Eine Erinnerung an France Filipič

 

France Filipič lebte sehr zurückgezogen mit seiner lieben Frau Nada, die ihn, obwohl selbst schon alt, bis zum Schluß liebevoll umsorgte. Mit den beiden bin ich vom Steinbruch unten in Mauthausen bei der Befreiungsfeier am 8. Mai die Stufen hinaufgegangen zum ehemaligen KZ-Lager-Platz und zu den Baracken. Schweigend. Arm in Arm. Unvergeßlich! France und Nada haben mit ihrem Sohn auch ein paarmal bei mir über 1-2 Wochen gewohnt, als er im Mauthausen-Archiv des Innenministeriums für sein Buch über die slowenischen Widerstandskämpfer, über die KZ-ler und Ermordeten gearbeitet hat. Das Buch ist in Slowenisch und Deutsch erschienen, hat über eintausend Seiten, alle Daten sind in jahrzehntelanger Arbeit peinlich genau recherchiert. In sein Haus am Bachern in Slowenien sind wir mit meinem Auto hinaufkutschiert, haben dort zwei Tage verbracht, sind abends im Freien bis spät in die Nacht bei Wein und Gespräch gesessen; ebenso wie früher in der Wohnung in Ljubljana, wo ich auch übernachtet habe. Sein Vater war Europameister im Trabrennen, damals in der Krieau in Wien. Der liebe France, ein Altösterreicher, ein Widerstandskämpfer, ein KZ-Häftling, dann ein begeisterter Jugoslawe, ein Tito-Kommunist. Eine Augenblicks-Erinnerung: Ich sitze mit France und dem Dichter Alois Hergouth in einem Lokal bei Laibach/Ljubljana; Hergouth raucht und bläst Rauchringe in die Luft. Wir unterhalten uns sehr gut. Hergouth geht früher, verläßt uns, muß zum Auto. Er sagt „Grüß Euch!“ Und winkt von der Tür her zurück. Zum letzten Mal. Dann die Todesnachricht. France und ich haben ihn betrauert. Auch das gemeinsame Trauern verbindet.

 

***

Schriftstellerbegegnungen 1960-2010 von Peter Paul Wiplinger, Kitab-Verlag, Klagenfurt, 2010

Wiplinger Peter Paul 2013, Photo: Margit Hahn

Weiterführend → KUNO schätzt dieses Geflecht aus Perspektiven und Eindrücken. Weitere Auskünfte gibt der Autor im Epilog zu den Schriftstellerbegegnungen.
Die Kulturnotizen (KUNO) setzen die Reihe Kollegengespräche in loser Folge ab 2011 fort. So z.B. mit dem vertiefenden Kollegengespräch von A.J. Weigoni mit Haimo Hieronymus über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier. Druck und Papier, manche Traditionen gehen eben nicht verloren.

Post navigation