ZIMMERMANN

  umschritt ein zimmermann der die kunst verstand  zu bauen am abend noch einmal die arbeit des tages  während seine gefährten schon auf dem heimweg waren  sprach er geheimnisvolle worte und ging erst dann nach haus  betraten männer nachts den…

Schullektüre

„Ich bin ein Mensch wie Einstein / Entwurzelt / In einem fremden Land liege ich im Krankenhaus / Und eines Nachts / erzähle ich aus Versehen / etwas in meiner Muttersprache / Mit der Bitte / Versucht mich zu verstehen…

IN DER ALTEN MÜHLE

versuch einer vermittlung die mittagssonne gleißte auf den gärten da kam er, rahn, es war ein julitag. er war mal einer ihrer weggefährten; kaum noch erkannt, so trat er unters dach.   er kam und hatte vieles das er fragte,…

Morbus ritardando

  Inventur der Næhe um das Verschwiegene nicht in die robuste Mitteilbarkeit zu zwingen Sandkorn im Getriebe der Eitelkeiten werden auf der Nachtseite der Welt das Verdrængte ohne Feigenblatt zu gewahren   dem fatalen Daseinszwang entkommen den Grenzfluss durchschwimmen mit…

Der Mißhandelte

  In meiner Zelle brennt die ganze Nacht das Licht. Ich stehe an der Wand und schlafen darf ich nicht; Denn alle zehn Minuten kommt ein Wärter, mich zu schaun. Ich wache an der Wand. Sein Hemd ist braun. Die…

Zitronenschatten

  Ich besaß unter uns das Wir. Gelb, pressbar, sauer. Es liebt mich im Tief, im Fisch, im vergeistigten Lob. Ich suche immer diese durchschnittenen Hälften, Fragmente schöner Formen über dem weiblichen Herz       Weiterführend →  Lesen Sie auch…

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  lag wie ein Nest deine Hand der Höhepunkt des Sommers ein Vogel mein Ohr hat den Tod versäumt hörst du die Schritte?       *** Baumzyklen, Gedichte von Sophie Reyer, KUNO 2024 Weiterführend →  Ein Porträt von Sophie Reyer…

hiermit bestelle ich

  zweitausendeins merkwürdige mythen in traum- besetzungen  die ganz bestimmt wahr sind exzentrische frühere leben kommende welten ein leben nach dem tod ein denkmal zu lebzeiten der sexuellen abhängigkeit die überraschung für die es noch keine angewohn-worte gibt das neue…

Züngeln

Vorbemerkung der Redaktion: Seit 2000 wird jedes Jahr der Welttag der Poesie gefeiert. Er soll an „die Vielfalt des Kulturguts Sprache und an die Bedeutung mündlicher Traditionen erinnern“. Die Redaktion empfiehlt daher das auf vier CDs erweiterte Hörbuch Gedichte, es ist…

Über Leben – Überleben

  Über Leben, Überleben – das sind die Fragen, die Weigonis Gedichte im Wesentlichen ausmachen. Die Themen des Lebens sind – nicht nur für den Autor – Sinnsuche und ihre praktische Umsetzung im bisherigen geschichtlichen Kontinuum, auch als ethisches Soll…

Archiv des Alltags

    Hilfskonstruktionen des Herzens Panoptikum der Verkorksten = aus dem Chaos der ungluecklich Begehrenden & sich gegenseitig Verachtenden wird plakativ ausgestellte Lebensleere & Langeweile > auf den normalen Wahnsinn trifft die absurde Sinnlosigkeit & stuerzt in eine Endlosschleife aus…

Sonette – XV

  Die Jahre sind nun nicht mehr wie die Wogen Wenn sie das Meerschiff senken oder heben Ich bin der Steuermann am ruhigen Leben Des Schiffes Segelwald hat mich betrogen   Ich habe ihn am Tage eingezogen Als sich der…

Wirf Dich nicht weg

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

lakonie mit sprengstoff

  die gedichte von frank schäfer sind knappe, lakonische, oft intellektuelle und philosophische texte, mit nur wenigen strichen gezeichnet. der autor aus allenbach im hunsrück, geboren 1966, studierte philosophie in stuttgart und freiburg, was man seinen texten durchaus anmerkt. das…

Credo

  Ich habe keine die Welt erlösenden Pläne. Ich will niemand vorm immergewesenen Tod retten wollen. Lieber noch stelle ich mich zur Menge der speienden Krüppel. Ich mache mir nichts vor: Das Wort bleibt ohne Verstand. Die Zunge beschmutzt und…

Das zerbrochene Ringlein

  In einem kühlen Grunde Da geht ein Mühlenrad Mein’ Liebste ist verschwunden, Die dort gewohnet hat. Sie hat mir Treu versprochen, Gab mir ein’n Ring dabei, Sie hat die Treu’ gebrochen, Mein Ringlein sprang entzwei. Ich möcht’ als Spielmann reisen Weit…

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  Zustand   Aus Vorhang und bleiben gedreht der Tag: wie eine Katze hingeklebt ans Fenster hinterm Balkon         *** Vor zehn Jahren erschien: Wortspielhalle, eine Sprechpartitur von Sophie Reyer & A.J. Weigoni, mit Inventionen von Peter…

Die Frage

  Die Frage / wie man leben soll / wenn man seine Todesursache bereits kennt / möchte ich beantworten / Man muss sich neu erfinden     *** Mit seiner micropoetry gelingt es Denis Ullrich eine übernutzte Sprache zu entkernen.…

Der Dirty Old Man der US-Literatur

Eine weitere Erinnerung an die „Dirty Speech“-Bewegung in der BRD, die 1969 mit der Rolf Dieter Brinkmanns „Acid“ zu verorten ist. Es war eine Anthologie amerikanischer Beatliteratur, gesammelt und damit den Versuch eröffnend, auch in der deutschen Dichtung die bürgerliche…

Ein Gesang wider den Neid

  HAtt zwar die Mißgunst tausendt Zungen / Und mehr dan tausend ausgestreckt / Und kompt mit macht auf mich gedrungen / So werd ich dennoch nicht erschreckt ; Wer Gott vertrawt in allen dingen / Wirdt Weldt / wird…

Frauenstimmen aus Georgien

  Dreißig Gedichte aus der Feder von zwölf georgischen Lyrikerinnen, herausgegeben und aus der Originalsprache übertragen von zwei in der Bundesrepublik lebenden georgischen Literaturwissenschaftlerinnen, nachgedichtet von der aus Bremen stammenden Dichterin und Übersetzerin Sabine Schiffner. Es ist ein gemeinsames georgisch-deutsches…

Weltverstændigungssysteme

  Uebergangszone ins Imaginære somnambul durch die Interzone wandeln… der Traum = Hueter des Schlafes   zuegellose Utopie der Kœrper auf einer Gratwanderung zwischen Vernunft & Metaphysik   mit analytischer Emphatie & taktiler Wahrnehmung die Parallelpræsenz des Sinnlichen erkunden  …

Was ich will

  Ich will ein Kompendium meiner Welt-Anschauung schreiben, und da ich die Welt bin, ein Kompendium meiner selbst: Als Theater, als Spiel mit der Welt, also mit mir. Und doch stehe ich auch in einem Leben, das ich nicht bin,…

Todraum Rest

  Sanfte Landungen nach Jahrzehnten unbesiedel- barer Atome Beschleunigung auf Ironisch Und wenn ein Mensch ein Ziel hat ist er stärker Ein immer neuer Gagarin     Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz…

Auf Reisen

    Los ging’s, und bald war’s Auch schön – die ganze Welt lag Mir zu den Füßen.   —-   Vor dem Ararat ging so- Eben das Licht auf – mein Blick Voller Sehnsucht schob Die Wolkenbank, um die…

SONG FÜR ALICE

  dein mund so verlebt deine haut wie sahel deine falschgeldorgasmen zu spitz und zu schnell deine bongs und dein aber-papà-du deine videopower dein Montereygrab deine starschnittwand auf die keiner was gab dein gemüt wie der schwanz eines sadhu nein…

Über das lyrische Werk von A.J. Weigoni

Ein Gedicht entsteht überhaupt sehr selten – ein Gedicht wird gemacht. Gottfried Benn dichtung lebt nicht allein von plötzlicher inspiration, sondern ebenso durch kontinuierliche arbeit. in seinem essay VerDichtung – Über das Verfertigen von Poesie läßt weigoni, der betont, daß…

RIESENGRAB

    tötete ein junge der sonst schafe hütet ohne waffen einen riesen übergab man den hünen  der erde im goldenen sarg kamen viele  zum begräbnis die sich freuten über sein ende  streute niemand kalk in die gruft stieg er…

Von zirpenden Menschen und dichtenden Tieren

  Zoon poietikon– so nennt sich der neue, eben im Sisyphus-Verlag erschienene Band der besonderen Dichterin und alljährlichen Herausgeberin des österreichischen Lyrik-Jahrbuchs Alexandra Bernhardt. Dass sie sich mit dem Altgriechischen auskennt (wie der Titel beweist), ist aber längst noch nicht…

Im Zwischenraum der Wœrter

  mit Wortfindungsstœrungen aufzeigen was die Silben im Sprachsprudel sagen = sie zum Sprechen bringen & Aussagen ueber die Wirklichkeit an den nicht sagbaren Kern der Subjekte rueckbinden topografische Zeichen werden zu Motivkernen   Huellen ohne Herzschlag flanieren vom vag…

Gebrauchslyrik? Aber nicht so!

  Das Chanson, wie es vom Montmartre zu uns heruntergekommen ist, war ein Feuer, an dem der Bohemien sich den Rücken wärmte, jederzeit bereit, einen Scheit zu ergreifen und ihn als Brandfackel in die Palais zu schleudern. Weil aber der…

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  Utopie   Die Pferde gehen aufrecht die Blumen haben Augen und wir wachsen aus Wasser: Wurzelhände             *** Vor zehn Jahren erschien: Wortspielhalle, eine Sprechpartitur von Sophie Reyer & A.J. Weigoni, mit Inventionen von…

Lügen die

Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Sonette – XIV

  Ich bin im Bunde mit der alten Nacht Und wurde alt von ihr nicht unterschieden Hat Traurigkeit im Herzen ohne Frieden Die Herdstatt ihrer Schatten angefacht   Was so entfernte Not zu Einer macht Die sonnenlose irdische hienieden Und…

BALLADE FÜR NEAPEL

  Kennst du sie wieder Ginetto schau dir das paßfoto an Ihr letztes wort: maledetto Gott du verfaulst in St Gian In staubigen spielen als jungen alles lernten sie was sterben heißt   was: gedungen und wann man da rauskommt: nie…

Lied der Rosetta

    O meine müden Füße, ihr müßt tanzen, In bunten Schuhen, Und möchtet lieber tief Im Boden ruhen.   O meine heißen Wangen, ihr müßt glühn, In milden Kosen, Und möchtet lieber blühn- Zwei weiße Rosen.   O meine…

Weltenwechsel

  spielerische Vielfalt / suggestives Vakuum Leerstellen des Schweigens im Seelengefængnis ausloten = Interpassivitæt als poetisches Momentum… wo der Resonanzraum sich zunehmend belebt kommt man rueckbefluegelt in den Echoraum   vertieft in abgekapselte Ræume Archæologe der Fernnæhe werden hinab ins Vielsagend–Ungewisse…

Abenddämmerung

  Am blassen Meeresstrande Saß ich gedankenbekümmert und einsam. Die Sonne neigte sich tiefer, und warf Glührothe Streifen auf das Wasser, Und die weißen, weiten Wellen, Von der Fluth gedrängt, Schäumten und rauschten näher und näher – Ein seltsam Geräusch,…