Komm in den totgesagten park und schau

 

Komm in den totgesagten park und schau:

Der schimmer ferner lächelnder gestade ·

Der reine wolken unverhofftes blau

Erhellt die weiher und die bunten pfade.

 

Dort nimm das tiefe gelb · das weiche grau

Von birken und von buchs · der wind ist lau ·

Die späten rosen welkten noch nicht ganz ·

Erlese küsse sie und flicht den kranz ·

 

Vergiss auch diese lezten astern nicht ·

Den purpur um die ranken wilder reben

Und auch was übrig blieb von grünem leben

Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.

 

 

 

***

Das Jahr der Seele, Gedichte von Stefan George, 1897

Das Jahr der Seele ist der Titel eines 1897 erschienenen zyklischen Gedichtbandes von Stefan George. Die Sammlung gilt als das bedeutendste Werk seiner ersten Schaffensperiode und als Versuch, die Naturpoesie unter den Bedingungen der Moderne zu erneuern. Die Sammlung beginnt mit einem Gedichtkreis von Jahreszeitversen, die dem Herbst (Nach der Lese), dem Winter (Waller im Schnee) und dem Sommer (Sieg des Sommers) zuzuordnen sind. Der mittlere Teil enthält die Überschriften und Widmungen, Verse, die teilweise älteren Datums sind und Begegnungen sowie poetische Erfahrungen festhalten. Es folgen die Erinnerungen an einige Abende innerer Geselligkeitund eine Gruppe von Spruchdichtungen, denen Monogramme über die Strophen gesetzt sind. Die Sammlung endet mit den 32 Gedichten der Traurigen Tänze, deren Aufbau mit je drei Strophen zu vier Zeilen an die Jahreszeitgedichte des Anfangs erinnert.

 

Weiterführend

Zum 70. Todestag von Stefan George erinnert KUNO an ihn mit einer Studie über den Symbolisten, die Walter Benjamin angefertigt hat. Und außerdem, Hugo von Hofmannsthal über Gedichte.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.