Verspielt

Es wird so dunkel, sage ich, das macht mich ganz traurig. – Ich bin auch ganz traurig, sagt Schlange, der Winter dringt immer tiefer in unser Leben ein. – Manchmal zieht ein Schmerz in meine Seele, sage ich, ich liege im Bett und fühle, halb im Traum halb wach, die Schönheit meiner Wehmut. – Siehst du, sagt sie, es geht dir gut, solange du mit deiner Lebenswunde flirten kannst. – Aber manchmal, sage ich, zieht ein langer Schmerz durch meinen ganzen Körper. – Klar, sagt Schlange, du willst so jung sein wie deine Liebe. – Ja, ich verzehre mich in solchen Schmerzen. – Ich kenne dich, sagt sie, und ihre Stimme schwebt ganz leicht zu mir. – Ach, sage ich, du bist der einzige Mensch, mit dem ich so reden kann. – Ich weiß, sagt Schlange, das macht die Schmerzen nur noch größer.

(Wir spielen mit uns, denke ich, das Spiel ist so ernst, dass wir kaum spüren, wie wir uns verspielen.)

 

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Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann, Kulturnotizen 2016

In den Schlangegeschichten wird die Dialektik der Liebenden dekliniert. Ulrich Bergmann schrieb mit dieser Prosafolge eine Kritik der taktischen Vernunft, sie steht in der Tradition der Kalendergeschichten Johann Peter Hebels und zeigt die Sinnlichkeit der Unvernunft, belehrt jedoch nicht. Das Absurde und Paradoxe unseres Lebens wird in Bildern reflektiert, die uns mit ihren Schlußpointen zum Lachen bringen, das oft im Halse stecken bleibt.

Further reading →

Eine Einführung in die Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.

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