Monat: September 2016

äxte

kommt der blitz herab aus den säulen des winds spür ich die axt im fleisch als scharfen flügel werf ich sie von mir kehrt sie in die brust zurück bleibt mir fortan nur  sie zu richten gegen mich selbst zerteilt…

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    Verzettelte Herbste, hingehalten von Hirngespinsten Wär ich nur innen, wär ich-     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem…

L’âge d’or

Mein Gott, sage ich, als ich in der Tür stehe und Schlange, die ihren runden Geburtstag feiert, in die strahlenden Augen sehe, bist du jung geblieben! Da komm ich mir richtig alt vor! – Ach was, sagt Schlange, du bist…

FEIERABEND

  Morgens, wenn ich in die Straßenbahn steige, und an manchen Morgen ist es besonders schlimm, sehne ich mich nach dem Feierabend, der kalten Flasche Bier, nach der Einsamkeit, und wenn ich leicht betrunken auf der Couch einschlafe und träume,…

Weiter im Text

es ist vorbei wir sind am Ende der Faden ist gerissen die Würfel sind gefallen die Tage sind gezählt nichts kommt mehr und nichts findet noch statt es war alles schon mal da jede Note wurde schon einmal gespielt jedes…

Tango Metropolis im Siegerlandmuseum

„Tango Metropolis“ zeigt Thomas Kellners charakteristische Fotoarbeiten als Kontaktbögen mit Architekturmotiven aus aller Welt, wie den Tokyo Tower, die Golden Gate Bridge oder aber auch das Brandenburger Tor. Bei ausgiebiger Betrachtung der Werke erkennt man, dass die Bilder zusammenhängend und…

Auslöschung

    nicht mehr achten auf die zeit   auf keine stunden auf keine minuten   einfach nur da sein sich spüren atmen   keinen namen mehr tragen kein erkennungszeichen   keine fragen beantworten keine antworten erwarten   sagen ich…

Ich bin dein Buch

Liest du?, fragt Schlange. – Ja, sage ich. – Was denn?, sagt Schlange. – Damontes „Kritische Körper“, sage ich. – Lies lieber mich, sagt Schlange. – Warum, sage ich. –  Weil ich das bessere Buch bin, sagt Schlange. – Ich…

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      Flutend: Diese Glut (Schilfrohr, sing mir den Weg)     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht…

zyklisch

  freundschaften blassen nabel verschieben sich gewisse ereignisse gewichten nächte manche erleichtern tage musik dringt in mich gelegentlich aus mir gesang poesie ergreift mich in der bewegung die jahrzehnte dauert spielbeine spielen standbeine müdigkeiten variieren schmerzen wandern einzig die grippe…

Angewandte Twitteratur

  Licht ist ein Werkstoff, den man vorsichtig einsetzen muss.        *** Twitteratur, eine Anthologie. Erweiterte Taschenbuchausgabe mit der Dokumentation des Hungertuchpreises. Herausgegeben von Matthias Hagedorn, Edition Das Labor 2016. Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur,…

Medienarcheologie, ein Zeitzeichen

Eine Rückblende: Wir befinden uns im Jahre 1996 n. Chr.  Das ganze Internet ist bereits besetzt. Das ganze Internet? Nein! Das Novaesium hört nicht auf, dem Widerstand zu leisten. Joachim Paul ist ein wichtiger Vordenker – nicht etwa, daß er…

Vokale Sprungbereitschaft

  als Verstorbener eine Gedankenaufgabe stellen lose Erinnerungsfæden mit einander verknuepfen & das Hœhlensystem zwischen menschlicher Einsamkeiten erkunden   auf der Schwelle zu einem Anderswohin den Grenzstein passieren eine ortlose Næhe suchen das Gefængnis des Daseins verlassen & den Sirenengesang…

Glaswuerfel zwischen Steinfassaden

  von sensibelstem Æsthetizismus zu den niederschmetternsten Taktlosigkeiten & banaler Verdrecktheit: der ausgepluenderten Gesellschaft ist das Comme–il–fant indentifizierbarer Namen abhanden gekommen…   die hypermodere Welt sozialer Frag mentierung & diskontinuierlicher Biographien allergorisch beschreiben = in Bedeutungsoasen geht es um Bedingungen…

®est…

  aus der Erschœpfung den letzten Atem schœpfen die Lunge durchpusten luftleere Sprechblasen verformen auf den letzten AtemZug springen & dann …einschlafen         *** Letternmusik, Gedichte von A.J. Weigoni, Edition Das Labor, Mülheim 2016 Weiterführend → Jeder Band…

RaumbredouilleReplica

Vorbemerkung der Redaktion: Am 17. September 1966 wurde die Fernsehserie Raumpatrouille erstmal im Deutschen TV ausgestrahlt. Die Geschichten in Matthias Brandts erstem Buch sind literarische Reisen in einen Kosmos, den jeder kennt, der aber hier mit einem ganz besonderen Blick…

Le deuxième sexe

Ich bin so glücklich, sagt Schlange. – Wirklich?, sage ich. – Ich liebe dich sehr, sagt Schlange. – Was heißt das schon, sage ich. – Wir verstehen uns gut, sagt Schlange. – Ja schon, sage ich. – Liebst du mich…

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  Ritzen ist kein Heilmittel nimm mich in den Atem- Bogen, Du dein Herz ist ein Baum voller Vogelgelächter es übernimmt der zitternde Grashalm die Verantwortung für die Angst der Welt     *** Ein Rückblick auf: Im Monat der…

dunkle materie/heilloses nichts

  + dann war da nichts als schwarz: alle geraete zeigten – nichts an. also alles schwebte. das schiff wuszte nicht mehr weiter. die crew wuszte eigentlich auch nicht mehr weiter. 1 situation der totalen leere. raumleere sinnleere: das bewusztsein…

Der Drache und die siebenköpfige Prinzessin

  Ein Drache, der zu seinem Zeitvertreib eine Prinzessin gefordert hatte, bekam, da die Bevölkerung es ihm mehr als recht machen wollte, eine Königstochter mit sieben Köpfen geschenkt. „Bäks“, murmelte der enttäuschte Drache, „die will ich nicht!“ Weil es aber…

Gedankenstrich

Flüchtige Gedanken: man muss wirklich nach ihnen greifen, sie einen Moment lang leicht halten und wieder loslassen. Sonst fliegen sie an einem vorüber, was ihrem Naturell entspricht.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch…

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    Gibt es Ideen von unreinen Dingen?   Nein, sagt Platon Kot Schmutz Kotze   existieren nur als Abstand findest eben   keine Monster im Wonderland der Ideen nur Feen   that´ s all     *** Im Monat…

Der letzte Arbeiterdichter Österreichs

Und geht die Welt zu Grund – Ich liebe dich und die Partei und den Gewerkschaftsbund Einer, der nie im Café Sport war, weil er wirklich nirgendwo dazugehörte und kaum mit jemandem sprach, sondern nur trank, war der Kobalek, „der…

Credo

Ich glaube, sage ich, die Natur sieht alles vom Mann her – das Leben ist männlich. – Ich glaube, sagt Schlange, du siehst die Natur so, wie du sie glauben willst. – Ja, sage ich, wir verstehen uns gut, die…

Als sei alles ein Spiel

Vitam continet una dies Samuel Johnson  In dieser Stunde, in der du dich krümmst und windest im Bett, antwortet dir ein Stern vom anderen Ende der Nacht. Allerdings leiser als bei deiner Geburt; er scheint in den Sog eines riesigen…

Meisterwerke der post-avantgardistischen Erzählkunst

Nach 9/11 gab es die erwähnte Superheldenrenaissance. Außerdem kamen plötzlich aber auch die Zombies wieder angekrochen, diese Allegorie für die Angst vor der Masse. Die erlebten ihre erste Blütezeit in den Sechzigerjahren, als der weiße Mann plötzlich Angst vor der…

Gedankenstrich

Ein abstrakt-intellektuell denkender Philosoph verliert gegenüber einem Gärtner, der eine Philosophie des Gärtners in sich trägt und der anschaulich und präzise durch die Pflanzen, die Zyklen der Natur usw., das Leben und das Jenseits erklären kann. Er benutzt den Garten…

Tempora mutantur

Ich weiß nicht, ob ich dich immer noch so liebe wie damals am Anfang, sage ich, als ich mit Schlange in der Staatsoper war. – Wie bitte?, sagt Schlange. – Es ist jetzt tiefer geworden. – Ach so, sagt Schlange,…

Mein Sisyphos

  Rauf rollt Sisyphos den Stein. Runter rollt er von allein. Rauf und runter immerzu. Sisyphos – bist das nicht du?   ***   Further reading → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Aus dem Band Versflug, präsentiert…

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    Sie werfen dir dein Bild zurück: Götzendämmerung sind Sirenen, die du   wahlweise mit Flügelchen oder schuppigen Schwänzen haben kannst je nach   Bedarf so häufen sie das Gebein der modernden Männer auf und hocken sich   an…

Keun am Rhing

  Sie haust im souterrain Eupener Str   elternhaus darüber alles in trümmer aber das gras wächst sich aus Es gibt kein glanz mehr glanz war sie sowieso ab 15 Doornkaat wird ihr der arsch erst froh Dat war dat Irmgard…

Hiddensee

Schlange, sage ich, ich fühle mich so wohl auf dieser Insel. – Ich weiß gar nicht, warum, sagt Schlange, mir ist das hier alles viel zu östlich. – Das ist meine Heimat, sage ich, hier finde ich zu mir selbst.…