Wellenbewegungen

 

Mit dem Erscheinen der Novelle Vignetten geht das bisherige Projekt Labor nach 20 Jahren in ein Label über. Wie alle Rebellen braucht auch A.J. Weigoni keinen Grund, er überschreibt in einer Art von Trauerarbeit eine Literaturgattung neu und praktiziert damit mehr als das sogenannte kreative Schreiben, diese Novelle ist – wenn man dem Nachwort von Enrik Lauer folgt ein Sich-Einschreiben in die Welt.

Es ist schwierig über die Poesie von Weigoni zu sprechen, ohne dabei auch sein Konzept von Raum und Ort zu thematisieren. Zu präsent sind sie als übergeordnete Topoi in seinem Werk, und das bereits von Beginn an. Der Rhein ist sein lebenslanger Bezugspunkt, der sich durch sein Werk mäandert. In den Vignetten stellt Weigoni mit der Poesie die Wellenbewegungen des Rheins denen des Nils gegenüber, und übersetzt sie in Wellenbewegungen des Lichts und der Gedanken. Wie auch bei seinen anderen Prosa-Projekten pflegt Weigoni die Form der Langzeitbeobachtung.

Jeder Text ist immer kulturell verankert, meist sogar mehrfach. In den Vignetten wird alles Spätere präfiguriert, es blitzt die Kunst der Verknappung und die Wucht der schmerzhaft präzisen Sätze auf, und schließlich setzt sich aus den Einzelteilen eine konkrete Geschichte zusammen. Diese Novelle erhält sich das prekäre Gleichgewicht aus Schönheit, Spannung und Melancholie bis zum Schluß.

Es geht diesem Poeten um theoretisch-philosophische Fragestellungen, historische Schwerpunkte und Formen medialen Transfers in den Bereichen Neue Medien und Intermedialität. Weigonis Kunst dient sich nicht als bildungsbürgerlicher Konsumartikel an, er stürzt sich ebensowenig in den Mainstream, weil dort die Nuance, um die es ihm geht, systembedingt sofort weggeschliffen wird. Es ist ein Brückenschlag zwischen der Poesie und den einzelnen kulturen Disziplinen (Kunstgeschichte, Philosophie, Musik) und leistet damit einen Beitrag zur Entwicklung einer Kulturtransferforschung, welche der besonderen Rolle der Übersetzungen bei der Überschreitung kultureller Grenzen gerecht zu werden vermag. Seine Bücher erscheinen in einer handsignierten und limitierten Auflage.

 

 

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Vignetten, Novelle von A.J. Weigoni, Edition Das Labor, Mülheim 2009 – Limitierte und handsignierte Ausgabe als Hardcover.

Ein Hörprobe findet sich hier. –  Die Aufnahme ist in HiFi-Stereo-Qualität erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de

Covermotiv: Peter Meilchen

Weiterführend →

Zur Gründung des Label. Ein Nachwort von Enrik Lauer. KUNO übernimmt einen Artikel der Lyrikwelt und aus dem Poetenladen. Betty Davis konstatiert Ein fein gesponnenes Psychogramm. Über die Reanimierung der Gattung Novelle und die Weiterentwicklung zum Buch / Katalog-Projekt 630 finden Sie hier einen Essay. Einen weiteren Essay zur Ausstellung 50 Jahre Krumscheid / Meilchen lesen Sie hier. Mit einer Laudatio wurde der Hungertuch-Preisträger Tom Täger und seine Arbeit im Tonstudio an der Ruhr gewürdigt. Eine Würdigung des Lebenswerks von Peter Meilchen findet sich hier.

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