Elektronorma

 

Peter Meilchen und Haimo Hieronymus setzen mit dem Projekt Elektronorma konsequent Konzeptionen aus den vergangenen Jahren gemeinsamen Arbeitens fort. Es ging 1997 bei Q-Watching um die Befragung von Landschaft und Landschaftsvorstellungen, um das gemeinsame Bewusstewerden des Sehens und Gesehenwerdens, auch um die Möglichkeiten und Grenzen von Material als Bild- und Ausdrucksträger. Dokumentiert in der Mappe Q-Watching ein oppulentes Bildwerk. Im Jahre 2000/01 wurde diese Frage zu einem Dialog, einem bildnerischen Gespräch über die Wahrnehmung der Realität. Die Ausstellungen beim Kunstverein Dorsten und im Museum Winterswijk konnten zu grundlegendes Fragen über die eigenen Postionen in der Gegenwart anregen. Das folgende Projekt „Flimmern“ musste dann abgebrochen werden, letztlich nur um Schlüsse für Elektronorma zu ziehen.

Die beiden Künstler haben sich das Spielen, die Reflexion über das Spielen zur Grundlage ihrer Kunst gemacht. Kunst als letztmögliche Form des Spiels. Sie verbinden, vergleichen, stellen infrage und finden letztlich für jedes Bild eine eigene Spielregel. Sie spielen auch mit Normen, fragen nach. Queren die betretenen Wege der Geistes- und Naturwissenschaften, nutzen deren Potentiale und kochen ihre eigene Kunstsuppe.

Es gibt sicherlich historische, kulturelle wie zweckgerichtete Gründe, die dazu führen, dass hier und inzwischen in ganz Europa der allgemeine wie spezielle Hang zur Normierung zunimmt. Alles, vom Apfel bis zum Highendgerät, wird durchnormiert, kompatibel gemacht. Genau hier liegt immer wieder eine Chance für die Kunst, sie kann sich entziehen, ausweichen, andere Wege suchen. Die Normierung befreit vom Druck sich neu erfinden zu müssen, eine Verweigerungshaltung kostet Energie. Synergien sind zum Markenzeichen eines neuen Turbokapitalismus geworden. Hieronymus und Meilchen gehen mit ihrem elektronorma – Konzept zu den Anfängen dieser Normierwut zurück. Dazu nutzen sie lediglich eine Ausgabe der Zeitschrift Elektronorm aus dem Jahre 1954. Die Texte und Schaltzeichnungen werden neuen Kontexten zugeordnet und so ob ihres Inhalts befragt. Ein zum Teil neckisch-ironisches, zum Teil sehr ernsthaftes Spiel mit Bedeutungen. Ob die Wörter „Pressmutter“ und „Drosselspule“ nun wirklich nur in der Elektrotechnik verstanden werden oder in anderen Umfeldern andere Assoziationen wecken, kann dabei niemals vorausgesagt werden. Die uns meist überwältigende Vielheit von Wortkürzeln, die uns täglich entgegenspringt, hinterlässt nur vage Erinnerungen. Die Bilder bedienen sich des eingefahrenen Jargons, verdrehen ihn und führen ein sprachlich-bildnerisches System schließlich an der Nase herum. Denn die Wörter und Bilder geben nur scheinbar vor etwas lediglich zu beschreiben, die schaffen immer auch eine neue Realität.

Vorgestellt wird auf der Ausstellung Elektronorma auch das Künstlerbuch Idole.

 

 

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Elektronorma, von Peter Meilchen und Haimo Hieronymus, Werkstattgalerie Der Bogen, in Neheim.