Monat: Januar 2003

Notenbegründung

  Jeweils einen Pott Kaffe in der Hand, den brauchen sie jetzt ganz dringend, denn rauchen darf man in öffentlichen Gebäuden nicht mehr, stehen drei Lehrer in ihrem angestammten Reservat innerhalb des Lebensraums Schule. Für sie geschaffen, nach ihnen benannt…

Mein Traumberuf

  Nein, Astronaut wollte ich nie werden. Was aber sicher nicht so sehr an meiner ausgeprägten Höhenangst liegt. Die hätte sich ja vielleicht ab 380.000 Kilometer über der Erde etwas gelegt. Doch darüber will ich jetzt nicht groß spekulieren, der…

Der Fallensteller

  Ein gerettetes Stück unbestimmter Sprache Nur für geschlossne Augen ist der Raum geschaffen, und für Singvögel. Wieviele heute Fallen stellen, bleibt dunkel. Der Hof war von der Außenwelt abgeschlossen, nein, wie abgeschlossen. Er war ja durch wenige Fenster einsehbar,…

Zeitzeugin und Mahnerin

  Als das Buch „Wir leben im Verborgenen – Erinnerung einer Rom-Zigeunerin“, 1988 von Karin Berger herausgegeben, im Picus Verlag erschien, 1989 gleich in einer zweiten Auflage, war Ceija Stojka die erste Romni, die ihre Erinnerungen an die Leidensgeschichte ihrer…

Zum unbehausten Menschen · Revisited

  Als Nietzsche vor über einhundert Jahren den Tod Gottes proklamierte, erschuf er die Sinnleere des Lebens wie auch die Eröffnung ganz anderer Freiheitsräume, als wir bis dato kannten. Seitdem durchirrt die Menschheit diese Räume und verliert sich. Im Zeitalter…

Geistererscheinung

  Im Anfange des Herbstes 1809 verbreitete sich in der Gegend von Schlan (einem Städtchen vier Meilen von Prag auf der Straße nach Sachsen) das Gerücht einer Geistererscheinung, die ein Bauernknabe aus Stredokluk (einem Dorfe auf dem halben Wege von…

Namenlosigkeit

  Nein, er will nicht beleidigen, aber kürzlich hat Herr Nipp sich ernsthafte Gedanken über Namen gemacht, nämlich als er erkannte, dass sein eigener Hermann Nipp letztlich ein Imperativ ist. Und wie es bei solchen Gedanken so geht, kommt er…

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Rauchfahnen und Nebel spielen schmutziges Haar tarnen sich in deinem Gesicht eine Kette aus Blicken wirfst mir zu die ich strammzieh wann seh ich dich wieder und ob es geht ohne aus dem Fenster zu fallen *** Weiterführend → Ein…

Die Bäume unter sich

  Ich vertraue meinen dichterischen Einfällen und frage nicht, warum ich immer wieder über die Pflanzen auf unserer Welt dichten muß. Heute früh belauschte ich ein Gespräch, das die Bäume lebhaft miteinander vor meinem Fenster führten. Seitdem nehme ich an,…

On The Dreamline Sangerhausen-Saqqara

se non è vero, è ben trovato   1 Einzig dafür also die Tunnelsysteme um die kupfernen Herzen des Mansfelds: Traumwege für verirrte Pharaonen, Buckelpisten für den Geist in der Stele Und die unendliche Ruhe im Sterngewölbe im Schlafsaal des…

Die Mutter aller Serien

Thru the darkness of Future Past the magician longs to see one chants out between two worlds. Fire – walk with me. Wenn ich das Wort KULT höre, entsichere ich meine PPK. Dieses Label wird mittlerweile allem angehangen, was auch…

Die Ordnung der Apokalypse

Joachim Zelters „Briefe aus Amerika“ I Die Schreibstrategie ist subtil in ihrer didaktischen Absicht und künstlerischen Steigerung.  Zelter beginnt leicht, in heiterem Ton, spielerisch, über ziemliche Strecken satirisch gefärbt, der Leser wird sozusagen erst einmal auf einem Niveau abgeholt, wo…

Unbehaust, ein poetisches Polymorphem

Der Vorhang öffnet sich sehr schnell. Ertappt. Auf der Bühne steht die Patientin Jo Chang mit schreckstarren Augen. Sie befindet sich allein, in auswegloser Lage. Lässt einen Stapel Blätter fallen. Schlittert über das bereits am Boden liegende Papier. Versucht Halt…

Zur Kritik der deutschen Intelligenz

1 Will man den Weg verstehen, auf dem die heute unter dem Schlagwort Pangermanismus vereinigten Tendenzen zu jener furchtbaren Macht gelangten, die alle Welt kennt und verspürt, so muß man zurückgehen bis ins tiefe Mittelalter. In dem mittelalterlichen Kampf um…

Pop-Schamanismus

  Beuys als popschamanen zu beschreiben ist vielleicht abgeschmackt, doch wenn einer weniger als ein künstler sein wollte und mehr als ein mensch war, kann man das alte zeichen wohl benutzen, bis verständigere zeiten ein neues, weitläufiger und genauer, bereit…

Verteidigung gegen persönliche Angriffe

  Die politische Seite der Streitfrage, um die sich die Verhandlungen gestern und heute drehen, ist bereits so klargelegt, daß ich gern auf das Wort verzichtet hätte. Aber ich bin gezwungen, mich gegen die persönlichen scharfen Angriffe zweier Parteivorstandsmitglieder, der…

Die menschheit ist heute gesünder denn je

  Die menschheit ist heute gesünder denn je, krank sind nur einige wenige. Diese wenigen aber tyrannisieren den arbeiter, der so gesund ist, daß er kein ornament erfinden kann. Sie zwingen ihn, die von ihnen erfundenen ornamente in den verschiedensten…

Kerl an der Spitze oder Ich und das

  Ich bin das tote Gesicht das nicht einschlafen kann, weils in mir spricht! Ich wiege, nur vor Gericht, abgezogen das Strafen von allem Verzicht, als Mann und als Bote. Mich trafen die Kriege, Siege an brauchbaren Stellen, ich wiege,…

Kabarett zum Hakenkreuz

„Na, lach doch mal! Na, lach doch mal! Muh! Miau! Baubau –!“ Fotograf aus den neunziger Jahren. Der beliebteste Einwand gegen den Mann auf der andern Seite ist: er sei nicht auf der Höhe seiner Zeit. Der Einwand ist nicht…

Islam in Deutschland

Über den Einfluß des Islams auf Deutschland ist bereits viel geschrieben worden. Hervorzuheben sind zwei Bücher von Sigrid Hunke, „Allahs Sonne über dem Abendland“ und „Kamele auf dem Kaisermantel“, die ausführlich darüber berichten, welche Prägungen islamisches Denken und Errungenschaften arabischer…

Blick aus dem Hörschatten

  „Wo bin ich, wenn ich höre?“ Spur, Schwelle, Stufe, Grat: Ihr meine Klanggesichter! Zwischen Bewegung und Innehalten zwischen Tat und Kontemplation, Harmonie und Dissonanz. Schwimmen im Strom Laut gedehnter Augenblicke, hell schauender Hörblicke, dämmrig getönter Melodien, die ins Ferne…

HINTERHOF

  ich gehe in den hinterhof eines halb verfallenen hauses, dessen bewohner als asozial gelten, und trage einen beutel bei mir. denn ich will flaschen im müll suchen, sie verkaufen und damit etwas geld erwerben. knapp kann ich mich vor…

Mirabellen nicht, aber gelbe Kreiken

  Schon Handke schrieb in seiner Geschichte des Bleistifts, dass erlebte Zeit und Orte etwas mit den gepflückten Früchten gemein haben müssten und so falsch lag er damit wohl nicht. Damals, Ende der siebziger Jahre, waren die Grundstücke auf der…

Social Beat, ein Bericht aus der Szene

  Social Beat war eine Literaturszene der 1990er Jahre. Der Begriff wurde 1993 als Schlagwort des Berliner Literaturfestivals „Töte den Affen“ von Jörg A. Dahlmeyer und Thomas Nöske, angelehnt an die amerikanische Beat Generation, Charles Bukowski und moderne französische Autoren,…

Bildtagebuch

Am 1. Januar 2003 startete Peter Meilchen das Bildtagebuch Beobachtungen eines Unsichtbaren.   Vieles, was wir an Bildern wahrnehmen und assoziierend in unseren Gedanken und in der Kombination mit unseren Erfahrungen verbinden, geschieht in der Stille unserer Beobachtungen. Das meiste,…

Der Essay als Versuchsanordnung

Der Essay trägt dem Bewusstsein der Nichtidentität Rechnung, ohne es auch nur auszusprechen; radikal im Nichtradikalismus, in der Enthaltung von aller Reduktion auf ein Prinzip, im Akzentuieren des Partiellen gegenüber der Totale, im Stückhaften. Theodor W. Adorno Eine Rückblende auf…