Kategorie: Allgemein

Eine Sprache finden, ein deutsch/deutscher Dialog

  WEIGONI: In deiner Vita lese ich, dass du zwischen 87 – 91 am Literaturinstitut Leipzig studiert hast, vor und nach der Maueröffnung, hat sich das auf das Studium ausgewirkt? HOLGER BENKEL: das leipziger literaturinstitut wurde, in einer aufbruchsphase, die…

Farawayland

    wir gehen schwimmen im November weit weg ist der Sommer an den wir gerne denken der sich selbst erfindet da wo wir von Liebe reden Arm in Arm und nicht viel davon verstehen warm wie Muskat fühlt sich…

DER FRIEDHOF AM MEER

  Dies stille Dach, auf dem sich Tauben finden, scheint Grab und Pinie schwingend zu verbinden. Gerechter Mittag überflammt es nun. Das Meer, das Meer, ein immer neues Schenken! O, die Belohnung, nach dem langen Denken ein langes Hinschaun auf…

Wie Tote liegen aufgebahrt im Tag die Tage

    Wenn mal der Spiegel, der Dich täglich zeigt, Von früh bis abend in die Leere schweigt, Und alle Fenster ohne Dich ans Licht hintreten, Und Deine Schritte mir im Ohr verwehten, Und keine Tür den Händedruck von Dir…

Zu spät gekommen

  Die Uhr im Schulhof sah beschädigt aus durch meine Schuld. Sie stand auf »zu spät«. Und auf den Flur drang aus den Klassentüren, die ich streifte, Murmeln von geheimer Beratung. Lehrer und Schüler dahinter waren Freund. Oder alles schwieg…

Baumarktopfer

  Seit einigen Wochen hat Herr Nipp ein neues Hobby. Als schlichtes Gemüt, das er ja eigentlich ist, fällt es ihm normalerweise nicht schwer, wirklich Gefallen an einer Tätigkeit zu finden. Ist das aber einmal so richtig passiert, dann vollständig.…

Abendland

Else Lasker-Schüler in Verehrung   1 Mond, als träte ein Totes Aus blauer Höhle, Und es fallen der Blüten Viele über den Felsenpfad. Silbern weint ein Krankes Am Abendweiher, Auf schwarzem Kahn Hinüberstarben Liebende. Oder es läuten die Schritte Elis’…

ich habe mich erinnert

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Notiz

  Die Tapeten im Dunkeln lesen lernen, den Blick auf die Farne dem Tode voran, die Schatten, alle die unsern Abenden leuchten.     *** Ein redaktioneller Hinweis auf: Verschenkter Rat. Gedichte von Ilse Aichinger. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuchverlag, 1991, S.…

Druckwüste

    Darunter heftet es sich ab. Darüber ist es fett. Daneben ist es unsichtbar. Davor Nebelleuchten. Dahinter das Schwarz unserer besten Tinten.       *** Eine Leseprobe aus: Schräge Intention, edition ch Wien 1995 (Hg. Franzobel) Weiterführend →…

AN DIE PLATANE

Werner Reinhart dem gastlichsten Freunde R.M.R. Geneigt, große Platane, bietest du dich nackt, weiß, wie ein junger Skythe, doch deine Reinheit stockt, dein Fuß ist fest gepackt vom herrischen Gebiete. Klingender Schatten, drin des gleichen Himmels Blau sich stillt, das…

Tauben und Sonne

  Über den Dorfdächern lebt nur der Rauch gekräuselt, Und ein Windzug in einer herbstlichen Baumkrone säuselt, Wenn eine Taubenschar mit rauschendem Flug An die blendende Nachmittagluft anschlug. In der Tauben Reich, über die braunen Dachziegel, Ist die Sonne gesetzt…

Verhalten

  Meine Augen schwingen in deinen Brüsten Dein Haupt beugt glutrot weichen Schatten Drauf! Der Atem schämigt hemmend Das Gewoge. Mich krallt die Gier Und herbe Dünste bluten In seinen Ketten Rüttelt Der Verstand. Fein Knifft die Scheu die Lippen…

Rhein

    Weiterführend → Einen Essay zur Ausstellung 50 Jahre Krumscheid / Meilchen lesen Sie hier. Zur Ausstellung erschien das Buch / Katalog-Projekt Wortspielhalle mit der Reihe Frühlingel von Peter Meilchen und einem Vorwort von Klaus Krumscheid. Die Sprechpartitur wurde mit dem…

Ueber den Gipfel des Fuyi-no-yama

  Ueber den Gipfel des Fuyi-no-yama, / auf Feuerflügeln, / hebt sich Kijo Matija, der graue Drache. // Der Mond verblasst, / alle Sterne erblinden. // Ich packe meinen Bogen aus Ebenholz, / spanne den federnden Bambusbügel / und lege…

Haus am Meer

  Bin wieder gestrandet auf Hiddensee da steht mein Haus am Meer Wenn ich in Vitte am Hafen steh atme ich Bodden und Teer   Und mitten im Sommer fällt ein Schnee auf die Seele im Immermehrland Mein Herz es…

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außen zerbricht die Weltabgebrannt schon ewig innen zerreißt das gleiche ( es gibt zwei Welten sagen Menschen mit Herz und graben damit Gräben ) Trennungen diplomatisch schärfen Bomben von Herzen und Kalkül geprägt privat ewig immer schon das Drama lebt…

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wir sind eine Erfindung der Angst kleben an dem verlorenen Wort fest: Heimat *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren…

Bäume

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Der Berggedanke

  Der Berggedanke! Oh, der Berg Gedanke ist, hoch und tief, hoch und tief! Alles dröhnt aufs Oben, alles stöhnt aufs Unten zu! So w i e ich die Götter rief, so tief war der Berg, war der Berg. Das…

Der erste Rockstar der Poesie

I Was a Punk Before You Were a Punk The Tubes All die lederjackentragenden Jungmänner, die ihren Selbsthass in die Welt rotzen, haben ein Vorbild; die wenigsten wiesen wer dies ist. Im typischen Gestus junger Dichter hasste Arthur Rimbaud die…

Typfrage

  Als Archiv der letzten Jahre wird es wohl kaum vermarktet, eher als Möglichkeit des günstigen Einkaufs, da werden gebrauchte Maschinen und anderer Haushaltskram, Schallplatten und alte Bücher neben der Ware verkauft, die in den letzten Tagen aus Versehen von…

Irrungen & endlose Verwirrungen

    verspannte Muskeln schulterfrei den Kopf verdreht   Nackenstuetze verspanntes Genick die Zung‘ im Rachen   auf dem Rasiersitz neigt sich endlich die Halskrause bis…   ueber beide Ohren …verlebt       *** Wiederbeatmung, Gedichte von A.J. Weigoni,…

Leise hinter düstrem Nachtgewölbe

  Leise hinter düstrem Nachtgewölbe Tritt des Mondes Silberbild hervor, Aus des Wiesentales feuchtem Grunde Steigt der Abendnebel leicht empor.   Ruhig schlummernd liegen alle Wesen, Feiernd schweigt des Waldes Sängerchor, Nur aus stillem Hain, einsam klagend, Tönet Philomenes Lied…

Gespräch über die Poesie

Alle Gemüter, die sie lieben, befreundet und bindet Poesie mit unauflöslichen Banden. Mögen sie sonst im eignen Leben das Verschiedenste suchen, einer gänzlich verachten, was der andre am heiligsten hält, sich verkennen, nicht vernehmen, ewig fremd bleiben; in dieser Region…

Der Herbst

  Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz! Fliege fort! fliege fort! Die Sonne schleicht zum Berg Und steigt und steigt Und ruht bei jedem Schritt. Was ward die Welt so welk! Auf müd gespannten Fäden…

Vernetzt

Ein eklektischer, passagenweise harter Thriller im Cyberspace-Ambiente mit ungewöhnlicher Besetzung, einem Künstler-Regisseur und beeindruckenden Special-Effects. Aus Versatzstücken des Genres und mit eindimensionaler B-Movie-Dramaturgie versehen, aber spannend und durch seine Mixtur schon wieder originell.“ – film-dienst 22/1995 KUNO hat ein Faible…

Gnadenfrist

  Als Vorwort zum Gedichtband „Gnadenfrist“ von Alfred Gong steht der Ausspruch eines lndianerhäuptlings: „Was ist schon ein Leben? / Ein winziger Schatten nur, der übers Gras huscht / und sich in den Sonnenuntergang verläuft.“ Von dieser poetischen Sentenz gelangt…

L. im Oktober

  Erste Kälte in den Straßen. Ein gelber Hund. Die Sprache der Mauern. Wind. Kein Wind. Die Haut raut sich von innen auf. Die Welt in mir steht still.   Ruhe. Keine Ruhe, diese Stille. Nicht atmen, die Kälte nur…

Blut

  Wir haben mehr Blut als wir denken. So schnell macht die Liebe nicht tot! Viel Schmerzen kann uns die Liebe schenken, Unser Blut aber bleibt noch sehr lange rot. Und wenn wir gar kein Blut mehr haben, Wenn man…

Die Wiener Gruppe

Aus der Asche des 2. Weltkriegs steig nicht nur die Gruppe 47 hervor, als Phönix sollte sich eine Boygroup aus Wien erweisen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der in Österreich vor allem für die Zivilbevölkerung fatale Auswirkungen hatte, bestand eine schwierige…

Schaltjahrsgeschichten

  WEIGONI: Jedermann ist ein Künstler, alles ist Alltag, nun auch die Literatur. Unterhalten wir uns über Rationalisierungs- und Recyclingtendenzen in der österreichischen Gegenwartsdichtung. Wie lange wird es deiner Einschätzung nach noch dauern, bis sich der bürgerliche Kunstbegriff auflöst? DIETER…

WARSCHAUER GHETTO

    Einen Stein aus meinem Herzen lege ich zum Denkmal.   Wie kann man reden mit Millionen Toten, frage ich mich.   Kirchenglockenläuten zu Mittag. Die Linden blühen, es duftet der Jasmin.   Nur für Deutsche lese ich lautlos…

LAUBENFEST

  Schon hängen die Lampions wie bunte Trauben An langen Schnüren über kleinen Beeten, Den grünen Zäunen, und von den Staketen Der hohen Bohnen leuchtend in die Lauben. Gesumm von Stimmen auf den schmalen Wegen. Musik von Trommeln und von…

ANLEITUNG

  Wenn Sie ein Gedicht lesen, dann lesen Sie es am besten so, sehen Sie, so. Selbstverständlich können Sie es auch anders lesen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Beispielsweise so. Oder so. Ich habe einen Mann gekannt, der Gedichte so las.…

Mein Geschenk

  Das Helle jagt das Dunkel, Grau das Blau: Ein Vorhang bläht sich, weht ganz kurz hinaus. Die Zeit hat sich verändert. Ganz genau Versteht man’s nicht. Im stillen, leeren Haus   Geht deine Stimme, öffnet jede Tür. Wenn ich…

Was ist, ist

  Warum nur hatte er das getan? Alle Jahre wieder stellt er sich diese Frage. Warum hatte er nicht einfach warten können, das war doch immer seine Stärke gewesen. Einfach abwarten und nichts tun. Die Zeit verstreichen lassen und und…

Himmel. Hund.

  Der Himmel mahnt: Du musst – wie alles – gehen. Denn jede Fahrt ist ohne Wiederkehr. Wenn Zeiger auf der Uhr sich weiterdrehen, Wird doch der Augen Blick schon morgen leer.   Ein müdes Blau frisst durch die Wolkendecke…

Absenz Geistesgegenwart

    Es umschläft dich. Kälte drängt sich In den Atem deiner frühen Tage. Auf noch Wildes in dir treibt es zu, aus dem Eis geweckt. Es träfe dich hautnah, blickgenau, führtest du nicht über Spiegel und Stau es vorbei…

hinter den bäumen

  wetterseite mein nasses versteck sag flechten und moos sag susanne ich bewerf dich mit rindengeografie leg dir jahrringe um werf dirn zeisig ins haar oder bann dich ins grün du entkommst mir du entgehst mir susanne wenn ich nicht…

GEWITTER

reißt das wetterweiß der wolken kreischen schwalben stürzen nieder halten frauen was sie haben jagen tropfen aufs gefieder pulsen hinter mauern stöße durch die wand die münder legen an die quelle sich und atmen nebel steigen nach dem regen ***…

Spuren des Mondes

  Wir gehen den Spuren des Mondes nach, Unsere Schatten zeichnen sich nur schwach, Sind wie dunkle Geister, die uns begleiten, Die auf den Fersen uns folgen zu allen Zeiten. Ein Baum steht am Weg mit dunklem Dach, An dem…

Landschaft im Stundenglas

    herrlich, himmel krümmt sich schief über der schilfbleiche die gier nach spaltung reißt den horizont anständig lustfern auf die baracke unterm vollmondrot gibt struktur ab, lands- läuten überall wir melden das kreisende das gespiegelte blutfett heller, herrlich unter…

3

In scheinbar normaler Nachtholen Szenen, nie gekannte dich ein: gewandte Macht durch flüsternde Hecken: Gewehre, Wachsen zertreten den Schutz, die Liebe, den Leib Spalier schwarzer Augen: Todesachsen verketten alle fliehenden Schritte fällst, verlierst jede Mitte in einer beliebigen Nacht bist…

glans und gloria

    ach schicksalhaft fixiert auf fixe schicksen so rennst du bis an deine letzte grenze doch schlenzt du schon vom gipfel deiner lenze und musst verflixt die schicksten nixen tricksen   du musst gewinnrezepte feiler mixen lern feine lebensart…

Der Sturm

  Im Windbrand steht die Welt. Die Städte knistern. Halloh, der Sturm, der grosse Sturm ist da. Ein kleines Mädchen fliegt von den Geschwistern. Ein junges Auto flieht nach Ithaka.   Ein Weg hat seine Richtung ganz verloren. Die Sterne…

Bye, bye, Biby

Und so nehmen wir Abschied von einem Mann, der als Beispiel dafür gelten kann, daß es auch zu unseren Tagen Menschen gibt, die wahrhaft nicht zu ersetzen sind … als Beweis dafür, daß gelebte Menschlichkeit tiefe Spuren hinterläßt und letztlich…

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Herbst hebt sich fort als Schwalben am Himmel immer noch alt wachsen nur schlechte Sternen aus diesen überalterten Bäumen *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

WAS SCHREIBEN – WAS TUN

    was schreiben – was tun das ist die frage jetzt und überhaupt nach all dem was geschehen ist inmitten von all dem was geschieht was schreiben – was tun mit der sprache dem wort ohne die sprache ohne…

Doppeldeutigkeit

    Kreissäge, Zentimeter für Zentimeter eine rotative Beschleunigung der Greifbarkeit Die haselnussfarbenen. Letzten. Lindenblüten hängen am Maste. Das eine ist nah. Das Ausgeschiedene eines Regenwurms gleitet umtriebig über das Blattfleisch Eine Sklavin der Wut packt ihre Sachen fünfstellige Rechnungen…

Testament

1 Wo bin ich?   wohin hat es mich gebracht? was ist das für ein schwarzes nachtgelände im nervenbaum im   fontanellenschacht? es ist kein anfang und es ist kein ende So eng ist’s hier daß es unendlich weit ist so schwarz daß sie…

Die zehnte Muse

  Vorbemerkung der Redaktion: Obwohl die nonkonformistische Literatur ehrlich und transparent zugleich sein wollte, war gegen Ende der 1960er nur schwer zu fassen. Der Zeitzeuge Erich Mühsam über eine Anthologie: »Die zehnte Muse« ist der Titel einer Anthologie humoristischer Gedichte…

Topograf der eigenen Erinnerungen

    Verschwenk… …wuppwech klapperkratz œlweich abschmier… Gesamtsoll – Gesamtist = hœherkonzentrierte Leichtigkeit evoziert mehr Tiefe: nur wer die Huelle zer ≠ stœrt kann wirklich in die Tiefe ein dringen ≈ das Zerebrum schwimmt sich frei…       ***…

Dämmer

    Mein kaltes Grausen ist der Schlaf bevor ich ihn probiere   Ich ziehe ab Ich zieh mich an mein Denken dröhnt im Hausen   Man spricht mir gut ich denke gleich mich trifft was ich studiere   Ich…

Freispruch für Loreley

    Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass felsenhart standhält der alte Verdacht, den Dichter nie glaubhaft zerstreuten: Der Loren Gesange hätt‘ Unheil gebracht.   Was hat sie denn wirklich strafrechtlich getan? Von Loeben verschwieg nicht des Rheines…

Dichter auf dem Markt der Persönlichkeiten

  Eine Bekanntheit, die nicht durch Medien, akademische Wissenschaft oder Kollegen aus der literarischen Nomenklatura legitimiert ist, zieht in der Regel die Abneigung der letzteren nach sich. Das Schaffen der Schriftsteller außerhalb des Mainstreams, das nicht mit dem ästhetischen Geschmack…

Der Dorfdadaist

    In Schnabelschuhen und im Schnürkorsett Hat er den Winter überstanden,. Als Schlangenmensch im Teufelskabinett Gastierte er bei Vorstadtdilletanten.   Nun sich der Frühling wieder eingestellt Und Frau Natura kräftig promenieret, Hat ihn die Lappen- und Atrappenwelt Verdrossen erst…

Die träumende Brutmaschine

  Pak Wanso hat  den Grundstein für eine feministische Literatur in Südkorea gelegt. Dieser Band enthält die Erzählungen »Drückende Heimkehr«, »Die träumende Brutmaschine« und »Kaffee mit der Mutter«. Das Thema ist der Umbruch Südkoreas von einer traditionellen Gesellschaft zu einer…

Scheerbartiana

  Die Geschichte, wie ich für meine Gedichte den ersten Verleger fand, hat eine Vorgeschichte, die weder mit den Gedichten noch mit Verlagsangelegenheiten zusammenhängt, sondern mit einem von Alkohol und Galgenhumor getränkten Abend bei Paul Scheerbart. Es wird – hoffentlich!…

döllacher elegie (tauern und tage)

  wir gehen über haut andere vergnügungen gönnen wir uns nicht mehr dein gesicht liegt eingebettet zwischen moränen   du schmiegst dich in die landschaft grün feucht und kalt blättert haut auf wie rinde oder schiefer   das moos auf…

Grave [Mikado imperial]

  Ein Spiel, gedacht zur Entspannung Von Augen, Herz, Stimmung – Wer sich bewegt, gerät noch tiefer In die Schlingen hinein. Geh – und sieh dich nicht um, die nächste Hand, die nach dir greift, wird dich Erwischen, und du…

Borderline – freies Feld

  WEIGONI: Abseits des Zeitgeistes geben sich Literaturzeitschriften mit kleinen Auflagen und einem fachkundigen Publikum zufrieden. Manchmal scheint es mir, als ob die Herausgeber von Literaturzeitschriften die letzten Idealisten sind – oder wie sehen sie ihre Arbeit? BRUNO KARTHEUSER: Unser…

Jägerlied

  Zierlich ist des Vogels Tritt im Schnee, Wenn er wandelt auf des Berges Höh: Zierlicher schreibt Liebchens liebe Hand, Schreibt ein Brieflein mir in ferne Land‘. In die Lüfte hoch ein Reiher steigt, Dahin weder Pfeil noch Kugel fleugt:…

e kamesgi luludschi – die sonnenblume

    die sonnenblume ist die blume des rom. sie gibt nahrung, sie ist leben. und die frauen schmücken sich mit ihr. sie hat die farbe der sonne. als kinder haben wir im frühling ihre zarten, gelben blätter gegessen und…

DIE LYRISCHEN MÄRCHENÖNKEL

  Das schlimmste unter den lyrikern sind die kiffer und märchenerzähler sie kratzen sich zwanghaft am wörtergrind und wissen nicht sie sind die quäler Da fließt es und grünt und ist happy und free und einer schmiert graphik dazu da…

Unstillleben

  Die Wetterwand: Ein Lichtband zieht Hell Fächer in das schwere Grau. Jetzt kommt das Raumschiff, es geschieht, Doch nichts passiert, und ganz genau,   Zu dieser Zeit, der Tropfen fällt, Platzt kalt und nass auf einer Hand, Die einen…

Sehen

    Da stand die Staffelei in der Ecke, darauf ein Bild von einem Jungen. Und je näher Herr Nipp heranging, desto weniger von dem Jungen war zu sehen. Erst im Zurücktreten sah er wieder ein Ganzes, einen Jungen auf…

Der Einsame

  Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen. Gehorchen? Nein! Und aber nein – Regieren! Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand Schrecken: Und nur wer Schrecken macht, kann andre führen. Verhaßt ist mirs schon, selber mich zu führen!…

Dieser Corpus

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Gefallen

  Der Himmel flaumt das Auge Die Erde krallt die Hand Die Lüfte sumsen Weinen Und Schnüren Frauenklage Durch Das strähne Haar.         *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg…

Reflex-Gier

    Was einer hat will der andere: Sofort!   Was sofort gewollt ist ist, Du, ist immer vom Anderen gehabt.   Das Gehabte will sein Sofort Einem im Anderen nehmen.   Immer der Andere entzieht Einem sein Wollen als…

STRAND

dein morchelfarbner mund ophelia ragt aus dem wasser und der leib hält muschelgleich an den stein geheftet sich im schlamm taumelndes kind die fettzungen des winds werden dich begrünen bevor noch dein rachen geölt ist vom meer erhebst du die…

Feuerzeichen im Abend

  Der Abend schaut über die Fensterkanten Durch herbstliche Laubberge, die braungebrannten. Ich sehe Wolken ihre Lichtersprache schreiben Über den Bergen, die ewig unbeweglich bleiben. Und Wolken fleischfarbig, wie Menschen nackt, Hat eine Sehnsucht und eine Scham angepackt, Die wollen…

Rezensent

  Da hatt ich einen Kerl zu Gast, Er war mir eben nicht zur Last, Ich hatt so mein gewöhnlich Essen. Hat sich der Mensch pump satt gefressen Zum Nachtisch was ich gespeichert hatt! Und kaum ist mir der Kerl…

Selbst-Recycling

  An das im Schmutz zu Neuem Geborene hänge dein Herz! Und das Verlorene heb so behutsam aus der Scheiße, als wär es das Wunder der Blendaxweiße! Fata Morgana: Deine Gelüste im flimmernden Spiegel. In der Wüste gerät die Skyline…

Señora Nada

ein lyrisches Monodram (Auszug)   Langsam und stetig dreht sich dieser Erdteil aus der Sonnenseite heraus.   Flutzungenschläge belecken den Strand tasten ihn nach Widerstand ab schieben Treibgut vor sich her den übervollen Mond im Schlepptau gemahlener Salzkristalle umlechzt von…

Lied eines theokritischen Ziegenhirten

  Da lieg’ ich, krank im Gedärm, — Mich fressen die Wanzen. Und drüben noch Licht und Lärm! Ich hör’s, sie tanzen… Sie wollte um diese Stund’ Zu mir sich schleichen. Ich warte wie ein Hund, — Es kommt kein…

Der Regen

    Jäh ist der Abend hell geworden, denn schon fällt der Regen in genauen Tropfen. Fällt oder fiel. Zweifellos ist der Regen etwas, was in Vergangenheit geschieht.   Der, der ihn fallen hört, gewinnt die Zeit zurück, da ihm…

Sommerfrische

    Der Himmel ist wie eine blaue Qualle. Und rings sind Felder, grüne Wiesenhügel – Friedliche Welt, du große Mausefalle, entkäm ich endlich dir .. O hätt ich Flügel –   Man würfelt. Säuft. Man schwatzt von Zukunftsstaaten. Ein…

Gedeuchtittis

  Gedeuchtittis üßt ain Gedeucht wann zich’s roimt, zunst üßt äßß schleucht. Duch dr Deuchtur, dr mudarme, tschraubt ünn Prausur ollzegarne. Bastenpfullz n pfreiwen Rheytmen duch diss karrn onz nüchtz bedeutmen! Düüfar Düüfzinn, ongeroimt, üßt vi’n Vaip, dißß nücht tschatscheumt,…

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  glühe ich breche Sterne Münder die Mauern Auffanglager Angst in diesen Nächten Nester letzter Beschäftigung Kinnverlust so überreichst du mir strauchweise Leben als wärs schon     *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem…

Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf

  Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf und Pimpronella reizt ihn mit den roten Unterröcken. Koko der grüne Gott klatscht laut im Publikum. Da werden geil die ältesten Sündenböcke.   Tsingtara! Da ist ein langes Blasinstrument. Daraus fährt…

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  gleißend weiß streckt Schnee sich eben, weit, geduckt flacher Wintersonne entgegen kristallen streut Lichtgemisch lange, helle Schatten, Gischt von Hauch und Kälte gebläute Baumschemen sind ungehbar weit verhängt verloren dem Horizont geschenkt und es schnellt nichts nichts geht oder…

Antinomie

  desillusionierte Idealisten verschwenden ihre selbstvergessene Dynamik nicht damit sich ueber das Wie, Weshalb & Warum der Gegenstænde zu befragen   Ethnozentriker schluepfen unter ein Begriffskostuem perfektionieren ihre Beredsamkeit um grœbste Dummheiten als differenzierte Analyse zu verkaufen   effektive Altruisten…

Umschlagsmoment der Lebensentwürfe

I saw the best minds of my generation destroyed by madness, starving hysterical naked, dragging themselves through the Negro streets at dawn looking for an angry fix Allen Ginsberg Jede Kultur hat ihre Ursprungsmythen, von denen sie sich herleitet und…

Über griechische Lyrik

  Ich werde dieses Semester einen Kursus über griechische Lyrik veranstalten. Gänzlich unphilologisch. Sappho, Anakreon, Pindar sollen durchaus mit der ihnen gebührenden Achtung behandelt werden. Wie Dichter. Es wird gelesen, nicht emendiert, und keine Grammatik getrieben. Die griechische Lyrik hat…

Im Vorübergehn

  Ziele dorthin, woraus du gewogen, gezogen aufs Ganze hin bist!   Zögere nicht und verspiele dich unbetrogen, wo in Nahsichtfrist die Circumstanze dich mißt.       Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz…

IN VENEDIG

  stundenlange fußmärsche   durch enge gassen die kanäle entlang   bilder betrachtet oder skulpturen   in einem museum alte instrumente   geigen aus Cremona auch ein violoncellomusik von Albinoni und Vivaldi gehört auf der Rialtobrücke staunend gestanden   im…

MACHT MACHT

  wie macht machtmänner und frauen   wie macht machtzigarettenpause   wie macht machtin die hose   wie macht machtoben ohne       *** Aus dem Zyklus pain points & issue logs, Arbeitstitel für Gedichte von Martin Dragosits. Die…