Mainzer Reihe

 

In der Mainzer Reihe der Akademie der Wissenschaften und der Literatur sind bis 2005 gut hundert Titel – darunter zahlreiche lyrische Einzeltitel oder Sammelbände – (in verschiedenen Verlagen) erschienen. Seit 2004 erscheint die Reihe im Wallstein Verlag (Göttingen). Mit Nicolas Born, Gedichte. Herausgegeben von Katharina Born (Mainzer Reihe, Neue Folge, Band 1) wird auf 666 Seiten der totale Blick auf einen Dichter ermöglicht, den man Ende der 1960er Jahre in einem Atemzug mit Rolf Dieter Brinkmann nannte:

 

FENSTERPUTZEN

Immer wenn sie die Fenster putzt
sich bückt auf dem Trittbrett der Wohnung
macht sie den Jungen unruhig.
Sonst eigentlich nie
nur beim Fensterputzen
wenn sie das Leder wringt
und ein bißchen vor sich hinsummt.

 

Der 97., von Hugo Dittberner herausgegebene Band Kurze Weile. Gedichte in wenigen Zeilen läßt den Lyrikleser mit der Zunge schnalzen: Hier versammelt Dittberner auf 242 Seiten Gedichte mit höchstens 5 Versen aus 100 Jahren, beginnend mit Rainer Maria Rilke (*1874) und endend mit Farhad Showghi (*1961). Auf Seite 11 lese ich Oskar Loerkes unsterbliches „Vermächtnis“ von 1940:

 

Jedwedes blutgefügte Reich
Sinkt ein, dem Maulwurfshügel gleich.
Jedes lichtgeborene Wort
Wirkt durch das Dunkel fort und fort.

 

Die folgenden exemplarisch ausgewählten Namen und Titel repräsentieren die Mainzer Reihe: Hans Bender, Ausgewählte Aufzeichnungen Erzählungen und Gedichte (1999), Walter Helmut Fritz, Ausgewählte Gedichte und Prosa (1999) und der wundervolle Band Die Liebesgedichte (2002), Dieter Hoffmann, Gedichte aus der DDR selig (1999) oder Lonja Stehelin-Holzing, Kein Ton weiß sein Echo. Gedichte, Prosa, Übertragungen (2000). Die Mainzer Reihe schreibt mit an der Geschichte der deutschsprachigen Lyrik des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus.

 

 

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Weiterführend Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses  post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale ProjektWortspielhallezusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph PordzikFriederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.

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