Chiffrierungsprozess

 

Wie es begann: A.J. Weigoni schreibt das schmierige Leben einfach ab, ohne ihm irgendeine Bedeutung zu entnehmen, und fühlt sich noch wohl dabei. Geschrieben muss werden. Der Skrupellosigkeit dieses Betätigungsdranges entspricht die der Mache. Sie ist modern frisiert und erstrahlt im Glanz flüchtig aufgelesener Effekte, die in diesem Zusammenhang nur leider nicht glänzen wollen. Diese Texte sind voller nervöser Daseinslust und heimlicher Todesbegier, frühreif und unvollendet, flüchtig und ein ergebener Freund, gescheit und verspielt.

Seine Kritik an den unerträglichen Zuständen der Welt ist schrill formuliert und beruft sich auf das Diktum, das für Satire alles erlaubt ist. Wir betrachten Menschen, die den Eindruck vollkommener Zufriedenheit vermitteln und nicht eine Sekunde lang zu glauben scheinen, es stimme mit ihrer Situation etwas nicht. Und so wird all der Hohn und Spott am Ende von einem Moment von Traurigkeit überlagert, geradeso wie bei fast jeder Clowneske.

In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Dieser angeschmutzte Realismus entzieht sich der Rezeption in einer öffentlichen Institution.

Zwischen 1990 und 2010 arbeitet Weigoni die Short-Stories aus dem „Gossenheft“ Monster zu Erzählungen um. Diese skizzierten Grundideen verdichten sich zu einem Konzentrat dessen, was erst in späteren Werken zur erzählerischen Virtuosität gesteigert wird.

 

 

 

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Zombies, Erzählungen von A.J. Weigoni, Edition Das Labor 2010

Coverphoto: Anja Roth

KUNO übernimmt einen Artikel von Kultura-extra aus Neue Rheinische Zeitung und fixpoetry. Enrik Lauer stellt den Band unter Kanonverdacht. Betty Davis sieht darin die Gegenwartslage der Literatur, Margaretha Schnarhelt kennt den Ausgangspunkt und Constanze Schmidt erkennt literarische Polaroids. Holger Benkel beobachtet Kleine Dämonen auf Tour. Ein Essay über Unlust am Leben, Angst vor’m Tod. Für Jesko Hagen bleiben die Untoten lebendig.