Eine Erinnerung an Mateja Matevski

 

Wenn ich an Prof. Dr. Matevski denke, sehe ich ihn vor mir: große, schlanke Gestalt, gepflegt, im hellgrauen leichten Sommeranzug, „ein feiner Herr“ mit besten Umgangsformen und Manieren, freundlich lächelnd, aber auch hintergründig in seinen Beziehungen zur (damaligen) politischen Macht und deren Repräsentanten. Er war für kulturelle Auslandsbeziehungen zuständig. Und so war er auch der Partner für die österreichische Delegation zu den Struga Poetry Evenings im August 1982 in Struga am Ochridsee in Makedonien. Es wurde für uns ein offizielles Dinner gegeben, wir fuhren in schwarzen Limousinen, Staatskarossen, zu einem Restaurant am See und aßen dort die berühmten Ochrider Seeforellen. Es wurden offizielle Grußadressen ausgetauscht, ich war der vom zuständigen Ministerium in Österreich beauftragte Leiter und Sprecher der Österreichdelegation. Alles fand in einer eleganten Umgebung statt, man wollte sich von der besten Seite zeigen und dazu den humanen Tito-Kommunismus. Am Ende des ausgiebigen und lange dauernden Dinners wurde Kolo getanzt, alle miteinander an den Händen haltend in einem Kreis. Auch Dr. Valentin Inzko, österreichischer Kulturattaché in Belgrad, Kärntnerslowene, später nach dem Krieg und nach der Belagerung Sarajevos erster österreichischer Botschafterin in Bosnien-Herzegowina, jetzt Hoher Repräsentant der EU in Bosnien, tanzte mit uns. Das nächste Mal sah ich den Mateja Matevski in Skopje, wo wir eine Gemeinschaftslesung hatten, irgendwo auf irgendwen wartend, in der Hand ein grünes Plastiksackerl mit einer Flasche Wein darin. Das Lächeln war unsere Verständigungssprache, er sprach – wie alle Gebildeten auf dem Balkan, in Rumänien, in Bulgarien, in Albanien und anderswo – Französisch, das ich leider nicht kann. Nur ein paar in den frühen Sechziger- und Siebzigerjahren gelernte und dann herübergerettete serbokroatische Sprachbrocken konnte ich sagen. Trotzdem verstanden wir uns gut miteinander. Wir sind uns dann noch ein paarmal da oder dort begegnet, meistens auf dem internationalen PEN-Parkett, wo er den Makedonischen PEN vertrat. Ich weiß, daß er sehr viel später einmal in Wien eine orthopädische Operation hatte, ich erkundigte mich an der Botschaft, aber als ich ihn im AKH besuchen wollte, war er schon weg; ebenso wie aus meinem Leben. Er gilt als einer der größten Dichter Makedoniens. Dreißig seiner Bücher sind in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und publiziert worden. Und dabei war er stets so ein bescheidener und irgendwie unauffälliger Mensch, ein liebenswürdiger Kollege, ein Diener der Literatur.

 

 

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Schriftstellerbegegnungen 1960-2010 von Peter Paul Wiplinger, Kitab-Verlag, Klagenfurt, 2010

Wiplinger Peter Paul 2013, Photo: Margit Hahn

Weiterführend → KUNO schätzt dieses Geflecht aus Perspektiven und Eindrücken. Weitere Auskünfte gibt der Autor im Epilog zu den Schriftstellerbegegnungen.
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