Schlagwort: Peter Paul Wiplinger

Zum rheinischen Ungarn Weigoni

  Es verbindet uns die gleiche Grundhaltung der literarischen Sprache gegenüber, nämlich die: Respekt zu haben vor dem hohen Kultur-, ja Menschheitsgut SPRACHE; bei aller Absicht und allen Bemühungen, über ihre Grenzen hinauszukommen, dorthin, woher wir vielleicht kommen: ins freie…

Minderheitenliteratur in Österreich

  Verweigerung, Anpassung, Identität – was hat das mit der Sprache überhaupt, mit der Sprache einer Minorität zu tun, in welcher Beziehung stehen hier diese Bereiche zueinander? Wer verweigert? Wer paßt sich an? Wer wird zur Anpassung verleitet, verführt oder…

Eine Erinnerung an Christine Lavant

  Zwei mich tief beeindruckende Begegnungen, keine direkt persönlichen, sondern literarische, waren die beiden Lesungen in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur von Christine Lavant und von Ingeborg Bachmann; beide damals noch in dem sehr vitalen, heute heruntergewirtschafteten Palais Palffy am…

Einschnitte

  Im Jänner 1961 erschien die Poetikschrift „Mein Gedicht ist mein Messer“ von Hans Magnus Enzensberger als Taschenbuch und markierte eine Zeitenwende in der Poesie der Nachkriegszeit. Für mich eröffnete dieses Buch sogleich eine neue Welt in Bezug auf Empfindung,…

Zum 100. Geburtstag von Milo Dor

  Wir verdanken ihm viel und haben ihm sehr zu danken. Er hat den Sozialfonds der Literar-Mechana begründet Den Milo Dor – fast niemand kennt seinen „wirklichen“ Namen Milutin Doroslovac – braucht man in der Österreichischen Literaturszene nicht vorzustellen. Jeder…

Aus der unmittelbaren Gegenwart

Die Tage, die Nächte, die Erinnerungen, der Zorn, die Ängste und die Bemühungen sie nicht überhand nehmen zu lassen, des Lebens Wirklichkeit – alles wird zu Sprache, zu Gedichten. Peter Paul Wiplinger schreibt das Leben auf, ohne Metaphern, wie er…

LEBENSERHALTUNG

    Immer wieder hineinhören in die lautlose stille immer wieder die bilder die aufleuchtend verglühen immer wieder tief in sich den abschied spüren immer wieder aber auch der hoffnung fernes licht nicht die frage stellen wieviel zeit noch bleibt…

Ein Porträt von Andrej Kokot

  Andrej Kokot hat meinen Gedichtband „Oporoka Casa“ (Zeitzeichen) ins Slowenische übersetzt. Wir haben uns früher oft und immer wieder getroffen, auch zusammen mit unserem gemeinsamen Freund, dem kärntnerslowenischen Dichter und Chorleiter Valentin Polanšek; oft auch in Slowenien bei den…

Eine Erinnerung an Robert Menasse

  Den Robert Menasse braucht man in der österreichischen Literaturszene und bei Standard-Lesern nicht vorzustellen. Man verbindet mit ihm den Begriff des kritischen Fragenstellers, Denkers und Feuilletonisten, der sich auch in aktuelle politische Geschehnisse einmischt, indem er dazu Stellung nimmt.…

Jugendkulturwoche 1963

  Dünn, zerbrechlich, zart; mit langsamen, eleganten Bewegungen, einem Lächeln im Gesicht, freundlich und höflich, kollegial. Dabei voller Wortwitz, Ironie, aber nie mit einem Sarkasmus, der verletzen hätte können. Alles so hinterfragen, skizzieren, sichtbar machen, darstellen. Gedichte wie aus hellgrauer,…

Ein Jahrhundertmensch

Boris Pahor stellte wie Primo Levi oder Imre Kertész die Frage, ob das erlebte Grauen mit Worten nachvollziehbar gemacht werden kann. Karl-Markus Gauß   Und wieder einmal ist ein „Jahrhundertmensch“ von uns gegangen: Mit 108 Jahren verstarb am 30. Mai…

Eine Erinnerung an Heinz Rudolf Unger

  Mit seinem Namen verbinde ich das Wort „Zwölfeläuten“. Das ist der Titel eines Theaterstücks von ihm, das unter der Regie von Harald Sicheritz auch großartig verfilmt wurde. Wir kennen einander schon lange, aus dem Café Hawelka, in das wir…

Die Hitler-Bilder

  Überall verschwanden sie plötzlich bei Kriegsende: die Hitler-Bilder. Zuerst in den Privathäusern, dann auch an und in öffentlichen Gebäuden. Man entsorgte sie so schnell es nur ging und sagte, es dürfe kein Hitler-Bild von der Besatzung gefunden werden, am…

Kinderschicksal – Kindheitstrauma

Der kärntner-slowenische Dichter Andrej Kokot auf den Spuren seiner Kindheit Der 14. April 1942 ist ein bedeutender Tag im Leben des damals kleinen Buben und heutigen Schriftstellers Andrej Kokot. Denn da wird er mit seiner Familie, seinen Eltern und den…

Lapidargedichte

  Es geht um ‚sachliche Wirklichkeit im Sinne der existenziellen Befindlichkeit‘, schreibt der Autor über seine zuletzt erschienen Gedichte. Keine Metaphern, keine Überhöhungen, nicht das Schöne sei angestrebt. Sogenannte ‚Lapidargedichte‘ nennt Wiplinger diese Lyrik. Mit diesem Begriff bin ich nicht…

Begegnungen und Augenblicke

  Beobachtet hatte ich ihn schon oft und eindringlich. Wenn er in Wien war, saß er im Café Hawelka, meist an dem runden Säulentisch gleich beim Eingang, wo auf einem Nebentisch die Zeitungen lagen, in denen er eifrig las. Und…

AUSSICHTEN

  Am Cover ist eine blühende Geranie im Fenster eines alten Hauses in Haslach, Wiplingers Herkunftsort, zu sehen. Ein Foto des Autors. Was sieht man durch dieses kleine, dunkle Fenster, was sieht man von einem Aussichtsturm? Nicht viel, wenn die…

Zugehörigkeit- und Identität

Anmerkungen zu Petar/Peter Tyran Ein ehemaliger burgenländischer Landeshauptmann hat einmal nach meiner Fotoausstellung über „Die bäuerliche Architektur im burgenländischkroatischen Siedlungsraum“, in der ich nicht nur die Schönheit dieser Architektur, sondern auch ihre systematische Zerstörung aufgezeigt habe, nach dem dritten Bier…

Literatur-Betrieb

Die identitäre Befindlichkeitsprosa reduziert Protagonisten auf ihre Zugehörigkeit zu Kohorten, sie versteht Autonomie nicht als Selbstentwicklung und -bestimmung, sondern als Selbstbehauptung. Es handelt sich um eine Denkungsart, welche die kategoriale Abgrenzung als Teil der eigenen Wesensbestimmung stets mitmeint und einschreibt.…

Eine Erinnerung an Friederike Mayröcker

Der Tod ist ekelhaft. Er ist ein Eklat, ein Skandalon, eine Frivolität, eine Schmach, eine Verdammung und eine Herabsetzung des menschlichen Lebens. Und der grosse Stachel des Todes ist, dass man nicht weiss, wohin es geht. Friederike Mayröcker   Man…

DAS VOKABULAR

    das verheimlichen das verharmlosen   die presseerklärung das wirtschaftspaket   die grenzwertigkeit die erfolgsstrategie   die intensivstationen die belegungsdichte   der wochendurchschnitt die clusterhomogenität   der behandlungsmodus die hohe mortalitätsrate   die überlebenschancen die durchimpfungsrate   gestorben wird…

Erich Fried, zum 100.

  Unvergeßlich ist mir das Zusammentreffen mit Erich Fried am 16. September 1987 in Wien. Wir hatten das Treffen telefonisch vereinbart. Es ging um meinen Fotogedichtband „Farbenlehre“, in dem ich mich mit dem Thema des Holocaust und mit dem ehemaligen…

Gedichte-schreiben nach Auschwitz

Kulturkritik findet sich der letzten Stufe der Dialektik von Kultur und Barbarei gegenüber: nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, die ausspricht, warum es unmöglich ward, heute Gedichte zu schreiben. Theodor W.…

Lebensweg

    gehen gehen gehen   mit einem Ziel ohne ein ziel   ankommen   an einem ziel an keinem ziel   irgendwo ankommen   gehen gehen einfach gehen     *** AUSKLANG Gedichte 2010-2020 von Peter Paul Wiplinger, Löcker…

Heldenplatz

Spontan-Morgengedicht zum österr. Nationalfeiertag für den Dichterfreund Stephan Eibel Erzberg   da stehen sie nun aufgereiht in ihrer feschen militärmontur und sind bereit zum schwur aufs kleine hehre vaterland und in der menge steht und sucht der schatz den liebsten…

Die Sprache der Bilder

Seit meiner frühesten Kindheit sammle ich Bilder: zuerst kleine, naiv kindlich-kitschige Heiligenbildchen oder solche mit hehrem, hohlem Pathos; dann die ersten Kalenderbilder mit Abbildungen der bekannten Werke von Cézanne, Degas, Monet, Manet, Gauguin, van Gogh u.a., die man abriß und…

Panzerfäuste

  Ein anderes Bild, das mich schon mein ganzes Leben lang, seit meiner frühen Kindheit begleitet, sehe ich wieder einmal vor mir: Ich sitze am Fenster oder knie auf dem Fensterbrett in der Wohnung der Eltern meines späteren Schulfreundes, dem…

Die Wirklichkeit von Liebe, Leben und Tod

  Lieber France! Jetzt, da ich am frühen Morgen hier in Wien Dein Gedicht „Im Hotelzimmer“ aus Deinem Gedichtband „Osmi dan v tednu“ (Der achte Tag in der Woche) lese, in den Du am 22.9.1989 nach unserer gemeinsamen Lesung in…

Peter Paul Wiplingers opus magnum

  15 Jahre lang schrieb Peter Paul Wiplinger auf den Karton zerlegter Schachteln Einfälle aller Art und jeglichen Inhalts: Notizen, Gedichte, Prosatexte, Stimmungen, Empörungen und Kommentare. Wiplinger ist kein geduldiger Mensch, und auch seine Einfälle sind es nicht. Sie drängen…

Panzersperren

  Wir gehen „Panzersperren-Schauen“, es ist schon gegen Abend. Wer noch mit mir ist, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur an die beiden Panzersperren im oberen Ortsteil: an die beim Moser-Haus und an eine auf der Linzerstraße. Reden…

Mein Bild von Alois Vogel

  Durch das imaginäre Objektiv meiner Kamera sehe ich ihn, den Alois Vogel: Seine große, aufrechte, schlanke Gestalt; in einem grauen Anzug, mit Strickweste und mit sorgfältig gebundener, farblich und stofflich dazupassender Krawatte. Im Winter darüber ein knielanger, schwarzer Kapuzenmantel.…

Schachteltexte II

  „SCHACHTELTEXTE II 2017-2019“ schließt an „SCHACHTELTEXTE I 2007-2016“ an, jedoch mit einer zeitlichen Zäsur, deren Ursache die schweren Folgen eines Unfalls waren, welche eine monatelange Pause bedingten und auch zum vorübergehenden Verlust der Handschrift führten. Danach war die Schreibschrift…

Ein Original im österreichischen Kunst- und Literaturbetrieb

  Vorbemerkung der Redaktion: Vor zehn Jahren starb Fabian Kulterer, ein Original im österreichischen Kunst- und Literaturbetrieb, Dichter und Aktionskünstler, Lebenskünstler. Die beiden eigenartigsten, um nicht zu sagen skurrilsten Dichter, die mir je begegnet sind, waren „der Kulterer“ und der…

Eine Erinnerung an Gertrud Fussenegger

  Ich hatte von ihr schon 1958 gehört und sie auch gesehen, als ich das Franziskanergymnasium in Hall in Tirol besuchte und beim Zahnarzt Dr. Gruber wohnte. Ihr Haus nämlich war das Nachbarhaus. Und manchmal sah ich sie und ihre…

Auf den Spuren der Erinnerung zurückgehen:

zu den Ereignissen, zu den Menschen, zu sich selbst! Jeder Mensch lebt – auch – von der Erinnerung. Die Vergangenheit ist nie tot, nie endgültig vorbei, sie lebt in dem weiter, was uns verbleibt und verblieben ist. Sich-erinnern-Können bedeutet, daß…

Schachteltexte

Seit einiger Zeit mache ich meine Schachteltexte. Das heißt: Ich schreibe auf irgendwelche, mich in ihrer Form ansprechende Schachteln, oft auch von mir aufgefaltet oder zu einzelnen Schreibflächen zurechtgerissen, Texte, die aus meinem Kopf, beginnend an einer Wortquelle, irgendwie, fast…

Der erste Neger

Ich habe den ersten Neger gesehen. Ein Soldat der US-Army. Er saß auf einem Panzer oder auf einem LKW oder in einem Jeep; so genau weiß ich das nicht mehr. Er war sehr groß und saß sehr lässig da; wie…

Der Koffer meines Vaters

  Seit 36 Jahren steht der Koffer meines Vaters nun schon ungeöffnet in meinem Keller. Jetzt, da ich schon fast genauso alt bin wie er, als er damals fortging mit seinem kleinen Koffer ins Spital, werde ich diesen alten Koffer…

FRONLEICHNAMSFEST

  FRONLEICHNAM war mir in meiner Kindheit immer das mir liebste Fest. Da war der ganze Ort mit Birken und vielen Blumen sowie mit Heiligenbildern und brennenden Kerzen in den Fenstern der Häuser geschmückt. Und wir Kinder waren alle schön…

europa und die neuen toten

  Vorbemerkung der Redaktion: Mehr als 3.000 Bootsflüchtlinge starben 2017 im Mittelmeer   boote im meer überfüllt mit flüchtlingen dem schicksal ausgelieferten menschenalle haben sie den schleppern viel geld bezahlt für die überfahrt nach europa aneinen rettenden strand tagelang nächtelang…

Begegnungen mit Ibrahim Rugova

  Wenn ich an Ibrahim Rugova denke, so sehe ich ihn vor mir als einen schmächtigen Mann, der stets etwas gebeugt ging und fast zerbrechlich wirkte; immer mit seinem Markenzeichen: einem Schaltuch, um seinen Hals gewunden; und mit der unvermeidlichen…

Der alte Herr

  Ich erinnere mich: Die großen, dunklen Augen mit dem manchmal wie verloren wirkenden Blick in eine weite Ferne; das schneeweiße, stets korrekt fassonierte und frisierte Haar, füllig, in langen, leichten Wellen zurückgekämmt. Immer in Anzug und Krawatte und frischem…

Heimatlos

    bei mir nicht heimat ist du nur bist ausgesetzt in einem fremden land   bei mir nicht heimat ist nur in krachendem geäst da oder dort nichts wie fort   bei mir nicht heimat ist blutleere in deinem…

Tagtraumnotizen

  Es geht in dem neuen Buch von Peter Paul Wiplinger nicht um Träume, diese oft wirren surrealen Gebilden, die uns im Schlaf heimsuchen, und die wir manchmal deuten können, oft aber nicht. Es geht um Gedanken, die man von…

Auslöschung

    nicht mehr achten auf die zeit   auf keine stunden auf keine minuten   einfach nur da sein sich spüren atmen   keinen namen mehr tragen kein erkennungszeichen   keine fragen beantworten keine antworten erwarten   sagen ich…

Der letzte Arbeiterdichter Österreichs

Und geht die Welt zu Grund – Ich liebe dich und die Partei und den Gewerkschaftsbund Einer, der nie im Café Sport war, weil er wirklich nirgendwo dazugehörte und kaum mit jemandem sprach, sondern nur trank, war der Kobalek, „der…

Tagtraumnotizen

  das leben ein traum das träumen im wachsein das träumen im schlaf träumen am tag und bei nacht das aufwachen aus den träumen das hineingleiten in die träume im wachsein oder im schlaf erinnerungsbilder tauchen auf am tag und…

Letzte gemeinsame Zeit

  uferlos sagst du alles uferlos wie mitten im meer die unbestimmtheit des lebens diese ungewißheit denn plötzlich aus heiterem himmel die diagnose da ist keine quadratur des kreises mehr möglich nur annäherungswerte und auch die nicht einmal sag kein…

Auschwitz

Was soll das sein in der deutschen Kultur, das zu Auschwitz führt? Ich glaube nicht, dass es eine Art Vorausbestimmung für den deutschen Antisemitismus gibt. Ich denke eher, dass diese ganze Nazi-Geschichte ein Zufall war, der nicht hätte kommen müssen,…

WAS SCHREIBEN – WAS TUN

  was schreiben – was tun das ist die frage jetzt und überhaupt nach all dem was geschehen ist inmitten von all dem was geschieht was schreiben – was tun mit der sprache dem wort ohne die sprache ohne das…

Eine Erinnerung an Mateja Matevski

  Wenn ich an Prof. Dr. Matevski denke, sehe ich ihn vor mir: große, schlanke Gestalt, gepflegt, im hellgrauen leichten Sommeranzug, „ein feiner Herr“ mit besten Umgangsformen und Manieren, freundlich lächelnd, aber auch hintergründig in seinen Beziehungen zur (damaligen) politischen…

DEIN WEG

  du schaust auf die fugen zwischen den steinen   sie teilen deinen weg in einzelne felder   du meidest die fugen   du betrittst sie nicht irgendwann aber   bist du angekommen auf der letzten flächean deinem ziel  …

MÜHLVIERTLER LANDSCHAFT

  Hügelweit hingestreut die sanfte Landschaf tim hellen Morgenlicht   zwischen den Wäldern in länglichen Mulden ein Nebel-Seidentuch   auf den Kuppen oben da und dort sehr klein ein Spielzeug-Kirchturm   Straßen und Wegedurch ziehen weithin sichtbar das Landfern am…

IM MÜHLVIERTEL

  euchtendes rot einer mohnblüte   weiße margeriten im wiesengrün gewitterwolken   im himmelsblau durch die landschaft   gehen ohne ein ziel einfach nur dasein   schauen sonst nichts       Weiterführend → Über den dezidiert politisch arbeitenden Peter Paul…

WAS ICH NOCH LIEBE

  den purpur mag ich und das aschenkleid   die nächte sanft wie dunkle seide   das licht am himmel wenn der abend kommt   ein letztes schweigen wenn das wort verstummt   und eine vogelspur im unberührten schnee  …

Das Maß des Menschlichen

Der Dichter und Freund Alois Vogel Wenn ich an Alois Vogel denke, so sehe ich ihn fast immer wie in einem Bild vor mir: wie er an seinem Arbeitstisch sitzt, vielleicht an einem späten Novemberabend, von seiner Schreibarbeit aufblickt und…

DAS LETZTE LICHT

  das letzte licht als die sprache der bäume   als botschaft des himmels schwarzblau   die schattender nacht du hörst diese stille   du hörst deinen atem du hörst   deinen pulsschlag als zeichen der Zeit      …

UNSERE WEGE

    Du gingst den Weg hinauf zwischen den Wiesen bis unter den großen blühenden Kastanienbaum.   Ich dachte: Wo wird er enden Dein Weg? Und wo endet dann meiner?   In den Blüten im Mai oder flammendrot im Herbst?…

Mein Klassiker, Valentin Oman

  Im Mittelpunkt des künstlerischen Gesamtschaffens von Valentin Oman steht der Mensch: Der Mensch in seiner Endlichkeit, in seiner Vergänglichkeit, in seiner Zeitlichkeit, in seiner Zeitlosigkeit. Der Mensch mit seinen Möglichkeiten zur Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung, aber auch zur seiner Selbstzerstörung.…

Meine Wut im Bauch

Zur Fußballweltmeisterschaft in Brasilien 2014 Neulich in den TV-Nachrichten kurz ein Bild: eine Phalanx von Polizisten mit ihren Schildern, davor eine protestierende wütende Menschenmenge. Schnitt. Ein anderes Bild: Polizisten prügeln wahllos und unkontrolliert auf wehrlose Menschen ein, treten sie mit…

Sprachzeichen – Lebensbilder

Ansätze zu einer fragmentarischen Betrachtung(sweise)   Fragen stellen fragen nach der Bedeutung von Worten von Bildern von Sätzen fragen nach dem was man sagt was man ausdrückt was man meint fragen nach dem was unausgesprochen bleibt nicht abgebildet wird oder…

Literatur und Schicksalhaftigkeit

Laudatio auf den Roma-Schriftsteller Stefan Horvath aus Oberwart im Burgenland/Österreich zur Verleihung des „Roma-Literaturpreis des Österreichischen PEN – zum Gedenken an Ceija Stojka“, bei der Buch Wien. Wer ist Stefan Horvath, und was ist und bedeutet seine Literatur; für ihn,…

Der Hampelmann

  ich bin ein kleiner hampelmann der leider nicht mehr strampeln kann kinderreim kindervers kindheitstrauma kindergedicht bruchstück bruchstücke der erinnerungen der hampelmann eine puppe ein bojazlwie wir diese puppe nannten in einem pyjama aus abgewetztem blauem stoff aber mit goldfarbenen…

Poetik des Humanen

… nicht immer nur denken so denke ich nicht immer nur reden so sage ich endlich auch handeln wenn nötig wenn möglich vielleicht auch ein handeln mit sprache mit wort etwas wirklich tun gegen den missbrauch der macht gegen gewalt…

Die Unberührbaren

  Ein wichtiges Buch, ein berührendes Buch, ein großartiges Buch, ein gut geschriebenes Buch. Gerade durch seine Einfachheit und Schlichtheit; ohne jedes Pathos, obwohl es vom Leiden handelt, von der Stigmatisierung einer Menschengruppe, von Menschen, die vom nationalsozialistischen Rassenwahn zu…

Wozu noch ein Gedicht?

Der Kritiker hasst den Dichter. Weil er wohl seine schwierigen, nicht aber seine einfachen Sätze versteht. Gerhard Falkner „wozu noch ein gedicht / schreiben frage ich mich / alles ist schon gesagt / in vielen variationen / immer die begegnung…

Erinnerung an Ceija Stojka

Noch höre ich den Klang Deiner Stimme, noch sehe ich Dein Gesicht.   Ein Sturm war plötzlich aufgekommen, kalt und windig war es, der Regen peitschte uns ins Gesicht, als man Dich, liebe Ceija, im Sarg zum offenen Grab trug.…

Der Erdäpfelkeller

  Wir sitzen im Erdäpfelkeller. Der heißt so, weil darin der Jahresbedarf an Erdäpfeln, jetzt Kartoffeln genannt, aufbewahrt werden, von der einen Erntezeit bis zur nächsten; mindestens zweihundert bis dreihundert Kilo Erdäpfel liegen da in einem Verschlag, in dem man…

Versteckenspiel

Ein Traumfragment das Leben. Der Tod ein Bruchstück Wahrheit   (Aus dem Gedicht ,,Der Befund“) „Versteckenspiel“ heißt der Titel einer Gedichtsammlung von 57 Gedichten der österreichischen Dichterin Hedwig Katscher, die als Band 23 der Reihe ,,Lyrik aus Österreich“ im Verlag…

Ein Porträt von Janko Messner

  Keine Ahnung, seit wann wir uns kennen und wo wir einander zum ersten Mal begegnet sind. Daß es ihn als Dichter gibt, wußte ich schon in den frühen Sechzigerjahren, von meinem kärntnerslowenischen Freund, dem Maler Valentin Oman, mit dem…

BILDERWELT

      stehen auf die lebenden die toten als zeugnis als mahnung   alle bilder des grauens unauslöschbar lebendig in der erinnerung   stehen vor uns die gequälten getöteten menschen von damals im jetzt   entwürdigung und würde zwei…

Lebenslang in der Fremde

  Seit fünfundzwanzig Jahren lebt die persische Dichterin Nahid Bagheri-Goldschmied in der Fremde, in Österreich, im Exil. Geboren am 22.6.1957 in Teheran als Tochter eines Unternehmers verließ sie nach dem Studium der persischen und arabischen Sprache und der damit verbundenen…

DER ALTTAGSDICHTER

(für) Hugo Schanovsky   fast täglich bekomme ich botschaften von ihm in form von gedichten und bildern die zeigen wie sehr die welt in ihn eindringt ihn beschäftigt und fordert in ihm spuren hinterläßt denen er folgt die er wieder…

Eine Erinnerung an Gottfried W. Stix

  Der jetzt älteste Schriftsteller, den ich kennengelernt habe, ist der Friedl Stix. Mit ihm habe ich gestern telefoniert. Der wird – „so Gott will“, hat er gesagt – im April dieses Jahres 98 Jahre alt, also fast ein Jahrhundert.…

Eine Erinnerung an Adam Zielinski

  Wo soll ich anfangen mit meinem Erzählen? „Die sieben Leben des Adam Zielinski“ hieß eine einstündige Radiosendung im ORF auf Ö1, die ich im Auto hörte, als ich durch meine Mühlviertler Heimatlandschaft fuhr. Ein solcher Titel verweist schon auf…

Danksagung

  Die Entstehung dieses Buches verdanke ich eigentlich dem Ernst Jandl. Wir sind nach einer Preisverleihung an die Kollegin Elisabeth Reichart, die ich auch schon seit mehr als dreißig Jahren, seit unserer Teilnahme an einer der Rauriser Literaturtage kenne, bei…

Epilog zu Schriftstellerbegegnungen 1960-2010

  Für jede Begegnung und jedes gegenseitige Kennenlernen spielen Begegnungsmöglichkeiten, Begegnungsgelegenheiten, Begegnungsumstände, Begegnungsebenen, Begegnungsmittel u.a. eine in jedem Fall mitbestimmende, ja oft eine entscheidende Rolle. Unabdingbar aber ist die persönliche Bereitschaft, einander, dem anderen überhaupt begegnen zu wollen. Dafür muß…

Bled ist mehr als ein Ort

  An Winterabenden sitze ich manchmal an meinem Schreibtisch in Wien vor den Ordnern meines Fotoarchives, schlage meine Aufnahmen von Bled auf – es sind über die Jahre schon sehr viele – und blättere in diesem Bilderbuch. Durch eine Lupe…

Resignation

    Resignation ist keine Option. Die „Utopie Hoffnung“ (Ernst Bloch) darf niemals aufgegeben werden.        *** Weiterführend → Über den dezidiert politisch arbeitenden Peter Paul Wiplinger lesen Sie hier eine Würdigung. → ein Essay über die neue Literaturgattung…

AUSSICHT

    Im Leuchtturm sitzen und hinausschauen aufs offene Meer         *** Weiterführend → Lesen Sie auch die Essays Über den Zustand der Liebe in lyrischen Texten und Poetik des Humanen über Peter Paul Wiplinger. → Poesie zählt…

Heast, Peter Paul, des is ka Spaß mit dem Sterbm!

  Wenn Du jetzt von irgendwoher auf mich und Deinen Sarg, und darin auf Deine „sterbliche Hülle“, wie man das nennt, herabschaust, dann würdest Du vielleicht zu mir sagen: „Heast, Peter Paul, des is ka Spaß mit dem Sterbm! Vastehst,…

Eine Erinnerung an France Filipič

  France Filipič lebte sehr zurückgezogen mit seiner lieben Frau Nada, die ihn, obwohl selbst schon alt, bis zum Schluß liebevoll umsorgte. Mit den beiden bin ich vom Steinbruch unten in Mauthausen bei der Befreiungsfeier am 8. Mai die Stufen…

Ein Geflecht aus Perspektiven und Eindrücken

Es lohnt sich, mit Wiplinger mitzugehen. Plötzlich befindet man sich in einem Kontinuum, in einer aus der empfindsamen Perspektive dargestellten Lebensgeschichte des Autors, die zugleich auch die Lebensgeschichte der Autorinnen und Autoren ist, die Wiplinger in seine man Begegnungen sehr…

Eine Erinnerung an Joseph Zoderer

  Wahrscheinlich sind wir uns schon in den ganz frühen Sechzigerjahren über den Weg gelaufen, nämlich an der Universität Wien, wo wir beide zur selben Zeit Theaterwissenschaft und Philosophie studierten. Wir haben uns aber nicht als Autoren wahrgenommen, weil wir…

Literatur(en) der Kleinsprachen

Die Literaturen der Kleinsprachen und ihre Bedeutung in Bezug auf die Großsprachen im Zeichen der Globalisierung Was muß getan werden, um die „Kleinen Literaturen“, die Literatur kleiner Völker und Nationen und auch die von „Minderheiten“, von Volksgruppen zu unterstützen, zu…

Eine Erinnerung an Tschingis Aitmatow

  Mit ihm war ich 1998 bei einer internationalen Konferenz in Trenčianske Teplice/Slowakei zusammen. Wir hielten beide ein Referat. Nach meinem umarmte er mich beim anschließenden Essen, schüttelte mich kräftig, bestellte von seinen Begleitern zwei halbvolle Trinkgläser Wodka, wir prosteten…

Eine Erinnerung an Kurt Kramer

  Das Buch „Ikarus bleibt oben – Vogelgesänge, Gedichte von Sehnsucht und Liebe“ ist erst nach seinem plötzlichen Tod erschienen. Daß er malte, wußten wir vom Morgen-Kreis – dem er mit seinem ganzen Herzen angehörte – alle, daß er auch…

Die Enkel-Epigonen

  Die Enkel-Epigonen von Gerhard Rühm, der nach Deutschland ausgewandert ist – so wie viele österreichischen „Geistes- und Literaturgrößen“ und dort (tief ein-) gewirkt und seine Spuren hinterlassen hat, die schlagen jetzt mit Rühm-Epigonentum, gemischt mit Dadaismus – den sie…

Eine Erinnerung an Peter Marginter

  Zu allererst habe ich ihn bei einer Lesung aus seinem Buch „Der Baron und die Fische“ wahrgenommen. Abstrus, skurril – dachte ich, ein kleiner Herzmanovsky-Orlando. Dann lernten wir einander beim Morgen-Kreis kennen. Ich fotografierte ihn und auch seine Tochter,…