Heute noch von Erbmassen reden und loswandern

  Bald erkaltete Erbmassen, von wem aus tot weg geschlossene, ausgebeutelte (gefühlt) Erbmodelle, jung durchaus, sind eben Erbmassenvorführer, gegeneinander getrieben von Panzern sagen wir: der Angst. Leichtknöchrige Vögelchen, federflüchtig aufeinander zu gestoben wäre ein zu leichtes Bild, und dann auch…

Hippe Lippe

  Ich lege Wert darauf, von Wert zu sein, Und klimpre mit den Münzen in der Tasche. Dann nehme ich die goldne Schampusflasche, Die mit den Plättchen drin, und schenke ein:   Das ist die neuste hippe Jetsetmasche. Ich rede…

Menschenleben – ach!

  Leben überhaupt – ist Dichtung. Uns selber unbewußt leben wir es, Tag um Tag wie Stück um Stück, – in seiner unantastbaren Ganzheit aber lebt es, dichtet es uns. Weit, weitab von der alten Phrase vom ›Sich-das-Leben-zum-Kunstwerk-machen‹; wir sind…

Leise sagen –

  Du nahmst dir alle Sterne Über meinem Herzen.   Meine Gedanken kräuseln sich, Ich muß tanzen.   Immer tust du das, was mich aufschauen läßt, Mein Leben zu müden.   Ich kann den Abend nicht mehr Über die Hecken…

irre trickOHs

Ernst Jandl hat den Autoren zum Namen Das fröhliche Wohnzimmer gratuliert. Mittlerweile ist die Edition „Das Fröhliche Wohnzimmer“ von Ilse Kilic und Fritz Widhalm eine feste Größe, das heißt Tat-Sache im österreichischen Literaturbetrieb. Birgit Schwaner Mit llse Kilic und Fritz…

Andeutungen

  Vielleicht blüht die Orchidee immer dann wenn du dich einem Höhepunkt näherst.   Der Gedanke an Zimtreis streift dich als du unter der Weide gehst im Wind liegt der Duft deines ersten Füllfederhalters.   Du nennst eine Stadt eine…

Radlers Seligkeit

  Wer niemals fühlte per Pedal, dem ist die Welt ein Jammertal! Ich radle, radle, radle.   Wie herrlich lang war die Chaussee! Gleich kommt das achte Feld voll Klee. Ich radle, radle, radle.   Herrgott, wie groß ist die…

LITERARISCHES PROGRAMM

    gegen jeden staat der sich absolut setzt werde ich widerstand leisten   gegen jede partei die sich absolut setzt werde ich widerstand leisten   gegen jede religion die sich absolut setzt werde ich widerstand leisten   gegen alle…

HANS IM GLÜCK

– Verlängertes pasquill* auf einen wechselbalg   Trümmer und ablaßstätte vererhardtet nellyversachst gedeckt mit lügenpfette* Sagten sie: je ne regrette zücktest du aber die axt   Machtest auf rollkragenfêten das enfant terrible infam brachtest den anachoreten* den ersten politen poeten…

Abschiedsgedicht

    Ich steh im Finstern und wie erblindet, weil sich zu Dir mein Blick nicht mehr findet. Der Tage irres Gedränge ist ein Vorhang mir nur, dahinter Du bist. Ich starre drauf hin, ob er sich nicht hebt, der…

Ein rotes Bett

    Wende dich ab von diesem Bett blicke zur Wand jene rauhfasertapezierte weiße Wand das Laken ist rot hier eine bedeutungslose Farbe vermag sie nichts zu wecken eine eisige Leere liegt über dem     *** Gedichte von Herrn…

Die Sonne

  Täglich kommt die gelbe Sonne über den Hügel. Schön ist der Wald, das dunkle Tier, Der Mensch; Jäger oder Hirt. Rötlich steigt im grünen Weiher der Fisch. Unter dem runden Himmel Fährt der Fischer leise im blauen Kahn. Langsam…

An die Monade

    Zerbrich dich, sei Riß im Glück, du aus Nebeln gepreßtes Leben.   Daß dich hole das Spitze, richte es nach dir aus:   und münze, nur dir zum Wohle das Fließende vor dir und von dir um und…

Liebeskampf

  Das Wollen steht Du fliehst und fliehst Nicht halten Suchen nicht Ich Will Dich Nicht! Das Wollen steht Und reißt die Wände nieder Das Wollen steht Und ebbt die Ströme ab Das Wollen steht Und schrumpft die Meilen in…

Schlafenszeit

  Ich hab´ geruht an allen Quellen, Ich fuhr dahin auf allen Wellen, Und keine Straße ist, kein Pfad, Den irrend nicht mein Fuß betrat. Ich hab´ verjubelt manche Tage, Und manche hin gebracht in Klage, Bei Büchern manche lange…

THERESIENSTADT

  quer durch die wiese der weg bis ans ende   grau in grau der park die kirche zwei häuser   ein mensch in der ecke bewegungslos schatten   begrenzt durch bäume der blick in den himmel   leblosigkeit denke…

Die Augen schliessen und mit den Ohren sehen

Tom Täger und A.J. Weigoni kommt das Verdienst zu, die Lyrik nach 400 Jahren babylonischer Gefangenschaft aus dem Buch befreit zu haben. lyrikwelt.de Als Tom Täger 1989 im Tonstudio an der Ruhr Helge Schneiders erste Schallplatte Seine größten Erfolge produzierte,…

gefäße

leben menschen in gebäudewaben  eingenistet wie maden im gehäuse der frucht  schließt sich die knospe des kopfes  liegen die gedanken behelmt in der grabschüssel der worte gibt man wasser den disteln der hoffnung  ist leben noch im blauen spiegel  heb…

Keith Jarrett

Vorbemerkung der Redaktion: Am 24. Januar 1975 gab Keith Jarrett ein Konzert in der Oper der rheinischen Domstadt. Diese Hommage sollte in A.J. Weigonis ersten Roman einfliessen. Entgrenzung. The Köln Concert haben sie im Januar 1975 vor Ort erlebt. Auf…

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  mit dem Blick dein Gesicht durchwandern als wärs schon sag wachsen Augen ein Leben lang?       *** Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie…

Städter

    Nah wie Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte sehn. Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Leute, wo die Blicke eng…

Senna Hoy

  Seit du begraben liegst auf dem Hügel Ist die Erde süß. Wo ich hingehe nun auf Zehen, Wandele ich über reine Wege. O, deines Blutes Rosen Durchtränken sanft den Tod. Ich habe keine Furcht mehr Vor dem Sterben. Auf…

Konkrete Poesie

Er ist der Vater der deutschen Nachkriegsmoderne- und dies gleichermaßen durch programmatische Verlautbarungen wie extraordinäre poetische Texte, die bis heute- und über das Heute hinaus- ihre Spannkraft behalten haben. Er ist – im technischen wie im imaginativen Sinne des Begriffs…

Jeanne d’Arc

  die Klippen düstere Schläfer barfuß feucht die Raubzüge da warst du der Regen und die Straßen waren nass und so voll Glanz es sollte mehr Zeit geben in der Dämmerung in der Glücksstunde wenn wir vergessen was wir nicht…

TOP 100

  If the history of media is the history of a competition, it begins with an advantage. Poets discovered collage at a time when photographers still needed hours to develop a single image. It is as if written imagery anticipated…

DIE ZÜGE

  Rauchwolken, rosa, wie ein Frühlingstag, Die schnell der Züge schwarze Lunge stößt, Ziehn auf dem Strom hinab, der riesig flößt Eisschollen breit mit Stoß und lautem Schlag.   Der weite Wintertag der Niederung Glänzt fern wie Feuer rot und…

RÜCKSCHAU

    mach die augen zu   erinnerungsbilder tauchen auf   du sagst damals du sagst dort   du sagst vielleicht es war einmal   nichts bleibt dir von deinem leben   nur ein wenig staub auf deiner hand  …

Am Wege

  Ein Dampferpfiff und ein Entenschrei und ein Hornstoß aus naher Kaserne. – Im Nebel wuchtet das Leben vorbei Laternen flimmern wie Sterne.   Im Dunkel haben sich zwei lieb, die ohne Heimatstätte. – Er ist der pfiffigste Taschendieb, sie…

FAREWELL BORUSSIAK*

  I Ich geh übern himmel im abendrot fort Wir sehn uns über stachel und streben Die nacht liegt schwarz im neumond   den ort wo ich hingeh wünsch ich mög’s schwärzere geben Ich hoff daß die kälte dich nicht verschont…

V. im Januar

  (für den Unbekannten, der sich Jonny Remember nannte und für mich sang, vor dem Eingang zum Teatro Fenice)   Du hast geschrien inmitten der Menge, die Donizetti hören wollte.   Du hast gesungen in meinen Armen, bis ich trunken…

Froh-stumm

  Wie war ich froh, Als Du warst do, Wie klopfte laut mein Herz! Wie wird es mir Mit ohne Dir? Ich schweige stumm wie Erz.       *** KUNO erinnert an An Anna Blume, von Kurt Schwitters, erscheinen…

Was sind Gedichte heute?

      Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit…

Trauminterpretation

  traum du sagst dein traum war leer und doch – den träumen malen die fahlen räume des realen aus schwerem schaum ein meer du trägst nur das versäumte des lebens in den schlaf in jedem traum der dich nicht…

Lyrik-Manifest

  Was ist ein Gedicht? Alles und Nichts. Eine Annäherung an die uns bekannte Welt auf einem einzigen weißen Blatt Papier. Esse est percipi. Sein ist wahrgenommen werden. Wo existiert Lyrik? In Schubladen. In Gedichtbänden, deren Publizierung mangels Erreichen von…