Ausgeliefertsein an die Welt

 

Die weitaus meiste Kunst ist im 21. Jahrhundert ist notdürftig getarnter Agitprop. Die Artisten performen ihre Politik, das Resultat ist oft schlechte Kunst; gleichzeitig wirkt diese propagandistische Kunst kaum noch auf die Gesellschaft ein. Den Künstlern gelingt es nicht unterhalb der überregionalen Wahrnehmungsschwelle zu agieren, sie sind mit einer zunehmenden Irrelevanz konfrontiert. Die allgegenwärtige Spaltung der Welt wird von den Geistern der Vergangenheit mehr und mehr auseinandergerissen. Die Assoziationsfähigkeit wird entgrenzt. Komplexität wird durch ideologische Statements ersetzt. Das Publikum erfährt die Auflösung von Identitäten, das Konzept des Indigenen tritt an die Stelle des Nomadischen. Es geht nurmehr darum, Distanz zum Unaushaltbaren und zu den Wurzeln des eigenen Bewusstseins zu schaffen.

 

 

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Mikrogramme von A.J. Weigoni, KUNO 2006 – 2011

A.J. Weigoni, porträtiert von Anja Roth

Diese Bruchstücke aus der Realität sind verwandt mit den Miszellen (von lateinisch miscella ´Gemischtes`), dies ist eine Bezeichnung für eine Rubrik, unter der Kürzesttexte variierenden literarischen Inhalts veröffentlicht werden. Die Bagatellen sind der Versuch, Miniaturen gleichrangig nebeneinander aufzureihen, ein dichtes Gewebe, das seine poetische Qualitäten erst durch die Lektüre gewinnt.

Twitteratur ist eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt. Als Beitrag von A.J. Weigoni finden wir auf KUNO im Lauf der Zeit Mikrogramme, die ein feines, manchmal auch weitmaschiges Netz von Relais durchzieht: Schnittstellen, an denen zwischen Gegenständen, Wahrnehmungsperspektiven, zwischen Räumen und Zeiten hin und her gewuselt wird, und gleichzeitig zwischen verschiedenen Distanzen zum Beschriebenen.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur, sowie ein Recap des Hungertuchpreises.