Monat: Januar 2010

dialektik der medienfreiheit

  alles scheint offen und jeder kann ausgeschlachtet werden.     *** Eine Vorschau auf: Gedanken, die um Ecken biegen, Aphorismen von Holger Benkel Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht…

Dialektische Lyrik

  Ich weiß, Ich entkomme aus mir. Aus dieser Stimme, dieser Haut. Diesem Wunsch nach Einigkeit.   Mit diesen Zeilen auf der Rückseite präsentiert uns Sternmut seinen neuen Lyrikband und das immer wieder (nicht nur) in der modernen Literatur virulente…

Schlafgewohnheiten

  Fünf Citoyens, fünf Schlafgewohnheiten und -theorien. Einer schwört auf den klassischen guten alten Mittagsschlaf, einer besteht auf den Gesundheitsschlaf vor Mitternacht, einer kann ohne seine Siesta nicht funktionieren, einer hat den Powernap für sich entdeckt und einer genießt ihn…

Das Beste

  Das Beste, was ein Mensch für einen andern tun kann, ist doch immer das, was er für ihn ist.       Weiterführend → Ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

things change

  d     (nicht in der lage) in mailand treffe ich meine freundin laura. wir haben bald hochsommer, sagt sie, und ich möchte nackt am strand mit dir liegen. laura hat kleine brüste. nach der liebe stolpere ich über ein buch,…

Eiszeit

  Karl Richter hat knochenhart gearbeitet. Der Fahrstuhl der Wohnmaschine spuckt ihn in den Flur aus. Er will seine Wohnungstür öffnen, als sich Eleonore Knippenkötters Kopf in den Hausflur reckt. Sie ist ein kapriziöses Puppenwesen, das Glamour mehr behauptet als…

NR. 113

Die Stunden, welche die Gestalt enthalten, Sind in dem Haus des Traumes abgelaufen.“   SOUTERRAIN Wir haben längst das Ritual vergessen, unter dem das Haus unseres Lebens aufgeführt wurde. Wenn es aber gestürmt werden soll und die feindlichen Bomben schon…

Die Kiste I

  “Naturräume großlandschaften gebirge tiefe höhe umschlossene senken flache seen in die schneeregion aufragende gipfel erdbebenreiche küstenregion” Er hatte wieder einmal in der alten Kiste gegrabbelt, die irgendwann auf dem Trödelmarkt erworben worden war. Die abgewetzte Holzschachtel für dicke Altherrenzigarren…

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  die dämmerung in ihren sandalen hast du heraus geschält so nebenher sie bemerkte die blicke erst in der mitte des tages wann ist eine liebe zu spät   *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In…

Ich hab‘ die Welt

Ich hab‘ die Welt, die Welt hat mich betrogen.     *** „Die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, sagte Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Sie bewegte sich wie eine Märchenfigur durch Berlin und fiel mit ihrer exzentrischen Erscheinung auf.…

Neue Geniezeit

  Nicht so leicht heute in der neuen Geniezeit aufzutauchen und nicht gleich wieder unterzugehen. Wer heute etwas sein will, muss schon als Legende anfangen, und die Legende muss sich bei näherer Betrachtung als rostfreier Stahl erweisen. Aber so war das…

Positivalphabet

  Weiterführend →  Ein Buch muss keinen Nutzen haben. In der Zeit des Digitalen erlebt die Frage nach der Materialität von Literatur eine neue Blüte. Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch…

FEUERMELDER

  Die Vorstellung vom Klassenkampf kann irreführen. Es handelt sich in ihm nicht um eine Kraftprobe, in der die Frage: wer siegt, wer unterliegt? entschieden würde, nicht um ein Ringen, nach dessen Ausgang es dem Sieger gut, dem Unterlegenen aber…

Unlust am Leben, Angst vor’m Tod

Mit „The Walking Dead“ ist das Trash-Genre Zombies seriell geworden. Die Frage ist, kann man daraus gute Literatur machen? Die Antwort lautet ja. Und zwar A.J. Weigoni, der in seinen neuen Erzählungen „Zombies“ zeigt, dass es keinen Virus oder Totenkult braucht, um aus uns allen Zombies zu machen.

Jessica Dahlke

Der Kaufmann im Dichter

 Jeder Autor hat seine eigne Weise, seine Waare an den Mann zu bringen; – Ich meines Theils, mag vor den Tod nicht gerne in einem dunkeln Laden stehn und um ein Paar Dukaten mehr oder weniger drücken und dingen. Sterne,…

Rätsel im Alphabet · Revisited

  Ich habe das Buch bis 3 Uhr in der Nacht zu Ende gelesen – mit großer Spannung auf die Abfolge der Gedanken und Briefe und Freude an den poetischen Formulierungen – vor allem im Anfangsmotto und in der Schlussformel.…

Dichtung

  Dichtung ist und bleibt ein, wenn auch höherer, Schwindel. Ich lege Wert darauf, das zum ersten Mal ausgesprochen zu haben. Menschen gestalten, heißt: sie fälschen.         Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Durstige Larven

  Samtene Larven im Spargel klingende Fäden schlürfen. Sie klagen, oh wie sie klagen.     *** Eine Vorschau auf: Gedankenstriche von Joanna Lisiak Weiterführend → Holger Benkel würdigte diesen Band mit einem Rezensionsessay. Über die Literaturgattung Twitteratur finden Sie…

Heimliches Berlin

  Die kleinen Treppen, die säulengetragenen Vorhallen, die Friese und Architrave der Tiergartenvillen sind in diesem Buche beim Wort genommen. Der »alte« Westen wurde der antike, aus dem die westlichen Winde den Schiffern kommen, die ihren Kahn mit den Äpfeln…

Die Kiste (Chiffren und Fragmente)

  Das würde Herr Nipp nicht verstehen und er wollte es auch nicht, trotzdem nahm er sich den Zettel wieder und wieder vor, kam irgendwann dann allerdings nicht umhin zu grinsen. Ein vergleichend unvergängliches Grinsen. “Das Kreuz gekippt um 45 Grad.…

Kommunikationsprodukte

  Sprache wird reduziert zu einem ein Befehl zur jeweiligen Selbstvergewisserung.       Weiterführend →   Bestand die Modernität des Aphorismus bisher in der Operativität, so entspricht diese literarische Form im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit der Denkgenauigkeit der Spätmoderne.…

hip-hop

  die mit grips bleiben auf der strecke / enthirnte s.o.b.s stammeln scheiße anner ecke / und die schaffen’s: chillen mit bitches heiß / wie hard x nicole aniston / do me! betteln sie im engelston / scharf wie reines…

Zur Kritik der Vergangenheit

  Um die Kräfte und Werte in der Welt zu vermitteln, bedienen wir uns seit alters her mit immer gesteigerter Geschicklichkeit eines unglaublich mangelhaften Systems, nämlich unsrer zwei- und dreidimensionalen Mathematik, die sich auf einem durch die sogenannten »fahlen« maskierten…

Merz

  Merz will Befreiung von jeder Fessel, um künstlerisch formen zu können. Freiheit ist nicht Zügellosigkeit, sondern das Resultat strenger künstlerischer Zucht. Merz bedeutet auch Toleranz in bezug auf irgendwelche Beschränkung aus Künstlerischen Gründen. Es muss jedem Künstler gestattet sein,…

Resonanz zwischen Idee und Sprache

Weigonis Sammlung von Kurzgeschichten wurde im Format eines Groschen Romans veröffentlicht und ist ein Stück Subversion im Literaturbetrieb. Andreas Göx, Buchsurfer Den Begriff „Monster“ findet ich positiv, weil Monster der Normativität unser Gesellschaft trotzen. Aber mehr noch blicken Monster uns…

Twitteratur

  Jeder gegangene Schritt ist ein Teil des Lebens und hat den gleichen Wert wie genossener Wein. Das kann man so lange sagen, wie kein Wein vorhanden ist.         Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am…

Einbahnstraße

  Eine Periode, die, metrisch konzipiert, nachträglich an einer einzigen Stelle im Rhythmus gestört wird, macht den schönsten Prosasatz, der sich denken läßt.   *** Die Einbahnstraße ist eine entscheidende Gelenkstelle in Benjamins Gesamtwerk, in der Überlegungen des Frühwerks transformiert…

Mist

  Wenn du zu Mist zuviel zu sagen hast, fängt es an zu stinken.     *** Hübschs literarische Laufbahn begann mit einer Veröffentlichung in der von Peter Rühmkorf herausgegebenen, viel beachteten Sammlung Primanerlyrik – Primanerprosa. 1969 veröffentlichte Hübsch seinen…

Die Leertaste

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Tigersprung ins Vergangene

Kaum jemand hat die die Rolle eines unabhängigen Intellektuellen im 20. Jahrhundert besser ausgefüllt, als der vor 70 Jahren von uns gegangene Walter Benjamin. KUNO erinnert an dieser nonkonformistischen Denker. Man solle das Werk Benjamins nicht mit „unbilligen Konsistenzanforderungen konfrontieren“,…

Die Größe der kleine Form

Mit der Schneckenpost setzte sich der Briefroman durch. Mit der Psychoanalyse kam der literarische Bewußtseinsstrom. Mit dem Microbloggingdienst Twitter kam die Twitteratur. In den Zeiten der „Neuen Unübersichtlichkeit“ sind Konzentrations- und Selektionsgabe gefragt. KUNO hatte das Mikrogenre Twitteratur in 2014…