DIE KÜCHE IST AUSGETRUNKEN

 

Die Küche ist ausgetrunken
Der Pfand ist leer
Der Briefkasten wartet
auf neue Drogen
während der Heißhunger
zitternd im Bett liegt

Die Radiospots misten aus
schmeißen alles hinaus
was nicht mehr in die
Wohnungen passt

Die Werbetrommel
rührt und rührt
bis die Masse
cremig ist und ihr
aus der Hand frisst
den ganzen Mist
in den Flur stellt und
den Kontostand
vergisst

Die Kleider vom Leib reißt
Die Kreditkarten
aus den Fenstern schmeißt
mitten hinein in den gierigen
Schlund der Prospekthysterie

20 Prozent auf alles
außer Tampons
Schuhabsätze
Toastbrot Bildzeitung
und Smarties natürlich

Freies Parken für
den schnellen Hunger
der schweißgebadet
von der Maloche kommt
der den Genuss und
den Geschmack
die Prädikatsweingüter
und die Bioanbauflächen
in die Mottenkiste
gepackt hat

Die Brüste springen
aus den Plakaten
schreien im Offizierston
Kauf Dir den Rausch
Kauf was Du niemals brauchst

Wenn nix mehr da
dann kommt fix was
Neues die Einkaufsstraße
heruntergeschlendert
den Pulli leicht verrutscht
den Rock kurz übern Po
was alle nass macht
und das Geld aus den
Portemonnaies schießen lässt

Feiern alle mit
Feiern bis der
Konsumpegelmast bricht
Und wenn morgens der
Brummschädel auf dem
5-Jahres-Garantie-Laminat
tanzt und steppt und wilde
Polkas aufführt
gib´s ne Tablette
für jede Gelegenheit
die alles mitmacht
was den Körper anmacht
und erst ausmacht
wenn der Heimleiter
Gute Nacht sagt

 

 

Aus „Die Leichen werden wohl warten müssen“, Gedichte von Roland Adelmann. RUP 2006

Weiterführend →

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.