Wonach trachtet das Haar?

 

Nicht billig ist immer, was später vervielfältigt preiswert zu erwerben ist. Was erworben wird, weiß in der Regel nichts von seiner Billigkeit. Wir aber wissen, daß die Geschmacksknospen aufblühen, wenn sie von wie immer markierten Flüssigkeiten beregnet werden.

Unsere Frisurenköpfe, Erworbenheiten unseres Geschmacks, sind sie Blüten, die auf Literatur reagieren? Oder (wie) reagiert diese auf sie?

Bleibt nur, das Verfahren, das Ganze aufzulösen. Das Haar in die Frisur zurückzuführen. Wer erzählt solche Geschichten? Nach der Auflösung des Ganzen kristallisiert sich Einzelnes nicht mehr heraus. Auflösung nach einer Erschütterung, Erschütterung aufgrund der zehrenden Absichtserwartung einer Katastrophe, und wir finden „das Ganze“ in einem gänzlich fremden, unbedeutenden Detail wieder, das selber immer schon sein Ganzes, etwas, worin es ein Zugehören begründen kann, gesucht hatte. Identität, sie sucht Fühlung immer nur dort, wo die Ähnlichkeit zum Verlust nach immer d e r Heimat fahndet, in der alles Scheitern eine, weniger die eigene Geschichte weitergetragen hat. Keine Identität, keine Haartracht. Wonach trachtet das Haar? Nach Niedertracht (wie bei dem, dem das Haar so platt gefettet war an den Kopf, daß man es fast nicht mehr sah) ? Oder doch: wieder nach seinem Gespaltensein, der Zwietracht?

 

 

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Pro toto Typen, von Angelika Janz, KUNO 2023

Weiterführend  

Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an die visuellen Arbeiten von Angelika Janz. Und nicht zuletzt, Michael Gratz über Angelika Janz‘ tEXt bILd