„Schwanzlutscher“

Mit dreißig Jahren Verzögerung wirkten die Beatniks auf den deutschsprachigen Social Beat, eine literarische Underground-Bewegung der 1990er Jahre, die auch von Autoren wie Charles Bukowski, Jörg Fauser oder Thomas Kling beeinflusst war, der selbst an Poetry-Slams teilgenommen hat. Viele Social-Beat-Aktivisten waren in der Poetry-Slam-Szene aktiv.

Mit der Zeitung für Undergroundliteratur – Cocksucker hat es Anfang der 1990er aus Sicht des Verlegers angefangen. Zwar wurde die Zeitschrift nie offiziell eingestellt, aber sie wird wohl nie mehr so oft erscheinen wie damals. Es sei den, es wagt sich jemand an einen Re-Print.

Herausgegeben wurde der Cocksucker vom Ariel-Verlag. Dieser wurde 1993 während der Mainzer Minipressenmesse von Oliver Bopp gegründet, der schon ein Jahr zuvor als Herausgeber der Undergroundliteratur-Zeitung Cocksucker (20 Ausgaben, 1992–2003) tätig war. In dieser Zeit gab es ein großes Potenzial an jungen wilden Dichtern (meist Männer), deren kollektive literarische Sturm-und-Drang-Zeit später einen Namen erhielt: Social Beat. Der Ariel-Verlag teilte sich mit dem dem Label KILLROY den Ruf das verlegerischen Sprachrohr dieser Bewegung zu sein, dabei erschienen Anthologien (Downtown Deutschland, Asphalt Beat) und Einzelpublikationen. Im Laufe dessen erfolgte die Vereinigung mit dem Essener Isabel-Rox-Verlag, dieser hatte mit der „Underground-Anthologie“ Downtown Deutschland das losgetreten, was man als Social Beat und Slam Poetry aus den USA importierte. Einen guten Überblick über diese Szene bietet die Anthologie Kaltland (von Boris Kerenski und Sergiu Stefanescu), die den Abgesang dieser Sumpfblüte eindrücklich dokumentiert.

 

 

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Der Urvater des Social-Beat. Hadayatullah Hübsch. Photo: Masroor-ahmad

Weiterführend →

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.

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