Schlagwort: Stefan Oehm

Kunst – ein Kollektivsingular?

  1. Meine erste Begegnung mit dem Kollektivsingular hatte ich wohl um 1979 in einem der schönsten Arthouse Kinos Düsseldorfs, dem Bambi in der Klosterstraße. Der dortige Zuschauerraum war über und über mit alten Filmplakaten dekoriert. So etwa mit dem…

Licht, mehr Licht!

Alles, was leuchtet, sieht. Gaston Bachelard Der Katalog ReferenzRäume bietet Anlass das bisherige Lebenswerk von Mischa Kuball assoziativ passe laufen zu lassen, ohne einen Nachrufmodus zu bedienen. Wie betrachten einen Querschnitt durch sein Werk der letzten vier Jahrzehnte. Diese „Referenzräume“…

Was gibt es in der Kunst zu ‚verstehen‘?

1. In seinem 1973 erschienenen Aufsatz ‚Thick Description: Toward an Interpretative Theory of Culture‘ (dt. Dichte Beschreibung. Bemerkungen zu einer deutenden Theorie von Kultur) benennt der amerikanische Ethnologe Clifford Geertz ein seiner Ansicht nach grundlegendes Problem der im weitesten Sinne…

Rückprojektion, Perlokution, Intention

1. Als ein vom Arbeitsziel gebotenes Erfordernis werden bisweilen Begriffe, Äußerungen oder Texte rein als Begriffe, Äußerungen oder Texte betrachtet. Ohne internen oder gar externen kontextuellen Bezug, ganz unter lexikalischen, phonetischen, grammatikalisch-syntaktischen, semantischen, zeichentheoretischen oder anderen spezifischen Gesichtspunkten. Solange wir…

Klarheit und Schärfe des Blicks

1995 erklärte die UNESCO den 23. April zum „Welttag des Buches“, dem weltweiten Feiertag für das Lesen, für Bücher und die Rechte der Autoren. Die UN-Organisation für Kultur und Bildung hat sich dabei von dem katalanischen Brauch inspirieren lassen, zum…

Sein ist Zeit, sonst Nichts

  Es gibt keine Eigenschaft, kein separates Etwas, keine Größe, die allem Seienden gemeinsam ist oder in gleicher Weise zukommt. Kein ontologisches Gespenst namens Sein, dass sich neben dem Seienden ausmachen lässt: hier Seiendes, dort Sein. Es existiert nur eines:…

Kunst und die Infrastruktur geteilter Intentionalität_2.Teil

Differenzierung   2.1 In dem Augenblick, in dem das Kind die Infrastruktur geteilter Intentionalität ausbildet, wird es zum Handlungssubjekt, zum aktiv mitgestaltenden Teil seiner Lebenswelt. Ab dem zweiten Lebensjahr treten die Kinder zunehmend in die Phase des Erwerbs der gesprochenen…

Fragen zur kulturellen Aneignung

  Zur Zeit ist viel von ‚kultureller Aneignung‘ die Rede. In Bern zum Beispiel. Da wurde eine Band junger Schweizer Mundartmusiker zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit ausgeladen, weil sie als Weiße jamaikanische Reggae-Musik spielten und einige Mitglieder der Band…

Kunst und die Infrastruktur geteilter Intentionalität_1.Teil

Grundlagen   1.1 2009 erschien in deutscher Übersetzung ein Werk des seinerzeit am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie forschenden amerikanischen Anthropologen und Verhaltensforschers Michael Tomasello: Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Es widmet sich, wie Jürgen Habermas in seiner Rezension in…

Konformismus und Totalitarismus

Freiheit, die Unfreiheit bedeutet – Warum Günther Anders aktueller denn je ist Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Günther Anders hielt 1958 vor der Lessing-Gesellschaft Hannover einen Vortrag, der in den euphorisierten Jahren des Wirtschaftswunders in seiner gegenläufigen Grundstimmung befremdlicher kaum…

Hertzrasen

  Periodisch schwingt in gebotener Taktfrequenz pro Sekunde regelmäßig wiederholendes Ereignis endlose Zyklen umfasst es kakophonischen Kammerton des Hertzrasens mit Lichtgeschwindigkeit flimmert Vorhof der Iris gebrochenes Weiß in den Tränen deiner Augen.     *** Freilauf, Miniaturen von Stefan Oehm,…

Reine Kopfsache

Die exzessive politische Korrektheit hat etwas Totes in sich, sie tötet auch Sprache ab. Werner Herzog Wer einmal das 10. Gebot aufmerksam liest, stellt überrascht fest: Hier spricht der Gott der Christen und Juden (der ja auch der Gott des…

Kreislauf

  In leeren Wartesälen hallt von kahlen Wänden jeder Schritt wider und wieder und wider die Wände mürbe gekratzt von ratlos rastlosen Händen lose Worte zerfetzter Sinn aus der Zeit gefallen auf blanken Boden gescheuert geschunden getreten dein schwerer Gang…

Gedanken zur Stimmabgabe

  Der Kehlkopf ist eine bemerkenswerte Konstruktion. Er sitzt direkt auf der Luftröhre, quasi an der Kreuzung von Atem- und Speiseweg. Seine vordringliche Aufgabe ist es, zu verhindern, dass Nahrung in die Luftröhre gelangt, weshalb er gleich über zwei Verschlussmechanismen…

Zwiegespräch

  Winde wälze werfe seitlings mich schwenke schwanke spreche mit mir im Schlaf unerhörte Gedanken aus wechsle Worte wider Worte finde ich keine sprachlos bin ich meinen Argumenten gegenüber zwiegespalten zerrissen das Herz schlägt hinauf bis zum Hals steht es…

Trug

Wandelst wach im Schlaf dein Gang folgt auf Schritt und Tritt täglich blind vertrautem Anblick der Griff zur Klinke die schmeichelt der Hand hebelt Schloss Zarge Angel schnarrrrend auf – so klingt Empfang mit offenen Armen. Und doch: Siehst du…

Schlaf

  Von weitem schon konnte er die Trauerweide sehen. Sie wies ihm den Weg. Gab ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Gewissheit. Unbeschreiblicher Freude. Wenn er sie sah, wusste er: Es ist geschafft. Gleich kann ich mich hingeben, dem Verlangen zu…

Protokoll

  Er fiel mir auf, so gab der Landwirt später auf der Polizeiwache im nahen Rietfeld zu Protokoll, weil er auf einem Damenrad den abschüssigen Feldweg hinabfuhr, der die beiden Maisfelder durchschnitt. Am Ende einer leichten Kehre bog er dann…

Nerven-Bündel (Derrid-a)

  Das Sein ist nicht. Es hat kein eigenes Sein. Das Nichts ist nicht Nicht-Sein. Sondern Nicht-Sein. Die Sprache spricht die Sprache des Seins, das nicht ist, und nicht des Nichts, das nicht ist. Das Sein ist weder an sich…

Übersetzen

  Was wenn Worte die Seiten wechseln wollen wider den Strom schwimmen an Buhnen stranden strudeln gurgeln sie leise Laute werden glucksend unverstanden mitgerissen abgetrieben ausgeschieden in den Strom schnellen hilflos hinab gesogen von Grund auf machtlos macht los die…

Kunst – ein Konstrukt der Rückprojektion?

  1. Eine etwas ketzerische Frage vielleicht. Aber eine, die angesichts unseres oftmals doch recht sorglosen Umgangs mit dem Wort Kunst durchaus angebracht erscheint: Wir verfügen in jeder Epoche über jeweils episodal gewandelte Gebrauchsweisen des Wortes Kunst auf der Mikroebene…

Werk

  Künstler machen keine Kunst sie schaffen Werke die nichts bewerkstelligen nur angelegentlich ansprechend ansprechen entsprechend aussprechen was sie mir dir ihr ihm uns euch ihnen zu sagen haben ist nicht immer das was der Künstler sagen will wenn er…

Schlafstatt

Schlaf statt wache auf Schlafstatt zählen Schafe um Schafe nimmer satt immer matt schlaflos ach Schlaf Los schaff fort Schafott schaff fort schroffe Schöffen schaff fort eh Salbader salben Glocken locken Pfaffen pfeifen pfui rufen und ruckediguh Blut ist im…

Selbstverloren

  In Gedanken versunken ertrunken verloren im strudelnden Strom meiner Selbst verloren in seinen Untiefen verloren verlogen kann doch nur verlieren was ich bin ich ich oder bin ich nicht ich durch dich doch wer bist du oder du oder…

Denk ich an Heine in der Nacht

  Anfang der 80er, als die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität noch schnöde ‚Universität’ hieß, pinselte in einer Nacht- und Nebelaktion die Studentenschaft ein gut 10 Meter großes Konterfei Heines auf die geschwungene Außenwand des Hörsaals 3A. Ein Mahnmal im wahrsten Sinne des…

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Dum spiro spero Cicero   Manche Sätze bereiten mir seltsame Schwierigkeiten. Ein für mich geradezu prototypisches Exemplar dieser Spezies ist der vermeintlich so harmlose Stoßseufzer, den, zum Beispiel, schon mancher Fußballfan angesichts der schier aussichtslosen Situation seines Herzensclubs im Abstiegskampf…

Sternchenhagelvoll

Eselei ist zuerst eine Schwäche des Denkens und des Redens. Der begrenzte Wortschatz verbindet sich mit logischen Fehlern und kategorialen Irrtümern. Man beurteilt ästhetische Objekte allein nach moralischen Maßstäben, identifiziert die Roman- oder Bühnenfigur mit der Autorin und beurteilt die…

Kunst ist das Herz der Demokratie

  Wer die Freiheit der Kunst nicht bewahrt und nutzt, versagt. Versagen wir, versagt unsere Gesellschaft. Versagt sie, hat sie – haben wir – keine Zukunft mehr. Darum ist die Freiheit von Kunst und Kultur eine wesentliche Bedingung der Möglichkeit…

Der Gegenwart

  Der Prozess des Lebens ist eingebettet in ein Kontinuum, das, nach derzeitiger Lehrmeinung der Wissenschaft, seinen Anfang in der kosmischen Inflation der Singularität, dem Urknall, nahm und in diesem einzigartigen Ereignis aus einem Punkt Raum und Zeit konstituierte. Bei…

Hoch zu Ross

Um ehrlich zu sein: Ich hab das Gewese, das die christlichen Kirchen um Martin von Tours vulgo Sankt Martin seit über 1500 Jahren machen, nie so recht begriffen: Eben jener Martin war nicht irgendein namenloser Soldat Roms, stationiert im unwirtlichen…

Wenn die Kühe Götter hätten

  Thales, Parmenides, Heraklit, Demokrit, Sokrates, Platon, Aristoteles. Diese Namen aus dem Pantheon der griechischen Philosophie sind wohl jedem beflissenen Bildungsbürger geläufig. Aber der Vorsokratiker Xenophanes? Wenn sein Name fällt, zucken die meisten nur ratlos mit den Schultern. Eigentlich verwunderlich,…

Ich weiß nicht, dass ich nichts weiß

Wer das Absolute verneint und behauptet, alles Wissen sei relativ, der argumentiert nahe an der Widersprüchlichkeit. Denn wer diese Behauptung aufstellt, nimmt nicht einfach nur an, dass alles Wissen relativ sei, sondern er erhebt im starken Sinne der Behauptung auch…

Anders

Wer nicht hören will muss fühlen weil nicht hören wollen heißt nicht Anteil nehmen nicht Teil sein wollen heißt Gefahr sein nicht loyal sein heißt ungehörig nicht hörig sein ist doch unerhört so was – der will wohl für sich…

Ach, schöner Schein –

es ist dein Anblick, an dem ich mich weide bahnst dir züngelnd deinen Weg blinzelst grell durchs lichte Rutengeäst das mir mit jedem Windhauch wispert und Lanzetten-Blätter im dunklen hellen grauen gelben satten Grün wütend tanzen lässt bis es flieht,…

Wohnhaft

  Türme türmen endlos lange Reihen der Klingelschilder zerfetzte Namen fremder Laute laut Los verborgen in ungezählten Waben eckige Hohlräume gepfropft gepfercht gezwungen zur Aufzucht der Brut und Nahrungsspeicherung umgeben von Gerüchen jedweder Herkunft und Alters die ihresgleichen in Tapeten…

Was, bitteschön, ist eigentlich christlich?

Inzwischen gehen die gelehrten Religionsdeuter davon aus, dass es rund 33.000 rechtlich eigenständige christliche Religionsgemeinschaften oder Kirchen gibt. Friedrich Wilhelm Graf, Götter Global (2014) Mitte des 14. Jahrhunderts schrieb Giovanni Boccaccio seine stilprägende Novellensammlung „Das Dekameron“, ein von charmantem Witz…

Das öde Land (immer weiter)

Verschiedene Kritiker haben mir die Ehre angetan, das Gedicht als Kritik an der Gegenwart zu interpretieren, und haben sogar eine gehörige Portion Gesellschaftskritik hineingelesen. Für mich war es nur das Ventil für einen privaten und ganz belanglosen Grant gegen das…

Die Parforcejagd des digitalen Hype

  In Zeiten des digitalen Hype schauen alle Beteiligten nur nach vorn. Begeistert tummelt man sich in virtuellen Welten. Berauscht sich an den neuen technischen und medialen Möglichkeiten. Und erstürmt die schier unendlichen Experimentierfelder des Social Media mit geradezu kindlicher…

Frei | lauf der

flanieren fabulieren fantasieren sinnieren besinnen unsinnen ansinnen ersinnen mäandern oszillieren assoziieren vagabundieren schlangenlinieren zickzacken umwegen abwegen expedieren exkursieren bummeln wandern lustwandeln promenieren gedankenspringen schlendern schreiten stöbern stelzen streunen streifen strolchen stromern piaffieren pirouettieren derwischen umgehen umecken umherziehen uferlosen ringeln reisen…

Entwurf einer grundsätzlichen Erörterung des Begriffs ‚Kunst‘

Vorbemerkung Der nachfolgende Text stellt den Versuch einer komprimierten Darstellung der wesentlichen Thesen der Publikation Worüber reden wir, wenn wir über Kunst reden? dar, die im September diesen Jahres in dem renommierten Wissenschaftsverlag Königshausen & Neumann erschienen ist. 1. Auch…

Leisten

Lautlos tasten sich Buchstaben aneinander einer wie der andere austauschbar unpersönlich gemäß DIN 16518 gesetzt von Fingern deren Abdruck verrät die Menschen wenn sie selber Hand an Lettern legen zu verbindlichen Worten Ligaturen formen runden aufgehen lassen in Papillarleisten einzigartige…

Spinnen

Dein Ende kannst du nicht erleben sagte er mir. Welche Mär spinnt er nun wieder aus dachte ich wie will er wissen was ich erleben werde oder auch nicht wer meint er zu sein Gott vielleicht? Mag sein dass alle…

Strich

Behände gleitet Hand übers Blatt geführt mit leichtem Griff die Feder Ausfluss der Gedanken zu Worte Sätzen geformte Beweise, die Lügen entlarven stärken nur den Glauben an sie denn wo die Menschen voreingenommen sind, ist die glänzendste Rechtfertigung umsonst wollen…

Raunen

Dem altem Befehl gehorcht das Auge schießt gedankenlos den Kopf zur Seite bietet Pfeil die Stirn gräbt tiefe Furche in junge Haut: ein Mal in Stein gemeißelt, alt wie Runen raunt es nach langer Zeit sichtbarer verblasst jedoch die Erinnerung…

Nachdenken über Kunst

Die Begründung der schönen Künste und die Einsetzung ihrer verschiedenen Typen geht auf eine Zeit zurück, die sich eingreifend von der unsrigen unterschied, und auf Menschen, deren Macht über die Dinge und die Verhältnisse verschwindend im Vergleich zu der unsrigen…

Ranz

Was geschah in den Tiefen des Ranzens? Die Frucht inmitten der Bücher Hefte Stifte zerrieben zerschlagen zerquetscht durch Ledernaht drang heimlich ans Licht was sich der Nase offenbarte Regio olfactoria via Nervus olfactorius, Erster unter Gleichen, triumphierend hält er Einzug…

Groll

Im tiefsten Innern des Hauses grollt es erbost steigt aus dem Fundament rasend hinauf dort hinter der Wand lässt bedrohlich Briefkästen erzittern der Atem stockt Augen starr gerichtet regungslos lausch – Hände suchen Halt, Fingerkuppen klammern sich totenbleich – ein…

Lauf

Die Bahnen gruben sich durch warmen Sand. Es glühte auf nackter Haut. Rücken an Rücken hockten aufgeregte Gesichter verfolgten den Lauf der Dinge der Kugel, die stieg die Steilkurve empor, am Führenden flog sie vorbei auf der Geraden sanft rollte…

Die Befremdlichkeit gegenläufiger Zeitströmungen

Die Zeichen stehen auf Aufbruch. Ein Aufbruch in neue Zeiten. Auch wenn es reichlich Stimmen gibt, die vor Missbrauch und Vereinnahmung, vor Verlust jeglicher Privatheit und informationellen Selbstbestimmung, vor totaler Überwachung, Majority Reports, der Datensammelwut staatlicher Institutionen und GAFA –…

Worüber reden wir, wenn wir über Kunst reden? – Teil 3

„Ein tausendmal gelesenes Buch – das sind tausend verschiedene Bücher.“ Andrej Tarkowskij: Von der Verantwortung des Künstlers, 1967 „Erst durch die Handlung des Betrachters entsteht ein Werk.“ Franz Erhard Walther   4.5 Kunst in der Alltagssprache: Redewendungen Alltagssprachliche Verwendung findet…

Worüber reden wir, wenn wir über Kunst reden? (Teil 2)

„Ein tausendmal gelesenes Buch – das sind tausend verschiedene Bücher.“ Andrej Tarkowskij: Von der Verantwortung des Künstlers, 1967 „Erst durch die Handlung des Betrachters entsteht ein Werk.“ Franz Erhard Walther     Reden über Kunst   4.1 Zwischenfazit I Unsere…

Worüber reden wir, wenn wir über Kunst reden?

Vorbemerkung der Redaktion: Um es vorweg zu sagen: Auch KUNO weiß nicht, worüber wir reden, wenn wir über Kunst reden. Stefan Oehm weiß allerdings, dass ein großer Teil derer, die über Kunst reden, einige grundlegende Erkenntnisse außer acht lässt. Und…

Endlos

Er wirkte verloren, der Gedanke dort am Ende des Satzes. Sehnte sich nach Beistand Hilfe Geborgenheit. Wollte doch nur eingebettet sein, Teil des Ganzen. Teil dessen, was keinen Anfang hat und kein Ende findet. Wollte sich buchstäblich einreihen, sich fügen…

Qwertz

Wenn Zwiebeln weinen, dachte ich so, tut es einem von Herzen weh. 

Da geht er her der besser Esser Zwerg fast. Wes Festgast er war es wert? Der rare brate Saft ratzfatz weg. Qetsch qatsch Trester ex. Verwerte Reste bete…

Fetzen

Sah ich gerade noch die beiden Damen im Park vertraut sich nähern auf ihrem Weg wohl schon Jahr um Jahr die Zeit vergehen die Köpfe mir zugewandt Laute Töne Konsonanten sich beim Namen nennen, entgegenkommend trafen mich die Worte unvorbereitet…

Enden

Eben war es doch noch da sagte ich mir. 

Aber nun lag einzig er auf der Fensterbank für jedermann ersichtlich: der Käfer, einsam braun trocken beinah staubig denn sein Tod lag wohl schon lange dort wo ich ihn ließ da…

Was bedeutet Teilhabe für die Kunst?

Ein tausendmal gelesenes Buch – das sind tausend verschiedene Bücher. Andrej Tarkowskij: Von der Verantwortung des Künstlers   Es gibt Sätze, die haben etwas Subversives. Man nimmt sie zwar wahr, aber nicht recht zur Kenntnis. Und doch bleiben sie haften.…

Lesen, eine aussterbende Kulturtechnik

Der moderne Flaneur sitzt vor dem Bildschirm. Ihn schlägt nicht weniger als die Welt in ihren Bann. Bilder und Wörter halten ihn gefangen… Wie Goethes dichterisches Ich schlendert der Flaneur im Internet ’so für sich hin‘ und lässt die Gedanken,…

Kost

  Dort oben in der Regenrinne sammelt sich der Dreck, den der Wind so nach und nach hineinweht. Er vermengt sich mit dem Regenwasser und verfault langsam vor sich hin, da der Dreck zumeist aus Erde besteht, manchmal sogar aus…

Nimm’s mit Humor

Eine kleine sibyllinische Anekdote.   Man ist wirklich bass erstaunt, was der Humor nicht alles zu leisten imstande ist. Platzt er, zum Beispiel, aus heiterem Himmel in eine gesellige Runde, besitzt er eine ungeahnte therapeutische Kraft. Da biegen wir uns…

Namhaft

Als ein Tropfen nach dem anderen fiel, fragte ich mich ganz versonnen, was er auch sonst machen sollte der Tropfen an diesem Tag. Wie unachtsam von mir so gedankenlos das gehört sich nicht für einen kundigen Menschen sagte ich als…

Mythos Paradies

Den Sündenfall beim Wort genommen Der Anfang klang vielversprechend (1. Mose 1): Gott schuf Himmel und Erde, indem er der Welt sein Wort gab und mit ihm Licht ins Dunkel brachte. Sodann schuf Gott mit Eden, sumerisch ‚edin’, Ödnis, Steppe,…

Gedanken zu Mischa Kuballs künstlerischen Interventionen

  Präpositionen verbinden Sachverhalte. Und bezeichnen ein kausales, modales, zeitliches oder auch räumliches Verhältnis zwischen ihnen. Wörtlich bedeutet ‚Präposition’ „das Voran-Stellen“. Was im Deutschen allerdings de facto nicht immer gegeben ist, wodurch sich, nimmt man die Präposition beim Wort, reichlich…

Lohn

Ich stand am Straßenrand direkt hinter dem Ortseingangsschild, als eine Gestalt an mir vorbeilief. Weil ich meinte, ihn zu kennen, rief ich ihn freundlich an, worauf er erstarrte und sich mir zuwandte und unter Tränen fragte, ob ich ihn jetzt…

Fron

Er war ein wenig erstaunt. Hatte er sich noch vor Stunden in der Stadt vergnügt, so lag er rechtzeitig zum Hochfest ausgestreckt auf seinem Bett. Das musste man ihm lassen: Er vergaß nie seine Verpflichtungen, die nahm er gebührend ernst.…

Algorithmus und Spiritualität

Eine Exkursion Heimat. Herz. Ehre. Stolz. Seele. Sehnsucht. Die Köpfe der Menschen sind derzeit voll mit solch irrationalen und emotional aufgeladenen Begrifflichkeiten. Allesamt stehen sie im harten Kontrast zu unserer ansonsten so von instrumenteller Vernunft, von Ökonomisierung, Nutzenorientierung und dem…

Fiebern

Es fiel ihm schwer, die Kontrolle über seine Füße zu behalten. Kaum setzte er einen Fuß vor den anderen, winkelte der Boden schroff ab, um sich bald schon zu beugen biegen kanten krümmen neigen senken falten fügen. So ging es…

Unübliche Gedanken zur Kunst

Vorbemerkung der Redaktion: Über Kunst wird viel geschrieben. In den Feuilletons, in Fachzeitschriften, kunsthistorischen Seminaren, kulturpolitischen Ausschüssen oder in Kommissionen zum Thema ‚Kunst als Wirtschaftsfaktor‘. Aber wann wird einmal ganz grundsätzlich über Kunst nachgedacht, darüber, ob wir, wenn wir über…

Grellen

In der Nacht, wenn er sich unbemerkt weiß, kehrt er zurück. Dann überfliegt er die Städte, die sich zu seinen Füßen ausbreiten. Lautlos fast, nur ein sehnsüchtiges Pochen in den Ohren Augen Kopf spüren das heftiger, immer heftiger pulsiert das…

Assoziationen zur Frage: Ist das Kunst?

Vorbemerkung der Redaktion: Über Kunst wird viel geschrieben. In den Feuilletons, in Fachzeitschriften, kunsthistorischen Seminaren, kulturpolitischen Ausschüssen oder in Kommissionen zum Thema ‚Kunst als Wirtschaftsfaktor‘. Aber wann wird einmal ganz grundsätzlich über Kunst nachgedacht, darüber, ob wir, wenn wir über…

Wohnung

Die Wohnung hatte schon so manchen kommen und gehen sehen. Manche kamen auf leisen Sohlen. Manche blieben nur eine Nacht. Manche gingen früh. Manche sah man nie. Manche sahen im Leben nie was anderes. Manche lachten wohl dann und wann.…

Res/o/nanz auf res·o·nant

Eine Annäherung an Mischa Kuball 1. Ein Bau wie keiner. Geradezu ein Un-Bau, unterirdische Achsen, schiefe Wände und unklimatisierte Betonschächte2. Eine Schnur-Gerade, die eine zickzack-fache gebrochene Linie, eine Bruchlinie durchschneidet und an den Schnittpunkten eine horizontale Bruchkante bildet, die in…

Kreuzung

Er mühte sich von Wagen zu Wagen, war er doch gezwungen, sein Bein nachzuziehen. Der mächtige Koffer behinderte ihn. Sperrig, wie er war, schlug er dumpf an jede Ecke. Der Weg zu seinem Abteil erschien ihm endlos. Gang um Gang…

Eine Annäherung an das Werk Helmut Schweizers

Es wäre schön, wenn die Dinge immer so einfach wären, wie manche Auguren sie gerne hätten. So fühlen sich Wirtschaftsweise und Trendforscher häufig berufen, finale Aussagen über mögliche zukünftige Entwicklungen zu treffen – dabei sind solche Prognosen reine Vogelschau und…

Berge türmen

Majestätisch erheben sie sich, die Berge. Du hast zu ihnen aufzublicken, während sie aus luftiger Höhe spöttisch auf dich herabsehen. Ehrfurcht gebietend beschränken und beschatten sie dich. Engen dich ein. Was nutzt es da, wenn du eilfertig die Schultern der…

Aufnahme

Woher sie kamen, weiß niemand. Plötzlich waren sie da, diese Fremden. Traten ein, als ob ihnen alle Türen offen stünden. Sprachen eine Sprache, die keiner verstand. Füllten den Raum mit ihrer schieren Anwesenheit. Standen einfach nur beieinander. Schauten. Staunten. Nahmen…

Kehren

Der Weg endete in einer Sackgasse inmitten eines Wäldchens, das die Kinder nur Paradies nannten. Doch daran dachten sie nie. Die Kinder hatten immer nur Augen für die Kastanie, die sie nach der Schule eroberten. Für den Zaun, der den…

Eine sokratische Anregung: nachösterliche Gedanken

  Am Anfang war der Big Bang? Nicht ganz. Denn auch der Big Bang fing mal klein an – als Singularität. So bezeichnet man den Ausgangspunkt von allem, den absoluten, also von allem losgelösten Nullpunkt unseres Seins. Er ist ohne…

Redundanz und Penetranz

„Wer dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen, Unrecht zu begehen.“Voltaire, Questions sur les miracles, 11. Brief (1765) Das Prinzip der Redundanz und Penetranz ist ein klassisches PR-Instrument, das es lange vor der Erfindung der Public…

Ein Hoax?

Das Wort Hoax ist zum ersten Mal 1796 belegt. Seine Herkunft ist nicht eindeutig nachgewiesen, es wird jedoch vermutet, dass es sich von Hocus ableitete, welches wiederum eine Verkürzung von Hocus Pocus („Hokuspokus“) war. Frühe Beispiele für die Verwendung des…

Die erhellenden Ansichten eines gewissen Herrn Hitler

  Über Adolf Hitler wird man vermutlich alles Schlechte dieser Welt sagen können. Und die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass man mit kaum einer dieser Aussagen völlig daneben liegt. Aber eines muss man dem Gröfatzke, bei allem Widerwillen, zugute halten:…

Gähnen

  Die Leere gähnt während Worte wallen schwallen unaufhörlich unerhört gehört denn wie soll ich die Ohren verschließen mich taub stellen ob tauber Worte die Lider schmerzen mich ermüden statt wachzurütteln…     *** Freilauf, Miniaturen von Stefan Oehm, KUNO…

schleife

  worte, letzte worte fallen dir als echo in den rücken dir zu leibe, die worte, letzte worte fallen dir als echo in den rücken dir zu leibe, die worte, letzte worte fallen dir als echo in den rücken dir…

Wehe

  Wehe wenn der Wind über Felder tost sein Kriegsgeschrei ertönt zur Schlacht ruft von Ferne her Wellen um Wellen schlägt und nahend bricht an aufgebrochenen Furchen stolpert taumelt fallend türmt der Schnee sich auf zu Palisaden die Wehen sich…

Flechte

  Gesenktes Haupt wirft den Blick zu Boden über den Bürger steigen en masse sich stehlen um fürwahr zu nehmen was wahr scheint auf Bildschirmen glänzende Verführer Entführer nach überall und nirgends ist gleichzeitig hier und anderswo heißt lateinisch alibi…

breton

„Die vom Gehirn befreite Hand bewegt sich, wohin die Feder sie führt; und sie führt Kraft einer erstaunlichen Behexung die Feder so, dass diese lebendig wird, aber weil die Hand jede Verbindung mit der Logik verloren hat, nimmt sie, auf…

Die Crux mit der Unumkehrbarkeit der Zeit

  Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen. Diese Erkenntnis ist spätestens seit Heraklit ein alter Hut. Aber selbst alte Hüte können ja durchaus, wenn man sie denn bei passender Gelegenheit erneut in den Ring wirft, für einen überraschenden…

Flüchtige Gedanken über befremdliche Denkstrukturen

  Wenn eine Mülltonne voll ist, ist sie voll. Und wenn sie voll ist, geht nichts mehr rein. Denkste, denkt sich so mancher, der eine solche Mülltonne befüllt. Die Mülltonne ist genau dann voll, wenn der jeweils Befüllende das sagt.…

Vom Blockwart zum Blogwart

  Der Blockwart der NSDAP. Laut Wikipedia war er zuständig „für 40 bis 60 Haushalte (…) mit durchschnittlich rund 170 Personen“. Er hatte seine „arische Abstammung bis zum Jahre 1800 nachzuweisen“ und „war zu vorbildlichem Verhalten auch im Privatleben angehalten“.…