Das Bananenalbum

Alles, was ich wirklich über Rockmusik wissen musste, erschloss sich mir plötzlich durch eine einzige Platte. Mit dem Spaß war es nun offensichtlich vorbei. Das hier war von einer Coolness, die ich nie für möglich gehalten hatte, es war überwältigend.

David Bowie

Die limitierte Originalauflage bestand aus einem Siebdruck mit einer schälbaren Banane und dem Hinweis „peel slowly and see“.

Entgegen aller Annahmen erschien das erste Punk-Rock-Album nicht 1977 sondern am 12. März 1967. Wir meinen The Velvet Underground & Nico, das Debütalbum der gleichnamigen Band. Charakteristisch für die Musik sind unter anderem die so genannten Drones (extrem lang gehaltene, gleich bleibende Töne, welche die Harmonik, also die Akkordwechsel der Songs überlagern), wie sie etwa bei Heroin oder Venus in Furs verwendet werden. Diese Drones wurden von John Cale auf seiner elektronisch verstärkten Viola erzeugt. Er schöpfte dabei aus seinen Erfahrungen mit John Cage, La Monte Young und der Minimal Music. Für die damalige Pop- und Rockmusik war eine solch avantgardistische Symbiose aus E-, U- und F-Musik eine radikale Neuerung. Charakteristisch für den Sound von Velvet Underground ist des Weiteren das unkonventionelle, monotone Schlagzeugspiel von Maureen Tucker, das auf den Einsatz von Becken weitgehend verzichtet und durch bewusste agogische Schwankungen auffällt, wie man sie sonst nur aus der klassischen Musik kennt (besonders augenfällig in Heroin), die häufige Wiederholung minimalistischer Improvisationsmotive und ein mit Verzerrern elektronisch stark verfremdeter Sound.

Du hast drei Minuten, um den Leuten klarzumachen, wer du bist. Und du kannst nichts Persönlicheres geben als deine Stimme und den Gesang.

John Cale

In den Texten beleuchtet Reed wertfrei und realitätsnah die so genannten „Schattenseiten“ der modernen Konsumgesellschaft – wie etwa Sadomasochismus in dem Song Venus in Furs, der sich deutlich auf den Text des Romans Venus im Pelz von Leopold von Sacher-Masoch bezieht. Femme Fatale hingegen ist eine Hommage an Edie Sedgwick, eine Stil-Ikone der 60er, die in einigen Live-Auftritten der Velvets mitwirkte und zeitweilig Muse von Andy Warhol war. Außerdem wird Drogensucht in den Songs I’m Waiting for the Man und Heroin thematisiert, mit denen Lou Reed unter anderem auf sich selbst reflektierte (wie auch in seinen späteren Soloalben). Die eindringlichen Texte bilden mit der düsteren, experimentellen Musik eine Symbiose, die wohl dazu beigetragen hat, dass Velvet Underground zu den im Nachhinein meist kopierten Rockgruppen der Musikgeschichte gezählt werden können. Überdies trug Nico mit dem düsteren Timbre ihrer Stimme (in den Titeln Femme Fatale, All Tomorrow’s Parties und I’ll Be Your Mirror) zur Einmaligkeit des Albums bei.

 

***

The Velvet Underground & Nico ist das Debütalbum der gleichnamigen Band. Es wurde von Andy Warhol produziert und am 12. März 1967 bei Verve Records veröffentlicht.