Feier des Wortes

  Bevor Sie dieses Gedicht betreten, ziehen Sie sich bitte die Schuhe aus. Sie werden vom Autor darum gebeten. Sparen Sie am Ende nicht mit Applaus.   Haben Sie sich schon die Hände gewaschen? Nein? Dann wird es aber höchste…

Stahlgetuerm & Wurzelgewirr

  im luftleeren Raum rankt sich gedachtes dem Licht entgegen Schwebepartikel im Æther Zauberfæden luftgesponnen Æolsharfen, vom Wind gestreichelt fliehender Schatten der Trag flæche auf der Wolkendecke Konturen der Lichtrisse nachvollziehen… der Plankton des All tags versickert in mulchiges Kondesat…

Selbstvernichtungswollust

  sentimentalische Menschen handeln & denken nicht spontan > sie beobachten sich selbst in einer fortschreitenden Selbstentdeckung & spiegeln die Seele in der sichtbaren Welt   klagen ueber Verwahrlosung & Verfallenheit der Zerruettung des inneren Menschen dem kalten Herzen +…

Entwirklichung

  die auftrumpfende Selbstkritik ist unterfuettert durch den komfortablen Charakter einer praktischen Unwissenheit + schuldhafter Wissensmissachtung um die aufgezwungene Unbehaustheit als letzte Chance zu nehmen   in einem Parallelzustand enthoben eine Kartographie der Psyche betreiben die Seelenverfinsterung lichten der Rætselmusik…

Polyvalent

Wie viele Autoren aus Österreich ist Thomas Havlik experimentierend auf unterschiedlichen Feldern unterwegs. Er ist Autor, Soundpoet, Performer und kommt in seinem Auftritt eher als ein Rockstar denn als einem Dichter daher. Die CD Syllablesshooter ist eine Mitschnitt-Sammlung von Auftritten…

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    Warum die Bäume fliegen: Wegen der Vögel in ihnen       *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten…

Himmel und Hölle

  Gibt es eine Hölle?, fragt Schlange, als ich bei ihr liege und an nichts Böses denke. – Vielleicht sogar zwei, sage ich, eine für dich und eine für mich. – Das glaube ich nicht, sagt Schlange, es ist eine…

Bulgarien ist eine Walnuss

Sie knacken hieße: sie zerstören. Also ist der Grenzgänger als teilnehmender Beobachter in Bulgarien gut beraten, wenn er sich selbst als Walnuss entdeckt und so Selbstbild und Fremdbild einander von innen heraus erkennen lässt, ohne die Schale anzutasten. Das war…

Memento mori unterm chinesischen Mond

Gedanken über chinesische Lyrik und ihre Übersetzung ins Deutsche Die Zeit der Tang-Dynastie (618-907) war eine Epoche der lyrischen Hochblüte. Der Schriftsteller Lu Xun, der als Epiker die moderne chinesische Literatur begründete, gab das Schreiben von Gedichten auf mit der…

Leben besteht nur zusammen mit Wildheit

  Das lebendigste Leben ist das wildeste. Mit seiner Gegenwart erfrischt es den Menschen, weil es ihm noch nicht Untertan ist. Wer unaufhörlich vorwärtsdrängte und nie von seinen Arbeiten ruhte, wer rasch weiterkäme und unbegrenzte Anforderungen an das Leben stellte,…

Tausen und ein Buch

1. Bücher waren das einzige, was Nick sich wünschte, aber ich durfte ihm auf gar keinen Fall eins schenken, denn Bücher waren sein Verderben. Es hatte recht lange gedauert, bis ich das begriff. Du kommst ja nicht drauf, dass jemand…

techno/kult

  „glatze“ in der lederschuerze schlaegt den takt: auf dem psi-motorischen gong (schallwellen. schaltwellen. brandbreite: deemphatisch/kubo-raumsound.) die koerpersklaven schlackern dazu lethargischen gummi (2 bpmin.) – verschlafne szenerie. trotz einregnender daten (=unbenoetigte botschaften. abweichlertrends. selbstbezuegliches.) duempelt die elektrodengaleere durch digitale flaute.…

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    Der Himmel ist unvollständig gewesen bis du dich gerührt has Gestürzt sind wir in die leere Stelle du kamst als Strahlung, die weh tat als Licht, das ersticht   *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von…

Absolut relativ

Du siehst so glücklich aus, sagt Schlange. – Schlange, sage ich, ich sehe nur so aus, weil die Sonne mich blendet. – Du willst wohl nicht glücklich sein, sagt Schlange. – Schlange, sage ich, glücklich sein … das gibt’s gar…

Aller guten Dinge

sind drei, sagt man. In den letzten drei Jahren wollte sie vier Mal sterben. An diesem Morgen hätte sie es beinahe geschafft, wäre der Heuler nicht auf der Sandbank gewesen, die sie für ihr Versinken im Meer ausgesucht hatte. Ihr…

Erst geht ’s ins bad

  Erst geht ’s ins bad   das ohr geleckt die schlimmen teile zugedeckt der lotse wirft das lot aus und keins muß wagen   keins gewinnn streicht jochbein wimpern   nase kinn nix okkasion und notmaus   Er prüft den geist   den…

Gedankenstrich

Es als Herausforderung nehmen nicht auf den Punkt zu kommen, nicht das allerletzte Sagbare (sich Aufdrängende) auszusprechen, sondern offen im Zwischenraum hängen lassen, als eine Möglichkeit, die man elegant nutzt.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading →…

Bann

  Du kannst natürlich auch gebannt auf die Schlange schauen wie ein Kaninchen, besser ist es jedoch, sie zu ignorieren und ziehen zu lassen.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen…

Unter Kollegen

Immer wenn’s regnet, schreibe er ein Gedicht. Bei Sonnenschein, sagt er, schreibe er nicht. Ich möchte ja nicht gehässig sein. Ich wünsche ihm immer Sonnenschein.  *** Weiterführend → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Aus dem Band Versflug,…

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    Da wo wir sind müssen wir einander nicht berühren:    Im Frühling, im Frühling that´s all     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von Sophie…

Liber sum

Ich weiß nicht, Schlange, was das war – auf einmal stehe ich in einem gigantischen Buchladen. Die Kerker von Piranesi sind dagegen richtig klein, nur hell ist es,  gleißend hell, das Licht flutet aus allen Richtungen übereinander, überall sind lange…

dornen

  geh ich disteln an den füßen über land  leg ich mich nieder unterm leichentuch des himmels zwischen tieren und pflanzen  fern von menschen fällt mir niemand ins wort  stürzt nur ein ast auf mich herab  springen kerne aus den…

Gedankenstrich

Den Raum so gestalten, dass die Vollendung erst mit dem inspirierten Menschen stattfindet, der sich nicht nur im Raum befindet, sondern darin ist. Mit seinem physischen Wesen und seinen sich entfaltenden, freien Gedanken. *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016…

Verlustgewinn

Wenn wir uns lieben, Schlange, bin ich doch ganz tief in dir drin? – Ja klar, sagt Schlange. – Ich meine, bin das ich? – Ja, sagt Schlange, ist dir das denn nicht recht? – Ich weiß nicht, sage ich,…

Ich, Schlange

Du, sagt Schlange, ich bin dein Alter Ego, ich stehe immer hinter dir. – Umgekehrt ich auch, sage ich, ich bin am liebsten dein Über-Ich, das mir unterliegt. – Ich bin, sagt Schlange, dein Unter-Ich, das über dir steht. –…

Brueckenschlag zum Verstummen

  Klanggeschichtenfeinmotoriker treffen auf Menschenverzauberer & erproben die Aufhebung der Schwerkraft versuchen das Fragmentarische zu transzendieren Purismus als Ekstase der Enthaltsamkeit & Askese als Triumph der Sinne zu entdecken   kleine Risse in der Verschlossenheitsfassade eine Referenzfigur verweist auf Auswege…

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Ich schau dir nach klar Sonnen schein auf gefaltet liegen gelassen im Licht:   ich schau dir nach und sing    *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016 Further reading → Ein Porträt von…

Kleine Kindlichkeiten

Morgens, wenn die Wolken fliehend über das Himmelsblau huschen, kann es Herrn Nipp nicht zu Hause halten. Durch das Fenster hatte er fast sehnsüchtig die Wettersituation betrachtet. Der Wind schien durchaus Kraft und vor allem Geschwindigkeit zu haben, das macht…

Gedankenstrich

Das Gerede deswegen nicht ertragen, weil ein Gerede ohne ein Du und ohne ein Ich auskommt.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das Porträt der Autorin und das Kollegengespräch zwischen Sebastian Schmidt und…

Hohltaubenlied

  Ein Hohltaubenmann rief, aber sein Weibchen kam nicht. Es hatte den Winter nicht überstanden und lag mit gebreiteten Flügeln abseits im Gesträuch. Aber das Männchen wollte das nicht wahrhaben und rief und rief. So blind vor Verleugnung und Bezweiflung…

The Coffee Crisis

  Was ist die Welt mit ihren traurigen Gestalten, die bösen Gästen gleich aufs Kaffeetrinken lauern, und deren schlechte Launen manchmal ewig dauern, nur weil sie einmal keine Dosenmilch erhalten!   Ich soll als Aschenputtel quasi häuslich walten, so dass…

nenn es urbanal

  stadtlicht, es riecht nach bewegung, zusammengehaltens wünschen aus allen sinnen, über schwellen zu brücken, verbaut verwachsen, krümmungen steilungen, weile an weile gerückt, aus fenstern fällt schwer sickert strömt flutet treppengelächter, ein geländer lädt auf, halte ich händen mein wort,…

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Im Kern von so einem Felsen da ist eine Härte die alles übertrifft so bin ich im Innersten erfroren: Du wurdest groß Wie kann man einem Kind ins Grab nachstarren sag es noch einmal: Schmerz ist nicht   wahr  …

Keine Sprache in der Lunge

  durch den Kehl kopf mit Permanent atmung hinter herhecheln die Vermessung des Rachens weitet sich zu einer Archæologie des Gaumens & legt eine Geschichte der prothetischen Verbauungen frei vom Umherirren erschœpft zu sammensacken & den rasselnden Odem durch die…

Ich, Übergott

Dein Kopf steht dir im Wege, sagt Schlange. – Ich verstehe mich gut mit meinem Hirn, sage ich. – Warum wirkst du dann so verkrampft?, sagt Schlange. – Ich entwerfe mich selbst, wenn ich mit mir rede, sage ich, ich…

zaehes klima im schwerkraftsneurotisierten beta-terrain:

rollo der abenteurer schwingt sein `pad´ + ist restlos unzufrieden: fade vibrationen  entladen sich in mickrigen hochspannungsblitzen am sorgsam entwoelkten ersatzfirmament: wo ueberdimensionale krawattennudeln die beliebte oil-of-olaz-werbung abloesen: rollos credo („als psychotiker kennst du keine anderen schmerzen!“) geht heute nicht…

Gedankenstrich

Mein Bemühen gleicht der Suche der zwei Parallelen, die in der Unendlichkeit aufeinandertreffen. Oder die Suche nach einer Mitte in einem Universum, das keine Mitte hat.   *** Gedankenstriche von Joanna Lisiak, Kulturnotizen 2016 Further reading → Lesen Sie auch das…

Sprüche und Widersprüche

  Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.     *** Karl Kraus ist eine Meister des Aphorismus, in seinen Ausführungen finden wir aber auch Zuspitzungen. Der in der Schwebe gelassene Sinn, die…

Gegen die Zeit

Picasso in Düsseldorf, sage ich, das haut mich um. – Seine letzten Bilder, na ja, die sind aber sehr sehr – speziell, sagt Schlange, es geht da immer nur um das eine Thema, das euch Männer so beherrscht. – Ach…

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Deine eigene Fülle ist die Landschaft breitet   ihre Flügelchen um dich aus und die Frauen   schwankten dir entgegen mit einer Blume schwanger Aller   Anfang ist leicht     *** Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von…

Mehr Licht

  Treten Sie bitte zur Seite. Ihr Schatten fällt auf das Gedicht.   Gedichte verkümmern im Schatten. Gedichte benötigen Licht.    ***     Weiterführend → Axel Kutsch erweist sich als Meister der Twitteratur. Aus dem Band Versflug, präsentiert KUNO…