Monat: Mai 2024

Tage ohne Datum

  Tage ohne Datum, Aura, Lizenz, dazu das erste warme Licht des Frühjahrs, und die Schwermut brannte sich ihm wie ein reumütiger Satellit in die Haut. Keine Zeit für tiefsitzende Gedichte, die sich in scheuem Atemholen und Kristallschliff verzwergten, den…

gesang eins

    auf einmal wurde die landschaft hügelig buckelwale duckten ihre rücken im gras alle halme bewegten sich im gleichklang die musik musste von fernher kommen hinter dem gebirge wechselte der himmel seine farben Şirin sang von der küstenebene drang…

Spiegelbild im Auge des Anderen

  Intimitæt = ein zwanghafter Reflex in der Undurchsichtigkeit des Subjekts liegen Grenzen des moralischen Rechenschaftsvermœgens wo das Ich das Scheitern seiner Erklærungsversuche erkennt & seine Souverænitæt als Handlungssubjekt einbuesst begegnet ihm ‚der Andere‘ als Gegenueber   Unsere Verantwortung entspringt…

Sonette – XVII

  Die Harfe hängt im Wind sie kann nicht wehren Daß deines Todes Hauch die Saiten rührt Der in den Herzen große Feuer schürt Und Wellen lächeln macht auf hohen Meeren   Zur frühen Stunde da du mich entführt Gedenkst…

Der Träumende

  Blaugrüne Nacht, die stummen Farben glimmen. Ist er bedroht vom roten Strahl der Speere Und rohen Panzern? Ziehn hier Satans Heere? Die gelben Flecke, die im Schatten schwimmen, Sind Augen wesenloser großer Pferde. Sein Leib ist nackt und bleich…

Erinnerungen an SAID

  Er kam auf mich zu. Das war vor zweimal sieben Jahren. Er schrieb mir eine Mail und bot mir an, eine kleine Erzählung von ihm im Bonner Dichtungsring zu veröffentlichen. Sie gefiel mir nicht, sie passte auch nicht recht…

Selbst. Täuschung.

  Der Winterwind schenkt heute eine Träne: Sie stiehlt sich leis ins linke Auge, rollt, Als eine alte Eiche ächzt und grollt. Doch er zeigt ihr die großen kalten Zähne   Und wischt die letzten Blätter fort. Sie schmollt, Greift…

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  melismen des regens trommeln gegen dein ohr wie gegen das hirn das herz   ein körper der die klänge übersetzt ohne zu wissen:   bass der böen dein atem takt       *** Vor zehn Jahren erschien: Wortspielhalle,…

Ohne Titel

  Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle Zart und leise deckt dich das Lilienkelch- blatt ein. Unversehrt und rein \[\]Weicher Schnee rieselt in Flocken Hüllet Erde und Pflanze in weisser Netze Flor. Immer dichter wird alles und träumt in die…

Marie von Nazareth

  (Meiner liebsten Kete Parsenow) Träume, säume, Marienmädchen – Überall löscht der Rosenwind Die schwarzen Sterne aus. Wiege im Arme dein Seelchen.   Alle Kinder kommen auf Lämmern Zottehotte geritten Gottlingchen sehen   Und die vielen Schimmerblumen An den Hecken…

Die Leertaste

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

Die Kraniche des Ibykus

    Zum Kampf der Wagen und Gesänge Der auf Korinthus‘ Landesenge Der Griechen Stämme froh vereint, Zog Ibykus, der Götterfreund. Ihm schenkte des Gesanges Gabe, Der Lieder süßen Mund Apoll So wandert‘ er, an leichtem Stabe, Aus Rhegium, des…

Patrioten

  Weiterführend → Lesen Sie auch den Nachruf über Peter Meilchens Lebenswerk und den Essay 50 Jahre Krumscheid / Meilchen über die Retrospektive im Kunstverein Linz und den Essay zum Buch / Katalog-Projekt 630.

Galgenbruders Lied

an Sophie, die Henkersmaid   Sophie, mein Henkersmädel, komm, küsse mir den Schädel! Zwar ist mein Mund ein schwarzer Schlund – doch du bist gut und edel!   Sophie, mein Henkersmädel, komm, streichle mir den Schädel! Zwar ist mein Haupt…

Große Leidenschaften sind

  Große Leidenschaften sind wie Naturkräfte. Ob sie nutzen oder schaden, hängt nur von der Richtung ab, die sie nehmen.           Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies…

Aus dem Nilpferd-Revier

  Ein Nilpferd ist ein dich´kes Biest, Und zwei sind dicke Tiere; Und wenn du sie von hintern siehst, Denkst du, es sind wohl viere   Sie gleichen sich wie’s Ei dem Ei Und zwei sind in der Mitte –…

Baracken- und Underground-Lyrik

Eine weitere Erinnerung an die „Dirty Speech“-Bewegung in der BRD, die 1969 mit der Rolf Dieter Brinkmanns „Acid“ zu verorten ist. Es war eine Anthologie amerikanischer Beatliteratur, gesammelt und damit den Versuch eröffnend, auch in der deutschen Dichtung die bürgerliche…

afro-deutsch

  Sie sind afro-deutsch? … ah, ich verstehe: afrikanisch und deutsch. Ist ja ’ne interessante Mischung! Wissen Sie, manche, die denken ja immer noch, die Mulatten, die würden’s nicht so weit bringen wie die Weißen. Ich glaube das nicht. Ich…

Über der Menschen weitverbreitete Stämme

  Über der Menschen weitverbreitete Stämme herrschte vor Zeiten ein eisernes Schicksal mit stummer Gewalt. Eine dunkle, schwere Binde lag um ihre bange Seele – Unendlich war die Erde – der Götter Aufenthalt, und ihre Heymath. Seit Ewigkeiten stand ihr…

buntes Grau

  tagtäglich nachts entschwinden gänzlich nebenbei im Gehen mir die Farben ein Schleier Grau deckt meine Sicht lässt mich klarer stehn manchmal plötzlich unerwartet die helle Explosion gedankenbuntes Treiben Licht als Spiegelreflexion       *** Weiterführend → Zum Thema…