Spuren des Mondes

 

Wir gehen den Spuren des Mondes nach,

Unsere Schatten zeichnen sich nur schwach,

Sind wie dunkle Geister, die uns begleiten,

Die auf den Fersen uns folgen zu allen Zeiten.

Ein Baum steht am Weg mit dunklem Dach,

An dem der Mond sich leicht anlehnt.

Unterm Baum sitzt die Sehnsucht unendlich wach,

Und ihr Schatten sich rings um die Erde dehnt.

Der Mond läßt hinter sich den Wald, der ist blau,

Und das Kleefeld, das blinkt voll Blätter und Tau.

Die Nachtluft, die lautlose Seufzer trinkt,

Hin unterm Mond auf das Kleelager sinkt.

Der Sehnsucht, der ist kein Weg zu rauh,

Und ihren Wegen kein Ende winkt.

 

 

 

 

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Die von Farben und Tönen bestimmte ungebundene und rhythmische Lyrik machte Dauthendey zu einem der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus in Deutschland. Seine Werke sind bestimmt von der Liebe zur Natur und deren Ästhetik. Mit virtuoser Sprachbegabung setzte er seine Sensibilität für sinnenhafte Eindrücke in impressionistische Wortkunstwerke um. Bereits seine erste Gedichtsammlung von 1893 mit dem Titel „Ultra-Violett“ lässt die Ansätze einer impressionistischen Bildkraft erkennen, die dichterisch gestaltete Wahrnehmung von Farben, Düften, Tönen und Stimmungen offenbart. In seiner späteren Natur- und Liebenslyrik steigerte sich dies bis zur Verherrlichung des Sinnenhaften und Erotischen und traf sich mit seiner Philosophie, die das Leben und die Welt als Fest, als panpsychische „Weltfestlichkeit“ begriff. Rilke bezeichnete ihn als einen „unserer sinnlichsten Dichter, in einem fast östlichen Begriffe“.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.