Im Halse stecken bleiben und den Fisch am Wickel haben

Eine Welt ohne ©

Hoch geht’s ja öfter her in der Kolumne Fischwickel der Literaturzeitschrift Am Erker. Dieses Mal, in der jüngst erschienenen 63. Ausgabe, wird nach Lesern von Friederike Mayröcker gesucht. Genauer: Anne Smirescu meint, es gebe keine. Weil Mayröcker doch eh nur kryptische Wortkonglomerate schreibe, die sie Romane nenne (was im Zusammenhang mit Mayröcker fast ein Fremdwort ist: FM spricht von den meisten ihrer Bücher als Gedicht- und Prosabüchern, aber das kann Smirescu natürlich nicht wissen, da müsste sie doch glatt – hm, ja, FM lesen. ) Und die einfallsloseste Methode, in einer Welt ohne Urheberrecht zu leben, so die Kolumnistin weiter, sei, keine Leser zu haben. Ähnlich mache es Dietmar Dath. Den verstehe auch kein Mensch außer einigen, die so täten, als ob …

Ein Geheimnis birgt die Lust

Ogottogott! Smirescu kennt also auch unsereins nicht. Und überhaupt wohl keinen der 77 Mayröcker-Trunkenen, die gerade ihre Leseerfahrungen in literarische und künstlerische Produkte umgesetzt und sich in Matrix 28 zu einem atmenden Alphabet für Friederike Mayröcker vereint haben. Aber woher sollte sie auch – sagen wir mal – Elke Erb und Zsuzsanna Gahse, Michael Lentz und Traian Pop, Ilma Rakusa oder Christel Fallenstein kennen, wenn nicht vom Lesen? Und schon ganz und gar dürfte der Kolumnistin entgangen sein, dass die Büchnerpreisträgerin der Jahrtausendwende im Jahre 2011 den 57. Bremer Literaturpreis erhielt. Wofür? Sicherlich nicht fürs kryptische Konglomerieren von Wörtern,  denn dann wäre FM den Bremern wahrscheinlich gar nicht mal aufgefallen. Nein, fürs ordentliche Schreiben des Prosabuchs ich bin in der Anstalt hat sie den Preis bekommen. Aber naturgemäß nicht fürs ganz gewöhnliche ordentliche Schreiben, das auch Smirescu gleich verstehen würde, sondern für – also, ein Geheimnis birgt die Lust, FM zu lesen schon, und wenn ihr’s nicht fühlt …

 Ach was …

Aber so leicht sollten wir die Fischwickel-Spezialistin doch nicht abschreiben, vielleicht mag sie die von Theo Breuer edierte und im Ludwigsburger Pop Verlag erschienene Matrix 28 ja doch lesen. (Ein paar kurze und durchaus verständliche Geschichten sind schließlich auch drin.) Und anschließend besprechen. Oder nein, lieber doch nicht, das sollte Am-Erker-Herausgeber Joachim Feldmann lieber selbst tun. Mit dem ist Smirescu ohnehin böse. Genau, wegen dieses Fischwickels, denn – ach was, lesen Sie doch selbst: Am Erker 63, S. 143f. Und danach: Matrix  28, die aber von A bis Z.

 

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Weiterführend Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses  post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale ProjektWortspielhallezusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph PordzikFriederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.