Kategorie: Allgemein

Ameisen

  Auf einer Lieferempore sitzt Herr Nipp und lässt seine Beine baumeln. Normalerweise würde er in das Gebäude gehen, allerdings hat er seinen Schlüssel verliehen und niemand ist da, der ihm öffnen könnte. Er hat ein kleines Buch aus seiner…

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und alles an dir schläft bloss der Mund redet noch redet und redet und geht in keine Grätsche die Liebe konvergiert gegen Unendlich und ist doch unauffindbar in diesen Breitengraden tja *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet…

Schattenschlüssel

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Zeichenbasiertes Einverstændnis

  duftes Dummsprech mit detonierenden Dum–Dum–Geschossen aus: dem Logatom\Bau/Kasten   Diphone > Silben & Phonem–Einheiten Klangfragmente aus der Datenbank natuerlich klingende Stimmen in:   verknuepfungsbasierter Sprechsynthese digitalisierte Stimmenprofile dargestellt durch charakteristische Sprachwellen   Konsonantenkalkuel in Betonung & Sprachrhythmus klingt ueber…

Lapidar (das Elend dieser Welt)

  Die römische Lapidarschrift, Capitalis monumentalis, war ursprünglich eine in Stein, lat. lapis, gemeißelte, ausschließlich aus Versalien bestehende Serifenschrift, die insbesondere auf Inschriften Anwendung fand, die dem Volk lapidar von den glorreichen Taten der Herrschenden künden sollten.     ***…

Blagomir der Knecht

  Rudnikow, Erzähler unzeitgemäßer Geschichten, erinnerte immer wieder an die nicht einmal so alte Sage von Blagomir dem Knecht, der sich gegen seinen Herrn erhob. Die Bauern steinigten ihn auf dem Dorfplatz vor den Augen aller Dorfbewohner, die sich auf…

Blutrausch

„Wer Massaker liest und sich auf der Kirmes auskennt, hat ein Aha–Erlebnis nach dem Nächsten… dieser Krimi wird dahin gebracht, wo er auch hingehört… ein Blutrausch auf 64 Seiten.“ (Radio Herne 90,9)     Als letztes Gossenheft wurde mit Unterstützung…

Aufzeichnungen nach 2000 (4)

Sie wiederholen sich: Tage ohne Briefe. * * * »Widmen Sie nicht zuviel«, sagte Gottfried Benn in seinem Ton­fall, als ihm 1950 der junge Lyriker Wolfgang Bächler seinen ers­ten Ge­dichtband Die Zisterne überreicht hatte. Jedoch nicht Bäch­ler, ich habe später…

Das Wesentliche

    Das Wesentliche kommt meist auf leisen Sohlen.         Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Canale Cinque

Eine Maske ist keine Garantie, nur ein Versprechen.   Giorgia stockte der Atem. Sie saß vor dem Monitor und schaute sich die Aufzeichnungen der Konkurrenz an. Elena stand am Fenster und fummelte an ihrer halboffenen Bluse herum. Sie spielte mit…

Stonehenge an der Elbe

  Die Anlage wurde bei einer Luftbildprospektion des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt entdeckt. 2005 erfolgte eine Probegrabung durch das Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unter der Leitung von André Spatzier. Die Kreisgrabenanlage von Pömmelte…

Domingo

    Die Grundlage für die Photoarbeiten bilden Schnappschüsse von Gebäudeteilen. Digital bearbeitet verwandeln sich die Motive in absurde Architekturen, deren Reiz in der skulpturalen Neuformulierung des real Vorgegebenen liegt. Die Titel der Arbeiten weisen auf die Straße hin, in…

beruhigt der fiktive tod im leben?

Grandios – im Großen wie im Detail, brachialer Existenzialismus im Gewand einer hochästhetischen Sprache. Wie immer man es nennt, es ist Gefühl, pur, Macht, vollkommene Hingabe, Gewalt eher nicht. Ich mag die Freiheit zu sehr, um ihr Schranken zu setzen…

Kopie

  Alles beliebig oft Kopierbare fasziniert uns, weil sich die Kopie verwandelt und damit gleichzeitig das Original.         Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am 21. März 2006 verschickt hatte, war Herrn Nipp klar, das hier…

O.T.

  Ihr bruder den man nicht mehr fand … Steht ein Soldat am Wolgastrand   Ich wünsch ihr daß sie zu ihm lief er sie wie einst „Nathresken“ rief   Doch was  er wäre wirklich da nach 50 jahren Katorgá…

Anmerkungen zu den Kritischen Körpern

Schläuchmaschin basiert auf Tatsachen, die mir Schüler meiner 10C erzählten. Nur der Schluss ist erfunden, soll aber gelesen werden als Bild für die selbstzerstörerische Tendenz beim Suchen nach sich selbst, Saufpotenz mangels Gelegenheit an Realisierung sexueller und geistiger Potenz zum…

Eine Erinnerung an Gerhard Amanshauser

  Eine Fresacher Schriftstellertagung in den Siebzigerjahren. Nach einer Nacht mit Wein und Gesprächen sind wir in einer kleinen Gruppe den Weg von Fresach noch auf eine Anhöhe hinaufgegangen. Es war noch früher Morgen, alles diesig und grau. Dann ist…

Angststurm

  Grausen Ich und Ich und Ich und Ich Grausen Brausen Rauschen Grausen Träumen Splittern Branden Blenden Sterneblenden Brausen Grausen Rauschen Grausen Ich.       *** Am 1. September 1915 ist August Stramm bei Horodec östlich Kobryn, in einem sinnlosen Krieg…

Die verrückte Palme

  Auf einer verrückten Palme reiften wunderschöne Früchte. Es waren poetische Früchte. Trauben nämlich. Dass es Datteln waren, kann man auch sagen, aber dann darf man nicht von poetischen Früchten sprechen und auch nicht von einer verrückten Palme.    …

PRENZLAUER BERG

  Reb Papenfuß läßt mit BURGERgeld den Prenzlauer Berg restaurieren läßt alles zurückbauen auf den stand vor 90 nach alten papieren   Ja rücksturz ins zeitloch der präannexion durch retromodale vergammlung und jährlich steigt auf dem Kollwitzplatz die re-publikäre zersammlung…

Alkohol

  Wer eine unglückliche Liebe in Alkohol ertränken möchte, handelt töricht. Denn Alkohol konserviert.       Weiterführend → Die von Farben und Tönen bestimmte ungebundene und rhythmische Lyrik machte Dauthendey zu einem der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus in Deutschland.…

Generative Sozialromantik

  “Ich kann das nicht mehr hören,” denkt Herr Nipp. “Du wirst auch immer empfindlicher,” meint sein Gesprächpartner, ein junger Künstler, der seinen so ganz eigenen Weg geht und dabei immer wieder Mittelpunkt unfreiwilligen Humors wird; sympathischer Kerl mit ganz…

Verlag Karl Stutz

Vor dem Fensterfallen Flocken. Lauterzarte Augenblicke.HELMUT ZIMMERMANN Vor mir liegen Helmut Zimmermanns Sätze (2002), ein knapp 140seitiger (unpaginierter), in Naturleinen gebundener und mit Lesebändchen versehener Gedichtband mit immer wieder verblüffender Gedankenlyrik – wieder eine Entdeckung! Ebenso wie Unvermeidlich Schnee von…

Scharten der Erinnerung

  Wenn ich die Augen schliesse, sitze ich für einen Moment wieder an meiner Schulbank. Der Geruch frisch gespitzter Bleistifte steigt mir in die Nase. Das Graphit ermöglicht es, ohne die Grubenlampe der Erkenntnis, ins Textbergwerk einzufahren.   Ulrich Bergmann zugeeignet…

Bayreuther Assoziationen

  Oh wer erzählt uns die ganze Geschichte der Narkotika! – es ist beinahe die Geschichte der ›Bildung‹, der sogenannten höheren Bildung!     *** Friedrich Nietzsche ist ein Meister des Cynismus. Oft leisten seine Texte viel mehr: Aufschreckende Brüche…

Gespräche über Bücher

  Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn.       *** Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er die Sinnfrage zwischen Bühne und Zuschauerraum neu…

Der einzige Trost

  Der einzige Trost ist: traurig sein. Wenn die Traurigkeit in Verzweiflung ausartet, soll man grotesk werden. Man soll spaßeshalber weiter leben. Soll versuchen, in der Erkenntnis, dass das Dasein aus lauter brutalen, hundsgemeinen Scherzen besteht, Erhebung zu finden.  …

Bilde

  Bilde, Künstler! Rede nicht!     Aufgrund seiner extremen Kürze wird das Monostichon ähnlich wie das Distichon vor allem für Formen verwendet, die aus Verknappung und Verdichtung ihren ästhetischen Reiz ziehen, also literarische Kleinstformen wie Gnome, Epigramm, Sinnspruch, Sprichwort,…

Der ungeheure schaden

  Der ungeheure schaden und die verwüstungen, die die neuerweckung des ornamentes in der ästhetischen entwicklung anrichtet, könnten leicht verschmerzt werden, denn niemand, auch keine staatsgewalt, kann die evolution der menschheit aufhalten. Man kann sie nur verzögern. Wir können warten.…

Moralische Verpflichtung

  Jeder hat die moralische Verpflichtung, auszusterben.       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Inventionen

  auf tastender Stimmspur durch die Sandwueste der Stille in Schattenwuerfe der Melancholie   in Thema & Permutation wirft sich das Objekt zum Handlungstræger des Satzes auf   keine Alternative zur Beklemmung Stickstoff–Miasmen dringen tief & giftig in das Individuum…

Wanderer wie wir

  Rudnikow, Wanderer zwischen Tod und Tod, liebte Deutschland, wo die russischen Krähen überwintern, aber er war nie dort, er liebte die Tiefe, er liebte alles Rätselhafte, das ihm vertraut wurde und das er begriff ohne zu verstehen. Als der…

Echokammer

  Gefangen in der Echokammer der Gesagtseinsgeschichte.         Weiterführend → Zur historischen Abfolge, eine Einführung.

Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern

  Den Satz „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten:“ sagte der DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz auf die Frage die Journalistin Annamarie Doherr von der Frankfurter Rundschau. Am 13. August 1961…

Aufzeichnungen nach 2000 (3)

  Bei der Ankunft unserer Delegation in Moskau, 1965, sagte der Schriftsteller Kiatkin, der beauftragt war, uns zu empfangen und zu dolmetschen: »Die Russen werden schmunzeln, wenn Sie sich vor­stellen mit Ihrem Familiennamen!« Ich habe es dann im Verlauf der…

Geräusche

  Es waren die Geräusche zwischen dem Zimmer und der Straße, die hellhörig werden ließen. Nachdem man Zimmer und Straße auf Ihre Geräusche hin überprüft hatte, d.h. auf ihre ursächliche Gebundenheit an Dinge, kam man zu dem Schluss, d i…

abflug

schwebe fühle ins nichts taste nach bäumen händen und feuchtem gras vielleicht auch nach der göttin die immer nur anders und deswegen gott ist aber das all streckt mir wieder keinen arm entgegen *** Weiterführend → Gerne verweisen wir in…

15 minutes of fame

  Jeder heutige Mensch kann einen Anspruch vorbringen, gefilmt zu werden. Walter Benjamin       15 minutes of fame ist die Paraphrase einer Aussage Warhols aus dem Jahr 1968: “In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”,…

Erzählverschluderung

  Es gibt kein richtiges Erzählen im falschen Schreiben.     *** Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, von Theodor W. Adorno. Suhrkamp, Berlin/Frankfurt am Main 1951 Die von Theodor W. Adorno gewählten Formen des Kurzessays, der Miniatur, des…

Wunschlos

  Wunschlos unzufrieden, aber glücklich.       Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am 21. März 2006 verschickt hatte, war Herrn Nipp klar, das hier etwas Neues entsteht. Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994…

Metro

  In einer Zeit, in der es modern scheint, sich einen Bart wachsen zu lassen und sonst ganzkörperrasiert zu sein, kann ich es genießen, das Gegenteil zu tun.     *** Eine Ankünftigung: Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen…

Argumente und Rezepte

  Es ist nicht alles deutsch, was nicht glänzt.       *** Argumente und Rezepte. Ein Wörter-Buch für Zeitgenossen von Ludwig Marcuse. München Szczesny,1967 Er sah sich als „Ein äusserer Emigrant a. D., z. Zt. in der inneren Emigration;…

Irrtum

    Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer…

GERONNEN

ersetzt die gerade linie im beton die wurzeln wachsen hohl aus fundamenten steingeschwüre in den schößen der stadt stehn brüchig die statuen auf den sockeln erstarrte feuer der geburt erkalten weiter kopf und glied verbrennt zum frost der ruf der…

Im Dienste der Wahrheit

  Im Dienste der Wahrheit genügt es nicht, Geist zu zeigen, man muß auch Mut zeigen.       *** Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat,…

Vierzehnt

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Edition Thaleia

  Im saarländischen St. Ingbert ist die kleine Gruppe von Menschen ansässig, die vor einigen Jahren die Edition Thaleia gründete, in der in regelmäßigen Abständen eine Reihe von Lyrikbänden pro Jahr erscheint. Man ist keineswegs auf regionale Autoren beschränkt, wie…

Transformationen in Meta-Ebenen

  Man kann alles miteinander vergleichen, jedoch nicht gleichsetzen. So gibt es ausserhalb von Europa ein Problem mit der Idee der universellen Menschenrechte, die aus Europa stammt, jedoch ausserhalb Europas nirgendwo verwirklicht wurde. Vielleicht sollten die Westler eine Lehre aus…

Augenblicksaffekte

  Mittels: einer stillen Geste der KonZENtration starten in das Begehren der Ich–Losigkeit mit einer Biographiemaschine den Ort fuer private + politische Obsessionen ausleuchten & mit Lebens–Untuechtigkeit autorisieren fremdartiges Dasein beziehungslos in der Entrueckung belassen sich in Abgeschiedenheit der Vorhersagekunst…

Bayreuther Festspiele 2006

  Bayreuth wird im Sommer zu einem Disneyland für ,alte Kultur’, das einer Minderheit für kurze Zeit das Gefühl gibt, in der Mehrheit zu sein. Alex Ross   *** Die KUNO-Redaktion empfiehlt: Der kleine Wagnerianer: Zehn Lektionen für Anfänger und…

Mehr Zeit

  Während die einen schon ihren Arbeitsauftrag beendet haben, sich zufrieden zurücklehnen und die Hände in entspannter Gebetshaltung über den Bäuchen verknotet haben, kommen die Anderen nicht zum Schluss. Nein, sie haben noch nicht einmal richtig angefangen. Die suchen zunächst…

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Vögel ziehen Wolken auf als Vorhänge wo Wasser sich ausrichtet über die Himmel zurück gehen in der Nachbarschaft des Regenbogens *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das…

Die Geschichte

  Die Geschichte rechtfertigt, was immer man will. Sie lehrt schlechterdings nichts, denn es gibt nichts, was sich mit ihr nicht beweisen ließe. Paul Valéry       Paul Valéry war auf der Suche nach dem reinen Geist. Zu Lebzeiten…

Einstellung

  gut dann, verlængern wir die Probezeit bedingungslos nicht aber mehr: besinnungslos   das Wort wird im Mund zu Fleisch Engelszungen schnalzen Zischlaute durch Zahnluecken missverstændliche Urlaute   verwechseln wir das Geheimnis nicht mit dem Unverstændlichen das Rætsel kann weder…

Höchste Lust

  Rudnikow, der Seelenwanderer, nahm den weiten Weg nach Moskau auf sich, um endlich die Oper zu hören, die den Westen als Abendland definiert: Tristan. Auf einer Bühne unaufführbar, dachte Rudnikow, als der Zug Moskau erreichte und im Kasaner Bahnhof…

Korrekt

  Deutsch kann man nicht korrekt schreiben, man schreibt individuell oder man schreibt schon schlecht.       Weiterführend → → Ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, → Hugo von Hofmannsthal über Gedichte. → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und…

die Entscheidung, wohin ich die Schritte lenken will

  Wenn ich aus dem Hause trete, um spazieren zu gehen, und die Entscheidung, wohin ich die Schritte lenken will, meinem inneren Trieb überlasse, so finde ich – es mag absonderlich und grillenhaft erscheinen –, daß ich schließlich unfehlbar gegen…

Der Blick um die Zeit-Ecke

    Der Blick um die Zeit-Ecke ist noch weniger durchführbar als der um die Raum-Ecke; Zeitperiskope sind noch nicht erfunden. Günther Anders       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.

Aufzeichnungen nach 2000 (2)

Zu meiner Aufzeichnung über jene vier Damen, die in der Fonda­tion Beyeler in Riehen stundenlang vor Claude Monets Seerosen verharr­ten, finde ich heute bei Jules Renard eine Begründung, die ich früher wohl übersehen habe und die meine spöttische Beo­bachtung auf…

LIED DER POLNISCHEN FRAUEN

  Zwei teilen’s schlangestehn die dritte geht zur stadt Die geht nach broten sehn Die macht die brüder satt die fleisch gewinnt oft für das kind nur ‘n rest von pulvermilch noch hat Was mit den funktionären? sie halten sich…

Einen Ort fixieren

  Das Einfache zum Beispiel, eine Ebene mit dem Beweggrund unter den Füßen. Einen Ort fixieren, aus gegenwärtiger Sicht beim Stehen. Dass sich das Land für dich dreht, beim Geradeausgehen dreht, dass der Ort ein Trugort war, der Ausgangsort.  …

Giselheer dem Tiger

  Über dein Gesicht schleichen die Dschungeln. O, wie du bist!   Deine Tigeraugen sind süß geworden In der Sonne.   Ich trag dich immer herum Zwischen meinen Zähnen.   Du mein Indianerbuch Wild West, Siouxhäuptling!   Im Zwielicht schmachte…

Von der Liebe zur Wahrheit

  Es war kurz vor Sommer in diesem Jahr 2006, als ich Bert Papenfuß fragte, ob ich wieder mal in seinem Kaffee Burger lesen könnte. Meine Performances in Berlin waren stets ne Belebung für viele, und Bert hätte mich gerne…

Ein Fisch

  Auch ein Fisch. Der Breitflossenkärpfling beispielsweise. Oder die Mauschmerle. Auch ein Fisch wird. Gerade der gel- be Phantonsalmler. Nicht zu reden vom Pastellgrundel oder einem Prachtguppy. Sie meinen der Rote Oskar keinesfalls? Doch, gerade dieser! Auch er wird. Und…

Blick

  Was passiert, wenn sich der Blick vom Auge entfernt?     Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am 21. März 2006 verschickt hatte, war Herrn Nipp klar, das hier etwas Neues entsteht. Von Herrn Nipp waren auf KUNO…

Die Gier nach Büchern

  Zweifellos ist in mir die Gier nach Büchern. Nicht eigentlich sie zu besitzen oder zu lesen, als vielmehr sie zu sehen, mich in der Auslage eines Buchhändlers von ihrem Bestand zu überzeugen.     *** Franz Kafka neigte zu…

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  Flügel des Morgens: aufsteigen     *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren gebrochen wird. Vertiefend zur Lektüre empfohlen,…

Pronominale Neurosen

  Das Fundament ist gelegt. Ich muss funktionieren. Der materielle Modus meiner Existenz  widerlegt mein kontraproduktives Sträuben gegen den Wahnsinn der Sozietät. Ich lese französische Philosophie, um drei Formen von Freiheit zu begreifen und verifiziere gerade die komplizierteste durch praktisches…

Das Fanal des James Peterson Floyd

  Los Angeles. In der Villa eines Popstars wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt. Ihr Vater, der mächtige Plattenboss Buster McCullum, beauftragt den privaten Ermittler Joe Dess. Und plötzlich geschehen weitere Morde. Die Opfer: allesamt Popstars. Vergessen Sie Philip…

ballade von der kreisliga b

  hartplatzscharaden. die maenner bolzen sich einen ueblen stiefel zusammen. null zu null-bockwurst, abgebissen, bis pils geruch die adduktoren spannt: maenner ihr wiszt, nur noch eine halbzeit! wenn das mal nicht wie immer ausgeht: gelbe scheine fuer die blessuren &…

text+kritik

„Das Gedicht ist ein Einzelgänger. Man begegnet ihm nur, wenn man selber einsame Wege geht.“ So lautet eine von Rainer Malkowskis dreizehn lyrischen Aussagen, die ich in Akzente 1/2001 finde. In der literarischen Zeitschriftenreihe text+kritik, seit vielen Jahren von Heinz…

SpRache / Rachen

  Korrigieren, verdichten, ausradieren, unendlich transformieren: Sprache als Sprache sichtbar machen.       *** Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011 Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von lateinisch miscella ´Gemischtes`), dies ist eine Bezeichnung…

Die verlorenen Fragen

  Am Rand meiner Hingabe an die Welt und selbst dann, wenn ich mich liebe, vergesse ich mich, antwortete Rudnikow einer unersättlichen Hetäre in Baku, als er sie bezahlte. Weil es mich nur gibt, wenn ich mich denke, ist meine…

Hallenbadheizung

  Wenn Herr Nipp ins Hallenbad geht, und das macht er bekanntlich nur, wenn er äußerst inständig angebettelt wurde, bevorzugt er nicht die bequemen Liegen, die außerdem meist seit dem frühen Morgen mit Handtüchern reserviert sind, von Gästen, die sich…

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Menschenfresser Baum schnitz mein Lachen in deine Rinde ein ich lass eine Öffnung klaffen für die letzte Handschrift nun der Körper des Kindes in einer Orange *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht…

Einmal fliegen noch

  Es bleibt dabei, und es ist nicht zu leugnen: Michael Schönauer hat ein Händchen für gute Schreibe mit Spunk. Björn Ludwig ist der nächste Pfeffersprecher in der Reihe „killroy 10+1 stories“. „Einmal fliegen noch“ hab ich, mit einer Flasche…

Panzerung des Blicks

  die Gegenwart ist porœs der Wahn des Wirklichen spuerbar schwebend luftige Traumspiele ver wischen die Realitætsebene mit neu tœnender Seelenmusik   in erhabener Tristesse hin gebungsvoll schmachten & das Richtige im rechten Moment in zæher Bequemlichkeit & stændigem Ueberlebenskampf…

Wohin gehen Diktatoren, wenn sie abgesetzt worden sind?

    Nun ja, nach Miami, um die Nachricht zu erwarten, dass sie zurückkehren dürfen. Reinhard Lettau         Vor 10 Jahren starb der Nonkonformist Reinhard Lettau. Weiterführend → Twitteratur ist seit 2009 eine Poesie, die man von…

Das Gefühl für das Gute und Böse hängt großenteils von der Meinung ab, die wir davon hegen

  Die Menschen (sagt eine alte griechische Sentenz) werden von den Meinungen gequält, die sie von den Dingen hegen, und nicht von den Dingen selbst. Man hätte schon einen großen Schritt zur Erleichterung des menschlichen Elendes gewonnen, wenn man diesem…

Die Macht der Gewohnheit

  Die Partei, die in der Stadt herrschte, wohnte im Palast der öffentlichen Liebe. Rudnikow ging eines Abends den Weg, den jeder gehen muss, wenn er vor sich und der Welt bestehen wollte. Zum Tor in der Mitte des Palastes…

Ausflüge

  Es gibt, wie wir wissen, eine Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse. Die Leute behaupten nämlich, Wissen sei Macht und dergleichen mehr. Mich dünkt, daß ein gleiches Bedürfnis nach einer Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Unwissenheit besteht, eines Wissens, das in…

Aufzeichnungen nach 2000 (1)

  2001 Irgendwann hat die Stadtverwaltung den Namen der Gasse, in der ich wohne, poetisiert. Früher, auf alten Stichen oder Plänen, hieß sie noch Daubengasse. Eine kurze, gepflasterte Gasse nahe der Stadtmauer des Mittelalters. Handwerker also, die Bier- und Wein­fässer…

Romantheorie in zwei Sätzen

    Der Erzähler beginnt die Erzählung Het Wettloopen schalkhaft, die Geschichte sei „lögenhaft to vertellen“, doch sein Großvater habe gesagt: „Wahr mutt se doch sein, mien Söhn, anners kunn man se jo nich vertellen“.       Weiterführend → ein…

Momentaufnahme der Seele

  Früher hatte sie den Kleingeist vieler beobachtet: wenn sie immer nur auf eine bestimmte Stelle ihres Lebens schauten, sie zum Zentrum ihres Befindens, ihrer Zeitbildungen ernannten, durchdrungen waren von dem Geist, den sie selber schufen, indem sie lange und…

Technologie

  „Wenn Sie denken, Technologie würde Ihre Probleme lösen, dann haben Sie Technologie nicht verstanden – und Ihre Probleme auch nicht“ Laurie Anderson       Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.  

Tabu

  Stillstand als inneres Verharren in einem gedanklichen Zustand, als Beharren auf einer unausgesprochenen oder unaussprechbaren Idee.       Bereits nachdem Jack Dorsey den ersten Tweet am 21. März 2006 verschickt hatte, war Herrn Nipp klar, das hier etwas…

Punk – Nekrolog auf eine Bewegung

Ereignisse nehmen umso schneller das Aussehen von verstaubter Geschichte an, je folgenloser sie geblieben sind. Frieda Grafe Am 4. Juni 1976 gaben die Sex Pistols in der Lesser Free Trade Hall (Manchester) mehr als einen Gig. Dieses Konzert ist der…

Der Ausflug ins Gebirge

  »Ich weiß nicht«, rief ich ohne Klang, »ich weiß ja nicht. Wenn niemand kommt, dann kommt eben niemand. Ich habe niemandem etwas Böses getan, niemand hat mir etwas Böses getan, niemand aber will mir helfen. Lauter niemand. Aber so…

Analyse toter Stimmen

  Tote Stimmen, die Wilden, essen aus Nichts. Sie haben, – keines Gewichts – ein Ziel, das wundert sich aus dem Schlimmen. Sie bilden Vergessen und sagen zu Hunderten aus.     *** orten vernähte alphabetien Texte von Angelika Janz.…