINE ZEITGENOSSEN

  „Die gurrelieder – die letzten kompositionen! Wie reimen sie sich die zusammen? Wenn Schönberg wirklich die letzten jahre seines schaffens – und daran ist doch nicht zu zweifeln – vertritt, wie stellt er sich dann zu den gurreliedern? Muß…

ABSCHIED VON PETER ALTENBERG

  Mein lieber Peter, nun bist du tot, und man hat mich gebeten, etwas über dich zu schreiben. Man erwartet wohl etwas feierliches, große und klangvolle worte, wie sie eben ein freund finden wird angesichts des todes, angesichts … Aber…

KULTURENTARTUNG

  Hermann Muthesius, dem wir eine reihe instruktiver bücher über englisches leben und wohnen verdanken, hat die ziele des deutschen werkbundes dargelegt und seine existenz zu begründen versucht. Die ziele sind gut. Aber gerade der deutsche werkbund wird sie nie…

Der wechsel der ornamente

  Der wechsel der ornamente hat eine frühzeitige entwertung des arbeitsproduktes zur folge. Die zeit des arbeiters, das verwertete material sind kapitalien, die verschwendet werden. Ich habe den satz aufgestellt: Die form eines gegenstandes halte so lange, das heißt, sie…

Das ornament, das heute geschaffen wird

  Da das ornament nicht mehr organisch mit unserer kultur zusammenhängt, ist es auch nicht mehr der ausdruck unserer kultur. Das ornament, das heute geschaffen wird, hat keinen zusammenhang mit uns, hat überhaupt keine menschlichen zusammenhänge, keinen zusammenhang mit der…

Die verhältnisse in den gewerben

  Die verhältnisse in den gewerben der holzbildhauer und drechsler, die verbrecherisch niedrigen preise, die den stickerinnen und spitzenklöpplerinnen bezahlt werden, sind bekannt. Der ornamentiker muß zwanzig stunden arbeiten, um das einkommen eines modernen arbeiters zu erreichen, der acht stunden…

Die nachzügler

  Die nachzügler verlangsamen die kulturelle entwicklung der völker und der menschheit, denn das ornament wird nicht nur von verbrechern erzeugt, es begeht ein verbrechen, dadurch, daß es den menschen schwer an der gesundheit, am nationalvermögen und also in seiner…

mißvergnügen

  Das hörten die schwarzalben mit mißvergnügen, und der staat, dessen aufgabe es ist, die völker in ihrer kulturellen entwicklung aufzuhalten, machte die frage nach der entwicklung und wiederaufnahme des ornamentes zu der seinen. Wehe dem staate, dessen revolutionen die…

Aber es gibt schwarzalben

  Aber es gibt schwarzalben, die das nicht dulden wollten. Die menschheit sollte weiter in der sklaverei des ornamentes keuchen. Die menschen waren weit genug, daß das ornament ihnen keine lustgefühle mehr erzeugte, weit genug, daß ein tätowiertes antlitz nicht…

die ornament-seuche

  Nun gut, die ornament-seuche ist staatlich anerkannt und wird mit staatsgeldern subventioniert. Ich aber erblicke darin einen rückschritt. Ich lasse den einwand nicht gelten, daß das ornament die lebensfreude eines kultivierten menschen erhöht, lasse den einwand nicht gelten, der…

Aber der mensch unserer zeit

  Aber der mensch unserer zeit, der aus innerem drange die wände mit erotischen symbolen beschmiert, ist ein verbrecher oder ein degenerierter. Es ist selbstverständlich, daß dieser drang menschen mit solchen degenerationserscheinungen in den anstandsorten am heftigsten überfällt. Man kann…

Der menschliche embryo

  Der menschliche embryo macht im mutterleibe alle entwicklungsphasen des tierreiches durch. Wenn der mensch geboren wird, sind seine sinneseindrücke gleich denen eines neugeborenen hundes. Seine kindheit durchläuft alle wandlungen, die der geschichte der menschheit entsprechen. Mit zwei jahren sieht…

HANDS OFF!

  Glaubt mir, ich war auch einmal jung. So jung wie die mitglieder des deutschen werkbundes, des österreichischen werkbundes, des usw. usw. Auch mir gefielen, als ich noch ein knabe war, die schönen ornamente, die unsern hausrat bedeckten, auch ich…

kultivierte erzeugnisse unserer zeit

    Gewiss, die kultivierten erzeugnisse unserer zeit haben mit kunst keinen zusammenhang. Die barbarischen zeiten, in denen kunstwerke mit gebrauchsgegenständen verquickt wurden, sind endgültig vorbei.     *** Adolf Loos  war ein österreichischer Architekt, Architekturkritiker und Kulturpublizist. Er gilt…

Der drang

  Der drang, sein gesicht und alles, was einem erreichbar ist, zu ornamentieren, ist der uranfang der bildenden kunst. Es ist das lallen der malerei. Alle kunst ist erotisch.     *** Adolf Loos  war ein österreichischer Architekt, Architekturkritiker und…

Die Überflüssigen

  Nun haben sie sich doch zusammengefunden und haben in München getagt. Sie haben wieder unserer industrie und unseren handwerkern erzählt, wie wichtig sie sind. Um ihre existenz zu rechtfertigen, erzählten sie anfangs, es war vor zehn jahren, daß sie…

das ornament als zeichen

  Der moderne mensch, der das ornament als zeichen der künstlerischen überschüssigkeit vergangener epochen heilig hält, wird das gequälte, mühselig abgerungene und krankhafte der modernen ornamente sofort erkennen. Kein ornament kann heute mehr geschaffen werden von einem, der auf unserer…

Ein verbrecher oder ein degenerierter

  Der moderne mensch, der sich tätowiert, ist ein verbrecher oder ein degenerierter. Es gibt gefängnisse, in denen achtzig prozent der häftlinge tätowierungen aufweisen. Die tätowierten, die nicht in haft sind, sind latente verbrecher oder degenerierte aristokraten. wenn ein tätowierter…

Ornament ist vergeudete arbeitskraft

  Ornament ist vergeudete arbeitskraft und dadurch vergeudete gesundheit … Heute bedeutet es auch vergeudetes material, und beides bedeutet vergeudetes kapital … Der moderne mensch, der mensch mit den modernen nerven, braucht das ornament nicht, er verabscheut es.     *** Adolf…

KLEINES INTERMEZZO

  Gegenüber der oper, im Heinrichshof, hat die französische metallwarenfabrik Christofle ihre filiale. Ich muß täglich daran vorüber. Zum stehenbleiben zwingen die schaufenster nie. Vor einem jahr geschah nun etwas besonderes. Ich wollte wieder vorüber eilen. Und da gab es…

Regeln für den, der in den Bergen baut

  Fürchte nicht, unmodern gescholten zu werden. Veränderungen der alten bauweise sind nur dann erlaubt, wenn sie eine Verbesserung bedeuten, sonst aber bleibe beim blten. Denn die wahrheit, und sei sie hunderte von jahren alt, hat mit uns mehr jusammenhang…

KULTUR

  Es mag für den deutschen nicht sehr angenehm sein, zu hören, er solle seine eigene kultur aufgeben und die englische annehmen. Aber das hört der bulgare auch nicht gern und der chinese noch weniger. Mit sentimentalitäten ist dieser frage…

WOHNEN LERNEN!

Wohnst du noch oder lebst du schon? den Ursprung dieser Frage hat Adolf Loos vor 100 Jahren längst beantwortet. Die neue bewegung, die alle bewohner dieser stadt wie ein fieber befallen hat, die siedlungsbewegung, verlangt neue menschen. Menschen, die, wie…

Das erste ornament

    Das erste ornament, das geboren wurde, das kreuz, war erotischen ursprungs. Das erste kunstwerk, die erste künstlerische tat, die der erste künstler, um seine überschüssigkeiten los zu werden, an die wand schmierte. Ein horizontaler strich: das liegende weib.…

Das tempo der kulturellen entwicklung

  Das tempo der kulturellen entwicklung leidet unter den nachzüglern. Ich lebe vielleicht im jahre 1908, mein nachbar aber lebt um 1900 und der dort im jahre 1880. Es ist ein unglück für einen staat, wenn sich die kultur seiner…

Ins leere gesprochen

  Die architektur gehört nicht unter die künste. Nur ein ganz kleiner teil der architektur gehört der kunst an: das grabmal und das denkmal. Alles, was einem zweck dient, ist aus dem reiche der kunst auszuschließen!     *** Adolf…

Der ungeheure schaden

  Der ungeheure schaden und die verwüstungen, die die neuerweckung des ornamentes in der ästhetischen entwicklung anrichtet, könnten leicht verschmerzt werden, denn niemand, auch keine staatsgewalt, kann die evolution der menschheit aufhalten. Man kann sie nur verzögern. Wir können warten.…

Mein erstes haus

  Ich weiß nicht, wie ich dem stadtbauamte für die reklame danken soll, die es mir mit dem verbot, an der fassade weiterzuarbeiten, gemacht hat. Ein lang behütetes geheimnis kam dadurch ans tageslicht: ich baue ein haus. Mein erstes haus!…

Der wechsel der ornamente

  Der wechsel der ornamente hat eine frühzeitige entwertung des arbeitsproduktes zur folge. Die zeit des arbeiters, das verwertete material sind kapitalien, die verschwendet werden. Ich habe den satz aufgestellt: Die form eines gegenstandes halte so lange, das heißt, sie…

KERAMIKA

  Dem menschen, der die heutige kultur besitzt, gefallen gebrauchsgegenstände aus glas, porzellan, majolika und steingut am besten, wenn sie undekoriert sind. Aus dem trinkglas will ich trinken. Ob wasser oder wein, bier oder schnaps, das glas sei so beschaffen,…

Karl Kraus

  Er steht an der schwelle einer neuen zeit und weist der menschheit, die sich von gott und der natur weit, weit entfernt hat, den weg. Den kopf in den sternen, die füße auf der erde, schreitet er, das herz…

Die menschheit ist heute gesünder denn je

  Die menschheit ist heute gesünder denn je, krank sind nur einige wenige. Diese wenigen aber tyrannisieren den arbeiter, der so gesund ist, daß er kein ornament erfinden kann. Sie zwingen ihn, die von ihnen erfundenen ornamente in den verschiedensten…

DIE KRANKEN OHREN BEETHOVENS

  Um die wende des achtzehnten und neunzehnten jahrhunderts lebte in Wien ein musiker namens Beethoven. Das volk verlachte ihn, denn er hatte seine schrullen, eine kleine gestalt und einen komischen kopf. Die bürger nahmen an seinen kompositionen anstoß. „Denn“,…

BUCHDRUCKER

  Hier steht ein sessel. Dieser sessel ist ein kunstprodukt. Wenn ich den sessel male, so ist dieser gemalte sessel nur eine abbildung dieses kunstproduktes, also ein kunstwerk aus zweiter hand. Versuchen wir dasselbe auf buchstaben anzuwenden. Buchstaben können in…