Verlag im Waldgut

 

Beat Brechbühls Verlag im Waldgut habe ich nach 2000 mit zahlreichen ungewöhnlichen Büchern kennengelernt, die ich mit anhaltendem Interesse gelesen habe. Es ist ja bereits ein Vergnügen, diese im Handsatz erstellten und fadengebundenen, numerierten und signierten Bücher der Bodoni Drucke in die Hand zu nehmen und darin zu blättern, das Papier zu fühlen, den Bleisatz nicht nur zu sehen, sondern gleichsam zu erspüren. Aus der Vielzahl der neben mir liegenden Gedichtbücher – von Werner Bucher, Christian Ewald, Jürg Federspiel, Ivo Ledergerber mit Rom (2004), Galsan Tschinag mit Der Steinmensch zu Ak-Hem (2002) und Nimmer wird ich dich zähmen können (2003), Peter Weibel, Suzuki Shun und Tarjei Vesaas – greife ich zwei Bände von Werner Lutz heraus, um sie – pars pro toto – in höchsten Tönen zu loben. Beat Brechbühl gehört mit Erika Burkart und Kurt Marti zu den bedeutenden deutschsprachigen Dichtern der Schweiz – seit Jahrzehnten gehört er im gesamten deutschsprachigen Raum zu den wesentlichen Stimmen −, und seine Erfahrung als Lyriker kommt dem Verleger naturgemäß zugute. Mit Werner Lutz verlegt er einen Autor, der 1979 mit Ich brauche dieses Leben bei Suhrkamp debütierte und 1992 und 1996 Lyrikbände bei Ammann folgen ließ. Nun hat Lutz im Verlag im Waldgut seine Heimat als Autor gefunden. Die beiden Bände Nelkenduftferkel (1999) und Schattenhangschreiten (2002) weisen ihn als Spezialisten der extrem kurzen Gedichte aus, denen ich ein Plätzchen in den Kurzlyrikanthologien Kurze Weile von Hugo Dittberner oder Blitzlicht von Axel Kutsch gewünscht hätte. Nicht nur diese beiden Kenner werden ihre Freude an den beinahe fernöstlich wirkenden Gedichten von Werner Lutz haben:

Große Entwürfe nein
ich warte auf die Nacht
die schlafbewaldete Nacht
warte
bis der Fluss sich zu mir legt
von der Quelle bis zur Mündung

 

 

 

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Weiterführend Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur

Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses  post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale ProjektWortspielhallezusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph PordzikFriederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.