Schlagwort: Ulrich Bergmann

Corriger la fortune

  Wir ernten in unserem schweren Leben für unsere besseren Einsichten immer wieder dasselbe – wenig Lob, viel Tadel, sagt Arthur. Darunter leide ich oft. Ich kenne dich, du leidest aus lauter Eitelkeit, sage ich. Nein, sagt Arthur. Ich leide…

Teile und herrsche!

  Hast du Schlange zähmen können?, frage ich Arthur. Schlange sagte oft zu mir: Es ist gut, wenn ich dich lenke, Arthur, dann kannst du dich besser entscheiden. Sie befreite dich von deiner Unsicherheit? Ich weiß nicht, sagt Arthur, ob…

Literatur ist immer die Idee vom Anderen

 Ich meine, dass eben hierin der Sinn schöpferischer Literatur besteht: […] in den Dingen unserer Umwelt jene duftige Zartheit aufzuspüren, die erst unsere Nachkommen erkennen und zu schätzen wissen werden, in jenen fernen Tagen, wenn jede Bagatelle unseres platten Alltagslebens…

Hermetischer Zirkel

  Hast du heute schon an Schlange gedacht?, frage ich Arthur. Ja, sagt er, ich wollte ihr vorhin eine Postkarte schreiben, aber ich kam nicht dazu. Ich habe die Karte schon gekauft: Ich als Hermes. Aha, sage ich, du warst…

Gute Nacht, gute Nacht!

  Wenn ich gleich einschlafe, sagt Schlange, bin ich dann nicht mehr da, oder bist du nicht mehr da, oder sind wir alle beide weg? Wenn ich wach bleibe, sagt Arthur, bin ich da, aber du siehst mich nicht, und…

Dichte Lohe • Revisited

Vorbemerkung: Im Rahmen der Publikation des lyrischen Gesamtwerks des Sprechstellers A.J. Weigoni blickt Ulrich Bergmann auf den Mittelteil der Trilogie Letternmusik, Schmauchspuren – eine Todeslitanei, Dichterloh – Kompositum in vier Akten zurück: Lieber Weigoni, werter Champion der Twitteratur, ich habe Ihr…

100 soucis

  Ich mach mir so viele Sorgen, sagt Schlange, ich denke immer, dass du mich eines Tages verlässt. Warum, sagt Arthur, machst du dir Sorgen um etwas, das mit Sicherheit eintritt? Du machst aber keine gute Reklame für unser Glück,…

In dubio pro dubio

  Arthur erzählt Schlange die kleine Geschichte von der Macht der Wahrscheinlichkeit: Unser Leben ist ein Spiel, in dem wir eine Wette eingehen: Entweder wir setzen darauf, dass die Liebe gut ist, oder darauf, dass sie nicht lohnt. Wenn wir…

Do ut des

  Ich bin zu dick, sagt Arthur, als er sich im Spiegel des Opernfoyers betrachtet, ich muss dünner werden. Bedenke, sage ich, dass zu einer starken Persönlichkeit die richtige Statur gehört. Du siehst doch gut aus. Das sehe ich anders,…

Alles oder nichts

  Es ist besser, ich behalte meine Idee im Kopf, sagt Arthur, als er die Ausstellung „Die Macht der Kunst und die Kunst der Macht“ sieht. Ist das besser für die Idee oder für die Wirklichkeit?, frage ich. Ich weiß…

Ein Textsorten-Patchwork

Ich sammle die Texte in einem Konvolut, das ich Splitter nenne. Vieles fließt in Prosaminiaturen, Erzählungen und Romane. Den Bonner Schriftsteller und Dichter Ulrich Bergmann kenne ich seit geraumer Zeit immer besser. Er ist ein jovialer und schalkhafter Grandseigneur. Ein…

Echt gefälscht

  Meine Gespräche mit dir, sagt Arthur, haben an Echtheit verloren, seit ich weiß, dass du sie für deine Geschichten, die du über mich schreibst, ausbeutest. Durch mein Plagiat bereichere ich dich, indem ich die Echtheit im Dialog mit dir…

Das Angebot der Nachfrage

Arthur am Apparat: Ich muss dich unbedingt sprechen, sagt er, sonst weiß ich nicht mehr, wer ich bin. Du hast dich verloren, sage ich, und nun suchst du dich bei mir? Ja, sagt er, so ähnlich. Ich bin nicht zu…

IV Nachtstück

Wenn unsere Zeit stillsteht, dann hören wir nur noch die Fermate am Ende unserer kleinen Nachtmusik vor der großen Winternacht, dann geht in der Welt das Licht aus, uns geht die Welt aus, sagt Arthur, als der Film aus war…

III Aprèslude

Mein ganzes Leben war von Anfang an ein einziger Herbst in mir und die Blätter sind schon alle von mir abgefallen, sagt Arthur, als er wieder einmal den Oblomow las, aber was bleibt von mir, wenn ich in den Winter…

II Hot air

  Ich hasse den Sommer, den Winter habe ich immer geliebt, schon bevor ich leben musste, sagt Arthur beim Verlassen der Kunsthalle. Ich bin ein Sommerneurotiker, dieses gezwungene Jasagen zum sogenannten Leben passt mir nicht, dieses immergrüne Scheitern der Lebensfragmente…

Le quattro stagioni

I Conditio sine qua non Wenn ich ins Theater gehe, gehe ich nur in ein anderes Stück meines Lebens, sagt Arthur, und wenn ich aus dem Theater komme, erschaffe ich mich spielend immer wieder neu in meinen Stücken. So ermögliche…

L.H.O.O.Q.

  Ich liebe dich, David!, sagt Schlange. Ich liebe dich auch, Mona Lisa, sagt Arthur. Willst du mit mir sterben gehen, David?, fragt Mona Lisa, sagt Schlange. Aber ja, sagt Arthur, wir lieben den Tod, sagt David lächelnd zu Mona…

post scriptum

  Er habe neulich, erzählt Arthur, zwei ihm bekannte Rivalen beobachtet, wie sie sich auf der Straße begegnet seien. Wie auf einer Bühne! Es sei fast laut geworden in der Stille des Schweigens, wie der eine zu dem anderen nur…

Pas de deux

Manchmal, sagt Arthur, sehe ich mich als Double meiner selbst, ich schaue mir bei meinem Leben zu, wie ein Regisseur, der sich eine Theaterkarte für sein Stück kauft und sich ansehen muss, was er inszeniert hat ohne eingreifen zu können.…

Schlussverkauf

  Ich trenne mich, sagt Arthur beim Betrachten der Gebeine in der Goldenen Kammer, von allen meinen Sachen, ich gehe damit auf den Trödelmarkt und werfe dort meinen ganzen Ballast ab. Vielleicht steige ich dann noch einmal in die Lüfte,…

Selbstinventur

  Arthur erzählt mir, er habe gestern geträumt, wie er im Kaufhaus über die langen Rolltreppen in die oberste Etage stieg, und wie ich oben ankomme, sagt er, leuchten mir Reklamesätze von allen Seiten grell entgegen: IHR DERNIER CRI lese…

Carpe noctem

Eines Tages, sagt Arthur, wache ich nachts auf, und ich weiß nicht, bin ich wach, bin ich nicht wach, gehört das noch zum Traum – und während ich hier mit dir rede, frage ich mich, bin ich jetzt wach oder…

An HEL

Würde man mich fragen, welcher Dichter, der einer vergleichsweise größeren Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist, zu den wichtigsten Stimmen gegenwärtiger Lyrik gehört, ich zögerte keinen Augenblick:  Ich wüßte keinen anderen mir bekannten Dichter, auf den das Wort von der Brüderlichkeit mehr…

Göttliche Komödie

  Das Theater ist mein Lebenszimmer, es ist meine Kirche, denkt Arthur. Es ist die einzige Religion, die mir angemessen ist, die ich mir anpassen kann. Wenn ich mir alle Zuschauer wegdenke und mich dazu, wird dann das Ensemble zum…

Comédie humaine

  Eines Tages gibt es endlich das Theaterstück für einen einzigen Zuschauer. Arthur, der sich immer schon für einen solchen Zuschauer gehalten hat, geht hin, nachdem er mit dem Schauspieler einen nächtlichen Termin vereinbart hat. Ihn reizt die angekündigte Mythologie…

Aus Arthurs Tagebuch:

  Nacht. Schon wieder das Auto kaputt, ausgerechnet auf dem Weg zum Kino, die verdammte Schrottkiste, die ich liebe, weil sie mir ähnelt. Ich vermute Getriebeschaden, irreparabel. Kein Kino also. Ich suche ja den vorzeitigen Abend, um der Hölle der…

Schwarz auf Schwarz und Weiß auf Weiß

  Lieber Arthur, lieben Dank für deine schöne Kokoschka-Karte, auf der du den grandiosen Gedanken formulierst, wie reich du in deinem Alleinsein bist. Ich wäre der Letzte, der dich kritisierte, wenn du deinen Reichtum vermehrst, indem du deine Selbstgenügsamkeit reduzierst.…

Solipsismus

  Was ich dir schon immer mal sagen wollte, sagt Arthur, als wir gut gelaunt das Theater verlassen: Ich beneide dich um mich! Ja, sage ich, du verstehst dich gut mit dir, und es misslingt dir konsequent, der Sprache neue…

Persona non grata

  Arthur steht im Theaterfoyer und sieht Raum und Zeit dort als das Stück vor dem Stück, das er sehen wird als Stück im Stück. Wie kopflos wandelt das aufgedunsene Kleid da herum, wie lächerlich die Schritte dieser zugeschminkten Gesichter,…

Ego ergo sum

  Arthur malt den lieben Gott an die Wand und schaut sich sein Bild an. Ich bin, denkt er, wie ich immer war, und bin doch total anders geworden und war schon immer dieser Andere, bin jetzt immer noch oder…

Nachsicht

  Du gehst mir zu schnell an den Bildern vorbei, Arthur, warum nur diese Eile? Arthur bleibt mitten im Baselitz-Saal stehen, dreht sich, indem er alle Bilder der Reihe nach abnickt, um sich selbst, und sagt zu mir wie nebenbei:…

Einbildung

  Lass uns Kaffee trinken gehen, sagt Arthur, als wir die Gemäldegalerie verlassen, ich brauch jetzt innen auch ein Bild. Wie soll ich das verstehen?, frage ich. Am besten einen Espresso, sagt Arthur. Wenn der Kellner mit dem Zucker und…

Im Labyrinth der Lyrik

Ich sah die besten Köpfe meiner Generation an Ratenzahlungen zugrunde gehen. Kate Tempest Lyrik ist ein Spezialfall individueller menschlicher Informationsverarbeitung. Es beim Online-Magazin Kulturnotizen (KUNO) darum die Literatur aus der Isolierstation, in die die werkimmanente Germanistik sie jahrzehntelang eingesperrt hatte,…

Teile und herrsche!

Hast du Schlange zähmen können?, frage ich mich. Schlange sagte oft zu mir: Es ist gut, wenn ich dich lenke, dann kannst du dich besser entscheiden. Befreite sie dich von deiner Unsicherheit? Ich weiß nicht, ob sie mich befreit hat…

Hermetischer Zirkel

Hast du heute schon an Schlange gedacht? Ja, sage ich, ich wollte ihr vorhin eine Postkarte schreiben, aber ich kam nicht dazu. Ich habe die Karte schon gekauft: Ich als Hermes. Aha, du warst also wieder auf deiner Museumsinsel. Wo…

Gute Nacht, gute Nacht!

Wenn ich gleich einschlafe, sagt Schlange, bin ich dann nicht mehr da, oder bist du nicht mehr da, oder sind wir alle beide weg? – Wenn ich wach bleibe, sage ich, bin ich da, aber du siehst mich nicht, und…

Guten Abend, gute Nacht!

Schlange, sage ich, wir müssen zusammen sterben. – Warum denn das?, fragt Schlange. – Dann fehlen wir uns nie und können uns immer streiten, sage ich. – Meinst du, wir streiten uns weiter, wenn wir tot sind? – Ich glaube…

Accent grave

 Im Musée Rodin Ach Schlange, sage ich, immer heftiger beschwert mich der Gedanke: Alles stürzt ein. – Was soll denn einstürzen, sagt Schlange, außer deiner Liebe zu mir? – Der Himmel, sage ich, der Himmel ist zu schwer geworden. –…

Ptolemäische Wende

Wie die Welt aussähe, wenn sie sich um mich dreht, habe ich mir schon oft überlegt, sage ich, ich dreh mich ja nicht, und die Welt, so verdreht sie ist, steht still, und ich frage mich, ist die Welt ein…

Beweis

Dass ich dich traf, sagt Schlange, ist das Fügung? – Ja, sage ich, nichts Geringeres als der Urknall musste geschehen, damit es geschehen konnte. – Dass ich dich traf? – Ja, sage ich. – So einfach ist das? – Ja,…

Verspielt

Es wird so dunkel, sage ich, das macht mich ganz traurig. – Ich bin auch ganz traurig, sagt Schlange, der Winter dringt immer tiefer in unser Leben ein. – Manchmal zieht ein Schmerz in meine Seele, sage ich, ich liege…

Lügen haben wahre Beine

Die Wahrheit kommt oft im schönsten Kleid der Lüge daher, man muss sie nur ausziehen, sage ich, wie eine Frau. – Der Vergleich hinkt, mein Lieber, und entlarvt dich als unerlösbaren Chauvi, sagt Schlange. – Wieso?, sage ich. – Eine…

Zwei Schlüssel

                       Ein Traum von Anfang und Ende. Aus dem Schlaf will Schlange herausspringen ins Licht. Aber sie schafft es nicht, sie springt nicht hoch genug. Ermattet bleibt sie liegen, wie…

Botticelli

  Mit Schlange in der Oper. Wir stehen im Foyer. Schlange an meiner Seite. Endlich wieder unter Menschen und mitten im Netz der sich begegnenden, der suchenden und messenden, fragenden und verwerfenden Blicke vieler schöner und junger Frauen …  Die…

Tempora mutantur II

Früher war die Zeit weit und der Raum eng, sage ich. – Heute ist es umgekehrt, sagt Schlange, das ändert auch die Irrtümer und Illusionen. – Ja, sage ich, die Irrtümer gehen jetzt weiter, und die Illusionen werden enger. –…

Circulus

Liebst du mich?, fragt Schlange. – Ich denke nach, mir fällt nichts ein. Sie kennt mich doch so viele Jahre, und immer wieder diese eine Frage! Natürlich liebe ich dich!, sage ich. Aber sie ist mit meiner Antwort nicht zufrieden.…

Vor dem Danach

Schlange, das Leben ist eine einzige Frage, sage ich, die beste Lösung wäre ja, wir lebten gar nicht, dann müsste es auch keine Antwort geben. – Ah, sagt Schlange, dann dürfen wir auch nicht sterben, wenn wir nicht leben müssen.…

wortmaler

  dachte ich bisher an china, sah ich zunächst die ferne der dortigen kultur zu unserer. man betrachtet andere kulturen anfangs wohl zwangsläufig als fremder und von außen. menschen sind halt, leider, zuallererst das produkt ihrer verhältnisse. die gefahr besteht…

L’âge d’or

Mein Gott, sage ich, als ich in der Tür stehe und Schlange, die ihren runden Geburtstag feiert, in die strahlenden Augen sehe, bist du jung geblieben! Da komm ich mir richtig alt vor! – Ach was, sagt Schlange, du bist…

Ich bin dein Buch

Liest du?, fragt Schlange. – Ja, sage ich. – Was denn?, sagt Schlange. – Damontes „Kritische Körper“, sage ich. – Lies lieber mich, sagt Schlange. – Warum, sage ich. –  Weil ich das bessere Buch bin, sagt Schlange. – Ich…

Le deuxième sexe

Ich bin so glücklich, sagt Schlange. – Wirklich?, sage ich. – Ich liebe dich sehr, sagt Schlange. – Was heißt das schon, sage ich. – Wir verstehen uns gut, sagt Schlange. – Ja schon, sage ich. – Liebst du mich…

Credo

Ich glaube, sage ich, die Natur sieht alles vom Mann her – das Leben ist männlich. – Ich glaube, sagt Schlange, du siehst die Natur so, wie du sie glauben willst. – Ja, sage ich, wir verstehen uns gut, die…

Tempora mutantur

Ich weiß nicht, ob ich dich immer noch so liebe wie damals am Anfang, sage ich, als ich mit Schlange in der Staatsoper war. – Wie bitte?, sagt Schlange. – Es ist jetzt tiefer geworden. – Ach so, sagt Schlange,…

Hiddensee

Schlange, sage ich, ich fühle mich so wohl auf dieser Insel. – Ich weiß gar nicht, warum, sagt Schlange, mir ist das hier alles viel zu östlich. – Das ist meine Heimat, sage ich, hier finde ich zu mir selbst.…

Blaue Stunde

Sevilla 11.4.2009 Schlange, sage ich, soll ich dir sagen, was mir jetzt absolut klar ist? – Sag es lieber nicht, sagt Schlange. – Es ist nichts Schlimmes, sage ich, aber ich will es loswerden. – Dann ist es nicht bedeutend,…

Projektion

Ich bin so glücklich, sagt Schlange, mir geht es so gut, seit ich mit dir zusammen lebe. – Mir auch, sage ich, aber ich werde immer dicker! – Was willst du damit sagen?, sagt Schlange. – Ich weiß nicht, sage…

Eheliche Pflichten

Du bist nicht mehr so zärtlich zu mir, seit ich dich geheiratet habe, sagt Schlange. – Das stimmt nicht, sage ich, nachdem ich dich geheiratet habe, bin ich immer zärtlicher zu dir, denk nur an letzte Nacht! – Du hast…

List der Liebe

Das Weib, sage ich, das ist die Schlange. – Redest du mit mir?, sagt Schlange. – Ja, sage ich, Schlange und Weib, das ist ungefähr dasselbe. – Hallo!, sagt Schlange, ich hoffe, du weißt, was du da sagst. – Ich…

Zufall

Unsere Liebe ist ein wunderbarer Zufall, sage ich. – Quatsch, sagt Schlange, ich habe dich gewählt. – Stimmt nicht, sage ich, ich hatte dich zuerst angeklickt. – Anklicken ist nicht wählen, sagt Schlange. – Wenn ich dich nicht angeklickt hätte,…

A Brasileira

Schlange, sage ich, Lissabon ist die schönste Stadt der Welt. – Du bist gerade mal einen Tag hier, sagt Schlange, da kannst du doch noch gar nicht urteilen. – Doch, sage ich, es ist wie mit der  Liebe auf den…

Standardfragen

Schlange, sage ich, du hast mich schon lange nicht mehr gefragt. – Was denn?, sagt Schlange. – Ob ich dich noch liebe, sage ich. – So eine Frage ist doch der reine Unsinn, sagt Schlange. – Ja, sage ich, das…

Himmel und Hölle

  Gibt es eine Hölle?, fragt Schlange, als ich bei ihr liege und an nichts Böses denke. – Vielleicht sogar zwei, sage ich, eine für dich und eine für mich. – Das glaube ich nicht, sagt Schlange, es ist eine…

Memento mori unterm chinesischen Mond

Gedanken über chinesische Lyrik und ihre Übersetzung ins Deutsche Die Zeit der Tang-Dynastie (618-907) war eine Epoche der lyrischen Hochblüte. Der Schriftsteller Lu Xun, der als Epiker die moderne chinesische Literatur begründete, gab das Schreiben von Gedichten auf mit der…

Absolut relativ

Du siehst so glücklich aus, sagt Schlange. – Schlange, sage ich, ich sehe nur so aus, weil die Sonne mich blendet. – Du willst wohl nicht glücklich sein, sagt Schlange. – Schlange, sage ich, glücklich sein … das gibt’s gar…

Liber sum

Ich weiß nicht, Schlange, was das war – auf einmal stehe ich in einem gigantischen Buchladen. Die Kerker von Piranesi sind dagegen richtig klein, nur hell ist es,  gleißend hell, das Licht flutet aus allen Richtungen übereinander, überall sind lange…

Verlustgewinn

Wenn wir uns lieben, Schlange, bin ich doch ganz tief in dir drin? – Ja klar, sagt Schlange. – Ich meine, bin das ich? – Ja, sagt Schlange, ist dir das denn nicht recht? – Ich weiß nicht, sage ich,…

Ich, Schlange

Du, sagt Schlange, ich bin dein Alter Ego, ich stehe immer hinter dir. – Umgekehrt ich auch, sage ich, ich bin am liebsten dein Über-Ich, das mir unterliegt. – Ich bin, sagt Schlange, dein Unter-Ich, das über dir steht. –…

The Coffee Crisis

  Was ist die Welt mit ihren traurigen Gestalten, die bösen Gästen gleich aufs Kaffeetrinken lauern, und deren schlechte Launen manchmal ewig dauern, nur weil sie einmal keine Dosenmilch erhalten!   Ich soll als Aschenputtel quasi häuslich walten, so dass…

Ich, Übergott

Dein Kopf steht dir im Wege, sagt Schlange. – Ich verstehe mich gut mit meinem Hirn, sage ich. – Warum wirkst du dann so verkrampft?, sagt Schlange. – Ich entwerfe mich selbst, wenn ich mit mir rede, sage ich, ich…

Gegen die Zeit

Picasso in Düsseldorf, sage ich, das haut mich um. – Seine letzten Bilder, na ja, die sind aber sehr sehr – speziell, sagt Schlange, es geht da immer nur um das eine Thema, das euch Männer so beherrscht. – Ach…

Don Giovanni

Ach, Schlange, sage ich, als wir in der Gelateria Italiana den Frühling an einem der hellen Tische auf dem Bürgersteig feiern, die Welt ist so schön, der Himmel so blau, und ich habe dich ganz fest in mein Herz geschlossen…

Verfremdung

Ach, Schlange, sage ich, ich habe die ganze Nacht immer nur dasselbe geträumt! –  Was denn?, sagt Schlange. – Ich kämpfte mich die ganze Zeit in einer riesigen Stadt durch den gewaltigen Verkehr. – Das war ja wieder mal klar,…

Brutto und Netto

Sag mal, sagt Schlange, wie lange kennen wir uns eigentlich schon? – Brutto oder Netto?, sage ich. – Brutto, sagt Schlange. – Zweieinhalb Jahre, sage ich. – Und Netto? – Kommt darauf an, sage ich, was du unter Netto verstehst.…

So heiß

Mir ist so heiß, sagt Schlange. – Mir auch, sage ich. – Du hilfst mir nie, sagt Schlange, mir ist so heiß unter der Decke. – Tu die Decke weg, sage ich. – Dann fehlt mir was, sagt Schlange, ohne…

Mhmm.

Schlange, sage ich und recke und strecke mich wohlig im lebensvollen Traumbett, stehe auf, tanze federnd auf beflügelten Füßen zum Kühlschrank, zum Toaster, zum Tisch. – Was willst du essen?, sagt Schlange. – Kalt geschleuderten Honig auf bayerischer Butter über…

Libido

Schlange? – Ja? – Bist du noch müde? – Wie spät ist es denn? – Halb neun, sage ich, die Sonne scheint. – Ich bin noch so müde, sagt Schlange. – Dann schlaf weiter. Ich bin auch noch ganz müde,…

Phönix

Das Leben ist so eigentümlich, sage ich, als ich mit Schlange zu Bett gehe, ich weiß nicht, ob ich jetzt allein mit dir schlafe oder zu zweit. – Wir sind doch nicht zu dritt, sagt Schlange, kannst du nicht zählen?…

Apotheose

  Schlange, sage ich, ich habe Hunger. – Auf was denn, fragt Schlange, willst du mich? – Nein, sage ich, ich habe nicht den großen Hunger. – Dann koch dir was, sagt Schlange. – Ich weiß nicht was, sage ich,…

Courbet

Ein schönes Bild, sage ich, als ich vor dem berühmten Aktgemälde von Courbet stehe, ein tiefes Bild! – Ich weiß nicht, sagt Schlange, was du an diesem Bild findest, du siehst in die geöffneten Beine einer nackten Liegenden, das Bild…

Haut an Haut

Ich liege gern so eng bei dir, sage ich. – Das ist schön, sagt Schlange, das gefällt mir, du liebst mich eben sehr. – Ja, sage ich. – Aber, sagt Schlange, du liebst vielleicht nur meinen Körper. – Was denn…

Autark

Schlange, sage ich, was ich dich immer mal fragen wollte: Hast du schon mal einen Liebestraum gehabt? – Ja, sagt Schlange, ich träume von nichts anderem. – Das dachte ich mir, sage ich. – Du hast keine Ahnung, sagt Schlange.…

Seelenwanderung

Ich denke manchmal, sage ich, mit Schrecken, ich wache auf in einem anderen. – Vielleicht wachen wir täglich, sagt Schlange, immer woanders auf, wer weiß. – Komisch, sage ich, aber jedesmal, wenn ich so aufwache, liebe ich dich. Du kannst…

… der Horizont kippt

Am 6.4.2016 um 20 Uhr war ich bei ihrer Lesung im Buchcafé Antiquarius, Bonner Talweg 14, 53113 Bonn. Ein paar Straßen weiter wohne ich. Es war der Tag meines Geburtstags. Egal. Primzahl unter 100. Ich feiere sowieso erst am Wochenende.…

100 soucis

  Ich mach mir so viele Sorgen, sagt Schlange, ich denke immer, dass du mich eines Tages verlässt. – Warum, sage ich, machst du dir Sorgen um etwas, das mit Sicherheit eintritt? – Du machst aber keine gute Reklame für…

Zeitnot

Es geht um Minuten, sage ich, als ich mit Schlange das Theater verlasse, es endet alles, weißt du, mit einem Riesenapplaus, und das kostet uns dann Kopf und Kragen. – Ich versteh dich nicht, sagt Schlange, kommst du zu spät,…

Les jeux sont faits

Ich spiele, sage ich, ich spiele immer, auch im Bett, ich spiele, also bin ich, sage ich mir, und du, Schlange, spielst gut mit mir. – Du redest, sagt Schlange, als ginge es um eine Inszenierung, wenn wir uns lieben… …

Die Brücke und das Rad

Mit Schlange gelingt mir alles, sagt Zauber, nichts ist zu schwer. – Na klar, sage ich, das ist die Macht der Liebe. – Ja und nein, sagt Zauber, das eine bedingt das andere, alles hängt mit allem zusammen. – Konkreter,…

In Gedanken

Weißt du, sage ich, als ich mich aus der Umarmung mit Schlange löse, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich mit Susanna im Bett liege … – Ach so, sagt Schlange, du denkst an eine andere, wenn du mit…