Monat: Juli 2005

FLUß

beherrschen rinnen das wasser  wie rechner die menschen  im spiegelbild der täuschung  öffnet erst die flut die wunden  treiben puppen aus stroh durch die adern  der landschaft sinkt hinab die brust zu der das leben einst ans ufer stieg find…

Sieben Gedichte VI

    Wem sind wir nah? Dem Tode oder dem, was noch nicht ist? Was wäre Lehm an Lehm, formte der Gott nicht fühlend die Figur, die zwischen uns erwächst. Begreife nur: das ist mein Körper, welcher aufersteht. Nun hilf…

Das Porträt einer Epoche

„Meine Figuren finden keinen Ort, zu dem sie Ja sagen“ Wir befinden uns in Kleinbärengrund in Masuren. Marie Schattauer, Tochter pietistischer Bauern, lernt unter heiklen Umständen zwei Reisende kennen. Sie verliebt sich in Hermann und geht mit ihm in den…

Buchkunst im Verlag Peter Ludewig

  „Von mir ist gerade ein kleiner bibliophiler Druck erschienen, den ich Ihnen gerne schicke. Er wird Ihnen gefallen – und vielleicht ist er ja sogar eine kleine Notiz im nächsten Faltblatt wert. Das wäre mir sehr angenehm – auch…

Gegen\Satz/Paare

  intim bei einander sein an einander anstecken & beim verzweifelten Versuch das Mœgliche unmœglich zu machen Opfer der verbrauchten Sprache werden Bodenhaftung ver lieren & nicht abheben von Niederlage zu Demuetigung taumeln hin– & her gerissen zwischen Ideal &…

Weinberg

  Das Abendläutennach getaner Arbeit, bei uns nach getaner Ruhe, nach erschnüffelten Veilchen, Trüffelfunden, Beeren und Hölzern nahe der Wurzel, wenn die Erde der Sonne das ihre zurückgibt als Schweiß und die Maulwürfe zitternd den Einbruch der Nacht erwarten. Wir…

Studieren

  „Ich will auf jeden Fall studieren!“, hielt ihm das gerade einmal vielleicht fast sechszehnjährige Mädchen entgegen. Nein, ihre Aussage erschien ihm wie ein in der Luft hängender Vorwurf. Herr Nipp war darauf gar nicht vorbereitet gewesen, er hatte schon…

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abgenutztes ich träumt Träume webt sie ab hüllt Form in so Schleierchen nachts die Stadt überfliegen so lang bis wir vergehen Bruder Tod abknutschen wieder und wieder wenn Licht gewinnt Mittag auf dir liegt: ein Leben *** Weiterführend → Ein…

O.T.

  „Abend im Abendland verdeutschte in ihren Löchern mit einem Glas in der Hand“ Reißaus nähm der Tod selbst  röch er ‚hn jenen blutgeruch der er selber ist der boden selber sein fluch der himmel selber sein mist   Hoffen…

Über die Erkenntnisverweigerer

  Es gibt die vielen lauten Besserwisser. Die Welterklärung ist ihr ganzes Streben. Ihr widmen sie ihr armes Erdenleben. Wenn es um Zukunft geht, sind sie nur Schisser,   Die felsenfest am Vorvorgestern kleben. Man findet sie als tumbe Fahnenhisser,…

Wie soll man Verse sprechen?

  Das ist, weiß Gott, ein heikles Thema! Alles was auf Dichtung Bezug hat, ist schwierig. Alle, die sich damit befassen, sind von ausgesuchter Reizsamkeit. Das unentwirrbare Verschränktsein dessen, was jeder einzelne fühlt, mit dem, was die Allgemeinheit fordert, gibt…

Der Tag

  Ich betrachte den Tag. Die Sonne scheint herein. Der Wechsel der Schatten legt den Grund. Ein Fenster sind die Gespräche der Schwalben, die Wege der Bäume ein anderes. Auf den Wänden liegt Wind. Die Fliegen springen von Feld zu…

Weite Ferne… unendlich nah

  gerade in der fernsten Fremde spricht uns das Vertraute an gemahnen steil aufragende Hæuserschluchten an den Strassenfussball der Kindheit   weist geœffnete Metropolen–Ueberwelt auf die Endlichkeit des Horizonts… eine imaginære Wanderung durch geografische & politische Grenzen   keine Sprache…

entgrenzt

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Porträt eines Barockpoeten

  Im ganzen Gebiet der Literarhistorie ist kaum etwas ausfindig zu machen, was undankbarer wäre, als ein Porträt – ein Lebens- und ein Geistesbild – der deutschen Barockpoeten einem heutigen Leser vorzustellen. Dieser Aufgabe hat sich Gundolf, nach seinen letzten…

Schöne Sprache

  »Ich liebe diese Sprache«, schreibt mir jemand, »schon um ihrer formalen Schönheit willen: Dasselbe Wohlgefallen, das mich immer wieder zu diesen Bänden treibt, führt mich auch immer wieder an die lateinische Prosa der deutschen Humanisten heran. Wenn ich wenig…

Die pure Unvernunft

  Wenn das Dein Fluch ist Zu sehen und sehendes Augs In die Katastrophe gehen, Bin ich noch ich, Wenn meine Grundsätze Mit den Launen wechseln? Ich prostituier mich Um eines billigen Vorteils willen Und weiß, dass ich damit Wieder…

WIE LANGE NOCH

  wie lange noch wird all dies dauernder sommerwind   auf deiner haut daß du den frauen   ins gesicht siehst daß die sehnsucht   in dir brennt daß du das leben   spürst wie eben erst in diesem augenblick…

Ein echtes Gedicht

  Ein echtes Gedicht zeichnet sich nicht so sehr durch einen glücklichen Ausdruck oder durch die Gedanken aus, die es anregt, als vielmehr durch die Atmosphäre, von der es umflutet ist. Die meisten Dichtungen haben bloß schöne Umrißlinien und die…

REISELIED

  Wasser stürzt, uns zu verschlingen, Rollt der Fels, uns zu erschlagen, Kommen schon auf starken Schwingen Vögel her, uns fortzutragen.   Aber unten liegt ein Land, Früchte spiegelnd ohne Ende In den alterslosen Seen.   Marmorstirn und Brunnenrand Steigt…

WELTSCHÄNDUNG

    Vernichtet nur das eigene Geschlecht, zerstört, was je durch Menschenfleiß geworden! Doch welche Mächte gaben euch das Recht, des Wassers Glanz, der Blume Duft zu morden? Wenn das Geschützrad Halm und Strauch zerbricht, seht ihr die Säfte nicht,…

Am Meer

  Hier sitzen: Sand und Gischt und Muschelwerk die Sonne blutet aus der Wind schreit Möwen an wenn sie ihm allzu dreist den Weg verstellen es ist, als knatterts im Gefieder oder täuscht mich das verletzte Ohr das ich noch…

Das Spülwasserlicht

Wie sie am Boden in Gebärhaltung hockte die Plastikschüssel vor sich mit dem angeschlagenem Geschirr im Dreckwasser umkreist von den eigenen Schlammspuren, die Fingernägel voller Halbmode im besänftigtem Wasser, festhielt die öligen Teller im Flüssiggrauen, Ekel strömte von den Halbmonden…

Frage an dich

  Sollen wir fusionieren, unsere Leben zusammenlegen   zu einem größeren Ganzen? Mit dir will ich   tanzen im Liegen, mich so lange an dich schmiegen,   bis wir, vom andern freundlich übernommen,   einander gute Gesellschafter sind – und…

Cux-Lied

  Du döst vor dich hin, alte Schnake, hast Ritzebüttel und Süderwisch satt, schaust müde auf die Kugelbake, die Alte Liebe, das Watt.   Döse, Duhnen, Sahlenburg liegen trocken achtern Diek. Wattenkieker biste nur, doch willst du hinaus übern Schlick.…

Platz

  Im Vorhaus brennt die Zugluft. Kahle Wände die Röhren unter Putz. Das Licht scheint unerbittlich. Silberfische in den Fugen amüsieren sich in  kalkigem Wasser. Feste feiern wie sie fallen. Das Tempo zeigt Geduld. In den dunklen Treppenhäusern segeln bunte…

Tal und Berge sehen hell

  Sonne pinselt in dem Tal Hell die weißen Häuserflächen; Malt die roten Giebel grell Und malt Tinten blau wie Stahl. Löscht die Lichter wieder schnell, Schatten eilen gleich den Bächen, Und die Erd‘ lebt wie Gesichter. Berge gehen von…

Kleider

Oft wenn ich Kleider mit vielfachen Falten, Rüschen und Behängen sehe, die über schönen Körper schön sich legen, dann denke ich, daß sie nicht lange so erhalten bleiben, sondern Falten bekommen, nicht mehr geradezuglätten, Staub bekommen, der, dick in der…

Juli

Es geht immer um Verwandlung Um eine Art Umwandlung von Leben in Tod Und andersherum Von Vergangenheit in Zukunft Und von dem was wir uns wünschen In etwas das wir hinter uns lassen Eine Farbe die mit einer anderen Übermalt…

Sehnen

  Die Hände strecken Starre bebt Erde wächst an Erde Dein Nahen fernt Der Schritt ertrinkt Das Stehen jagt vorüber Ein Blick Hat Ist! Wahnnichtig Icht!   *** August Stramms Stil war überraschend und neu. Durch seine Knappheit, Härte und…