Der Begriff geht auf das Wort Sauerkraut und die Bezeichnung Krauts für die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg zurück.
Unter dem Genre Krautrock wurde ab Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre die Musik westdeutscher Bands eingeordnet, die teilweise auch international bekannt wurden. Die britische Musikpresse hatte den Begriff Krautrock insbesondere für bestimmte Formen der experimentellen und elektronischen Musik aus Deutschland geprägt. Allen klassischen Krautrockbands ist außer der geographischen Herkunft der Hang zur experimentellen improvisationsgeprägten Rockmusik gemein.
Als herausragende Interpreten dieser Richtung kann man die kölsche Band Can einordnen. Sie selbst sahen sich eher als eine Combo, die keinem bestimmten Stil zuzuordnen ist, und die es zudem ablehnte, als Rockband bezeichnet zu werden. Can bewegte sich zwischen Funk und innovativen Psychodelic-Elementen und experimentierte mit elektronischen Klängen. Ihr entscheidender Beitrag zur Musikgeschichte liegt darin, dass sie wie kaum eine andere Band eine von der klassischen Liedstruktur unabhängige Ästhetik repetitiver Klangkompositionen entwickelte. Damit sind Can richtungsweisend für die Musik der 1970er Jahre.
The Real Heart of the European Electronic Tradition was to be found in Cologne.
BBC-Dokumentation „Krautrock: The Rebirth of Germany“.
Krautrock ist eine einengende Bezeichnung, die Musiker kamen vom Jazz, Rock, Klassik und Elektronischer Musik. Der künstlerische Kern der Band waren der Keyboarder Irmin Schmidt und der Bassist Holger Czukay. Czukay hat bei den Berliner Philharmonikern das Bassspiel gelernt, bei Karlheinz Stockhausen Neue Musik studiert und erst einmal gar nichts mit Popmusik zu tun gehabt. Beide hatten bei Karlheinz Stockhausen an der Musikhochschule in der Domstadt Komposition studiert. Sie versammelten Anfang 1968 Musiker mit kontrastierenden musikalischen Hintergründen um sich und bildeten mit ihnen ein Experimentierkollektiv. Vom Free-Jazz kam der Schlagzeuger Jaki Liebezeit. Der Gitarrist Michael Karoli suchte noch nach musikalischer Identität. Zunächst nannte sich die Band Inner Space. Aus einem Konzert vom Juni 1968 wurden zunächst die Singles Agilok & Blubbo und Kamasutra veröffentlicht. Ab 1968 probte die Band in Schloss Nörvenich. Im August 1968 lernte Hildegard Schmidt in Paris den Bildhauer Malcolm Mooney kennen, der als neuer Sänger zur Band stieß. Die übrigen Bandmitglieder akzeptierten seinen Vorschlag, die Band The Can zu nennen.
Rock ohne angloamerikanisches Vorbild
Die erste LP Monster Movie entstand am 25. Juli 1969 und beinhaltet Spontankompositionen. Die auf nur 500 Exemplare veranschlagte erste Auflage war in zwei Wochen verkauft. Ab Ende des Jahres verzichtete die Band auf das The im Namen und nannte sich nun Can. Auf Konzerten fiel Malcolm Mooney durch verwirrte Darbietungen auf; er kehrte wenig später in die Vereinigten Staaten zurück. Im Mai 1970 wurde der Straßenmusiker Damo Suzuki als Sänger für ein Konzert in München engagiert. Es folgten die LPs Can Soundtracks (aufgenommen von November 1969 bis August 1970) und Tago Mago (November 1970 bis Februar 1971). Soundtracks enthielt eine Zusammenstellung von Filmmusiken der letzten fünf Filme, für die Can als Komponisten verantwortlich zeichneten.
Jaki Liebezeit kam ursprünglich aus dem Jazz, hat in den frühen sechziger Jahren zum Beispiel mit Chet Baker gespielt. Er bildete das rhythmische Fundament dieser Gruppe bildete. Sein Schlagzeugstil war monoton, also nicht gerade düster, sondern eher schmucklos, viel eher von afrikanischen Rhythmen als von ausufernden Grooves geprägt. Man sagt Liebezeit nach, dass er jede Rhythmusmaschine an die Wand spielen konnte.
Thomas Elbern
Can setzten in ihrer Spielweise, der Art des Zusammenspiels und in der Produktionsmethode experimentelle Akzente, die von der konventionellen Rockmusik abwichen. Repetitive Passagen, starke improvisatorische, in den Jazz-Rock und Free-Jazz hineinreichende Passagen wurden zu ihrem Markenzeichen. Der Musikstil der Band passte nicht in das Vermarktungsschema der meisten Plattenfirmen, so dass es der Gruppe anfangs schwer fiel, eine Plattenfirma zu finden. Das war der Grund, warum die Band so häufig das Plattenlabel wechselten.
Krautrock brach mit deutschen musikalischen Traditionen – auf drei Alben ließ die Kölner Gruppe Can den Japaner Damo Suzuki lautmalerisch improvisieren.
Spiegel
Im Dezember 1971 bezogen Can ein eigenes Tonstudio in einem ehemaligen Kinosaal in Weilerseist, ausgediente Matratzen sorgten für Schallschutz. Von 1971 bis 1978 entstanden hier acht Studioalben der Gruppe. Erst 1974 wurde 16-Spurtechnik eingesetzt. Die erste LP aus dem neuen Tonstudio war Ege Bamyasi (Dezember 1971 bis Juni 1972), es folgte Future Days (veröffentlicht im August 1973). Auf Vorschlag von Conny Plank übernahm ab 1973 René Tinner die Rolle als Toningenieur und führte 1978 das Studio als CAN-Studio weiter. Im September 1973 verließ Damo Suzuki die Band.
Can are my favourite and most inspirational band ever, I think. I heard this in the early nineties on the radio, thinking they were the best new band ever – and then I found out it was released in the early 70s. Melodically, sonically and rythmically this is experimentation with songs.
Geoff Barrow
Die LP Limited Edition (1974) war zunächst mit einer Auflage von 15.000 Exemplaren geplant (und wurde 1976 zur Unlimited Edition erweitert). Es folgten die LPs Soon Over Babaluma (August 1974) und Landed (Februar bis April 1975). Die Doppel-LP Unlimited Edition (März 1976) enthielt als erweiterte Version der Limited Edition unveröffentlichte, zwischen September 1968 und September 1974 entstandene, Aufnahmen sowie Flow Motion (Juni 1976) und Saw Delight (Januar 1977), das Allmusic als Abschieds-Album sah.
Czukay war nicht nur Bassist, sondern gleichzeitig Radiowellen-Manipulator und Tonband-Zerschnipsler – er hat Samplingkunst betrieben, bevor jemand diesen Begriff lanciert hat.
Im Mai 1977 verließ Czukay die Band, Rosko Gee von der britischen Rockband Traffic hatte bereits auf Saw Delight dessen Bass-Part übernommen. Out of Reach (Oktober 1977) war das zehnte Studioalbum, gefolgt von Can (Februar 1978) mit der im Dezember 1977 entstandenen Single-Auskopplung Can Can / Can Be basierend auf Jacques Offenbachs Grundthema des CanCan-Tanzes.
Nach den Sessions zur LP Can im Februar 1978 löste sich die Gruppe auf.
Nachgeborene habe eine charmante Möglichkeit sich den Band anzunähern, in diesem Jahr ist eine Kompilation ihrer Singles erschienen. Das Magazin ´The Quietus` schrieb:
Als eine Sammlung, die die Beinaheunfälle und die fragwürdigen Karikaturen der späteren Ära begrüßt, ist The Singles ein echtes und bewundernswertes Zeugnis der gesamten Can-Geschichte.
Wir finden auf dieser Zusammenstellung sowohl A- als auch B-Seiten und das macht das hören zu einer spannenden Angelegenheit. Einerseits funktioniert diese Album als Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Band. Andererseits machen sie Lust auf die kollektiven Improvisationen der Combo, für die sie berühmt und berüchtigt waren.
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The Singles, Can, 2017
Weiterführend → Der Begriff `Krautrock´ geht auf das Wort „Sauerkraut“ sowie die Bezeichnung „Krauts“ für die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg zurück. Der Ursprung des Wortes Krautrock geht auf eine Werbeanzeige der deutschen Firma Popo Music Management zurück, die in der US-amerikanischen Zeitschrift Billboard das Wort 1971 erstmals benutzte, um für Platten von Bacillus Records zu werben. Dieser Begriff wurde von der britischen Presse aufgegriffen und häufig benutzt. Peinlich wird Krautrock immer dann, wenn Deutsch Bands versuchen englische Texte zu verzapfen. Daher ein Hinweis auf die Deutschen Texte von Ton, Steine, Scherben. Sowie auf Ran! Ran! Ran! – THE BEST OF FAMILY*5 / VOL. I, zusammengestellt von Xao Seffcheque. Inzwischen ist das alte Thema Compact Cassette wieder aufploppt. Laut eines Berichts im Deutschlandfunk sind Tapes „Hipper als Vinyl“, wir spulen zurück in die Zukunft des Cassettenlabels. Danach ertastet KUNO den Puls des Motorik-Beats. Und machen eine Liebeserklärung an die „7-Inch Vinyl Record Single“. Krautrock ohne angloamerikanisches Vorbild – lässt es auch die Kraaniche fliegen? Auf Embryo’s Reise entdeckten die Musiker zwar nicht Amerika, sondern die Weltmusik. Ist das noch Krautrock? – Eher Labskaus vom feinsten! Last but least: Krautrock @ its best!
Inzwischen gibt es: Pop mit Pensionsanspruch, sowie eine Rock and Roll Hall of Fame. Daher der Schlussakkord: Die Erde ist keine Scheibe