Stötzer klagte über schmerzende Füße, ich aber ging beschwingt
von dem Gedanken, dass ich es war, der diesen Platz entdeckt hatte,
mit federnden Schritten voran.
Wir liefen querfeld nach Norden
zum Venusberg. Komm schon Stötzer, rief ich, es lohnt sich,
und hörte in meinem Rücken ungläubiges Schnaufen.
Ich hatte nicht gedacht, dass es ihm, der sich derart flink
durch die Straßen bewegte, so schwer fiel, außerhalb der Stadt
zu marschieren.
Er tastete sich vorwärts, unbeholfen, als befände
er sich
in einem Raum, der nicht für ihn geschaffen war, ja in dem ihm sogar
Feindschaft entgegenschlug. Dennoch war ich davon überzeugt,
dass ihn der Anblick des Ortes, zu dem ich ihn führte, entschädigen würde
für all die Mühsal. Allein die Parkplätze dort waren nach einer seltsamen Logik
angelegt und die Wendeschleifen würden ihn, wenn nicht erfreuen,
so doch anregen können.
Auf dem kleinen Weg, der die fertigen Häuser
von den im Bau befindlichen trennte, kam ich zum Stehen.
Hier war das, woran ich dachte, am besten zu sehen. Die halbfertige Siedlung
schottete sich jetzt schon derart gegen die Gegend ab,
dass sie ein
Überall in den Bausand buchstabierte.
Und nach ihrer Erfüllung würde sie wie eine Schnecke in ihrem Gehäuse
verschwinden, wie in sich selbst. Schneller, Stötzer, rief ich,
und drehte mich um.
***
Stötzers Lied – Gesang vom Leben danach. Versepos von Jan Kuhlbrodt. llustrationen: Ivonne Dippmann 180 Seiten, Verlagshaus J. Frank Berlin 2013
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