Kategorie: Allgemein

im dickicht stadt

Dieses Blatt, es ist für die Sprache zu schön. Peter Waterhouse · Das Klarfeld Gedicht im dickicht stadt   sehr matt und moll und ge- drungenermaßen   durch fußgängerzone gezwängelt   fällt ahornblatt voll rot geädert (gelb ∙ platt)  …

Gedichte heute?

  Die Überschrift klingt nach Volkshochschule oder Provinzfeuilleton; aber schon der erste Vergleich irritiert solche Erwartung. Wie Stauchung? Dieses Wort fehlt in den meisten Wörterbüchern. Der Grimm verzeichnet es mit der Einschränkung „in gewöhnlicher sprache nicht gebräuchlich. technisch knick- oder…

hirn unter starkstrom

  rotieren die daten, plustern sich auf als wären sie wahrheiten. in sich selbst verbissen, schrein ganz laut: ich! was aber übrig bleibt ist der a laut. schläge im bauch: alle achtung, rasterfahndung.           ***  …

Vernetzte Durchsuchung von Datenbeständen

  Komplementärkontrast. Rasterfahndung im Dichternebel in einer diffusen Metatheorie nach Wahrheiten, die sich längst verflüchtigt haben. Die Recherche findet im weissen Rauschen statt.       ***   Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten…

»Wollen Sie erzählen?«

  An den Rändern der Sprache – Das neue Hörstück von Hans Georg Bulla Es tut immer wieder gut, Texte zu lesen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren; die unaufgeblasen einen ganzen Raum mit Spannung und Gedanken füllen. Dieser Raum…

Überprüfung der historischen Fakten

  Der seit 1904 als Korrespondent und Journalist in Paris lebende Hermann Fernau galt als entschiedener Kriegsgegner, der in seinem Tagebuch „Paris 1914“ die militärischen und psychologischen Vorbereitungen auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die ersten Wochen der Kriegshandlungen…

Alphabetikon: Auge

*** Alphabetikon, aktuelle Arbeiten von Haimo Hieronymus in der Werkstattgalerie Der Bogen (Möhnestr. 58 / 59757 Neheim bei Arnsberg). Dauer der Ausstellung 19. Januar – 7. Februar 2014. Die Künstlerbücher Unbehaust, Faszikel und Idole sind ebenso wie die Neuerscheinung Etwa…

Sprachzeichen – Lebensbilder

Ansätze zu einer fragmentarischen Betrachtung(sweise)   Fragen stellen fragen nach der Bedeutung von Worten von Bildern von Sätzen fragen nach dem was man sagt was man ausdrückt was man meint fragen nach dem was unausgesprochen bleibt nicht abgebildet wird oder…

Populismus

  Erstaunlich, wie sehr einige Menschen anderen zu glauben bereit sind, angesichts dessen, dass sie an jeder Stelle auf Desinteresse stoßen; mir geht es übrigens genauso.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots,…

Ich bin drin

  Ich kann nicht über meinen Gesang sprechen. Ich bin drin. Wie kann man etwas beschreiben, in dem man steckt?      *** Twitteratur, Genese einer Literaturgattung. Erweiterte Taschenbuchausgabe mit der Dokumentation des Hungertuchpreises. Herausgegeben von Matthias Hagedorn, Edition Das…

Hybridation

  Re:dupers \ Rekonstitution \ Re:evolution. / Rückspultaste, & abermals auf Anfang¡           ***   Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das…

anagramm

  retinet labern. im alb, renn´ titten mir. lebe im retina– ritt! reben lab mir tinte: im internet albern.         ***   Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht…

Rezensionsessays – von Holger Benkel

Ich will die Dinge durch / meinen Geist beleuchten / und den Widerschein auf den fremden Geist fallen lassen. Charles Baudelaire Der Essay erscheint bei Holger Benkel als Denkform, die sich im literarischen Werk einen Gegenstand zu schaffen sucht, der…

Georg Trakl

  Seine Augen standen ganz fern. Er war als Knabe einmal schon im Himmel.   Darum kamen seine Worte hervor Auf blauen und weißen Wolken. Wir stritten über Religion, Aber immer wie zwei Spielgefährten,   Und bereiteten Gott von Mund…

WAS GEDICHTE DÜRFEN

    In diesem Gedicht sehen Sie einen Eisberg versinken und die Passagiere der Titanic auf den Untergang trinken.   Nach der Ankunft erzählen sie ihren Verwandten froh: Stellt euch vor, wir reisten mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio.  …

du

wagtest mir einen Ort zu zeigen mit Bächen & Blüten Flug- & Kriechgeschöpfen du ludst mich ein der Sonnenseite zu lauschen doch ich verharrte im Schatten *** Quelle: Dichtungsring Nr. 43/2014 (Begegnungen)

Rücksturz in die Gutenberggalaxis

Dichtung ist sprechende Malerei Simonides von Keos Anmerkung der Redaktion: Mit diesem Kollegengespräch gilt es ein Versäumnis nachzuholen. Damals fehlte die Sparte mit der bibliophilen Kostbarkeit ‘Künstlerbuch’. Ein Kollegengespräch über Material, Medium und Faszination des Werkstoffs Papier. Weigoni: Manche Künstler…

genius loci

Genau wie sein Landsmann und Vorgänger im Ural, Georg Wilhelm Henning, rekonstruiert Kellner die altgewohnte Umwelt, damit diese sowohl heute als auch in der Zukunft immer in Bewegung bleibt und stets neue Sichtweisen liefert. Irina Chmyrewa In diesem Projekt setzt…

Yammi

Alphabetikon, Katalog von Haimo Hieronymus, 2014. Weiterführend → Vertiefend zu diesem ‚Alphabetikon‘ lesen Sie bitte das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus. Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers.

:2= Verweisungszeichen zur Twitteratur

Vorbemerkung der Redaktion: Für das Projekt Kollegengespräche hat A.J. Weigoni einen Austausch zwischen Schriftstellern angeregt. Auf KUNO ist diese Reihe wieder aufgelebt. Nach dem Kollegengespräch über die Sparte Performance hat Sophie Reyer ihrerseits den Ball aufgenommen und zurückgespielt. Sophie Reyer:…

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  hirn unter starkstrom. rotieren die daten, plustern sich auf als wären sie wahrheiten. in sich selbst verbissen, schrein ganz laut: ich! was aber übrig bleibt ist der a laut. schläge im bauch: alle achtung, rasterfahndung.        …

Vernetzte Durchsuchung von Datenbeständen

Komplementärkontrast. Rasterfahndung im Dichternebel in einer diffusen Metatheorie nach Wahrheiten, die sich längst verflüchtigt haben. Die Recherche findet im weissen Rauschen statt.           ***   Weiterführend → Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem…

Annäherung an ein Gedicht

Mais Degas ce n’est pas avec des idées qu’on fait des vers c’est avec des mots Stéphane Mallarmé   Fahl das Licht im Raum der frühen Morgenstunde, das dennoch, vermein ich, den einen, andren Sonnenstrahl ver­spricht. Zum wiederholten Mal seit…

Erlaubniß des Zurückgehens

Es ist eine ganz ausgemachte Sache – ich sage das zum Trost des Confucius, der sich bei der einfachsten Geschichte so leicht verwickelt, – daß man in einer Geschichte vorwärts oder rückwärts gehen kann, ohne daß es als Abschweifung gilt,…

Twitteratur · Revisited

Der Traum des Kritikers ist es, eine Kunst durch ihre Technik zu definieren. Roland Barthes Auch in 2014 setzt KUNO die Reihe mit Twitteratur loser Reihe fort. Diese elektronisch generierte Kunstform scheint inzwischen ein loser Trend zu sein, auf lyrikzeitung.com erfreut…

Alphabetikon – Ausstellung von Haimo Hieronymus

Das Durchbuchstabieren des Alphabetes mit Bildern neu interpretiert. Kinderbilderbücher bedienen sich hierzu gerne der allzudeutlichen Gegenstände des häuslichen Umfeldes. Hieronymus befragt die Doppelbödigkeit unserer Umgangssprache und grenzt mit scheinbar plakativem Illustrieren das Offensichtliche zum Randständigen aus. Am Sonntag, dem 19.01.2014…

Literatur und Schicksalhaftigkeit

Laudatio auf den Roma-Schriftsteller Stefan Horvath aus Oberwart im Burgenland/Österreich zur Verleihung des „Roma-Literaturpreis des Österreichischen PEN – zum Gedenken an Ceija Stojka“, bei der Buch Wien. Wer ist Stefan Horvath, und was ist und bedeutet seine Literatur; für ihn,…

Glück auf, der Künstler kommt!

Menschen, die „im Leben stehen“, belächeln „erfolglose“ KünstlerInnen oft, weil die nicht von ihrer Arbeit leben können und auch noch mieseste Arbeitsbedingungen akzeptieren. Auch die Kassen der Kunst- und Fördervereine sind mittlerweile nicht mehr so voll, Künstler müssen sich oft…

Diá/log

  Haluzi\Nation = Auf einer sightseeingtortour stossen die hypermodernen Menschen auf gespaltene Versöhnlichkeiten in der = Hauptstadt der Bewegung. An der Feldherrnhalle mutieren Touristen in einer paranormalen Existenz zu Terroristen, und schiessen = ihr Motiv.       ***  …

München: ein Bild

    Das Blickfeld, Zurücknahme des Laubs and so on. In deiner Angst zu einer Handvoll Himmel zusammen geschmolzen: der Turm, die Drähte, Stacheln aus Silber, in die Landschaft zackend. Das Unten paust das Oben ab, drückt sich ein. Wie…

Klöpfer & Meyer • Revisited

 Mit dem Buch durchs Dasein reisen Seit vielen Jahren sind von Hubert Klöpfer im Tübinger Verlag Klöpfer & Meyer publizierte Bücher Weggefährten auf dieser fürwahr endlosschleifigen Lebenslesereise. Während ich Nikolai Vogels im Februar 2012 bei Haymon in Innsbruck/Wien erschienenen rasanten…

Lyrik-Katalog Bundesrepublik

1. Das Buch   Im Jahre 1978 erschien im Goldmann-Verlag unter dem Titel Lyrik-Katalog Bundesrepublik eine Anthologie zeitgenössischer deutschsprachiger Dichtung, herausgegeben von dem Literaturwissenschaftler Jan Hans und den Schriftstellern Uwe Herms und Ralf Thenior. Der Band enthält ca. 280 Gedichte…

Fließende Grenzen

Wie soll man da leben? Man soll ja nicht. Gottfried Benn Von machen Autoren wird wortreich vieles wiederholt oder variiert. Francisca Ricinski ist die Ausnahme von dieser Regel. Auf großes Echo stieß sie mit Auf silikonweichen Pfoten. Nun erscheint ein…

Mehr lässt sich nicht retten

Man muss sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man hat, und wenn es krumm und knorrig wäre. Theodor Storm Das Holz, aus dem Francisca Ricinski ihr Leben formt, ist aus Sprache, aus Wörtern gemacht. Die Lebenslinien dieses Holzes sind…

Brombeerglück

Ein Sonettband von Ralf Meyer und Werner Makowski   Es gibt sie noch, und angesichts eines sich an seinem eigenen Gehechel gern überkullernden Literaturbetriebs wirken sie oft wie ein Wunder: anspruchsvolle, leuchtende Gedichte, die den Spagat zwischen den Zeiten wagen,…

Erwachen

  Sobald das Koffein die Hirnzellen anspringt, beginnt die Bissigkeit des Satirikers.   *** Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend für diesen Begriff ist die…

Fahnen\flüchtig

  Fahnen fallen aus dem Rahmen. Der Wind gibt ihnen eine poetische und skulpturale Kraft. Ob als schlaffer Luftsack oder als vom Orkan geschichtlicher Ereignisse zerfetzter Fleckerlteppich einer nationalen Identität, Banner boomen zurzeit = nicht. Der kritische Regionalismus des ausgehenden…

Gedankenlabyrindvieh

Bist die Königin des Positiven/ Bist die Königin im Vogelfliegen / Bist die Königin des kleinen Bauches / Bist die Königin der Schmolllippen / Bist die Königin des Kicherns / Bist die Königin der Waren / Die Wimpern rascheln im…

Wortspielhalle

Vorbemerkung der Redaktion: KUNO heißt die Leser zum Jahr der Twitteratur willkommen. Wir präsentieren die Textkomposition ‚Wortspielhalle‘ von Sophie Reyer und A.J. Weigoni, die uns mit wöchentlich gestöpseltem durch das Jahr 2014 begleiten wird. Zur Geleit über das Konzept der…

Alle Jahre wieder

Die Galerie Ost hat einen faszinierenden Photokunstkalender erstellt. Alle SW-Fotos wurden von Heribert Nimke analog fotografiert und von Hand entwickelt. Im studiokreativ wurde der Kalender digital erstellt und im Format von 36 x 56 cm bei höchster Brillanz in schwarz/weiß…

Lyrik Kabinett

Heute übernimmt Dr. Holger Pils die Leitung der Münchner Stiftung Lyrik Kabinett, die die europaweit zweitgrößte Lyrik-Bibliothek (mit 50.000 Medien) unterhält, regelmäßig Autorenlesungen ausrichtet und Editionen vorlegt. Dr. Pils leitet seit April 2009 das Buddenbrookhaus in Lübeck und tritt in München…

und der Zukunft zugewandt

Hier ist er also, der große Zeitroman für Marcel-Reich-Ranicki. Wend Kässens, NDR 3, Literatur vor Mitternacht   Im kommenden Jahr ist es endlich soweit, der erste Roman von A. J. Weigoni erscheint nach einer Vorarbeit von 25 Jahren in der…

Der VerDichter

Die Aura der Poesie ist nicht allein zwischen Buchdeckeln gut aufgehoben. A.J. Weigoni erlag der Faszination des Mediums Radio in seinen Kindertagen, als der Rundfunk zu einem Zauberinstrument des Wortes wurde, zur akustischen Probebühne der Poesie, zum Atem der Vernunft.…

Erschriebene Unendlichkeit

Er aber steht geduldig an der Pforte des 20. Jahrhunderts und wartet lächelnd, bis sein schleichend Volk ihm nachkomme. aus der Denkrede von Ludwig Börne Johann Paul Friedrich Richter, als Schriftsteller Jean Paul genannt, der aus ärmlichen Verhältnissen kam und…

Über Schiller

  Das Große feiert sich selber. Wenn man es nennt, so ist es, als nennt man den Namen erhabener Berge und gewaltiger, über dem Meer getürmter Städte vor denen, die dort waren, und eines mehreren bedarf es nicht. König Philipp…

Ein Amen

    Einmal, als ich sie besuchte, malte jemand ihre Hand – eine schmale Dolde am Ast, eine Seele, die blühte. Ellen Neustädter spielt nicht zur Schau; ihr Spiel ist eine tiefe Dichtung. Die Bühne fängt die Geschehnisse ihres Herzens…

Lauschender Leser und redender Schreiber

Der Kritiker hasst den Dichter. Weil er wohl seine schwierigen, nicht aber seine einfachen Sätze versteht. Gerhard Falkner Yippie, Yippie, Yeaaaaah! Die Edition YE wurde im November 1993 gegründet, KUNO bewundert dieses Durchhaltevermögen und zählt nochmal kurz durch:  20 Jahre…

Wohlbefinden

Im Allgemeinen ziehe ich die Dusche dem Wannenbad vor. Warum erstere im Spätkapitalismus – zum Beispiel als Zeit und Ressourcen sparend – zweiteres als Form der Körperreinigung weitgehend verdrängt hat, wäre gewiss einer eigenen Betrachtung wert. Gleichwohl erlebt das Bad…

Freude

  Perfektion obliegt den anderen. Ich erfreue mich an meiner Normalität.   *** Unerhörte Möglichkeiten,  Edition Das Labor 2012 Von Herrn Nipp waren auf KUNO zwischen 1989 und 1994 Aperçus, Bonmots, und Sentenzen zu lesen. Eine Vorform der Twitteratur. Prägend…

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  Noch So lang sich zu fassen Dorn im rücken Pfeile an den Handgelenken so lang bis dich nichts mehr aufspießt wenn meine Fingerkuppen gegen deinen Nacken drücken bis die Worte heraus rollen wollen die sagen komm her so lang…

Weltall im Krähwinkel

O Du geliebtes Bayreuth, in das ich wie in einen Himmel fuhr. Wer Jean Paul (1763 – 1825), diesen ketzerisch-romantischen Überflieger für die deutschsprachige literarische Öffentlichkeit im 21. Jahrhundert „verständlich“ machen will, der sollte in der, wie stets im Lilienfeld…

Mittelachsenlyrik

Es ist sozusagen ein negativer Parnass, den er aufstellt und den er dann auch füllt. Er hat einen großen Entwurf gemacht, der Risse hat, der aber da als ein großartiger Entwurf immer noch steht und immer noch nicht wahrgenommen wird.…

Referenzuniversum

Der Historismus stellt das ,ewige‘ Bild der Vergangenheit, der historische Materialist eine Erfahrung mit ihr, die einzig dasteht. Er überlässt es anderen, bei der Hure ,Es war einmal‘ im Bordell des Historismus sich auszugeben. Er bleibt seiner Kräfte Herr: Manns…

Sind wir nicht alle ein bisschen COPY & Paste?

Mit der These, dass wir immer schon in Zitaten reden, wenn wir den Mund aufmachen, operiert die ganze postmoderne Intertextualitäts-Theorie. Neue Zürcher Zeitung Nehmen wir einfach ein bisschen Roche, weil es mir gerade so kommt, in den Kopf – nicht…

… und fürchte mich immer noch vor der Schwarzen Köchin

Kritik einer vernichtenden Verurteilung: Kunos Essay „Verabschiedung der Gebißträger“ Natürlich hat Günter Grass einen schweren Fehler begangen, seine Jugendsünde, die Zugehörigkeit zur Waffen-SS, zu verschweigen. Ich bedauere das. Sein viel zu spätes Bekenntnis finde ich schwach und in mancher Hinsicht…

Verabschiedung der Gebißträger

Smells like Gerontokratie Die Frage muß erlaubt sein, ob Autoren nicht wie jeder andere Mensch auch ein Recht auf Rente haben. Ob nicht einmal die Zeit kommt, da aus den immer wieder apostrophierten „Altmeistern“ einfach nur alte Männer geworden sind.…

Findet das Heute überhaupt statt?

Think befor you read. – Müssen Sie sich diesen Essay nicht ausdrucken? Sparen Sie sich Verspannungen am Bildschirm. Ich sitze auf dem Sessel in der Küche und versuche, durch geschickte Körperhaltung, meine nackten Extremitäten nicht aneinanderkommen zu lassen. Das Thermometer…

Unsere Welt ist eine Welt der Maschine. Wir leben inmitten von Maschinen

Die Maschinen vermehren sich viel schneller als die Menschen, fast schon zwingen sie uns dazu, sich mit ihnen zu beschäftigen… in wenigen Jahren werden wir ihre kleinen Sklaven sein. Die Künstler sind die einzigen, die die Menschheit vor dieser Gefahr…

Dystopische Zukunftsforschung

Die Menschen sind nicht Kunden der Internet-Konzerne, sie sind ihr Produkt. Jaron Lanier Wagen wir ein Denkexperiment: Nur einmal kurz angenommen, das Internet wäre ein reales Abbild der Geistesverfaßung, dann fehlt den Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor allem:…

Diktatoren

  Das war toll! Und die Betonung auf das Wort „das“, dreistelliges Wort mit wenig Lebenserfahrung, fiel müder als sonst. Ich reimte die Tassen mit den Gassen und fotografierte meine Fingerspitzen mit einer ausgedachten Kamera aus Luft und aus Wünschen.…

Ausweitung der Kunstzone

  „Ein Bild ist – bevor es ein Schlachtpferd, eine nackte Frau oder irgendeine Anekdote darstellt – vor allen Dingen eine plane Fläche, die in einer bestimmten Ordnung mit Farben bedeckt ist“, beschreibt Maurice Denis den Ausgangspunkt, mit dem ich…

Schimpfen, Auszug

  Abschließend und zum letzten Mal im einvernehmlichen Plural zusammenfindend, möchten wir noch anmerken, daß wir zu Beginn unseres Projektes unseren altertümlichen Computer in seiner Bibliothek aufsuchten, das Rechtschreibprogramm also abfragend, worauf er bereits unser erstes Wort als nicht auffindbar…

Der Hampelmann

  ich bin ein kleiner hampelmann der leider nicht mehr strampeln kann kinderreim kindervers kindheitstrauma kindergedicht bruchstück bruchstücke der erinnerungen der hampelmann eine puppe ein bojazlwie wir diese puppe nannten in einem pyjama aus abgewetztem blauem stoff aber mit goldfarbenen…

Poetik des Humanen

… nicht immer nur denken so denke ich nicht immer nur reden so sage ich endlich auch handeln wenn nötig wenn möglich vielleicht auch ein handeln mit sprache mit wort etwas wirklich tun gegen den missbrauch der macht gegen gewalt…

Gedankenspaziergänge

Die Bezeichnung Essay schafft einen rahmenlosen Rahmen, und ich bin dankbar für jede Nichtregulierung. Marlene Streeruwitz Von einem Essayisten erwartet man ebenso wie vom Scharfrichter, daß er sich ständig entschuldigt. Dieser muß Abbitte leisten, weil er zu tödlich ist, jener,…

Lachfalten im Gesicht der Zeit · Revisited

  Ein schmaler Band – 64 Seiten einschließlich des Vorworts von Holger Benkel und des Nachworts von Enrik Lauer: Die Poesie des 21. Jahrhunderts ist synästhetisch. Eine No­velle, zwei Kapitel (Mäander und Uräus). 53 Seiten. Kurz, knapp, aber nicht lakonisch.…

Versuch über Ingold

Vom Abtragen der Monumente oder das Wesen der Chronologie I Felix Philipp Ingold ist ein Autor, dem ich nicht ausweichen kann. Ich habe mich nicht darum bemüht, und es wäre müßig, denn es scheint, als würden er oder seine Texte…

Je tiefer der Fall, umso Besser!

Eines schönen Tages beschloss irgendwer, man weiß nicht mehr genau wer, dass es eine gute Idee wäre mittels flacher Unterhaltung in allen Bereichen die Nation anzufixen. Das ganze begann mit sinnfreien TV-Formaten und ist schon seit geraumer Zeit in der…

Brief eines Malers an seinen Sohn

Mein lieber Sohn, Du schreibst mir, daß du eine Madonna malst, und daß dein Gefühl dir, für die Vollendung dieses Werks, so unrein und körperlich dünkt, daß du jedesmal, bevor du zum Pinsel greifst, das Abendmahl nehmen möchtest, um es…

Kurz, Geschichte: eine Kurzgeschichte?

Je mehr Du kürzest, desto häufiger wirst Du gedruckt. Anton Tschechow Wer ein Faible für kurze Liaisonen hat, der ist bei Kurzgeschichten von vornherein gut aufgehoben. Denn kaum bist du als Leser/als Leserin der Erzählfigur begegnet, kaum ist sie in…

Mir fehlen die Worte

Dachten sich das Annette Schavan und Karl-Theodor zu Guttenberg, als sie sich dazu entschieden zu plagiieren? Waren wir es, die mit Sprachlosigkeit auf das heimliche Abschreiben beim Tischnachbarn unserer ohnehin nicht gerade vor Glaubwürdigkeit strotzenden Politiker reagierten? Oder sind wir…

Versnetze · Revisited

An|tho|lo|gie, die; -, -n [griech. antholog’ía, eigtl. = BlüŸtenlese, zu: ‡ánthos = Blume u. lŽégein = sammeln, lesen]: Sammlung von ausgewäŠhlten literarischen Texten. Deutsches Universalwöšrterbuch Ohne die Lyrikanthologien von Axel Kutsch wäre das literarische Leben im deutschen Sprachraum deutlich ärmer.…

Rosenkavalier Unchained

Der Wagner-Kenner Christoph Waltz wird im Dezember in Antwerpen Richard Strauss’ Rosenkavalier inszenieren. Diese Oper gilt als süssliches Schmankerl für Stimmfetischisten und Ausstattungs–Kulinariker, in dem Richard Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal sich ein ziemlich artifizielles Maria–Theresia–Wien herbei träumten…

Michel de Montaigne, ein Blogger aus dem 16. Jahrhundert

Nein. Lesen Sie ihn, um zu leben! Flaubert Würde Michel de Montaigne im 21. Jahrhundert leben, so er wäre wahrscheinlich der beliebteste Blogger. Nicht nur in Frankreich. Wir kommen ihm näher, indem wir seine Essais lesen. Und zwar Wort für…

Neuronen haben keinen Sex

–  über die Unzureichendheit gängiger Internetmodelle Einleitung Spätestens seit Pierre Lévy’s Werk „Die kollektive Intelligenz. Eine Anthropologie des Cyberspace“ [[i]] geistert eine Idee in Form einer Analogie durchs Netz, die mir eher geeignet scheint, den Blick auf Wesentliches zu verstellen, denn…

Plattform für künstlerische Produktion

Die Musikgruppe Tonverbrechung und die Performance-Art-Gruppe RaumZeitPiraten aus Köln schließen sich für das Projekt „VerbrecherInnen von Innen“ zusammen, um eine interaktive, für die Handlungen der TeilnehmerInnen offene Raum/Klanginstallation zu gestalten. Hierfür bilden das freie Sprechen über Verbrechen, die Texte der…

„Nix hält für immer“

Wer nachts seinen Gedanken verpflichtet ist und die huschenden Bilder des inneren Überflusses zügig einfängt, die Konturen der weglaufenden Tiere, die zickigen Wörter und verschwurbelten Satzfragmente. Wer das Entstandene in den Speedmixer gibt und ausgießt. Wer das alles in ein…

Der schöne 27. November

  Der folgende Text wird aus Thesen bestehen, denn abschließend ist zu Brasch nichts zu sagen. Brasch selbst ist nicht abgeschlossen. Ein Gedicht aus dem Nachlass, das eine Replik auf ein anderes seiner bekanntesten Gedichte ist: Der schöne 27. November Heute…

Die blaue Stichflamme des Vogelgesangs

Einiges an Aufregung steht uns in diesem Dreizehn-Jahr bevor, wovon das Erscheinen des neuen Depeche-Mode-Albums das Einzige sein dürfte, über dessen Ausgang wir halbwegs Bescheid wissen. Wir werden nach der Degradierung unserer allerobersten Schultante noch staunend die Einführung der Einheit…

Als käme noch jemand

Nur eine Taste und zwei Knöpfe Gleich geh ich die Treppe hinunter. Auf dem Rücken trag ich das Radio, das du vor vielen Jahren gekauft hast. Der Kasten hat nur noch eine Taste und zwei Knöpfe, er singt und spricht…

Im Winter aufs Land

  Ich mag den Wald auch im Winter wenn die Sonne durchs Unterholz scheint die Baumkronen aber im Dunkeln läßt   Wer glaubt denn, daß das Essen von den Feldern kommt nackte Erde, kein Trecker, ein Reh die Heizung im…

Die Erfahrung, Auszug

  Als er nach Hause kam, zuckte sein linker Mundwinkel. Sie saß am Tisch, das Ultraschallbild zwischen den Fingern herum drehend. Sie starrte ins Leere. Betrachtete danach für einige endlose Momente die rote Glasvase, in deren Innerem kleine Tropfenformationen zu…

Die Unberührbaren

  Ein wichtiges Buch, ein berührendes Buch, ein großartiges Buch, ein gut geschriebenes Buch. Gerade durch seine Einfachheit und Schlichtheit; ohne jedes Pathos, obwohl es vom Leiden handelt, von der Stigmatisierung einer Menschengruppe, von Menschen, die vom nationalsozialistischen Rassenwahn zu…

„Alles noch Handarbeit!“

O ihr lieben Bücher, ihr allein seid freigiebig und freimütig, ihr gebt jedem Bittenden und laßt jeden, der euch treu gedient hat, in die Freiheit ziehen. Richard de Bury Wir befinden uns in einer Vermarktungs-Situation, in der eBooks genannte Dateien…

Auch die Zukunft hat eine Herkunft

In den so genannten Reclam-Heften erscheinen seit Mitte des 19. Jahrhunderts Klassikerausgaben, die durch ihren geringen Preis und ihre einheitliche Gestaltung auffallen. Sie ist die älteste deutschsprachige Taschenbuchreihe, und ihr liegt das Bestreben zu Grunde, einen einmal gedruckten Titel nach…

Insekten

„Da, Mama!“ Der zweijährige Jona hatte im Sandkasten einen Käfer entdeckt und ihn, voller Neugierde und Begeisterung, zwischen seine kurzen Finger genommen, das zappelige Etwas zunächst wieder verloren, dann erneut zugegriffen, diesmal natürlich fester, und – es konnte ja nicht…

„… die briefjes und bildchens, ich mach das aus Weltordnung.“

HELs Graphik ereignet sich oft zwischen den Zeilen oder den Texten und auf den Briefum-schlägen, manchmal in malerischer Harmonie mit Tee- und Kaffeeflecken. Die „Bildjes“ oder Strichinen sind oft winzig und werden wie die größeren grob mit der Schere zurechtgeschnitten…

Dies ist

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Der drittgrößte Mensch des Jahrhunderts

Im Herbst 2013 ist in der Rheinischen Lesebuchreihe der Nyland-Stiftung, Köln, ein Porträtband über den grandiosen Düsseldorfer Satiriker Hermann Harry Schmitz erschienen – genau 100 Jahre nach seinem Tod. Bearbeitet hat diesen Band der Schmitz-Experte Dr. Michael Matzigkeit. Hermann Harry…