Monat: Oktober 2009

Re:Formation

  Die Lehre, dass man kirchliche Bußstrafen in Strafen des Fegefeuers umwandeln könne, ist ein Unkraut, das augenscheinlich gesät wurde, als die Bischöfe schliefen.   Am 31. Oktober 1517 schlägt Martin Luther 95 Thesen an das Hauptportal der Schlosskirche in…

Gedankenstrich

  Mein Betätigungsfeld ist ein Stück weisses Papier, meine Krücke zwischen Gedanke und Schrift ist ein Stift. Auf Papier versuche ich Raum zu schaffen, der zuvor woanders war und später woandershin wandert. Ich arbeite mit der Sprache, ihrer Musikalität und…

Handlachen

  Haben Sie es gesehn? Wir haben es gefilmt, fotografiert, Bandaufnahmen gemacht. Wie es allmählich umkreiste sein Ding, wie es leise im Anschwellen gurgelte, sichtbar als Spreizung, wie es sich aus den Zügen riß, ahnbar als ein Bild zarter Befreiung;…

Absurditäten der digitalisierten Welt

  Obzwar die hypermodernen Menschen ständig mit einander kommunizieren, sind sie mit Sprachlosigkeiten vollgestopft.     *** Mikrogramme von A.J. Weigoni. Twitteratur ist eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt. Als Beitrag von A.J. Weigoni finden wir auf…

Meine Heimat

    Des Wegs, der Sinn, das Bild erreicht seinen Ort, meine Heimat.     ***

Genie ist Fleiß

  Genie ist Fleiß. / Gewiß. Ich weiß. / Doch trotzdem: nie / Ist Fleiß Genie!     *** Den Essay „Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze“ lesen Sie hier. Eine Rezension von Kurt Tucholsky hier und eine weitere Würdigung hier. Weiterführend →…

Die Wahrheit überflügeln

  Ein Aphorismus braucht nicht wahr zu sein, aber er soll die Wahrheit überflügeln. Er muß mit einem Satz über sie hinauskommen.     *** Karl Kraus ist der Godfather des Aphorismus, in seinen Ausführungen finden wir aber auch Zuspitzungen.…

Stimmungen

  „Das ist gut, das Bild.“ „Geschmacksache.“ Er lädt das nächste Bild auf seiner Kamera hoch. „Das ist echt krass.“ „Total verschwommen.“ Das Bild wird gelöscht. Er hat die eigentliche Qualität nicht erkannt, nicht die Abbildungsqualität, die eingefangene Stimmung war…

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  Melancholie gelber Blätter hängen geblieben im Herbstlich traust dich immer noch nicht glücklich zu sein     *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das…

Hypochondrische Aphorismen 7

  Schreiben ist eigentlich literatives Fliegenwollen: In dem Moment nämlich, wo die Wörter kaum sichtbar gänzlich abheben.   *** Weiterführend → Das erste Fazit von Ulrich Bergmann zur Twitteratur viel eher skeptisch aus. Er stellte KUNO seine Hypochondrische Aphorismen zur…

HERBST MIT CHRISTO

  Nebelverhangen der Morgen. Christo signiert das verhüllte Land.      *** Weiterführend → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Kein Gedicht ist länger als 140 Zeichen! Über die Literaturgattung Twitteratur finden Sie hier einen Essay.Lesen Sie auch…

Visuelle Poesie

  Hier gelingt die schnelle Interpretation der Polyvalenz aus der Instant-Packung, da hat Pierre Garnier die Pop Art endlich in die Text-Sphäre reingezogen.     *** Weiterführend → Das erste Fazit von Ulrich Bergmann zur Twitteratur viel eher skeptisch aus.…

Lebensweisheit

  Es gibt für Unzählige nur ein Heilmittel – die Katastrophe.       *** Galgenlieder, von Christian Morgenstern. Erschienen im Verlag Bruno Cassirer. Berlin 1905 „In jedem Menschen ist ein Kind verborgen, das heißt Bildnertrieb und will als liebstes…

X

  Jede Bewegung ist Natalys Auftritt. Die Fremdheit in der eigenen Haut, das Lodern einer unerfüllten Sehnsucht, die ohnmächtige Wut auf die eigenen Skrupel: dies ist der Kern ihrer wundervoll verhaltenen Persönlichkeit. Sie besitzt eine Klarheit, die nur komplizierte Menschen…

Eigenthum

  Das Gesetz ist das Eigenthum einer unbedeutenden Klasse von Vornehmen und Gelehrten, die sich durch ihr eignes Machwerk die Herrschaft zuspricht.         Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Stachlige Opuntien VI

  Wehe dem Nicht-F.W.Ver, der sagt: »Die F.W.V. bietet bloß allerlei Brocken aus allen möglichen Gebieten des Wissens und Nichtwissens. Populärwissenschaft für Studierende.« Und doch wird der wissenschaftliche Teil vom Vorstand mit Absicht zu einer geistigen Brockensammlung gemacht. Man wird…

Zu Lande kann ich mir keinen andern Weg denken. –

  Zu Wasser hätte der Gedanke auf dem Ganges hin unter in den Meerbusen von Bengalen und von da in den indischen Ocean gehen können; dann der Handelsstraße folgend (denn der Weg um’s Vorgebirge der guten Hoffnung war damals noch…

Wir können die Tugend auf eine Art ergreifen

  Gleichsam als ob unsere Berührung etwas Ansteckendes hätte, verderben wir durch unser Behandeln solche Dinge, die an und für sich selbst schön und gut sind. Wir können die Tugend auf eine Art ergreifen, daß sie dadurch fehlerhaft wird; wenn…

Herr Herrlich

*** Gott schmiert keine Stullen von Eva Kurowski, rowohlt Seit der Textsammlung: Twitterature. The World’s Greatest Books Retold Through Twitter von Alexander Aciman und Emmet Rensin fragt sich KUNO, wer zu den Vorläufern dieser neuen Literaturgattung gehört. Der Limerick gehört…

der kreis schließt sich

  komm rein und beding dich aus / ano den rak und häng dich erstmal auf / bezieh am feuer lager / und sprich mir von der kindheit / als alles erlaubt war / vor uns ausgebreitet butterkekse doughnuts neger…

IchundIch

    …durch das wiederum Entfalten Des IchundIch Komm ich geklärt und pfingstgeläutert ich zu mir!         *** „Die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, sagte Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Sie bewegte sich wie eine Märchenfigur…

Wissen

    Das Wissen macht uns weder besser, noch glücklicher.     *** Heinrich von Kleist stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit […] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik und der Romantik. Weiterführend → Lesen…

Zuhören

    Zuhören war deine Art zu sehen. Die Telefonrechnung ist auf wenig zusammengeschrumpft.     *** Satura/Diario. Aus den späten Zyklen von Eugenio Montale. Italienisch/Deutsch. Übertragung und Nachwort von Michael Marschall von Bieberstein. München / Zürich 1976 Die Veröffentlichung…

Geflügelte Worte

  Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben.       Am 8. Oktober 1992 starb der große Staatsmann Willy Brandt in Unkel am Rhein. Der Friedensnobelpreisträger hinterlies einige geflügelte Worte, die man heute als Twitteratur…

Verschonung

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Das Staatspapier des Herzens

  Der Ehrgeiz ist für die Seele, was der Hunger für den Leib ist.       *** Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er…

Gedanken, die um Ecken biegen

  weshalb finden wir landschaften mit gräbern schön? * allein der tod heilt alle wunden. * einzig die ewig gealterten haben ewige jugend.       *** Holger Benkels Gedanken, die um Ecken biegen gehen weiter als der geschriebene Text;…

Bonmot

  Dem Systematiker fehlt meist Kreativität, dem Chaoten der Überblick.       *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für diesen Begriff ist die…

bei murat

  ich erinner mich an dich du warst sexy hinterm glas unbaendig & devot als ich bei murat doener kebap asz dein kuehles haar strich durch den wind wahrscheinlich eher umgekehrt du trugst im arm ein kleines kind mein sein…

Wortgelage

  Er jongliert mit dem Worten, als seien Wörter Bälle, deren Richtung man auch mitten in der Luft, respektive im Satz noch ändern kann.     *** Vignetten, Novelle von A. J. Weigoni, Edi­tion Das Labor, Mülheim an der Ruhr…

Vernetzte Netze

  Dein Außen zeigt selten ein Ende. Mein Innen peilt sich Gewicht. Wir sind unsagbar lesbar. Mensch du, wovor dir graut, sag es erneut, sag es nicht, sag es, sag es bricht, wie wir gewinnen, bevor es uns streut.  …