Der Titel des Albums ist pure Ironie. Er bezieht sich auf den Song „Knee Deep in Shit“ des Debütalbums »God«. Dieser Song ist selbstverständlich nicht auf dem Sampler zu finden.
Das erste Album der Gruppe, die nach der Auflösung von The Pop Group in Bristol entstand (und sich nach dem Album des 1977 verstorbenen Rahsaan Roland Kirk benannte), offenbarte mehr als nur eine Affinität zur Haltung des Jazzmusikers. Rip Rig + Panic entstand wie Phönix aus der Asche der Pop Group. Die Gruppe nutzte den Sound als Ausgangspunkt, mischte avantgardistische Elemente mit Jazz und ließ sich von Cherrys innovativem Pop-/Soul-Gesangsstil leiten. Das Debütalbum „God“, erschien 1981 bei Virgin Records. Es verband Free Jazz und freie Improvisation mit Post-Punk, Funk und Reggae. Die Gruppe erhielt vom NME Bestnoten für ihr virtuoses Spiel und ihren esoterischen Humor; ein Kritiker nannte es ironisch „einen Akt des Glaubens im Tumult“.
Ihr zweites Album, »I Am Cold«, enthielt einige Stücke mit dem Jazz-Trompeter Don Cherry.
Für ihr zweites Album, »I Am Cold«, verfolgte die Band einen kommerzielleren Ansatz, ließ aber gleichzeitig Einflüsse aus Jazz und Weltmusik einfließen. Das Album wurde mit Unterstützung von Sean Olivers Schwester, der Sängerin Andi Oliver, und dem Jazztrompeter Don Cherry aufgenommen. Die Combo erfand sich als Jazz-Funk-Fusion-Band, die musikalisch den Art-Punk hinter sich ließ, aber eine ähnlich respektlose Sensibilität bewahrte. Die Band bot passenderweise ein wildes Saxophon-/Klavierspiel. Sie waren jedoch nicht so anarchisch wie ihre Jazz-Vorbilder; repetitive Bass-Licks (Sean Oliver) und stabile Perkussion (Bruce Smith) waren dabei eine große Hilfe für eher gemäßigte Hörer. Humor war die Konstante in ihren wandelbaren Pop-Texturen. Und es war ihr „Alles-Ausprobieren“-Ansatz, der sowohl die Band als auch ihr Publikum auf Trab hielt. Meistens gönnten sich Rip Rig & Panic chaotische, hedonistische Ausgelassenheiten; chaotische, stotternde Rhythmen, die kurz vor dem Zusammenbruch standen, und keuchende, atemlose Melodien, die bis zum Zerreißen dehnten. Doch in seltenen, besonderen Momenten gelang ihnen eine ruhige Schönheit, die Struktur und harmonische Ordnung fand.
„Rip Rig + Panic bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen undisziplinierter Verschwendung und genialer kommerzieller Souveränität.“
Gavin Martin, NME
„Attitude“ aus dem Jahr 1983 war das letzte Album der Band, unterstützt durch die Singles „Beat the Beast“ und „Do the Tightrope“. Der größte Reiz der Band lag in ihrer Ausgelassenheit. Jenseits dadaistischer Titel springt Rip Rig + Panic stilistisch von Track zu Track. Ruhige Klaviersoli von Mark Springer und alberne Gespräche bieten eine Pause von Gareth Sagers kreischendem Saxophon zu arabischen und fernöstlichen Anklängen und dem heben Gesang von Neneh Cherry. Das zugänglichste Album der Band kommt normalen Songs am nächsten, bewahrt sich dabei aber einen verrückten Eklektizismus. Weit davon entfernt, abschreckend zu sein, hält Rip Rig + Panic die Show mit geschickter Musikalität und schrägem Humor am Laufen. „Sunken Love“ Stellt dabei die erkaltete Lava ihrer hysterischen, feurigen Exzesse dar. Eine herrlich stimmungsvolle Erkundung bluesiger Intonation und Proto-Trip-Hop-Beats. Zahlreiche musikalische Ideen unterstreichen die langsam brennende Eleganz des Songs: eine Streichergruppe, die sich abrupt ihren Weg durch den Refrain bahnt, der fantasievolle Funke in Springers kristallklarem Spiel und die kreischenden Passagen von Sagers Saxophon, das in der tiefen, heulenden Leere Versteck spielt, aus der Cherry ihren Blues singt:
„Unergründliche Gedankenmeilen verloren im tiefblauen Ich…“
Am beeindruckendsten ist die Rhythmusgruppe in ihren sinnlich-magnetischen Beats. Leicht bearbeitet, vermitteln sie den Eindruck, als würde Rip Rig + Panic in den schweren Fluten ihres expansiven Sounds versinken. Falls die Band die Richtung der Musik der Zukunft ahnte, lagen sie goldrichtig; „Sunken Love“ wies den Weg zu einem Sound, der (SPOILER!) fast ein Jahrzehnt später von Bands wie Portishead und Massive Attack populär gemacht werden sollte.
Obzwar der Titel der Compilation »Knee Deep in Hits« zutiefst ironisch ist, gibt er einen Eindruck davon, was aus Pop hätte werden können…
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Knee Deep in Hits von Rip Rig + Panic, 1990
Weiterführend → Punk erweist sich als eine Cover-Version des Rock’n‘Roll, der Style und die Haltung sind ebenso wichtig wie die Musik. Wir verorten auf KUNO die erste Punk-LP mit dem Bananenalbum. Oder war es doch eher der Garagenrock? – Lässt sich von MC Five (Motor City Five) oder den Stooges der verschwitzte Proto-Punk der New Yorker Proll-Combo ableiten? Oder hatte der testosterongesteuerte Punk gar eine Ur-Mutter? Würden das die Nerds unter den Musik-Kritikastern überhaupt zugeben? – Der Titeltrack des Albums ist der mit Abstand spektakulärste und zeitloseste Titel des Album. Bis heute ist Blank Generation der Song, der wohl größer ist, als die Band, die ihn produziert hat. Dies ist das beste Album, das die Buzzcocks nie gemacht haben. Kaum ein Song beschreibt den beginnenden britischen Punk besser als „Oh Bondage Up Yours!“. Es ist ein Zeichen von Chuzpe, wenn sich eine von Männern dominierte Szene, eine Combo von Frauen The Slits nennt. Waren die Pistols die erste Boy-Group? Johnny Rotten predigte Anarchie, The Pop Group praktizierte sie. PiL has his future in a British Steel. Klingt die Trostlosigkeit des Rust Belt nach Punk oder Industrial Folk? Eine weitere Seitenbemerkung über den Industrial-Punk der Nine Inch Nails aus Cleveland, Ohio. Tuxedomoon entwickelten einen experimentellen Sound, der seltsamer war als der ihrer Zeitgenossen aus den 80ern, indem er Jazz und hypnotisierende Elektronik auf eine Art und Weise einbezog, sie spielten einen hypnotischen Synth-Punk. Die aus dem Album Liaisons Dangereuses ausgekoppelte Single Los niños del parque ist eine der meistverkauften Underground-Singles in Deutschland und später aufgrund der markanten, mit dem Korg MS-20 erstellten Basslinie vielfach gesampelt worden. Eine Würdigung der südafrikanischen Tekkno-Punks Die Antwoord. – Gegen Fresh Fruit for Rotting Vegetables hört sich alles andere wie Pop an. Retten kann uns die Schönheit der Tenorstimme des Punk. The Monochrome Set verkörpert wie kaum eine andere Combo den DIY-Ethos, indem sie kompromisslos ihrer eigenen, einzigartigen künstlerischen Vision folgen. Zu Monarchie und Alltag gibt es einen Bericht zur Lage der Detonation. – Polka trifft auf Punk und möglicherweise waren es die Violent Femmes, die den Gitarren-Schrammelpunk erfunden haben. Weitere ungelöste Fragen: Stellen die The Ruts mit einem Album das Lebenswerk von The Clash in den Schatten? Wann hört der Substance von Punk auf? Wann beginnt der Post-Punk? Ist das bereits New Wave? Oder stellt Polyrythmik den Höhepunkt dar? Kein Punk, aber das Kronjuwel des Britpop. Die Alben von Wire stellen in beeindruckender Weise dar, was aus Punk eigentlich hätte werden können.
Inzwischen gibt es: Pop mit Pensionsanspruch, sowie eine Rock and Roll Hall of Fame. Daher der Schlussakkord: Die Erde ist keine Scheibe