Schlagwort: Novalis

Die Christenheit oder Europa

  Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Welttheil bewohnte; Ein großes gemeinschaftliches Interesse verband die entlegensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reichs. – Ohne große weltliche Besitzthümer lenkte und vereinigte…

Hymnen an die Nacht

  Welcher Lebendige, Sinnbegabte, liebt nicht vor allen Wundererscheinungen des verbreiteten Raums um ihn, das allerfreuliche Licht – mit seinen Farben, seinen Stralen und Wogen; seiner milden Allgegenwart, als weckender Tag. Wie des Lebens innerste Seele athmet es der rastlosen…

Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird

  Nun weiß ich, wenn der letzte Morgen seyn wird – wenn das Licht nicht mehr die Nacht und die Liebe scheucht – wenn der Schlummer ewig und nur Ein unerschöpflicher Traum seyn wird. Himmlische Müdigkeit fühl ich in mir. –…

rettungsversuche der literatur im digitalen raum

Woher kommt eigentlich die Poesie? Entsteht sie diesseitig im Kopf des Dichters und als Ergebnis seiner Arbeit oder erwählt sie sich den Dichter zum Medium ihrer Materialisierung? paraphrasiert a.j. weigoni in einem brief. wenn es gut geht, geschieht beides. als…

Das Trägermedium der Druckerschwärze

Die Kunst Bücher zu schreiben ist noch nicht erfunden. Sie ist aber auf dem Punkt erfunden zu werden. Fragmente dieser Art sind litterarische Sämereyen. Es mag freylich manches taube Körnchen darunter seyn: indessen, wenn nur einiges aufgeht! Novalis Wie kaum…

Geschäftigkeit

  Menschen, die zum Handeln, zur Geschäftigkeit geboren sind, können nicht früh genug alles selbst betrachten und beleben.     *** Weiterführend →  Die Blüthenstaub-Fragmente von Novalis dienten KUNO in 2009 als Leitmotiv von dem ausgehend wir die wichtigsten Stationen…

»Atomatisiert mitten im Satzgebilde« ∙ Wi(e)der sprechen können

Flaschenbürste ∙ Gemüsebrühe ∙ Brillenputztücher Und so kam Matrix 28. Atmendes Alphabet für Friederike Mayröcker ins Haus: herausgefallen aus dem Briefkasten, weil vielwiegend und in glatte Folie eingeschweißt. Hatte nun ungelesen gleich ein Eselsohr wie nach 50 Lesejahren. Gut. So…

Die Nacht ∙ die Atmosphären ∙ die Texte

  Von Wörtern, die glücklich oder traurig machen können Die Nacht hat aufgehört zu kichern. Sie schläft in ihren Stiefeln. Und ein verdatterter Mond schaut zu. Welch ein Bild! Ich finde es 2009 in Dietmar Daths Roman Sämmtliche Gedichte. Auf…

Empfindungen

  Die Stimmungen, unbestimmt Empfindungen, nicht bestimmt Empfindungen und Gefühle machen glücklich. Man wird sich wohl befinden, wenn man keinen besonderen Trieb, keine bestimmte gedanken- und Empfindungsreihe in sich bemerkt.     *** Weiterführend →  Die Blüthenstaub-Fragmente von Novalis dienten…

Die Ironie der Dinge

  Es war lange vor dem Krieg, daß ich in den »Fragmenten« des Novalis diese Bemerkung fand: Nach einem unglücklichen Krieg müssen Komödien geschrieben werden. Diese Aufzeichnung in ihrer sonderbar lakonischen Form war mir ziemlich wunderlich. Heute verstehe ich sie…

Chaos

  Ich möchte fast sagen, das Chaos muß in jeder Dichtung durch den regelmäßigen Flor der Ordnung schimmern.     *** Weiterführend →  Die Blüthenstaub-Fragmente von Novalis dienten KUNO in 2009 als Leitmotiv von dem ausgehend wir die wichtigsten Stationen…

Blüthenstaub

  1. Wir suchen überall das Unbedingte, und finden immer nur Dinge. 2. Die Bezeichnung durch Töne und Striche ist eine bewundernswürdige Abstrakzion. Vier Buchstaben bezeichnen mir Gott; einige Striche eine Million Dinge. Wie leicht wird hier die Handhabung des…

Opernplatz in Berlin am 10. Mai 1933

  Der Prozess der Geschichte ist ein Verbrennen.         Am 10. Mai 1933 werden in deutschen Städten tausende Bücher verbrannt. Die „Aktion wider den undeutschen Geist“ der nationalsozialistisch dominierten Deutschen Studentenschaft richtet sich gegen jüdische und andere…

Die Novelle

  Wie die Novelle in jedem Punkt ihres Seins und ihres Werdens neu und frappant sein muß, so sollte vielleicht das poetische Märchen und vorzüglich die Romanze unendlich bizarr sein; denn sie will nicht bloß die Fantasie interessieren, sondern auch…

Die Poesie

  Die Poesie schaltet und waltet mit Schmerz und Kitzel – mit Lust und Unlust – Irrtum und Wahrheit – Gesundheit und Krankheit. Sie mischt alles zu ihrem großen Zwecke – der Erhebung des Menschen über sich selbst.    …

Das Leben als Roman

  Das Leben soll uns kein gegebener, sondern ein von uns gemachter Roman sein.       Weiterführend →  Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus über…

Das Sterbliche dröhnt in seinen Grundvesten

  Das Sterbliche dröhnt in seinen Grundvesten, aber das Unsterbliche fängt heller zu leuchten an und erkennt sich selbst.       *** Weiterführend →  Die Blüthenstaub-Fragmente von Novalis dienten KUNO in 2009 als Leitmotiv von dem ausgehend wir die…

Die Kunst Bücher zu schreiben

  Die Kunst Bücher zu schreiben ist noch nicht erfunden. Sie ist aber auf dem Punkt erfunden zu werden. Fragmente dieser Art sind litterarische Sämereyen. Es mag freylich manches taube Körnchen darunter seyn: indessen, wenn nur einiges aufgeht!    …

Universalpoesie

  Die progressive Universalpoesie bezeichnet eine bestimmte, romantisch genannte Art von Literatur, welche nicht nur sämtliche literarischen Gattungen – also alle Formen von Lyrik, Drama und nicht zuletzt Prosa – zusammenführt, sondern auch die Literatur mit Philosophie, Kritik und Rhetorik,…

Europa. Ein Fragment

Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Welttheil bewohnte; Ein großes gemeinschaftliches Interesse verband die entlegensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reichs. – Ohne große weltliche Besitzthümer lenkte und vereinigte Ein…

Über den kritischen Lakonismus

Rezensenten sind literarische Polizeibeamte. Novalis Es gereicht Rezensenten, sie mögen nun Bücher, Menschen oder Verhältnisse beurteilen, zum größten Ruhme, wenn sie wie die Spartaner leben, nur Kupfergeld besitzen und schwarze Suppen essen; denn wer Vertrauen braucht, erhält es nur, wenn…

Einst da ich bittre Thränen vergoß

  Einst da ich bittre Thränen vergoß, da in Schmerz aufgelöst meine Hoffnung zerrann, und ich einsam stand am dürren Hügel, der in engen, dunkeln Raum die Gestalt meines Lebens barg – einsam, wie noch kein Einsamer war, von unsäglicher…

Nonkonformistische Literatur

Nonkonformisten reagieren mit Unglauben auf das, was alle zu Glauben scheinen, und sie machen sich über Handlungsmaximen lustig, die nach allgemeiner Auffassung die soziale Ordnung begründen. Sie akzeptieren die stillen Annahmen der seriös daherkommenden Urteile nicht, und drehen sich auf…

Über die Unverständlichkeit

Es herrscht die Annahme, das Netzwerk sei erst mit dem Internet erfunden worden, es gab jedoch eine Zusammenarbeit von Individuen bereits auf analoger Ebene. Vor zweihundert Jahren stellte Friedrich Schlegel das „Athenaeum“ mit der Begründung ein, dass diese Zeitschrift erst…

Eine kleine Geschichte der deutschsprachigen Lyrik

Vorbemerkung der Redaktion: Die Lyrik ist eine der frühen literarischen Formen. Wenn auch die frühesten überlieferten lyrischen Texte nicht als Gedichte im heutigen Sinne verstanden wurden – das Vorkommen von Reim bzw. Alliteration, einer Metrik oder eines sprachlichen Rhythmus genügt,…

Der Ursprung der Spontaneität

Das Klassische nenne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke. Johann Wolfgang Goethe   Das moderne Subjekt wird im 18. Jahrhundert krisenhaft geboren, in der Romantiker-WG in Jena. Im kulturellen Kontext spricht man von Romantikern, der Zugehörigkeit zu einer…

Mädchenlied

  Einige Mädchen brachten dem alten Schwaning einen frischen Kranz. Er setzte ihn auf, küßte sie, und sagte: Auch unserm Freund Klingsohr müßt ihr einen bringen, wir wollen beyde zum Dank euch ein paar neue Lieder lehren. Das meinige sollt…

Ich sehe dich

  Ich sehe dich in tausend Bildern, Maria, lieblich ausgedrückt, Doch keins von allen kann dich schildern, Wie meine Seele dich erblickt. Ich weiß nur, daß der Welt Getümmel Seitdem mir wie ein Traum verweht, Und ein unnennbar süßer Himmel…