Monat: Dezember 2003

Gift des Vergessens

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gefährliches Spiel

Wir hatten in Swinemünde verschiedene Spielplätze. Der uns liebste war aber wohl der am Bollwerk, und zwar gerade da, wo die von unserem Hause abzweigende Seitenstraße einmündete. Die ganze Stelle war sehr malerisch, besonders auch im Winter, wo hier die…

FLUCHTRAUM

  ich gerate unterwegs auf der straße in einen gewitterregen und fliehe in ein buchgeschäft, das ich zuvor noch nie betreten hatte. ich schaue mir die bücherregale an, um die zeit zu überbrücken, bis der regen aufhört. dabei finde ich…

Nichts über uns ohne uns

Um Fähigkeiten, Leistungen, Wünsche und Probleme ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Lösungen zu realisieren, wurde das Jahr 2003 von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zum „Jahr der Menschen mit Behinderungen“ proklamiert.   Zur Sprache bringen… ist ein…

Heilige Nacht

  Geboren ward zu Bethlehem ein Kindlein aus dem Stamme Sem. Und ist es auch schon lange her, seit’s in der Krippe lag, so freun sich doch die Menschen sehr bis auf den heutigen Tag. Minister und Agrarier Bourgeois und…

Bilderschrift oder Schriftbild?

„Ist es Schrift und Bild? Schrift als Bild? Schriftbild? Bild(in)schrift?“ , lauten Fragen, die sich die Künstler der Werkstattgalerie Der Bogen in den letzten Jahren gestellt haben. Malerbücher, illustrierte Bücher oder Künstlerbücher nennt man sie auch, jene Bücher mit Originalgrafikern,…

Frühstücksei

  Er selber isst das Ei nach Köpfen der spitzen Seite, verteilt zunächst ein wenig Senf drauf und löffelt es aus. Sein Freund, der ihn besucht, höhlt ein Weißbrötchen aus, zerquetscht darein das Ei und streut sich von jenem dunklen…

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  die erde dreht sich schneller wenn laub   von den bäumen fällt hast du gelesen   der sturzflug der vögel stoppt   die rotation ab das blühen der   knospen bewegt innen ähnlich   ehrlich dreht sich im frühlings…

Tilla Durieux

  Ich würde für sie auch im Privatleben das Eboligewand wählen, den zackigen, weißen Kragen, der ihr Angesicht, ein Bukett von Lichtwende und Herzschatten, wie mit einer Atlasmanschette umgibt. Frau Durieux spielt im Theater Reinhardts die Eboli; die schlummernde Saitenspielerin…

Der sinnlose Film

Neulich spülte mich die Menge von den Boulevards in einen Cinéma, geb. Kintopp – und da gab es einen Tierfilm, der Abend war also nicht verloren. Aber so, wie man sich den großen Chaplin oft mit vielen kleinen dummen Filmen…

Der Markt, eine platonische Schnapsidee

  Welchen Sinn hat es, ausgerechnet in einem Blog über ein solch steinaltes philosophisches Konzept wie die platonische Ideenlehre nachzudenken? Eine rein akademische Turn- und Fingerübung ohne jeden praktischen Nutzen? Oder hat uns das Höhlengleichnis im sokratischen Dialog Politeia doch…

Über Ludwig Börne

Es war im Jahr 1815 nach Christi Geburt, daß mir der Name Börne zuerst ans Ohr klang. Ich befand mich mit meinem seligen Vater auf der Frankfurter Messe, wohin er mich mitgenommen, damit ich mich in der Welt einmal umsehe;…

Von Sekretärinnen und Taxifahrern

  An einem von Starkregen bedrohten Nachmittag treffe ich im Parque Centroamérica im Herzen Quetzaltenangos, das bis zu 2400 Meter hoch auf den Sedimenten eines ehemaligen Bergsees liegt und nach seinem alten Mayanamen Xelajú meist Xela (sprich: Schela) genannt wird,…

Fick dich ins Knie, Melancholie

Ein Abend mit Gisbert zu Knyphausen und Band Man geht hin mit den schlimmsten Befürchtungen und sie werden noch übertroffen. Man erwartet eigentlich zu viel und wird doch nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Ein kalter Abend in Hamburg Ende Januar. Man…

Leben in Möglichkeitsfloskeln XIII

Das Glück oder Unglück ist nur eine Frage völlig beliebiger Umstände, die wir dann schicksalhaft nennen. Aber das ist je eh klar: Das Zufällige IST unser Schicksal. Weiterfühend → Lesen Sie auch den Nachruf über Peter Meilchens Lebenswerk und den Essay 50 Jahre…

Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem

  Nächtlicher Schauplatz des Hexen-Sabbaths: Eine breite Bergkoppe; zu beiden Seiten Bäume, an deren Zweigen seltsame Lampen hängen, welche die Scene erleuchten; in der Mitte ein steinernes Postament, wie ein Altar, und darauf steht ein großer schwarzer Bock mit einem…

Mein erstes haus

  Ich weiß nicht, wie ich dem stadtbauamte für die reklame danken soll, die es mir mit dem verbot, an der fassade weiterzuarbeiten, gemacht hat. Ein lang behütetes geheimnis kam dadurch ans tageslicht: ich baue ein haus. Mein erstes haus!…

Die uräus-Handpresse aus Halle

Mit dem Kämpferischen im Autor, der auch Verleger und Buchdrucker ist, korrespondiert der Name seiner uräus-Handpresse. Die altägyptische Uräus-Schlange gilt als äusserst wehrhaftes Wesen. Und das Wort Uräus wird übersetzt mit: die sich Aufbäumende. Holger Benkel Weit davon entfernt als…

Du bist eine Lilie

  Du bist eine Lilie Aus Lodern und Schnee – Ein Licht, ein graziles, Aus Düften gedreht. Ich lieb den Gedanken, Daß du mich so liebst, Als gäbs keine Schranken Im Sehnsuchts-Betrieb. Timalien, Tangaren Umschwirren dich bunt – Ihre Syrinx-Fanfaren…

Peter Handke: Falsche Bewegung

Handkes Goethe-Rezeption in ihrem Kontrast zu den „Lehrjahren“ als Gegenwartserkenntnis und poetische Bewegung „Ich fürchte jedoch, dass die Menschen, wenn einmal die verwaltete Welt existiert, ihre Kräfte nicht frei entfalten werden, sondern sich soweit an rationalistische Regeln anpassen, dass sie…

Verwunschen

  Das Institut war untergebracht in einer Gründerzeit-Villa mit drei Stockwerken. Auf den ersten Blick ein romantisches Haus, auf den zweiten total verbaut: es gab eine idiotisch breite Treppe im Eingangsbereich, die die halbe Etage einnahm. Auf ihr hätte der…

Der letzte amerikanische Nonkonformist

Was Zappa an Varèse und Strawinsky inspirierte – Klangblöcke und Elektronik, komplexe Taktzahlen und metrische Verschiebungen, Geräuschfarben und seltsame harmonische Fortschreibungen –, das mutete er auch seiner Rockband und dem Publikum zu Hans-Jürgen Schaal Auch wenn sich Zappa in frühen…

Rückblick auf Stefan George

Zum 70. Todestag von Stefan George erinnert KUNO an ihn mit einer Studie über den Symbolisten, die Walter Benjamin angefertigt hat. Stefan George schweigt seit Jahren. Indessen haben wir ein neues Ohr für seine Stimme gewonnen. Wir erkennen sie als…

Alles im Arsch

„Maria Stuart“ von Friedrich Schiller   Königin Elisabeth steigt als Glamour-Star die steile Treppe zur Show hinab. Die Show ist die Staatspolitik. Irgendwie stimmt das ja auch. Die Minister benehmen sich wie die feinen Zuhälter der sogenannten freien Wirtschaft. Na…

Barackenleben

  Gleich rechts hinter dem Bahnübergang, unweit der ehemaligen Käserei, deren häßliche Verfallenheit sich als Inbild des Wendeelends seit Jahren am Rande des Dorfes, einstige DDR-Metropole für Fleischproduktion, bald kaum etwas mehr zu erzählen haben wird, unweit des hellblau gekachelten,…

Erbsengruß

  Bis gegen halb vier morgens hatte er im Bett gelegen, wach, unendlich müde, sich von einer Seite auf die andere gedreht, hatte auf dem Bauch gelegen und war letztlich nach hartem Kampf auf dem Rücken, ganz plan liegend, eingeschlafen.…