An den nachtblauen Falter

 

Auf dich, Schmetterling, habe ich den ganzen

Tag schon gewartet, deine meerblauen

Schwingen. Unruhig durchlief ich die Nacht,

Am frühen Morgen begann ich zu trinken,

Weil: ich hielt die Erwartung nicht aus. Und nun

Wieder Nacht, und mein Kopf voller Wein,

Und der Schlaf kommt nicht, bevor du nicht

Kommst. Weithin dein Flug, von der

Baltischen See her, und immer zu mir, auf der

Flucht vor den Krähen, die aus Norwegen

Sind. Dein Blick – süd-skandinavisches Licht

Unter der gleichmäßigen Schwinge,

Wenn du in den heimischen Schlag kehrst,

Nektarperlen im Pelz und Blütenstaubduft: Auf

Dich habe ich den ganzen Sommer gewartet.

 

 

 

***

Die Redaktion erinnert an: Bodenkunde, Gedichte von André Schinkel, Mitteldeutscher Verlag Halle 2017

Weiterführend →

Lesen Sie auch das KUNO-Porträt des Lyrikers André Schinkel. Hier findet sich die Würdigung von André Schinkels Prosa, sowie die Rezension Von Test zu Text, von Raum zu Zeitraum.

 → Poesie ist ein identitätsstiftende Element unsrer Kultur, lesen Sie auch KUNOs poetologische Positionsbestimmung.