fensterszene

      sitzt feist der papagei im käfig seines himmels trinkt er gefangen wein spricht er gern derbe worte füttert ihn eine frau fast nackt  aus einer kokosnuß streicht ihm ihre hand sanft übers gefieder verstreut er die körner…

Gabriele d’Annunzio

  Spektakulär war Gabriele D’Annunzio Propagandaflug über Wien, am 9. August 1918. Eine Staffel von zehn einsitzigen und einem zweisitzigen Ansaldo S.V.A.-Flugzeugen (in letzterem saß D’Annunzio) brach zu diesem Flug auf, drei davon mussten vor Grenzübertritt notlanden, ein vierter Pilot…

Das Grundrissbild

Das Grundrissbild aus der Orientierung gerissen, mit dem Wind in die Wüste. Ohne Halt das Gedächtnis, wenn die Transportkraft des Windes nachlässt. Ablagerung sein. Über Abgelagertem.     *** fern, fern von Angelika Janz, KUNO 2018 Weiterführend → Lesen Sie…

Nur noch Worte sammeln,

ohne auf ihre Bedeutung zu achten. Nur noch achtlos gesammelte Worte aufreihen, aufschichten wie Holzscheite und sich erwärmen bei dieser Beschäftigung. Die Kälte in kleine Stücke lachen und von neuem beginnen     *** Vom Raben was, von Arthur Breinlinger,…

Offener Brief

Oh, wie beglückt ist doch ein Mann, / Wenn er Gedichte machen kann! Wilhelm Busch Vorbemerkung der Redaktion: KUNO widmet dem Gedicht auch in diesem Jahr den genauen Blick, das aufmerksame, geduldige, ins Denken gedrehte Lesen und Wiederlesen, dies bezeugte…

Trost

Dass er wegen eines Fußballspiels irgendwann einmal versetzt werden würde, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Wie ein Klatschen ins Gesicht mit einem nassen, kalten Waschlappen war es ihm vorgekommen. Nicht sauer, er war einfach traurig darüber gewesen, hätte…

REVUE

  Ich habe sie kommen und gehen gesehen, Möchtegern-Killer, Stars auf Zeit, Welpenfänger, selbstverliebt, die große Lüge im Gepäck, Regelnetze mit Zeiterfassungswahn, Sprachpanade hoch oben am Zirkuszelt, und doch – Statisten in Not.     *** Weiße Kreide, Gedichte von…

Algorithmus und Spiritualität

Eine Exkursion Heimat. Herz. Ehre. Stolz. Seele. Sehnsucht. Die Köpfe der Menschen sind derzeit voll mit solch irrationalen und emotional aufgeladenen Begrifflichkeiten. Allesamt stehen sie im harten Kontrast zu unserer ansonsten so von instrumenteller Vernunft, von Ökonomisierung, Nutzenorientierung und dem…

ich bin ein madchen

    ein madchen bin ich finden sie mich vielleicht bin ich schon ein kerl!?   verzeihen sie ich bin sexy registriert auf spitzname und einfache kommunikation   ich kam zu ihnen mit schicksal bild befurchten sie mehr bilder  …

kriegsvogel

    wirft ein feldherr einen adler mit krummen klauen und gespreizten flügeln in die scharen des gegners sträuben sich die nackenfedern blitzen die augen folgt das heer liegt der vogel nach der schlacht  verendet unter der erde  gräbt man…

Das geflügelte Wort

Das geflügelte Wort bei den Flügeln ergriffen, weit geht’s da ins Dickicht! Frag die Feder, die redet sogar vom Spiralflug in weiche Erde gespitzt. Frag den Schnabel des Wortes, er presst aufs Gewünschte zusammen die Halfen. Frag das Volumen das…

Grassierende Alarmdiskurse

Die Rheinländer sind geradezu widerlich menschlich Dieser Roman ist keine Story nach dem Prinzip des Linearen, es ist ein grandioses Epos des Scheiterns. Eine narrative Stringenz wird von A.J. Weigoni in den Lokalhelden explizit verweigert. Die Prosa geht aus Strudeln…

kiebitz

    lebte er als seele am delta stieg er im verbrannten vogel auf anderswo wuchs er aus knochen und sang unterm wacholder heute lenkt nur noch das weibchen den widersacher fort vom nest hüpfenden gangs taumelnden flugs wie wenn…

DER CHIOSJUNGE

  Weißt du noch was ich dir flüsterte wie dein brauner leib sich hob und senkte unterm mond so bleich wie schenkelfleisch und schwanz bereits auf halbmast schwenkte? Unser körper hat der nacht gehört das gesicht dem nordenmorgenhalblicht Doch das…

In Bayern gehen die Uhren anders…

Wenn der Physiker Eduard Heisenthal 2018 in München in den Zug steigt und nach einigen Stunden im Bayerischen Wald ankommt, dann hat seine Reise 112 Jahre gedauert und zwar in rückwärtiger Zeitrechnung, denn in Walbach schreiben wir das Jahr 1906.…

Vom Raben was

Was er weiß: den Geruch der Jahreszeiten, den Bestand der Wälder, den Geruch der Nadelhölzer, die Unbeständigkeit der Lage. Was er nicht weiß: Die Märchen, die wir uns von ihm erzählen, und dass wir ihm nachfliegen, sobald es Zeit ist.…

Das Geschwätz

  Das ganze Geschwätz fand sie immer schon albern. Natürlich konnte man jedem sofort ansehen, dass er bisexuell ist. Gemächlich kroch sie zu den anderen Schnecken.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots,…

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Als es genug für mich war und zuviel habe ich dir dieses Lied hier geboren: Wasser Lacken machen jetzt gehörig Krach Pitsche Patsche lacht die Nacht unsren Tag aus tanzen träne und tau einen ringel reihn: rappen die Morgen Falten…

Ferne lassen

Ferne lassen   Mit der Sicht sich (zufrieden) geben Und wenn’s drauf ankommt den Rückzug   Und die Sperre aber   Und wann das mal geht aber endlich  Für’s Sprechen genügt lesbar eben   schlag nach  Wenn’s weiter nichts ist…

Die Kunst des Weglassens

  Wer den Karlsruher Schriftsteller Matthias Kehle in den sozialen Medien verfolgt, glaubt einen Dauerredner vor sich zu haben. So fleißig er Gesprächsanstöße gibt, so wortreich er auch Anfragen jeglicher Art beantwortet, so wortkarg gibt er sich allerdings in seiner…

Vergleiche mit Vögeln

helfen mir wenig. Auch das Zwitschern der Vögel vergleiche ich nicht mit Worten und Sätzen aus unserer Sprache. Soll ich einen Spatzen mit einem Papagei … Sprachlosigkeit ist nicht vergleichbar. Vergleiche ich die Möglichkeiten, Verglichenes wieder und neu zu vergleichen…

Seismograph des Übergangs

Vorbemerkung der Redaktion: Das Kultusministerium NRW unterstützt die Arbeit an diesem Roman mit einem Arbeitsstipendium. Denis Ullrich lag ein Handexemplar vor, er hat einen Rezensionsessay verfaßt – und ein Epigraph von Carl Zuckmayer vorangestellt: Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der…

Herr Fluch

  *** Gott schmiert keine Stullen von Eva Kurowski, rowohlt Seit der Textsammlung: Twitterature. The World’s Greatest Books Retold Through Twitter von Alexander Aciman und Emmet Rensin fragt sich KUNO, wer zu den Vorläufern dieser neuen Literaturgattung gehört. Der Limerick…

Fiebern

Es fiel ihm schwer, die Kontrolle über seine Füße zu behalten. Kaum setzte er einen Fuß vor den anderen, winkelte der Boden schroff ab, um sich bald schon zu beugen biegen kanten krümmen neigen senken falten fügen. So ging es…

Die Möwe

  trägt Kleider aus Brombeerblüten wenn sie sich über den Himmel verstreut. als Nippesfigur   verstaubt sie auf den Geländern der Uferpromenaden. ich schaue ihr nach als bestünde sie   aus lauter Nichts das vorüberweht weil es kein weil gibt…

Frauen mästen sich

  Frauen mästen sich ihre hunde für kältere zeiten in gossen kriechen embryos auf der suche nach zärtlichkeiten   In der vorstadt sah ich sich brünstige Pontiacs bespringen bettler die für nen dollar am tag junge katzen verschlingen   Die…

Zeit

Zeiträume, Zeitstrecken, Zeitabschnitte, Zeitspannen, Zeitintervalle, Zeitpunkte. Zwei Zeitpunkte, miteinander verbunden, bilden eine Zeitstrecke. Vier Zeitwände, mit einer Zeitdecke überdacht, bilden ein Zeitzimmer. Die Tür geht auf, die Tür geht zu. Die Tür schließt, verschließt. Wie sieht das aus, wenn ein…

Die Zeit der Wunder kehrt immer wieder

  Es genügt, das unscheinbarste Ereignis, das bestbekannte Phänomen um eines Haares Breite abseits von dem altgewohnten Standpunkt zu betrachten, und sogleich wird uns seine Schönheit überströmen und entzücken. Nur was wir gegriffen und abgenützt haben, ist trivial: unser Schorf,…

Was ein Dichter von einem Maler lernen kann

Der Caspar-David-Friedrich-Weg in der Sächsischen Schweiz   Im Sommer 2016 nahm ich die Gelegenheit wahr, den Caspar-David-Friedrich in der Sächsischen Schweiz zu bewandern. Dieser führt auf einem Rundweg vom einstigen Fischerdorf Krippen nach Schöna, von dort aus nach Reinhardtsdorf und…

Wiedergänger 1&2

Woran liegt es, dass manche Bücher einen Platz im literarischen Kanon erlangen und andere einfach vergessen werden? Auch wenn sich KUNO wiederholen sollte: Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für Satiriker. Und die Zeiten der globalen Krisen sind nicht gerade rosig.…

Chronik einer Berliner Familie

  Der 1954 im Darmstädter Schneekluth Verlag erschienene Roman gehört neben Theodor Plieviers „Berlin“ (1954) und Heinz Reins „Finale Berlin“ (1948) zu den von der akademischen Literaturgeschichte anerkannten Werken, die die Besetzung der Reichshauptstadt durch die Rote Armee im Frühjahr…

Weit

Weit        für die Fläche ein Maß      Für die Ferne Tröstung auf Erreichbarkeit   Fürs Fragen unbestimmbar.   Der Sprache ein Wort, das auf Einlösung dringt,  dass nicht bleiben soll, worauf man zugeht, die Uneinholbarkeit. Und…

identitäten am rande

  Ich bin der HERR DER RINGELsocken. Mit meinem StrohHUT sitze ich auf einer StufenMauer und schaue dem Leben zu. Den Revolver, mit dem ich im DrogenRausch meine Frau erschoß, trage ich nicht mehr. Als Waffe benutze ich nun meine…

tour de france: finistère

  racing stars: ihre stoffgewordnen seelen beklebt mit sponsorenaufdrucken steigen sie unaufhaltsam in den westlichen himmel rising stars: in anschwellenden nachrichten schueben flieszen ihre koordinaten ueber den aether, aether der selbst ueberflieszt & ebbe & flut schweigen zur ankunft des…

gedächtnisspeicher (kaputtes kulturerbe)

  dein ganzes leben ist eine einzige anhäufung von müll biologischer müll und biografischer müll ökologisch verwertbarer müll soziologischer müll psychologischer müll religiöser müll und der daraus entstandene kriminelle politische emotionale müll dein ganzes leben ist eine müllhalde dein ego…