Kategorie: Allgemein

Bye, bye, Biby

Und so nehmen wir Abschied von einem Mann, der als Beispiel dafür gelten kann, daß es auch zu unseren Tagen Menschen gibt, die wahrhaft nicht zu ersetzen sind … als Beweis dafür, daß gelebte Menschlichkeit tiefe Spuren hinterläßt und letztlich…

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Herbst hebt sich fort als Schwalben am Himmel immer noch alt wachsen nur schlechte Sternen aus diesen überalterten Bäumen *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

WAS SCHREIBEN – WAS TUN

    was schreiben – was tun das ist die frage jetzt und überhaupt nach all dem was geschehen ist inmitten von all dem was geschieht was schreiben – was tun mit der sprache dem wort ohne die sprache ohne…

Doppeldeutigkeit

    Kreissäge, Zentimeter für Zentimeter eine rotative Beschleunigung der Greifbarkeit Die haselnussfarbenen. Letzten. Lindenblüten hängen am Maste. Das eine ist nah. Das Ausgeschiedene eines Regenwurms gleitet umtriebig über das Blattfleisch Eine Sklavin der Wut packt ihre Sachen fünfstellige Rechnungen…

Testament

1 Wo bin ich?   wohin hat es mich gebracht? was ist das für ein schwarzes nachtgelände im nervenbaum im   fontanellenschacht? es ist kein anfang und es ist kein ende So eng ist’s hier daß es unendlich weit ist so schwarz daß sie…

Die zehnte Muse

  Vorbemerkung der Redaktion: Obwohl die nonkonformistische Literatur ehrlich und transparent zugleich sein wollte, war gegen Ende der 1960er nur schwer zu fassen. Der Zeitzeuge Erich Mühsam über eine Anthologie: »Die zehnte Muse« ist der Titel einer Anthologie humoristischer Gedichte…

Topograf der eigenen Erinnerungen

    Verschwenk… …wuppwech klapperkratz œlweich abschmier… Gesamtsoll – Gesamtist = hœherkonzentrierte Leichtigkeit evoziert mehr Tiefe: nur wer die Huelle zer ≠ stœrt kann wirklich in die Tiefe ein dringen ≈ das Zerebrum schwimmt sich frei…       ***…

Dämmer

    Mein kaltes Grausen ist der Schlaf bevor ich ihn probiere   Ich ziehe ab Ich zieh mich an mein Denken dröhnt im Hausen   Man spricht mir gut ich denke gleich mich trifft was ich studiere   Ich…

Freispruch für Loreley

    Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass felsenhart standhält der alte Verdacht, den Dichter nie glaubhaft zerstreuten: Der Loren Gesange hätt‘ Unheil gebracht.   Was hat sie denn wirklich strafrechtlich getan? Von Loeben verschwieg nicht des Rheines…

Dichter auf dem Markt der Persönlichkeiten

  Eine Bekanntheit, die nicht durch Medien, akademische Wissenschaft oder Kollegen aus der literarischen Nomenklatura legitimiert ist, zieht in der Regel die Abneigung der letzteren nach sich. Das Schaffen der Schriftsteller außerhalb des Mainstreams, das nicht mit dem ästhetischen Geschmack…

Der Dorfdadaist

    In Schnabelschuhen und im Schnürkorsett Hat er den Winter überstanden,. Als Schlangenmensch im Teufelskabinett Gastierte er bei Vorstadtdilletanten.   Nun sich der Frühling wieder eingestellt Und Frau Natura kräftig promenieret, Hat ihn die Lappen- und Atrappenwelt Verdrossen erst…

Die träumende Brutmaschine

  Pak Wanso hat  den Grundstein für eine feministische Literatur in Südkorea gelegt. Dieser Band enthält die Erzählungen »Drückende Heimkehr«, »Die träumende Brutmaschine« und »Kaffee mit der Mutter«. Das Thema ist der Umbruch Südkoreas von einer traditionellen Gesellschaft zu einer…

Scheerbartiana

  Die Geschichte, wie ich für meine Gedichte den ersten Verleger fand, hat eine Vorgeschichte, die weder mit den Gedichten noch mit Verlagsangelegenheiten zusammenhängt, sondern mit einem von Alkohol und Galgenhumor getränkten Abend bei Paul Scheerbart. Es wird – hoffentlich!…

döllacher elegie (tauern und tage)

  wir gehen über haut andere vergnügungen gönnen wir uns nicht mehr dein gesicht liegt eingebettet zwischen moränen   du schmiegst dich in die landschaft grün feucht und kalt blättert haut auf wie rinde oder schiefer   das moos auf…

Grave [Mikado imperial]

  Ein Spiel, gedacht zur Entspannung Von Augen, Herz, Stimmung – Wer sich bewegt, gerät noch tiefer In die Schlingen hinein. Geh – und sieh dich nicht um, die nächste Hand, die nach dir greift, wird dich Erwischen, und du…

Borderline – freies Feld

  WEIGONI: Abseits des Zeitgeistes geben sich Literaturzeitschriften mit kleinen Auflagen und einem fachkundigen Publikum zufrieden. Manchmal scheint es mir, als ob die Herausgeber von Literaturzeitschriften die letzten Idealisten sind – oder wie sehen sie ihre Arbeit? BRUNO KARTHEUSER: Unser…

Jägerlied

  Zierlich ist des Vogels Tritt im Schnee, Wenn er wandelt auf des Berges Höh: Zierlicher schreibt Liebchens liebe Hand, Schreibt ein Brieflein mir in ferne Land‘. In die Lüfte hoch ein Reiher steigt, Dahin weder Pfeil noch Kugel fleugt:…

e kamesgi luludschi – die sonnenblume

    die sonnenblume ist die blume des rom. sie gibt nahrung, sie ist leben. und die frauen schmücken sich mit ihr. sie hat die farbe der sonne. als kinder haben wir im frühling ihre zarten, gelben blätter gegessen und…

DIE LYRISCHEN MÄRCHENÖNKEL

  Das schlimmste unter den lyrikern sind die kiffer und märchenerzähler sie kratzen sich zwanghaft am wörtergrind und wissen nicht sie sind die quäler Da fließt es und grünt und ist happy und free und einer schmiert graphik dazu da…

Unstillleben

  Die Wetterwand: Ein Lichtband zieht Hell Fächer in das schwere Grau. Jetzt kommt das Raumschiff, es geschieht, Doch nichts passiert, und ganz genau,   Zu dieser Zeit, der Tropfen fällt, Platzt kalt und nass auf einer Hand, Die einen…

Sehen

    Da stand die Staffelei in der Ecke, darauf ein Bild von einem Jungen. Und je näher Herr Nipp heranging, desto weniger von dem Jungen war zu sehen. Erst im Zurücktreten sah er wieder ein Ganzes, einen Jungen auf…

Der Einsame

  Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen. Gehorchen? Nein! Und aber nein – Regieren! Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken: Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen. Verhaßt ist mirs schon, selber mich zu führen!…

Dieser Corpus

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gefallen

  Der Himmel flaumt das Auge Die Erde krallt die Hand Die Lüfte sumsen Weinen Und Schnüren Frauenklage Durch Das strähne Haar.         *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg…

Reflex-Gier

    Was einer hat will der andere: Sofort!   Was sofort gewollt ist ist, Du, ist immer vom Anderen gehabt.   Das Gehabte will sein Sofort Einem im Anderen nehmen.   Immer der Andere entzieht Einem sein Wollen als…

STRAND

dein morchelfarbner mund ophelia ragt aus dem wasser und der leib hält muschelgleich an den stein geheftet sich im schlamm taumelndes kind die fettzungen des winds werden dich begrünen bevor noch dein rachen geölt ist vom meer erhebst du die…

Feuerzeichen im Abend

  Der Abend schaut über die Fensterkanten Durch herbstliche Laubberge, die braungebrannten. Ich sehe Wolken ihre Lichtersprache schreiben Über den Bergen, die ewig unbeweglich bleiben. Und Wolken fleischfarbig, wie Menschen nackt, Hat eine Sehnsucht und eine Scham angepackt, Die wollen…

Rezensent

  Da hatt ich einen Kerl zu Gast, Er war mir eben nicht zur Last, Ich hatt so mein gewöhnlich Essen. Hat sich der Mensch pump satt gefressen Zum Nachtisch was ich gespeichert hatt! Und kaum ist mir der Kerl…

Selbst-Recycling

  An das im Schmutz zu Neuem Geborene hänge dein Herz! Und das Verlorene heb so behutsam aus der Scheiße, als wär es das Wunder der Blendaxweiße! Fata Morgana: Deine Gelüste im flimmernden Spiegel. In der Wüste gerät die Skyline…

Señora Nada

ein lyrisches Monodram (Auszug)   Langsam und stetig dreht sich dieser Erdteil aus der Sonnenseite heraus.   Flutzungenschläge belecken den Strand tasten ihn nach Widerstand ab schieben Treibgut vor sich her den übervollen Mond im Schlepptau gemahlener Salzkristalle umlechzt von…

Lied eines theokritischen Ziegenhirten

  Da lieg’ ich, krank im Gedärm, — Mich fressen die Wanzen. Und drüben noch Licht und Lärm! Ich hör’s, sie tanzen… Sie wollte um diese Stund’ Zu mir sich schleichen. Ich warte wie ein Hund, — Es kommt kein…

Der Regen

    Jäh ist der Abend hell geworden, denn schon fällt der Regen in genauen Tropfen. Fällt oder fiel. Zweifellos ist der Regen etwas, was in Vergangenheit geschieht.   Der, der ihn fallen hört, gewinnt die Zeit zurück, da ihm…

Sommerfrische

    Der Himmel ist wie eine blaue Qualle. Und rings sind Felder, grüne Wiesenhügel – Friedliche Welt, du große Mausefalle, entkäm ich endlich dir .. O hätt ich Flügel –   Man würfelt. Säuft. Man schwatzt von Zukunftsstaaten. Ein…

Gedeuchtittis

  Gedeuchtittis üßt ain Gedeucht wann zich’s roimt, zunst üßt äßß schleucht. Duch dr Deuchtur, dr mudarme, tschraubt ünn Prausur ollzegarne. Bastenpfullz n pfreiwen Rheytmen duch diss karrn onz nüchtz bedeutmen! Düüfar Düüfzinn, ongeroimt, üßt vi’n Vaip, dißß nücht tschatscheumt,…

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  glühe ich breche Sterne Münder die Mauern Auffanglager Angst in diesen Nächten Nester letzter Beschäftigung Kinnverlust so überreichst du mir strauchweise Leben als wärs schon     *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem…

Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf

  Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf und Pimpronella reizt ihn mit den roten Unterröcken. Koko der grüne Gott klatscht laut im Publikum. Da werden geil die ältesten Sündenböcke.   Tsingtara! Da ist ein langes Blasinstrument. Daraus fährt…

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  gleißend weiß streckt Schnee sich eben, weit, geduckt flacher Wintersonne entgegen kristallen streut Lichtgemisch lange, helle Schatten, Gischt von Hauch und Kälte gebläute Baumschemen sind ungehbar weit verhängt verloren dem Horizont geschenkt und es schnellt nichts nichts geht oder…

Antinomie

  desillusionierte Idealisten verschwenden ihre selbstvergessene Dynamik nicht damit sich ueber das Wie, Weshalb & Warum der Gegenstænde zu befragen   Ethnozentriker schluepfen unter ein Begriffskostuem perfektionieren ihre Beredsamkeit um grœbste Dummheiten als differenzierte Analyse zu verkaufen   effektive Altruisten…

Umschlagsmoment der Lebensentwürfe

I saw the best minds of my generation destroyed by madness, starving hysterical naked, dragging themselves through the Negro streets at dawn looking for an angry fix Allen Ginsberg Jede Kultur hat ihre Ursprungsmythen, von denen sie sich herleitet und…

Über griechische Lyrik

  Ich werde dieses Semester einen Kursus über griechische Lyrik veranstalten. Gänzlich unphilologisch. Sappho, Anakreon, Pindar sollen durchaus mit der ihnen gebührenden Achtung behandelt werden. Wie Dichter. Es wird gelesen, nicht emendiert, und keine Grammatik getrieben. Die griechische Lyrik hat…

Im Vorübergehn

  Ziele dorthin, woraus du gewogen, gezogen aufs Ganze hin bist!   Zögere nicht und verspiele dich unbetrogen, wo in Nahsichtfrist die Circumstanze dich mißt.       Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz…

IN VENEDIG

  stundenlange fußmärsche   durch enge gassen die kanäle entlang   bilder betrachtet oder skulpturen   in einem museum alte instrumente   geigen aus Cremona auch ein violoncellomusik von Albinoni und Vivaldi gehört auf der Rialtobrücke staunend gestanden   im…

MACHT MACHT

  wie macht machtmänner und frauen   wie macht machtzigarettenpause   wie macht machtin die hose   wie macht machtoben ohne       *** Aus dem Zyklus pain points & issue logs, Arbeitstitel für Gedichte von Martin Dragosits. Die…

Zwischen Expressionismus und Exil

Die österreichische Dichter Heinrich Nowak wird am 26. Januar 1890 in Wien geboren. Sein katholisches Elternhaus ist geprägt von der tschechischen Herkunft; zu Hause wird Tschechisch gesprochen, die Ferien verbringt der kleine Heinrich bei den Großeltern in Südböhmen oder in…

Neuschnee

Zum Schluss des „Zauberbergs“ Als ich nach meiner Schülerzeit den Zauberberg noch einmal las, erkannte ich erst die ästhetische Struktur, die metaphorische Vernetzung. Ich wusste damals auch noch nicht viel von Thomas Manns Leben, nichts über seine Veranlagung. Als ich…

Der Vogelladen

  Mit den modernen Dichtern ist es so eine Sache: weil nicht jeder einzeln die Welt umspannen kann, so haben sie sich das geteilt; der eine bearbeitet die soziale Not, der andere das verschüttete Venedig, und der dritte protestiert feige…

Ein Schreibtischtäter – im positiven Sinn!

  WEIGONI: Muss man als Herausgeber von Lyrik-Anthologien ein Masochist sein? AXEL KUTSCH: Im Prinzip nicht. Aber es bleibt kaum aus, dass man im Laufe einer langjährigen Herausgebertätigkeit zum Masochisten wird. Es spricht sich schnell in Deutschland herum, wenn irgendwo…

heimat

nicht nur märzsonne zwischen regenwolken leb wohl als zynischer gruß schreie bleiben ohne schnelles echo nur schweigen antwortet prompt auf borneo oder wars java stirbt der letzte affe seiner seltenen art ratten fressen ihre jungen nichts menschlicheres ist ihnen fremd…

O MALWINE!

  Eine kleine inselgruppe und der Commonwealth zu fall ein diktator   eine truppe monetarier: letzter ball landbesetzer säen qualen mit mangan kann man bezahlen heißer krieg in neuem stil jeder kreuzer ist zu viel Galtieris keller schreien auf den lippen…

Eine kleine Geschichte der deutschsprachigen Lyrik

Vorbemerkung der Redaktion: Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus genügt,…

Maden schicksal

    Mich im kern zu treffen war tat sächlich keine kunst können hätte es bedurft mich nicht zu treffen   Im kern haus des apfels die made – der biss guillotiniert verpuppung & falter flug samt flügel   Zittern:…

Wörter

  Es gibt regelmäßig ein Problem bei Herrn Nipp und seinen Freunden. Missverständnisse. Irgendwann stellt sich dann heraus, dass irgendetwas ganz anders gemeint ist, als es verstanden wurde. Sie stolpern in ihren Gesprächen über Wortbedeutungen, semantische Füllungen. Und daran kann…

Siede

  Meine Schwäche hält sich mühsam An den eigenen Händen Mit meinen Kräften Spielen deine Knöchel Fangeball! In deinem Schreiten knistert Hin Mein Denken Und Dir im Auggrund Stirbt Mein letztes Will! Dein Hauch zerweht mich Schreivoll in Verlangen Kühl…

Buchstützen

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Interkulturelle Existenz

  Holger Benkel verfügt über kulturelle Deutungsmuster und Übersetzungsmöglichkeiten, die anderen fehlen. Seine Biographie erscheint als Zwischenexistenz, als interkulturelle Existenz, aber sie dient ihm der produktiven Herausforderung und nicht irgendeiner Verostung. Für jemanden, der auf dem Land zu Hause ist…

Wie, was social beat ist und warum und warum nicht

  Seit über einem Jahr geistert ein Begriff durch die Spalten der Feuilletons, in den Wellen von Rundfunkanstalten, den Zeilen der TV-Sender: SOCIAL BEAT. Aber kaum einer weiß, was sich hinter diesen beiden Wörtern verbirg. Weder die Medien, noch die…

Zwei lila Primeln

  Zwei lila Primeln stehn auf der Fensterbank Und blühen, als haben zwei Menschen verliebt denselben Gedank‘. Vor den Wolken draußen, die hochgeschwungen, Stehen die Blumenbündel dunkel gedrungen, Als wachsen zwei Schatten wild aus zwei Töpfen, Als platzt hier die…

Sehnen

  Die Hände strecken Starre bebt Erde wächst an Erde Dein Nahen fernt Der Schritt ertrinkt Das Stehen jagt vorüber Ein Blick Hat Ist! Wahnnichtig Icht!         *** August Stramms Stil war überraschend und neu. Durch seine…

Das eigentliche Gedicht

  Das, was das Publikum liest, ist nicht das eigentliche Gedicht. Es gibt immer noch ein anderes, das gleichzeitig entsteht, aber nicht auf Papier gedruckt, sondern unauslöschlich in das Leben des Dichters eingegraben wird. Es ist das, was er durch…

Flügelfrei

  Hey Villon!, könnte ich ihn wie einen Kumpel rufen und fragen, ob wir, Schulter an Schulter, nicht mal ein Glas über den Durst trinken.   Und ob! Ich war schon vorher verloren, wackelte wie ein frisch geborenes Buckelrind ……

Gang durch ein Gedicht

  Treten Sie ein. Genieren Sie sich nicht. Schon sind Sie mitten in einem Gedicht. Gehen Sie weiter. Bleiben Sie nicht stehn, damit Sie die Verse bis zum Ende sehn. Seien Sie locker und nicht so bang. Schlendern Sie entspannt…

SonnenFinsternis

    Sie halten schwarze Gläser gegens Licht und meinen sie könnten damit des Gestirns Umnachtung begreifen. Sie stehen und blicken von unten nach oben           Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit…

Sechs Gedichte

1 die Birke bricht mir ins Abenteuer alle Wege haben warme Füße die Blätter schwindeln mich an fallen erst morgen noch nicht die Rinde blättert einen Brief dich zu küssen hätt ich Federn dir zu sagen fing ich Sterne was…

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: meine Augen Luftreisen in dir als Bälle Blicksterne Kometen wie Wimpernspitzen an Himmeln nesteln echt jetzt: echt *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das…

Nostalgisches Problem

  vom monstrum produktionsgerät verdrängt schreibst du, wenn schwarzes gegen schwarz gedruckt dein wort nicht gegen weißes schlagen kann. wie schreiben neben der maschine, ein arg elektrisch ding ohne sein tiefgeschwärztes band das dich mit aller welt verbindet? wie schreiben,…

Der Social-Beat-Veteran

Die Sprache ist lakonisch, denn die Helden sind Verlierer. Alkohol gehört zur Grundausrüstung für den Alltag, und der Ärger mit Behörden ist notorisch. Zwischen der unterdrückten Lust, Amok zu laufen und der Angst vor dem plötzlichen eigenen Ende, hat Adelmann…

Eine Wahlverwandtschaft

Nichts ist wertvoller als Vertreter dieser seltenen Gattung, in denen man die Repräsentanten eines zukünftigen Zeitalters sehen darf. (aus: Paul Valéry über Rilke, Paris 1927) Der Kontakt zwischen den beiden ging zunächst von Rilke als hervorragendem Kenner der französischen Sprache,…

Oh du mein Hyazinth, die Wade knackte

  Oh du mein Hyazinth, die Wade knackte Und Rolf, der Mops. fraß jäh das Strumpfband auf. Nach Grammophonen in dem Twosteptakte Vollzog sich Notdurft Coitus und Lebenslauf.   Der Lampionen blutgeduns’nes Schwirren Schuf große Monde aus den Wassergläsern. Ein…

Letternmusik – Ein Blick zurück, und nach vorn

Einmal mehr Weigonis Sabotage des Signifikanten? – Nun, es ist mehr, zweierlei: die Preisgabe der kontextuellen Funktion und die des Wesen des Wortes. Dr. phil Thomas Laux Sprache nicht nur Werkzeug, sondern eine selbständige, unabhängige Form der Ästhetik. Die Klangfarben…

Die Würde des Schunds

  Auch ist das letzten Endes nur ein Zeichen dafür, dass man bei uns noch mehr als anderswo auf der Hut sein muss vor den Kulturverwertern, diesen Schakalen der total medialisierten Welt (…). Nicht mal sterben kann man, ohne Angst…

Die Sommerliste der Unbekannten Wörter

  Die zwölfjährige Mila muss in einem bulgarischen Dorf im Sommer 1962 sieben Kilo Kamille pflücken und bei der Kooperative abgeben, damit sie im nächsten Schuljahr neue Bücher bekommt. In den Ferien soll sie zweiundzwanzig Bücher Pflichtlektüre lesen und jeden…

Wünsche

  Ich wäre gern der Hut, aus dem man Hasen zaubert, Tauben, deren Flattern das Publikum betört. Ich hätte gerne Ohren, deren Muscheln aus den Geräusche-Räuschen, Brandungen des Stadtverkehrs, der Stimmen des Alltags Ohrenperlen bildeten. Und gerne wäre ich der…

IM RILA-KLOSTER

  drei kerzen habe ich angezündet vor dem Muttergottesbild   eine für meinen vater eine für meine mutter eine den geschwistern   dann stand ich noch eine weile im raum ohne ein gebet   denn ich dachte mir diese stille…

So

  Diese Lage des Gedichts ist ohne Gewicht. Es wagt nichts, wendet kein Ding vom Platz. Es sucht nicht. Wie es liegt ist verendet der Satz, schreib es nicht.     *** Schräge Intention. Gedichte von Angelika Janz, Wien: edition…

Ein Brief

Dies ist der Brief, den Philipp Lord Chandos, jüngerer Sohn des Earl of Bath, an Francis Bacon, später Lord Verulam und Viscount St. Albans, schrieb, um sich bei diesem Freunde wegen des gänzlichen Verzichtes auf literarische Betätigung zu entschuldigen. Es…

Finismus

  Ein Dichter, dessen Lebenslauf – jedenfalls in dem von mir überschaubaren Stück – der bare Beleg dessen war, was man sich gemeinhin unter einem Poetendasein illudiert: Glückliches Familienleben, Frau mitverdienend, Kind wohlerzogen, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bis zur Pedanterie, Anstellung:…

TRUTZLIED

  Nennt uns nur höhnisch Weltbeglücker, weil wir das Joch der Unterdrücker nicht länger dulden und die Schmach. Lacht nur der neuen Ideale, leert auf die alten die Pokale – Wir geben nicht nach!   Legt nur die Stirn in…

SICHEL

erscheint der morgenstern der falke der gestirne zerreißt das licht dem mond im schoß des himmels bleiben stücke fleisch losgelöst zurück wie wurzeln und keime unterm messer dem werkzeug des tags heißt schaffen spalten an jedem ende bestimmt der tod…

Was sind das für mädchen

  Was sind das für mädchen die mit großen hunden in abendstunden im Elisenpark gehn   Was ist ihre angst auf nächtlichen runden was ihre lust wer soll sie verstehen   Jene schmalen kinder mit großen hunden was wird sie…

Eis. Prinzessin.

(„Ice Ice Baby“, Song von Vanilla Ice)   Jetzt lieg ich da, im Traum, in deinen Armen. Es ist so kalt, ich fühle nichts als Eis. Ich weiß nicht, wer ich bin und wie ich heiß: Das Traumland kennt da kein…

DIE WALLISER GEDICHTE

  Nach einem windigen Tag, in unendlichem Frieden, versöhnt sich der Abend, folgsam wie mancher Geliebte.   Alles wird Ruhe und Klarheit … Aber am Horizont bildet sich golden durchsonnt ein schönes Relief aus Wolken.         Mit…

Wenn du

    Wenn du irgendwo unsichtbar versteckt dir im Traum etwas zurufst, zurufst etwas, das du lange vergessen hast und bittest dich wenn du später sichtbar versteckt entdeckt wirst darüber zu schweigen.       Weiterführend → Lesen Sie auch das…

Bettkante

  Gerade aufgewacht, sitzt er auch schon auf der Bettkante. Es ist definitiv nicht seine Sache, sich lange im Bett hin und her zu wälzen. Einige Momente noch kurz verharren, an die Reste der Träume dieser tiefen Nacht denken. Was…

Das Stadtwappen

  Anfangs war beim babylonischen Turmbau alles in leidlicher Ordnung; ja, die Ordnung war vielleicht zu groß, man dachte zu sehr an Wegweiser, Dolmetscher, Arbeiterunterkünfte und Verbindungswege, so als habe man Jahrhunderte freier Arbeitsmöglichkeit vor sich. Die damals herrschende Meinung…

Für Fantasie gibt’s keine Noten

  WEIGONI: Mit deinen Geschichten liegst du auf der Short/Short-Welle, die aus den usa rüberschwappt. Liegt in der Wut des Garagen-Postpunk die Quelle deines Schreibens? Patricia Brooks: Mir gefällt das Genre der amerikanischen Short/Short Stories, das ist so erfrischend frei…

Persische Lyrik

Vorbemerkung der Redaktion: Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus genügt,…

DU ABER SAGST

  du aber sagst alles wird gut und ich glaube dir einfach weil ich lieber an wunder glaube als an banale wirklichkeit du aber sagst sieh die nächte sind weiß ich aber entgegne nein diese nächte sind rot so rot…

Kommst wie stolze Mittagswärme

  Unten bei dem Zaun, wo die letzten Äpfel noch am Zwergbaum sitzen, Seh ich Deinen blonden Kopf zwischen Feld und Garten blitzen. Steigst den Berg herauf, leuchtest auf wie die Sonnenblume warm und sorglos, Als ist diese ganze Erde,…

grashupfer

  Flügelchend mit dem Goldbrief aus feinstem Faserwerk, packte das Heupferdchen seinen Wanst korbvoll mit Ufernem: Schilfen und Gräsern Pinj, pinj, pinj! pardauzte die Roßpappel. O schwanings. O aufschein! (Deutsch von Paul Celan) Grasshopper Glitter-letter wing-winker gossamer grasshopper packs his…