Monat: Juli 2015

REBELLION DES LICHTES IN DER FINSTERNIS

  was weiß ich wie die welt geht ich seh bloß zu dass ich noch zu mir steh… erst gewachsen im schmerz dann gedroschen unter diesem freien himmel leer & mutig stroh auf dem feld & wandel oben so tief…

Der letzte Schnee

  Bei der abgebrannten Kirche schneit es seit drei Wochen den Heiligen sind Hüte gewachsen wie Pilze ihre Schirme in den Regen spannen die Stimme der Glocke kauert im Krähennest des vorigen Sommers wirr greifen die Arme der Orgel um…

Vom Semiolus Silvanus (Waldaffen) zum Semiolus Domesticus (Hausaffen)

– ein Evolutionsgedicht Einst haben die Kerls noch auf Bäumen gehockt, behaart und mit blöder Visage. Dann hat es sie in die Stadt gelockt, nach Berlin, asphaltiert und aufgebockt bis zur dreißigsten Etage.   Da kauern sie nun, den Flöhen…

schnell – schneller – superspeedart

Eine Idee nimmt ihren Lauf. Schnell mal eben durch dreißig Städte zwischen Stuttgart und Arnsberg. In jeder Stadt zwei Stunden Aufenthalt, Ausstellung und schon wird wieder zusammengeräumt. Und weiter. Mit der Super Speed Art Exhibiton Tour 2015 verwirklichen Stephanie Neuhaus…

Sommer

von Stefán Hörður Grímsson    Die braunen Fischernetze des Dorfes hängen an Latten und Seilen Angelschnüre und Fangleinen im Rund warten im halbdunklen Eck.   Bleigraue Wellen im Fjord plätschern um Brückenpfähle und hofieren Bordwände versiegelt mit Teer.   Hinter…

Hochamt des Verschwindens

  die Welt ausbremsen, um die Momente des Innehaltens sprechen zu lassen Gehorsamkeit = ein kybernetisches Verfahren Nichts ist realer als das Nichts   Spæher des Lebens mit dem kuehlen Blick des Begehrens visuelle Argumentationsstrategien auf den Weltinnenraum der Bilder…

Nahe der Mündung

  Ich gehe auf einem dunklen Laufband durch die Nacht, den Kanal entlang, dem Meer entgegen. 30 Kilometer – ein Gewaltmarsch. Ich fühle mich wie der Soldat, der auf das Ende des Krieges zuläuft, in der Hoffnung, in letzter Sekunde…

Geschichte

  Hautbildstechen mag im Moment ja hipp sein, fragt sich nur, wie diese Körper mit 50 oder 60 Jahren aussehen.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform…

:

  melismen des regens trommeln gegen dein ohr wie gegen das hirn das herz   ein körper der die klänge übersetzt ohne zu wissen:   bass der böen dein atem takt     ***   Weiterführend → Ein Porträt von…

mistel

  erklimme ich im grellen licht den nackten stamm wie leiter säule berg übersteig ich knospen halt ich beeren in der hand weiß wie der tod werf ich mich ab sprech ich mir ein blatt vom zweig seh ich den…

Baumfreie Fläche

Beziehungen und Literaturzeitschriften / dauern meist nur zwei Nummern lang Fabián Casas Vorbemerkung der Redaktion: Wir stellen auf KUNO hin und wieder Literaturzeitschriften vor, heute die von Helwig Brunner, Markus Jaroschka, Astrid Kury, und Georg Petz hervorragend edierte Literaturzeitschrift Lichtungen. Dieses…

Zurück

  steinwälzer – lebende postkarten erzählen mir seit gestern: im süden nichts neues für den briefträger gilt die unschuldsvermutung irrlichternd besetzen sie busch um busch seitdem halte ich heavy metal für harfenklang sie zwitschern trillieren vögeln und schlafen den lupinen…

Wo du lebst

  Wo Haut und Schmerz sich Guten Abend sagen und nichts dein Innenzeug vom Außen trennt – wo es nur Antworträtsel gibt und keine Fragen und dir die Lösung auf der Magenschleimhaut brennt –   Wo Blasen platzen, Schranken brechen,…

Blickdicht

  in die Welt geworfen geht der Existenz kein Wesen voraus > der hypermoderne Mensch muss sich erst selbst erschaffen: im Strom des Gefuehlten trifft die Macht der Sprache auf unsittliches Sinnliches = die Wahrheit des Leibs   eine Sehnsucht…

Hinterlassenschaft

  Tagebücher hat der 1891 in Kiew geborene und seit Anfang der 1920er Jahre in Moskau lebende Michail Afanassjewitsch Bulgakow (1891-1940), Autor des legendären Romans „Der Meister und Margarita“, nur bis zum 13. Dezember 1925 geschrieben. Im Mai 1926 wurde…

Sonette – VII

  Wie soll mich dieses Tages Glänzen freuen Wenn du nicht mit mir in die Wälder trittst Wo Sonne in den schwarzen Ästen blitzt Die konnte einst dein tiefer Blick erneuen   Indes der Lehre Wort dein Finger ritzt In…

Terzinen über Vergänglichkeit (I–IV)

  I Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen: Wie kann das sein, daß diese nahen Tage Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen? Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt, Und viel zu grauenvoll, als daß…

Botschafter der Poesie

Die Autorin Francisca Ricinski nahm in Iasi (der ältesten Universitätsstadt Rumäniens und wichtiges Kulturzentrum, das anstrebt, Kulturstadt Europas gewählt zu werden) an der zweiten Edition des europäischen Festivals der Poesie teil und dort wurde ihr den Titel „Botschafter der Poesie“…

Die Metaphysik der Gedichte

  Der Sprung durch den Teich. Die Metaphysik der Gedichte ist ein 136-Seiten-Gedichtbuch, kein dünnes Bändchen (wie die vorausgegangenen sechs Lyrikbände Gröhlers). Es ist Gröhlers 16. Buch. Der Maler und Beuysschüler Prof. Peter Angermann hat sich in einer Titelblattzeichnung den…

Der Dichter singt

  Der Dichter singt, wie das Blut durch seine Adern rollt. Er verrichtet seine Funktion auf so natürliche Weise, daß er um zu singen keines anderen Anreizes bedarf, als eine Pflanze um Blüten und Blätter zu treiben. Sein Singen ist…

DIE ANTWORT DER DICHTER

  Vom Berge winken die Dichter. „Sieh nur, jetzt schwenken sie Lichter.“ Die Dämmerung hat sie verschattet. Ihr Schwenken wirkt reichlich ermattet.   „Was soll uns ihr Schwenken bedeuten, uns einfachen lesenden Leuten? Was woll’n uns die Dichter sagen?“ „Geh…

Die Demokraten

  Genosse Seidelheber sprach: „Wir sind die Demokraten! Wir woll’n nicht mehr im Schlamm der Schmach, Im Sumpf des Zwanges waten. Wir wissen selbst, was not uns tut Und brauchen keine Fürsten, – Wir alle, die voll Kraft und Mut…

Mara Genschel Material

 Dieses Buch gibt einen Einblick in das Gattunsgrenzen hinterfragende Werk Mara Genschels. Zwar kennt und nutzt sie Verfahren der bildenden Kunst und der zeitgenössischen Musik. Dennoch wird dabei der Kernbereich der Literatur nicht verlassen. Ihr Werk kann darüber hinaus als…

Unter finsteren Himmeln

  Im autorisierten, zu Lebzeiten publizierten Werk des tragischen Jahrhundertdichters Paul Celan nimmt die Prosa von der Fülle her einen geringfügigen Raum ein. Nur mit Mühe und unter Hinzunahme aller Nebengenres, im Fall Celans Notizen, Briefen und Antworten auf Umfragen,…

Candida Kölbern die Ungültige

  – Candida Kölbern ist Ästhetin. – Candida Kölbern in der Selbstdarstellung: Candida Kölbern ist mal ein Holzscheit, mal ein Lagerfeuer, mal die erfolgte, mal die nicht erfolgte Zündung dazwischen. – Candida Kölbern meint bei manchen Menschen im Profil deren…

friedensangebot

    im abendprogramm haben sie mir die freiheit erschossen plötzlich und dennoch erwartet werden sie wiederkommen mit ihren kalaschnikows und ihren deutschen sturmgewehren   meine weiße fahne werden sie nicht sehen denn ihrem humorlosen gott erlauben sie keine gnade…

Wortgeschwader

  Exerzitium in der Theodizee = das Ich tœnt aus dem Hallraum der lutherischen Sprach– & Gedankentiefe vergraben in ein schuldhaftes Dasein nicht die unio mystica der Schrecken erweist sich als Urszene   Ewigkeitsfermate, mit integrativem Pluralismus repræsentative Abbilder der…

Eine Erinnerung an Christine Lavant

Am 4. Juli 1915 wurde die Autorin in Großedling bei St. Stefan im Lavanttal geboren. Ab 1948 verwendete sie den Namen Lavant als Pseudonym.   Zwei mich tief beeindruckende Begegnungen, keine direkt persönlichen, sondern literarische, waren die beiden Lesungen in…

Die sechste Elegie

  Feigenbaum, seit wie lange schon ists mir bedeutend, wie du die Blüte beinah ganz überschlägst und hinein in die zeitig entschlossene Frucht, ungerühmt, drängst dein reines Geheimnis. Wie der Fontäne Rohr treibt dein gebognes Gezweig abwärts den Saft und…

DEIN WEG

  du schaust auf die fugen zwischen den steinen   sie teilen deinen weg in einzelne felder   du meidest die fugen   du betrittst sie nicht irgendwann aber   bist du angekommen auf der letzten flächean deinem ziel  …

Splendid isolation. Ich, allein, mit einem Buch

  Theo Breuer: Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt – lese ich bei Jorge Luis Borges. Leben wir beide also mitten im ›Paradies‹? Hans Bender: Ich bin mir da nicht so sicher. Bücher aus den…