The Matrix has you

Der Hacker Neo wird über Internet von einer geheimnisvollen Untergrund-Organisation kontaktiert. Der Kopf der Gruppe – der gesuchte Terrorist Morpheus – weiht ihn in ein entsetzliches Geheimnis ein: Die Realität, wie wir sie erleben, ist nur eine Scheinwelt. In Wahrheit werden die Menschen längst von einer unheimlichen virtuellen Macht beherrscht – der Matrix, deren Agenten Neo bereits im Visier haben …

„The Matrix has you.“

Neo liest diesen Satz auf dem Bildschirm seines Computers. Es ist eine Botschaft der Widerstandskämpfer. Matrix misstraut Neo und verfolgt ihn. Neo aber will wissen, was Matrix bedeutet. Was ist Macht? Was ist Wirklichkeit?

Matrix bedeutet im Lateinischen Stamm-Mutter. Matrix ist die Hülle der Chromosomen, Form, Muster, Schema, Schaltschema. Der Begriff ist also am ehesten der Idee zuzuordnen, die eine Wirklichkeit erzeugt.

Neo

Der Held, Thomas Anderson, genannt Neo, ist der ungläubige (Apostel) Thomas, der Zweifler. Anderson ist der andere ( = der zweite), der ‚Sohn‘ (=Nachfolger) Morpheus‘, der sagt: „Du bist auserwählt, Neo, ich suche dich seit Jahren.“ Morpheus trägt den Namen des Gottes der Träume und des Schlafs, also anderer Wirklichkeitsebenen. Er ist ein Wanderer zwischen den Welten. Neo ist sein Traum, seine Vision. Morpheus versteht sich als Wegbereiter für Neo, er will sich opfern, damit Neo die Wirklichkeit und den Menschen (erst gegen Matrix, dann gegen die herrschenden Maschinen) rettet.

In Neo (= der Neue) steckt das Anagramm: One (=der Eine, der Einzige). Ein sprechender Name: Neo ist der neue Messias, der Heilsbringer, der Retter.

Zimmer 101

Traum oder nicht Traum? Neos Mund wächst zu. Matrix hat ihn zum Schweigen gebracht. Neo wird in einem Zimmer des Matrix-Hochhauses verhört. In seinen Bauchnabel krabbelt eine insektenähnliche Maschine: Der maschinell kontrollierte Mensch. Es ist kein Traum, es ist die Wirklichkeit in der von Matrix simulierten Welt: Smith, der Chef der Security, ist die Versinnbildlichung dieser Macht.

Das Verhör findet in einem Zimmer mit der Nummer 101 statt – eine Anspielung auf das Zimmer 101 in Orwells Roman „1984“, in dem O’Brian, eine analoge Gestalt zu Chef-Agent Smith, Winston Smith der Gehirnwäsche unterzieht.

Morpheus

Morpheus ist das Oberhaupt des Widerstands gegen Matrix und die Herrschaft der Maschinen. Die letzten freien Menschen leben in der ‚wirklichen Wirklichkeit‘. Ihr Stützpunkt ist das Schiff  „Nebukadnezar“ (das ist Babylonisch und heißt ‚Gott Nabu schütze seinen Erbsohn‘), eine Art Arche Noah. Morpheus und seine Kampfgenossen können zwischen der wirklichen und der virtuellen Welt hin und her wechseln. Er will mit Neo in der Matrix-Sphäre zusammentreffen, ihn für den Widerstand gewinnen und aus der Matrix-Gefangenschaft befreien.

Platon

Die Matrix ist allgegenwärtig. Die Menschen leben in einer von Matrix gesteuerten Scheinwelt, wie in einem Gefängnis – das erinnert an die Höhle Platos, in der die Menschen in einem Erkenntnis-Gefängnis leben, angekettet an die eine Sicht auf die Schatten an der Wand. Sie müssen sich die Welt, die Wirklichkeit vorstellen, ja sie können sich sogar ihre eigene Existenz nur durch Interpretation ihrer unvollständigen Wahrnehmungen  (= ihre eigenen Schatten) vorstellen. [Platons Höhlengleichnis]

Das weiße Kaninchen

Zu Morpheus gehört Trinity, die den Kontakt zu Neo herstellt. „The Matrix has you, follow the white rabbit.“ Das weiße Kaninchen sieht er als Hautflecken auf der Schulter einer Frau, er folgt ihr in eine Diskothek, und so kommt es zur Begegnung mit Trinity, die ihn in einer energischen Nabel-Operation von der Matrix-Wanze befreit, die Smith implantierte. Die Operation findet in einem Auto statt, draußen regnet es, und die Tropfen an den Fensterscheiben fließen wie die Zahlenkolonnen des Matrix-Computers, das Wasser fällt wie ein Matrix-Vorhang vor die Öffnung der Unterführung, die das Auto durchquert. Die Natur wird zum Bild – Matrix erzeugt ein Bild der Natur.

Das Kaninchen stammt aus „Alice im Wunderland“ – Alice folgt einem weißen Kaninchen und fällt ‚Hinab in das Kaninchenloch‘ (Erstes Kapitel). Sie hat den Eindruck, sie stürze wie in Zeitlupe hinunter bis zum Erdmittelpunkt. Unten angekommen, findet sie einen goldenen Schlüssel und öffnet eine Tür zu einem wunderbaren Garten… Das sind Anspielungen auf den Garten Eden, auf Zion, das verheißene Land, das Morpheus, dessen Schiff in der Nähe des noch warmen Kerns der erkalteten Erde immer wieder Zuflucht findet, zurückgewinnen will.

Neo trifft Morpheus. Morpheus stellt Neo vor die Wahl: Mit der blauen Pille kommt er raus aus der Schein-Welt, in der er ist; mit der roten Pille bleibt er drin. Neo nimmt die blaue Pille: Er will zunächst die reale Welt erfahren und von dort in die virtuelle Matrix-Ebene eindringen.

Blau Grün Rot

Blau ist die Farbe des Himmels,  der ätherischen (körperlosen) Sphäre, des Wassers, der Transparenz, Klarheit, Kälte und Logik. Das passt gut zur blutleeren Welt der Maschinen und zur Kälte im Erdinneren, wo die „Nebukadnezar“ immer wieder auf der Flucht vor den Maschinen ist. Grün und blendendes Weiß sind die Hauptfarben der Matrix und der von ihr erzeugten Scheinwelt, Hoffnung und Nichts, apollinische Desillusionierung: Grün ist analog dazu die Innenwelt des Großrechners an Bord der „Nebukadnezar“. Die Wirklichkeit verfügt über alle Farben. Rot aber kann nur in der Wirklichkeit dominieren: Die Farbe des Organischen, auf den Menschenfeldern, dazu tödlich-böses Schwarz bei den Maschinen, und das Rot in der Sphäre denkender und fühlender Menschen und der Liebe, die das Leben transzendiert.

Hinab in das Kaninchenloch

Neos Übergang aus der Gefangenschaft der Matrix in die wirkliche Welt ist mysteriös, er wird poetisch konstruiert (erfunden). Dieser Weg ist die Vorstellung einer Hölle. Neo wird abgekabelt von der Matrix-Welt – seine Abnabelung wird am Körper Neos verbildlicht, um auch die Qual (seines Hirns, des Geistes, der Psyche) zu zeigen. Die Höllenbilder, also mythische Bilder,  stehen an Stelle eines eigentlich abstrakten Vorgangs. Mit dieser ‚Höllenfahrt‘ fällt Neo aus der Zeit, also auch aus der Kausalität (seiner bisherigen Welt) heraus.

Göttliche Komödie

Die Höllenfahrt unter seelischen (oder neuronischen) Schmerzen erinnert an den Geburtsprozess oder an die Lebensreise in Dantes Göttlicher Komödie . Neo wird erst jetzt seinem Beinamen gerecht: Er beginnt ein neues Leben, eine Mission. Es ist die erste Stufe der Geburt des neuen Messias.

In der Göttlichen Komödie steigt Dante vom Inferno zum Purgatorio und von dort zum Paradiso auf. Der Weg zum Inferno führt durch einen Erdtrichter zum Mittelpunkt der Erde (in Matrix sind die Orte umgekehrt: Der Erdkern ist der Hort des Widerstands – aber die Reise der Läuterung und Errettung ist im Prinzip die gleiche; auch Alice im Wunderland fällt in den Trichter – es ist das alte Märchenbild vom Brunnen, in den man fällt, in dem das alte Leben ertrinkt und das neue geboren wird).

Dante wird wie Neo von einer männlichen und einer weiblichen Kraft geleitet. Vergil führt Dante vom Inferno zum Purgatorio. Morpheus führt Neo, nach Befreiung aus der Matrix, von der „Nebukadnezar“ im Erdinneren in die Matrix. Beatrice führt Dante ins Paradies. Trinity führt Neo ins Leben zurück und zum Sieg über Matrix, und damit an die Pforte zum Paradies.

Faust

Dieser Prozess erinnert an Goethes Faust . Faust entscheidet sich für ein neues Leben, für eine Suche nach dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält.“ Faust, eine realistische Gestalt, verbündet sich mit dem Bösen, um über sämtliche Möglichkeiten der Welterfahrung zur verfügen – diese anspornende Kraft ist Mephisto, den man als gottgegebene Herausforderung verstehen kann, aber auch als Teil unserer Psyche: Das dem Über-Ich entgegengesetzte Es. Faust besiegt das Böse, er lernt sich selbst beherrschen und geht der (deistisch aufgefassten) Einheit der Schöpfung nicht verloren. Zwar scheitert Faust als Handelnder, aber er erlöst sich selbst. Faust ist der sich emanzipierende Mensch, der sich und seine menschengöttliche Freiheit (Ebenbildlichkeit) selbst erzeugt.

Anders Neo: Er, eine märchenhafte Gestalt im modernen Kostüm, verbündet sich von vornherein mit dem Guten, mit Morpheus, der ihn vorwärtstreibt und fördert. Auch Neo hat ein gewisses faustisches Drängen nach dem Wahren. Auch im viel einfacher gestrickten Kampf zwischen Gut und Böse (Rot und Blau, Liebe und Hass) geht es um (Wiederherstellung von) Harmonie, um Freiheit.

Eine interessante Vision im Faust ist der Homunculus. Er ist die Idee, dass der Mensch Schöpfer seiner selbst wird. Wagner, dem technizistischen Wissenschaftler, gelingt die Konstruktion des Homunculus. In dem Film Matrix steht der Mensch ganz im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit. In Matrix will der fast verlorene Mensch sein Wissen und die Homunculus-Idee, die hier der virtuellen Welt entspricht, zurücknehmen um sich wieder neu zu erschaffen.

2001

Der Konflikt spitzt sich zu: Der menschliche Geist (der ganzheitlich gesehen wird: Materielles Hirn, Körper, Ideen entwerfender und wirklichkeitsverändernder moralischer Geist und liebesfähige Seele) kämpft gegen Matrix (maschinelle Logik). Wer gewinnt?

Diese Idee ist vor etwa 30 Jahren in Stanley Kubriks Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ zunächst ganz realistisch dargestellt: Der Zentralcomputer an Bord eines Raumschiffs auf wichtiger Missionsreise will nach den Gesetzen der Logik und mit dem Ziel der Perfektion den Menschen als einzigen Risikofaktor abschaffen; in letzter Sekunde kann der einzige Überlebende den Computer abstellen, er besiegt den Feind, die von Menschen erschaffene künstliche Intelligenz. Allerdings hat er nun den point of no return überschritten. Er verliert sich in der kurzen Lebenszeit, die ihm noch bleibt, in Vorstellungen, in denen er, und der Zuschauer, Raum und Zeit und Einsteins Relativitätstheorie in visionären Bildern erfährt. In Kubriks Film verliert der Mensch den Kampf, der Film endet in der Kälte eines Alls, dessen Gesetz Kubrik – ironisch und zugleich sehr bedrohlich wirkend – in Gestalt einer omnipräsenten Energieplatte darstellt, die an einen materialisierten Gott denken lässt.

Restselbstbild

Neos reale Sphäre wird in der Matrix als Idee, in software-Form, implantiert, und dieses ‚Implantat‘ wird, einem Virus ähnlich, Matrix am Ende vernichten. Man kann aber auch sagen, die Matrix erzeugte mit Neo wenigstens einen Teil der Kraft, die auf Matrix zurück-wirkt. Neo enthielt ja von Anfang an die Potenz, sich gegen das System, zu dem er gehörte, aufzulehnen. Das System, so starr es ist, kann sich also auch verändern.

In der software der „Nebukadnezar“ oder der Matrix ist Neo nur noch ein „Restselbstbild“ (das der Film benötigt, um den rein abstrakten Kampf Neos gegen Matrix in menschlicher Gestalt zu veranschaulichen – wir können außerhalb rein begrifflicher, formaler Sprachen, wie etwa in der Mathematik oder Physik, nur in sinnlichen Bildern denken).

Am Ende eines Übungskampfs in der software der Nebukadnezar sagt Morpheus zu dem erschöpften Neo: „Du glaubst doch nicht, dass du jetzt wirklich Luft einatmest!“ Die Existenz der Luft hängt also davon ab, ob sie gedacht wird oder nicht. Erst das Bewusstsein ermöglicht die spürbare Wahrnehmung. An einer anderen Stelle fragt Neo, was mit seinem Körper passiert, wenn sein Geist in der Matrix stirbt. „Ohne deinen Geist kann dein Körper nicht existieren“, antwortet Morpheus. Da ergibt sich von ganz allein die Frage, ob Materie nur eine Erscheinungsform der Idee ist. Der Film spielt hier mit der Ideenlehre Platons.

Maschinenherrschaft

Die Maschinen herrschen, aber sie benötigen den Menschen als Energiequelle. Durch menschliche Unvernunft kam es zur ökologischen Katastrophe – die gesamte Atmosphäre wurde verdunkelt, Licht und Wärme der Sonne gingen verloren. Diese zweite Sintflut, eine Sintflut der Lüfte, motivierte die Menschen zur Erschaffung der ersten Matrix-Welt als Ersatz für die verlorene Natur. Erst dann eroberten die Maschinen die Herrschaft über Matrix und die Menschen. Die Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse wird durch das abstruse Bild, dass der Mensch von den Maschinen als Energiequelle gezüchtet wird, ins Groteske gesteigert. Wir sehen Bilder von Menschenfeldern.

Stern der Ungeborenen

Schon in Franz Werfels gewaltigem Zukunftsroman „Stern der Ungeborenen“ aus dem Jahr 1945 finden sich einige wesentliche Matrix -Ideen: Die Menschen leben im Jahr 101945 in einem galaktischen Reich. Der Staat ist Weltstadt, Panopolis. Die Bewohner haben einen „Prozess der Abstraktion“ durchgemacht, ihre Körper sind nur transparente Zustandsformen ihres Bewusstseins. Allerdings haben die Menschen im Unterschied zum Film Matrix das Zeitalter der Technik, „die menschenfresserische Zivilisation“, überwunden. Da die Grenzen zwischen Fiktion und Realität aufgehoben sind, haben die Menschen großartige Möglichkeiten der Welt- und Lebensgestaltung, aber zugleich tritt – analog zur Matrix – eine „Verarmung des Lebens an Buntheit und Fülle“ ein.

Das Sterben ist trotz der weitgehenden Vergeistigung des Körpers nicht überwunden, aber es ist ein kontrollierter Vorgang. Im „Wintergarten“, dem Hades dieser futuristischen Gesellschaft, wird das Sterben zu einem schmerzlosen Prozess: In der Ackererde werden die Leiber zurückverwandelt in den embryonalen Zustand. Die Matrix-Bilder von den Feldern, in denen die Menschen gezüchtet werden, um als Energiequellen für die Maschinen zu dienen, erinnern zumindest optisch sehr an Werfels Fiktion vom umgekehrten Wachstum der sterbenden Menschen, an dessen Ende die „vegetative Form des Nichtseins“ steht.

Der Schluss des Romans von Franz Werfel gipfelt in einer Messias-Variante: Die Erlösung der Welt von der Melancholie und Langeweile eines fast körperlosen, also schmerzlosen Geistes (das entspricht der Welt der Matrix) gelingt im selbstlosen Opfer eines Knaben, der sich weigert, den Weg des schmerzlosen Verlöschens zu gehen. Was für ein grandioser Film, viel tiefer, innerlicher, spannender wäre Werfels Stern der Ungeborenen – ein Filmkunstwerk, das die Massen ergreift!

Messias

Geschichte wird zunehmend als Sage und Religion verklärt:

Der Schöpfer der Matrix versuchte einst die Menschheit von der Herrschaft der Maschinen zu befreien, aber er starb, er versprach wiederzukommen und die Matrix zu vernichten. Hier wird das Fundament für Neos Geschichte als (zweiter) Messias gelegt.

Osten. Nietzsche

Neo lernt zu kämpfen: Er befindet sich im Programm des „Nebukadnezar“-Rechners in einer virtuellen Welt, also kann er gehirnlich, richtiger: gedanklich, alles. Er ist nicht absolut an die Naturgesetze gebunden, er kann wie ein Schachspieler, der schneller als jeder Gegner spielt, Matrix besiegen. Die Übungs-Kampfszenen (mit Morpheus) zeigen asiatisches Denken (Einheit von Körper und Geist – dabei ist der Geist so stark, dass der Körper sein Instrument wird). Genau das muss Neo lernen. Im Kampf mit der Matrix kann er nur mit dem Geist siegen, der Körper ist virtuell.

Die Idee des Übermenschen wird hier berührt: Neo soll der Seiltänzer (in Nietzsches Also sprach Zarathustra ) werden, der nicht abstürzt, der also den bisherigen Menschen überwindet. Morpheus ist der Meister, Neo der Schüler. Der Meister lehrt den Schüler, damit er das tut, was er selbst nicht kann: Die Welt retten. In diesem Meister-Schüler-Muster wird asiatisches Denken mit abendländisch-christlichem (Meister und Jünger) verbunden.

Das Orakel

Eine weitere mythologische Anleihe: Auf seinem Weg zur Rettung der Welt ist Neo nicht sicher, ob er der Auserwählte ist, er zweifelt. Er sucht Gewissheit, die er nicht von außen erlangen kann. Das Orakel, verkörpert durch eine Frau, Mutter der kleinen eigenwilligen Kinder in einer Wohnung der middle class, kann ihm natürlich nicht helfen, Gewissheit muss von innen kommen und nicht durch die Vorhersage der Zukunft.

Eine Vorhersage der Zukunft ist auch unmöglich angesichts des Zufalls, der nach den Erkenntnissen der Quantenmechanik nicht vorhersagbar ist. Eine berechenbare und also beschreibbare Kausalkette von Ereignissen ist unmöglich. Allerdings weissagt das Orakel Trinity, sie werde den Auserwählten lieben, und das wird Neo sein, den sie erst durch die Kraft ihrer Liebe endgültig zum Auserwählten macht. Und es weissagte schon Morpheus, dass er den Auserwählten findet. Das sieht nach einem Kausalnexus in den Grenzen zweiwertiger Logik aus – aber Kausalität als Sinnzusammenhang wird ironisiert.

Schrödingers Katze

Es ist bezeichnend, dass angesichts solcher Unmessbarkeit der Lebensprozesse eine Katze durch die Matrixwelt läuft, die doch da gar nichts zu suchen hat: Es ist Schrödingers Katze! „Déjà vu“, heißt es hier ausdrücklich im Film: Schon gesehen. Déjà-vu-Erlebnisse werden in der Psychologie als Zeichen des Nachlassens des Bewusstseins in der Gegenwart gedeutet, solche Erlebnisse häufen sich naturgemäß bei älteren Menschen, sie sind hier wahrscheinlich nur ein wortspielerischer Hinweis auf Schrödingers Katze. Auf der Handlungsebene des Films ist das Auftauchen der Katze als Déjà-vu-Erlebnis ein  Anzeichen für die Anfälligkeit der Matrix, die kurz zuvor dank der Hinweise Ciphers Teile ihres Programms für die Wirklichkeitssimulation änderte, um die Widerstandsgruppe um Neo zu fangen. Die Gruppe hatte in dem Verrat Ciphers ebenfalls einen System-Fehler, den sie jedoch verkraftet.

Eine belletristische Verwandte dieser Katze ist die Cheshire-Katze in Lewis Carrolls großartigem Buch „Alice im Wunderland“. Die Katze kann sich mitten im Dialog auflösen, wegdimmen, sodass nur noch ein Bild ihres Grinsens übrigbleibt, sie wird so zur bloßen Form, zur Matrix ihrer selbst. Schrödinger kannte diese literarische Katze nicht, er erschuf seine quantenmechanische Katze, aber auch diese kommt nicht ohne Mythologie aus, sie ist ja ein wissenschaftlich gemeintes Bild oder Gleichnis, wie wohl alle Versprachlichung immer zugleich Mythologisierung des Bezeichneten ist. Vielleicht ist die mathematische Sprache eine abstrakte Mythologie oder die Matrix aller Mythologien. Übrigens, auch die schwarze und die weiße Katze, die in Lewis Carrolls „Wunderland“ vorkommen, sind Verwandte der quantenmechanischen Katze Schrödingers: Die weiße Katze ist gut, die schwarze ist böse, aber Gut und Böse werden zum Spiel des Zufalls…

show down

In Matrix ist das kein Spiel des Zufalls: Der Kampf zwischen Gut (Neo) und Böse (Matrix) ist ein moralischer Show-down nach dem Muster vieler Hollywood-Filme; dieses Muster ist auch dem Western immanent. Siegen soll das Gute. Und das Gute ist die alte Ordnung, nicht eine neue.

Matrix ist, so gesehen, ein technik- und utopiekritischer Film, der Technik, Wissenschaft und Philosophie als Mittel der Unterhaltung benutzt.

Die Ironie des Schicksals oder die List der Geschichte

Zurück zum Orakel. Das Orakel ist ein intelligenter Scherz. Als Neo die Wohnung des Orakels betritt, sieht er, wie eines der kleinen Kinder mit der Kraft seines  Geistes einen Löffel verbiegt wie vor Jahrzehnten der israelische Entertainer Uri Geller. „Nicht der Löffel verbiegt sich, sondern du selbst!“, sagt das Kind. Dieser Satz spielt erneut mit der Ideenlehre Platons, mit dem Verhältnis von Körper und Geist oder hardware und software. Der Geist baut sich den Körper (Goethe, Faust). Das kindliche Spiel ist eine Vorausdeutung des Kampfes, in dem Neo die Matrix nur geistig besiegen kann.

Das Orakel, ein Witzbild der delphischen Sibylle, verzeiht Neo seine Tolpatschigkeit schon, bevor er ihre Vase beim Eintreten in die Orakel-Küche zerbricht. Das könnte eine Karikatur der Einsteinschen Relativitätstheorie sein: Alles ist relativ. Im absoluten Relativismus verliert sich jeder Sinnzusammenhang, alle Kausalität. Das Orakel sagt nämlich: „Hättest du sie auch zerbrochen, wenn ich nichts gesagt hätte?“

Das Orakel ist so profan, dass es sich selbst ironisiert, indem das Voraussagen der Zukunft auf die  Wahrscheinlichkeit reduziert wird, mit der ein eiliger Ratsuchender eine fast schon absichtlich dumm plazierte Vase umrennt. Zukunft ist nicht voraussagbar, weil physikalische Prozesse und menschliche Handlungen  nicht notwendig nach dem Maßstab einer zweiwertigen Logik funktionieren. Orakelsprüche sind offen, auslegbar, erst im deutenden Bezug auf Zukunft werdende Gegenwart werden sie erfüllt (sic!), werden sie wahr.

Das Orakel ist ein ironischer Hinweis auf Matrix, die nach der zweiwertigen Logik funktioniert. Damit wird Matrix vollständig starr und berechenbar und ist flexiblem Denken, das den Zufall zulässt und stetig neue Regeln und Handlungen erfindet, unterlegen. Die dynamische Dialektik der Evolution des Geistes ist dem dualen Mechanismus im software-hardware-System überlegen. Das Organische besiegt das Anorganische. Genau das will der Film zeigen: Der schöpferische Mensch mit beweglichen Ideen ist mehr als die feste Form der Matrix.

Retardierende Momente

Die Matrix erkennt das Eindringen von Neo und Morpheus.

Matrix-Jäger jagen die Eindringlinge. Es folgt der Zweikampf Morpheus mit Smith (der Name des Chef-Agenten der Matrix ist – im Gegensatz zu Morpheus – ein Allerweltsname). Morpheus verliert diesen Kampf und bereitet Neos Messias-Rolle vor.

Cipher verrät Neo – er ist eine Parallele zum Verräter Judas im Rahmen der Messias-Parodie. Auch sein Name ist ein sprechender Name: Cipher heißt im Englischen Null. Null spielt nicht nur auf die moralische Wertlosigkeit dieses Verräters an – Cipher will tatsächlich zur Null werden, zum Nichts, er will seinen Körper loswerden, ganz zur Matrix gehören um vollkommenen Genuss zu ‚er-leben‘. Deswegen sagt er: „Die Matrix ist realer als diese Welt!“

Diese Aussage ist paradox. Die Matrix (Form) kommt ohne Wirklichkeit/Materie (Inhalt) nicht aus, software ist an hardware gebunden. Er will sagen, die Matrix ist das Reich der Ideen, aber die Materie, der Körper, ist das Gefängnis des Geistes. Cipher betont die Macht der Ideenwelt, die er in der Matrix zu finden glaubt. Er will lieber in der virtuellen Welt, in einer komfortablen Illusion, leben als in der rauhen Wirklichkeit. In der virtuellen Welt glaubt er das Paradies und die Unsterblichkeit (wiederzu)erlangen – auch die Unschuld?

Smith als Ideologe

„Evolution, Morpheus! Eure Zeit ist abgelaufen, die Zukunft gehört den Maschinen.“

Es geht also nicht ohne Körper. An die Stelle des menschlichen Körpers (Hülle, Matrix) tritt der Körper der Maschine, die einen dem Menschen überlegenen Geist besitzt. Smith will sagen, der Mensch war nur Übergangsstufe.

Aber der eigentlich schon überwunden geglaubte Mensch wehrt sich gegen seinen überlegenen Nachfolger. Matrix zeigt, wenn am Ende der Mensch siegt, dass die absolute Maschine in der Evolution des Geistes unterliegt.

Smith sagt weiter, der Mensch sei kein richtiges Säugetier, ihm fehle nämlich das natürliche Gleichgewicht, und daher habe er in die Computer-Welt ausweichen müssen. „Ich hasse diesen Planeten, diesen Zoo!“, sagt er, „erst wenn Zion [die Stadt der letzten Menschen im Erdinneren] zerstört ist, bin ich frei.“ Der Mensch sei ein Virus, eine Krankheit. Smith will damit die Fehlerhaftigkeit des Menschen bezeichnen, die Ausrottung des Menschen begründen.

Allerdings mit den falschen Begriffen. Denn Krankheit, als quantenmechanische Faktizität, ist Teil der Natur, wie auch der Mensch Teil der Natur und der Evolution ist. Das Denken von Smith hat menschliche Züge, es ist von Hass gegenüber der Vergangenheit und dem Menschen geprägt. Das passt nicht zur Matrix. Matrix dürfte nur logischen, nicht aber moralischen Gesetzen oder gar Gefühlen folgen. Matrix ist in diesem Film nicht konsequent definiert.

Aber das ist auch Absicht: Im Systemvergleich Mensch – Maschine wird die Starre zweiwertiger Logik mit dem Begriff des Hasses ‚mythologisiert‘ oder verbildlicht, dagegen die Offenheit menschlichen Denkens mit der Liebe. Dem Hass ist zuzuordnen: Trennung, Destruktion, Selbstzerstörung – der Liebe: Verbindung, Konstruktion, Selbsttranszendierung. Im evolutionären Prozess hat das an Vielfalt und Liebe orientierte System die größeren Überlebens- und Entwicklungschancen.

Smith wird immer menschlicher (immer weniger Matrix), wenn er sagt: „Ich kann die Welt nicht riechen.“ Smith hasst den Rest von Körper, den er gedanklich nicht los wird. Hass steht hier für Systemkonsequenz: Perfektion und Absolutheit der virtuellen Welt, der Ideen. Er wünschte sich Matrix am liebsten als absolute soft ware, die ohne hard ware auskommt. Er wünscht sich ins Reich der reinen Ideen. Wird mit Smith das Virtuelle der romantischen Sehnsucht ironisiert, wie in jeder Form von Idealismus und Utopiestreben?

Zion

Morpheus hat den Schlüssel für „Zion“ – „das verheißene Land“. Die Mission der letzten Menschen ist  ein erneuter Versuch ins verlorene Paradies zurückzukehren. Auch die Erschaffung der Maschinen war einst der Versuch des Menschen ins Paradies zurückzukehren, indem er es sich erbaute. Aber dieser Versuch war gescheitert, er führte schließlich zur katastrophalen Herrschaft der Maschine, die der Matrix zur Täuschung der Menschen ein neues ‚Design‘ gab. Die Äcker, die der Mensch seit seiner Vertreibung aus dem Paradies bestellt, sind sein Paradies-Ersatz, seine Wirklichkeit. Mit der Maschine hat der Mensch seine Existenz pervertiert: Er wächst nun selber auf den Feldern als Futter der von ihm geschaffenen Maschinen.

Der Film zeigt, dass die Maschine das Paradies nicht ersetzen kann. Damit wird auch eine gewisse Utopie-Skepsis (wenn nicht sogar Utopiefeindlichkeit) formuliert. Bleib was du bist!, alles Weitere ist vermessen.

Der Mann, der gestorben war

Neo gelingt es immer besser sich so schnell zu bewegen wie Matrix. Der menschliche Geist, der Matrix einst erschuf, wird im Kampf um Sein oder Nichtsein fähiger und besser als die Maschine. Neo kämpft gegen Smith um die Herrschaft über Matrix. Aus dem anfänglichen Satz: „Ich bin nicht der Auserwählte“ wird die Gewissheit, dass er der Auserwählte ist, weil er es will. Er entwickelt ein Selbstbewusstsein, das im Bild der Auferstehung gipfelt, und mit der Kraft der Liebe richtet er die Welt der Matrix – eine Parodie des Jüngsten Gerichts.

Ein großes Happy-End deutet sich an: „Er ist es, der Auserwählte!“, erkennen Neos mitstreitende Jünger. Smith ist unsterblich, solange Matrix besteht. Die finale Phase des Kampfes beginnt mit der Kameraeinstellung aus dem Film „High Noon“: Wir sehen in Hüfthöhe, hinter Neo, also aus der Perspektive seiner Handwaffe, auf den Gegner im Duell: Smith. Gleichzeitig erfolgt der immer wieder eingeblendete Angriff der Jagd-Maschinen auf die „Nebukadnezar“. Am Schluss gelingt es der Besatzung den Angriff abzuwehren, indem die geschmeidigen krakenähnlichen Maschinen mit einem starken Elektroimpuls abgeschreckt werden – eine Parallele zum Film „20 000 Meielen unter dem Meer“ nach dem Roman von Jules Verne.

Im Endkampf gegen Smith und seine Agenten stirbt Neo vorübergehend, aber er wird durch die Liebe einer Frau wieder zum Leben erweckt: Trinity. Der Name bedeutet Dreieinigkeit (Gott Vater, Sohn und heiliger Geist = Morpheus, Neo und Trinity = Hoffnung, Glaube, Liebe). Trinity vollendet Neo in der Kraft des Glaubens (an die Mission Neos) durch die Liebe, sie ist die größte Stärke der Menschen und ihre entscheidende Überlegenheit: Maschinen haben im Unterschied zu den Menschen keinen transzendierenden Willen, keine Liebe – also keine Vision.

„Du bist nicht tot, weil ich dich liebe… Steh auf!“, sagt Trinity.

Natürlich ist die Logik des Satzes nicht ganz wörtlich zu nehmen. Es geht um das Wunder der Liebe, das dem Leben der Menschen den einzigen Sinn gibt (was auch die christliche Religion kündet): Die Kraft zu leben und eine Zukunft zu bauen, manchmal auch entschieden gegen die Logik. Logik ist keine hinreichende Lebensbedingung. Liebe ist Über-Logik, ist der Logik überlegen.

So wird der Film immer mehr zum Märchen. Trinity erweckt Neo durch ihre Liebe wieder zum Leben – Steh auf!, sagt sie ganz im Sinne der Wunderheilungen Jesu. Dazu passt D.H. Lawrence‘ grandiose Auferstehungs-Erzählung „Der Mann, der gestorben war“: In der Liebe gelingt unsere Auferstehung, unser Leben. Neo besiegt Matrix mit der Kraft der Liebe:

„system failure“

lesen wir am Schluss: Der Mensch hat sich selbst überwunden, aber nicht im Sinne einer echten Vision, sondern nur zur Bewahrung seines derzeitigen evolutionären Zustands. „…es liegt an euch…“, so lautet Neos letzte Verheißung an alle Menschen. Nur wenn sie glauben und lieben wie er, können sie sich aus der Gefangenschaft ihres (Matrix-)Lebens befreien. Die Philosophie des Films besagt: Dieser Zustand ist schon viel zu heiß und sollte am besten eingefroren werden. Ein konservativer Film. Trotzdem unterhaltsam, eine intelligente Mixtur von Mythen und Ideen. Aber leider auch ein bisschen dumm, weil das Film-Märchen mit der Idee der Zurückgewinnung des Paradieses entweder in die theologische Nähe simpler und naiv-pietistischer (Zeugen Jehova) oder raffiniert-behavioristischer Heilslehren (Church of Scientology) gerät oder genau das ist, was Karl Marx der Religion vorwarf: Sie sei nur Trost und Rechtfertigungsgrund der herrschenden Klasse. Die Masse der Besitzlosen in der kapitalistischen Demokratie wird durch den Konsum solcher unkritischen Botschaften in der Illusion privat machbarer Lebensherrschaft bestärkt. In der Herrschaft der Maschinen und der Matrix wird der amerikanische und der europäische Zuschauer nicht etwa die Herrschaft des Kapitals erkennen, sondern allenfalls den Totaltarismus überwundener Feindbilder, also Faschismus und vor allem Kommunismus. Die Unmenschlichkeit dieser Systeme wird in der Schwarzweißmalerei undeutlich und in der Choreographie der Gewalt verniedlicht. So gesehen ist Matrix ein Plädoyer für Ersatzhandlungen.

per aspera ad astra

Das Sci-Fi-Märchen ist zu Ende. Der Film noch nicht. Neo, Morpheus, Trinity und ihre Freunde beherrschen zwar Matrix und damit die Simulation der Wirklichkeit, aber nun muss der Kampf zur Befreiung von der Herrschaft der Maschinen in der Wirklichkeit folgen. Neo und Morpheus müssen zurück in die rauhe Wirklichkeit, in der sie einen viel schwereren Kampf vor sich haben – eigenartig, dass die Maschinen nicht zu Gunsten von Matrix mit Erfolg eingreifen konnten. Aber dieser Umstand ermöglicht Matrix II .

Um reine Logik geht es hier gar nicht. Wie in aller Science-Fiction geht es immer um Selbstreflektion des Menschen in seiner Gegenwart. Mit dem poetischen Trick der Zukunftsvision werden die gegenwärtige Menschheitsverfassung und ihre denkbaren Folgen ohne irgendeine gesellschaftskritische Relevanz nur gespiegelt.

 

 

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Matrix, USA 1999. Buch und Regie: The Wachowski Brothers

 

Bezüge, Zitate, Konnotationen

Religion:

Altes Testament [Sintflut, Arche Noah, Zion] 
Neues Testament [Neo-Messias, Cipher-Judas, Trinity, Weltgericht] 
Griechische Mythologie [Morpheus, Orakel] 
Babylon [Nebukadnezar]

Philosophie:

Platons Höhlengleichnis [Matrix] 
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra [Gleichnis vom Seiltänzer, der Übermensch]

Dichtung:

Werfel, Stern der Ungeborenen [Menschenfelder, Matrix-Aspekte, Erlöser-Idee]
 Orwell, 1984 [Sollipsismus, Zimmer 101] 
Lewis Caroll, Alice im Wunderland [das weiße Kaninchen, die Cheshire-Katze]
 Goethe, Faust [Homunculus]
 Dante, Göttliche Komödie [Neos Übergang in die Wirklichkeit: Inferno, Purgatorio]
 D.H. Lawrence, Der Mann der gestorben war [Auferstehung durch Liebe – Neo und Trinity]

Filme:

Stanley Kubrick, 2001 – Odyssee im Weltraum [Kampf des Computers HAL=IBM gegen den Risikofaktor Mensch] 
Jules Verne, 20 000 Meilen unter dem Meer [Abwehr der krakenähnlichen Jagd-Maschinen] 
High Noon [Zweikampf Neo – Smith / Western-Duell]

Andere Bezüge:

Kung Fu [Neos Kampftraining und Kampf mit Smith]
 Schrödingers Katze [verbunden mit Déjà-vu-Erlebnis] 
Uri Geller [das Kind des Orakels verbiegt Löffel / Sollipsismus

 

Vernetzt startete am 12. Oktober 1995 in den deutschen Kinos, vier Jahre vor einem Film namens Matrix.

Weiterführend  

Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Dieser angeschmutzte Realismus entzieht sich der Rezeption in einer öffentlichen Institution. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Daher sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten eindrücklich empfohlen. Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Mit den Novellen Cyberspasz, a real virtuality setzte A.J. Weigoni die im Band Zombies begonnenen Erforschungen der Trivialmythen fort. Er stellte existenzielle Fragen nach dem Wesen der Wirklichkeit. Cyberspasz spiegelt die entfesselten Welten des Digitalzeitalters. Der ´virtual reality` zieht Weigoni in diesen Novellen die reale Virtualität der Poesie vor und plädiert für die Veränderbarkeit der Welt.