Weh mein schneeweißer Traber
Mit den Steinkohlenaugen
Der perlendurchflochtenen Mähne
Den sehr weichen Nüstern
Dem schöngewaltigen Schatten
Ging durch! Lief
Drei Abende weit war nicht zu bewegen
Heimzukehren. Nahm das Heu nicht
Wahllos fraß er die Spreu
Ich dachte ich sterbe so fror ich
***
Aus: Sarah Kirsch, Zaubersprüche (1973)
Vor 10 Jahren starb eine der interessantesten deutschen Lyrikerinnen. „Sarah Kirschs Weg durch die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts kann man als paradigmatisch beschreiben. Als ein Leben in Absetzbewegung, und in gewisser Weise ging sie mir und meiner Generation, die etwa 30 Jahre später auf die Welt kam, voran. Wie Kirsch hatten auch wir uns aus unserer Gegenwart, die Vergangenheit sein sollte, herausarbeiten. Es war nicht so, dass sie uns die Irrtümer abnahm, die uns prägten, vielmehr war sie uns auch Vorbild im Irren, sahen sie und einige ihrer Kollegen sich eine Zeitlang doch damit beschäftigt, ein anderes besseres Deutschland aufzubauen. Das sollte sich als großer Irrtum herausstellen. Aber vor allem, dass man aus dem Irrtum lernen kann, konnten wir von ihr abschauen. Und dass es keinen Weg aus der Geschichte gibt. Wohl aber aus ihren manifesten Ergebnissen.“, schreibt Jan Kuhlbrodt in einem Nachruf für die ZEIT.
Weiterführend → Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik, sowie einen Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.