floppy myriapoda

Die deutschsprachige Underground-Literatur ist tot? Von wegen! Totgesagte leben länger – und erweisen sich im Fall der Überzeugungstäter Alexander Krohn und Kai Pohl als mindestens so vital, aber weitaus angriffslustiger als ihre nach den Sternen des Establishments greifenden Lyrik-Kollegen. Krohn und Pohl sind die Herausgeber eines Literaturmagazins, das die Fahne der Anarchie hochhält.

Martin Droschke, zitty

Konsequent analog, der Lyriker HEL

In unregelmäßiger Abfolge stellen wir auf den Kulturnotizen Literaturzeitschriften vor. Ein Hinweis auf floppy myriapoda – Subkommando für die freie Assoziation, eine deutsche Zeitschrift für Literatur, Kunst und Politik . Die Zeitschrift wurde im Januar 2006 von Alexander Krohn und Kai Pohl gegründet. Als Herausgeberin fungiert die Epidemie der Künste, als Verlag zeichnet Distillery. Erscheinungsort war Berlin. Zu jeder Neuausgabe gab es öffentliche Lesungen. floppy myriapoda stellt sich in die Reihe kulturpolitischer Periodika, die bemüht sind, künstlerische Ausdrucksformen mit politisch-gesellschaftlichem Fokus zu konfrontieren. Schwerpunkte sind Lyrik, Essay, Avantgarde und Anarchismus. Gestalterischen Fragen wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Es werden überwiegend unveröffentlichte Texte von lebenden Autoren abgedruckt. Einige Texte, die in floppy myriapoda erschienen, wurden im Anschluss ins Italienische und ins Griechische übersetzt und veröffentlicht.

Kunst umsonst ist geschenkt.
HEL

Weit vor der der neuen digitalen Literaturgattung Twitteratur hat Herbert Laschet Toussaint (HEL) den oben genannten analogen Tweet erdacht. HEL ist bekannt geworden als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Er ist ein Archäologe des analogen Alltags, ein feiner Erzähler des Privaten, Unspektakulären, des vermeintlich banal Alltäglichen. In seinen Gedichten spürt er das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Die  Zeitgefährten sind zwischen 1977 – 2008 entstanden, es sind Gedichte für Einzelne, Kopf-, Brust- und Kniestücke, Porträts von Freunden, Kollegen, gereimte Rezensionen, Liebesgedichte, Minnesang und Totenreden, aus 33 Jahren und 7 Städten. In diesen Gedichten spürt HEL das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Er hat es hat es nicht nötig, Fiktion zu erfinden … die Fiktion existiert bereits.

 

 

Weiterführend →

Obwohl die nonkonformistische Literatur ehrlich und transparent zugleich sein wollte, war gegen Ende der 1960er nur schwer zu fassen, die Redaktion entdeckt die Keimzelle des Nonkonformismus in der die Romantiker-WG in Jena. Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.