Bonn, 7.6., am Bücherkarren

 

Lieber Herr Jo,

ist das Ihr Ernst? Sie attestieren mir, mein Schweigen sei vielsagender als das tiefsinnigste Geschwätz? Das hieße ja, einer faden Tautologie inhaltliche Substanz zuzugestehen. Will ich das? – Wie dem auch sei … Als hätte Pirandello mein flehendes Schweigen erhört, stand er schon auf seinem Balkon, als ich mein Rad am Rasengeländer anschloss, um mir am Bücherkarren die antiquarischen Neuzugänge anzusehen. „Lesen Sie nicht so viel!“, rief er von oben. – „In den Büchern begegne ich der Welt“, antwortete ich. – „Sie begegnen da nur einer Welt aus zweiter Hand.“ – „Aber von Erfahrung gefiltert“, sagte ich. – „Ihnen fehlt die tägliche Auferstehung“, sagte er, wandte sich ab und verschwand.

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

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Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.