Monat: Juni 1995

DU ABER SAGST

  du aber sagst alles wird gut und ich glaube dir einfach weil ich lieber an wunder glaube als an banale wirklichkeit du aber sagst sieh die nächte sind weiß ich aber entgegne nein diese nächte sind rot so rot…

Kommst wie stolze Mittagswärme

  Unten bei dem Zaun, wo die letzten Äpfel noch am Zwergbaum sitzen, Seh ich Deinen blonden Kopf zwischen Feld und Garten blitzen. Steigst den Berg herauf, leuchtest auf wie die Sonnenblume warm und sorglos, Als ist diese ganze Erde,…

grashupfer

  Flügelchend mit dem Goldbrief aus feinstem Faserwerk, packte das Heupferdchen seinen Wanst korbvoll mit Ufernem: Schilfen und Gräsern Pinj, pinj, pinj! pardauzte die Roßpappel. O schwanings. O aufschein! (Deutsch von Paul Celan) Grasshopper Glitter-letter wing-winker gossamer grasshopper packs his…

Klon im im Rückspiegel

    Das zweite Gesicht war immer gelogen, das zweite Gesicht ist der Schlaf.   Das zweite Gesicht ist ein Haus gezogen ums Wohnen, ums Dinglicherwerden von Schlaf.   Gelogen bleibt alles, was neben dem Träumen die Wahrheit erklärt.  …

Untreu

  Dein Lächeln weint in meiner Brust Die glutverbissnen Lippen eisen Im Atem wittert Laubwelk! Dein Blick versargt Und Hastet polternd Worte drauf. Vergessen Bröckeln nach die Hände! Frei Buhlt dein Kleidsaum Schlenkrig Drüber rüber!       *** August…

FRAGE

  Ist deine Liebe wie eine Herde von Wölfen! Lautlos rennt sie durch die endlose Steppe; Ihnen heißt der Himmel, der endlos grau Über den Wütigen hängt, ihr Hunger. Oder lauerst du auf Beute: Im Geröll als Natter verborgen? Wer…

Wie war es denn nun wirklich und warum das alles nebensächlich ist

  WEIGONI: Geht es dir nicht langsam auf den Senkel, als die „Clara Schumann-Expertin“ angekündigt zu werden? EVA WEISSWEILER: Ich habe die Fragen mittlerweile kategorisiert: Nr. 1: „Warum haben Sie dieses Buch geschrieben?“ Nr. 2: „Hat es etwas mit Ihrem…

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fächelt Farngrün ach du meine Augenallee mein Wimperngebet wissend Zärtlichkeit des Windes um mich Zelt der Hände aus der Haut geschnitten mit den Augen den Berührungen: geh in mir umher! Ach pochend so Adern als wär nix geborgt ist der…

Avlos

Vergiss niemals: Deutsch ist hier die Menschensprache Rumjana Zacharieva Der Avlos-Verlag wurde um 1993 in Sankt Augustin bei Bonn vom deutschen Journalisten, Schriftsteller und Übersetzer Thomas Frahm gegründet. Das Verlagsprogramm beinhaltete vor allem Interkulturelle Literatur (Migrantenliteratur) sowie literarische Werke von…

Belichtetes Papier

Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an…

Große Liebe

  Es war die Nacht zum Lillebummer Schützenfest.Er hielt das Mädchen fest an seine Brust gepreßt.In seinen Augen standen süße Zähren,Er war dabei, ihr ‚alles‘ zu erklären.‚Du bist das schönste Mädchen, das ich je geliebt‘,Sprach Adolar, ‚weil es keine schönre…

Die innere Behörde

  Das Sprechen ist ein Tier und das Ofenrohr der Bote Gestern ass ich die Krümel vom Tisch und morgen fange ich mit den Stuhlbeinen an. Als die Tage noch 24 Stunden bargen, schliefen die dicken Käfer in den Kacheln.…

Wohnhœhlenmenschen

  eingesperrt hinter Glas das Gerippe von Stahlbaukæsten & teilbeleuchtete Etagen   Blicke festgenagelt auf die Peitschenleuchte & eine regennasse Fahrbahn   aus dem Geræuschteppich quillt ein tatuetata in das Einfallstor des Unbewussten   komplexbeladene Selbstbefragung in posthumanen Wuesten allein…

LIEBSTE

    Laß die Leinen los Laß uns schnelln Durch alle Tiefen Laß uns sinken Bis zum Grund Liebste, laß uns fliegen Über die Sekundensümpfe Jahreswüsten, laß uns Mit den Nebeln schweben Wenn wir müd geworden sind Doch bis dahin…

25 Jahre Werkkreis Literatur der Arbeitswelt

Den Versuchen der Schriftsteller, über das Dasein und die Lebensbedingungen der Proletarier zu berichten, haben Vorurteile im Wege gestanden, die nicht an einem Tage zu überwinden gewesen sind. Eines der nachhaltigsten sah im Proletarier den »einfachen Mann aus dem Volke«,…

Maßstab

  Weiterführend →  Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung…

Der Bibliothekar von Babel

Die Erzählung Die Bibliothek von Babel inspirierte Umberto Eco zum Bauplan der Klosterbibliothek in Der Name der Rose. Der blinde Bibliothekar und Gegenspieler Williams von Baskerville, Jorge von Burgos, ist eine Reminiszenz an Jorge Luis Borges Jorge Luis Borges stammte…

Japanische Lyrik

Vorbemerkung der Redaktion: Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus genügt,…

Sonett 121

  Viel besser: schlecht sein, als für schlecht zu gelten, wenn, der’s nicht ist, doch dafür wird gehalten, und edlen Liebesdrang, den wir nicht schelten, die Welt verneint in ihrem kalten Walten.   Warum denn sollte voller Hochmut sprechen die…

Ein Doppeldecker steigt aus jeder Flasche

  Ein Doppeldecker steigt aus jeder Flasche Und stößt sich heulend seinen Kopf kaputt. Der Übermensch verzehrt die Paprikagoulasche, Zerbröselnd Semmeln, rülpsend in den Kälberschutt.   Den Gästen hängt der Kiefer bis zur Treppe, Dort hinterlist’ge Fallen tätlich legend. Aus…

Kurze Wege

  Und werd‘ ich dann im Regen Der weißen Rosen gehn, Wenn bald ob Waldeswegen Die Winterflocken wehn, So wandl‘ ich wieder Bahnen, Die nimmer ich verließ, So klingt mir heut’ges Mahnen, Das einst mich folgen hieß.   Vereister Sturzbach…

LIED EINES ARBEITSLOSEN III

  Entlassen! papiere und abgestellt vom werk um den kündigungsschutz geprellt arbeitslos bist du ein dreck Nimmst neue stelle nicht? sperre   kein geld Zwei stunden fahren? ist nicht die welt So schicken sie dich wieder weg Geschoben von einem zum…

STRAßENBILD

  buchstabenverzerrt die gesichter durch asche gegangen fallen die köpfe der weißen statuen herab im gelbbewimperten tag träufeln aus konvexen fingern tropfen wein hervor unter nägeln die sich lösen schorfen gleich überm zwielicht des blutes ein abziehbild unterm wasser der…

Photo-Copy-Kopie

*** Eine Vorzugsausgabe Von der analogen Kopie zum digitalen Workflow von Klaus Urbons mit Hardcover ist beim M.F.F. erhältlich. Weiterführend → Blitzkopie: Auszüge aus einem Interview mit Dr. Edith Weyde 1988Xerografie: Erstes Remake des Astoria-Experiments zum 70jährigen Xerografie-Jubiläum 2008 Das…

Sprachbad

  Triff deine Zeit in mir und meine noch dazu: Wir sind nur einen Herzschlag weit entfernt. Die Turteltauben gurren Cucurrucucú. Ich habe für uns Tollkirschen entkernt,   Wir könnten uns in uns sofort berauschen. Die Wolken flocken sich ins…

O Superman

        Ihre ersten Performances hatte Laurie Anderson in den 1970er Jahren. 1977 entwickelte sie den Viofonografen, eine Violine mit einer aufmontierten 7″-Single, über die sie den Violinenbogen strich. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie 1981 mit ihrer elfminütigen…

Nachts

  Er liebt es, des Nachts spazieren zu gehen, das hat er schon während des Studiums gemacht. Den Kopf frei zu bekommen, alles Lästige der Studierstunden abzuschütteln. Sich über die Dinge Klarheit zu verschaffen. Auch heute geht es letztlich darum.…

Beschreibung eines Kampfes

    Die Ursache dessen, dass das Urteil der Nachwelt über einen Einzelnen richtiger ist als das der Zeitgenossen, liegt im Toten. Man entfaltet sich in seiner Art erst nach dem Tode, erst wenn man allein ist. Das Totsein ist…

Schreibwege Schreibweisen

  wie lange nimmt er mich mit dieser weg ist langsam gezielte strekke auf den winzigen punkt ins auge der kleinen kosmen       Weiterführend → Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den…

Als ich ein Zimmer verließ

  Du lieber Raum, nun müssen wir uns trennen! Ins Fenster grüßt die schlanke Rosenranke noch einmal wie ein glücklicher Gedanke aus Tagen, die mich ganz ihr eigen nennen.   Du warst die Ruhe! Deine sanften Wände umfingen meines Wesens…