„kul-ja“? Schon cool!

Jedem Zauber wohnt auch ein neuer Anfang inne;-)

Soviel Anfang war selten, denkt man hoffnungsfroh immer wieder, wenn sich ein neuer Verlag vorstellt. Während der Pandemie ist alles im Umbruch und das sind stets die besten Zeiten, um Neues zu wagen. Auf der einen Seite stehen die klassischen Verlage, die händeringend nach neuen Konzepten, Ideen und Finanzierungsmodellen für ihren oft unbeweglichen Verlagsapparat suchen. Hier herrscht gerade Schockstarre. kul-ja! ist ein unabhängiger Buchverlag, er wurde am 19. Oktober 2019 in Erfurt gegründet und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Thüringer Verlags- und Literaturlandschaft zu bereichern und zu erweitern. Verlagsgründerin ist die Autorin Julia Kulewatz, die ebenfalls die Leitung von kul-ja! publishing innehat. Sie überschätzt sich jedoch nicht und hat sich noch weitere kreative Partner gesucht, weil sie die Aufgaben nicht alle selbst abdecken kann: Lektorat, Übersetzungen sowie Grafiken, Fotografien und Illustrationen. Zum Verlagsteam gehören daher der Philosoph und Literaturwissenschaftler Stephan Herbst, als Lektor und stellvertretender Verlagsleiter sowie die Sprachwissenschaftlerin Bianca Katharina Mohr, als Übersetzerin.

In einer Szene, in der Literatur vom Mainstream dominiert wird, brauchen wir unabhängige Verlage, die nicht von einem Konzern organisiert werden

Der Name dieses Verlages setzt sich aus dem Nach- und dem Vornamen der Gründerin und Verlagsleiterin Julia (-ja) Kulewatz (kul-) zusammen. Das „ja“, gefolgt von einem Ausrufungszeichen, steht zudem für ein „Ja!“ zu coolen (eigene Schreibweise des Verlages: kulen), optisch wie inhaltlich außergewöhnlichen Büchern. Außerdem soll damit die Überzeugung zum Ausdruck gebracht werden, dass es immer erstrebenswert ist, seinen Traum, auch in Krisenzeiten (KNV-Pleite und gegenwärtige Pandemie), in die Realität umzusetzen (und in Büchern zu gestalten). Das „publishing“ anstatt „Verlag“ macht die nicht allein deutsche, sondern internationale Ausrichtung des Verlages deutlich. Das Motto des Verlages lautet: „Nur echt mit dem Kulibri“. Der Kulibri ist das geflügelte Wappentier des Verlages, ein Kolibri der besonderen Art, denn seine Flügel bestehen aus beschriebenen, flatternden Buchseiten, die ständig in Bewegung sind. Das Verlagslogo ist zudem in einem Kugelschreiberblau gehalten und mit „Kuli“ handschriftlich umgesetzt. Der erste Teil von „Kulibri“ („kul-“) verweist erneut auf den Familiennamen der Verlagsgründerin; der zweite Teil besteht aus dem Wort „libri“, das aus dem Lateinischen übersetzt „Bücher“ bedeutet, wobei hier „libri“ ebenso auf „libertas“ (aus dem Lateinischen: „Freiheit“) verweist. Das „l“, das sowohl zum ersten als auch zum zweiten Teil gehört, verbindet beide Teile miteinander.

Ein kreativer Gemischtwarenladen

Die literarische Grundausrichtung des Verlages ist im Bereich Belletristik (Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Anthologien) anzusiedeln. Dabei ist der Verlag nicht auf ein spezifisches Genre festgelegt; zum einen, wie der Verlag auf seiner Homepage angibt, weil Genres nicht immer trennscharf sind und sie ineinander überlaufen oder sich gar miteinander vermischen können, zum anderen, weil sich nicht jedes Buch eindeutig einem Genre zuordnen lässt. Als Beispiel führt der Verlag selbst die Aufzeichnungen aus dem Kellerloch von Fjodor M. Dostojewski, Reise ans Ende der Nacht von Louis-Ferdinand Céline und Der dunkle Schirm von Philip K. Dick an, allesamt Werke, die zwar zur Belletristik, jedoch nur schwer einem bestimmten Genre zugeordnet werden können.

Start mit der Königsdisziplin der Literatur

Im April 2021 erschien mit den Orkaniden, den Sturmgedichten von Julia Kulewatz, das erste verlagseigene Buch, eine zweisprachige Lyrikausgabe. Die Orkaniden versammeln insgesamt 30 Gedichte von Kulewatz. Die zweisprachige Ausgabe wird komplettiert durch die englische Übersetzung von Bianca Katharina Mohr. Die Gedichte werden zudem von 10 Illustrationen der Künstlerin Jantien Sturm begleitet. Das Wort „Orkaniden“ ist eine von der Autorin geschaffene Bezeichnung. Titelgebend ist dabei das älteste Gedicht im Buch, „Orkanide“, das bereits 2012 entstand. Bei den Orkaniden handelt es sich um weibliche Sturmwesen. Kulewatz betrachtet damit das vordergründig männliche Element der Luft von neuer poetischer Seite. In ihren Gedichten finden sich Themen wie Transformation von Schmerz, weibliche Kraft, das Erheben der eigenen Stimme, aber auch das Dichten und Schreiben als Selbstvergewisserung des Lebens sowie das Atmen und Eintauchen in das Lebendige der Welt. Die in den Gedichten auftretenden Motive Wind und Wasser öffnen jenseitige Gedankenräume, ein verheißungsvolles Land. Die Verse singen von Liebe und Schönheit, malen Sehnsucht und Erwartung, sprechen von Abschied und Verlust. Neben den Gedichten und der Übersetzung enthält der Band ein Vorwort der Philosophin und Literaturwissenschaftlerin Dr. Annelie Freese sowie ein ausführliches Nachwort der Übersetzerin.

Darüber hinaus ist mit dem Scheidungsmops von Jessica Deußing der erste Roman angekündigt. Dieser soll im Herbst 2021 erscheinen.

 

 

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Orkaniden, Sturmgedichte von Julia Kulewatz. kul-ja, 2021

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.