Die Welt ist, was der Unfall ist

– über die magischen Momente von Almuth Hickl

Mit großer Beharrlichkeit und spielerischer Leichtigkeit widmet sich Almuth Hickl versunkenen Kulturgütern. Seit jeher hat sie sich für triviale Maschinen interessiert wie der Sofortbildkamera, dem Photokopierer oder dem Internet als Weltarchiv. Ihr ist eine stilistisch überpointierte Art der Wahrnehmung von kulturellen Produkten aller Art zu eigen, von Literatur über Musik, bildender Kunst, die am Künstlichen orientiert ist; oft gehören diese Werke der Trivial- oder Popkultur an, die hier jedoch nicht gedankenloser Zerstreuung dient, sondern eine ästhetische Umwertung erfährt.

Eine Reihe beschäftigt sich mit dem Objektcharakter der Compact Disc (CD) bei dem das Coverdesign eine andere Bedeutung erfährt. Das Wort Laserabtastung war gleichsam eine Botschaft aus der Medienzukunft. Die HiFi-Stereophonie bedeutet räumliches Hören und hohe musikalische Klangreinheit, bei einer guten Abmischung. Es ein erhabenes Ereignis, eine irisierend leuchtende CD auf dem Jewelcase zu heben, in den Schacht einen Players einzulegen, auf mechanischem Weg die Strecke zur Laserabtastung einzuleiten und anzuhören; sich – bestenfalls – mit einem Kopfhörer hinzusetzen und ein Hörbuch durchzuhören bringt einem den Künstler und der Kunst so viel näher als alles, was man sich online ­als Klangtapete runterholen kann. Die Künstlerin stellt damit auch eine Frage über das analoge und das digitale Schauen. Und hält man einige dieser Objekte vor das Ohr, erlebt man ein klangakustisches Ereignis.

Bedurfte es früher einer technisch hochwertigen Bilddokumentation, so befindet sich nun in jedem mobilen Telephon – neben anderen Gimmicks – eine Kamera, mit der sich hochauflösliche Bilder herstellen lassen. Dies versteht Hickl als Herausforderung an die Kunst. Bei ihrer audiovisuelle Forschung interessiert sie sich für die kleinen Veränderungen, die Auswirkungen all dieser selbstverständlichen, nützlichen und erschwinglichen Technologien. Diese Artistin begibt sich in einem künstlerischen Prozess für das ´onomato`-Stipendium auf die Suche nach Klängen, die an das Schwirren eines vorbeifliegenden Pfeils erinnern. Das Arbeitsvorhaben von Hickl sind die Erkundungen akustischer, kommunikativer, sowie optischer Möglichkeiten eines neuartigen Klangkörpers und ihre mathematische Folgerichtigkeit. Sie findet und erfindet überzeugende Bilder und vor allem Töne für das Zusammenschnurren der Zeit und nimmt den Betrachter mit in die Spirale, in ein Netz aus Verbindungen. Zwischen dem analogen und dem digitale Schauen und Hören bleibt die Schnittstelle der Körper.

Digitalisierung braucht das Zusammenwirken aus einer künstlerischen Idee, Wagnis und Versuchen, welche sich aus der Zusammenarbeit unterschiedlicher Expertisen ergibt, eine Art von assoziativem Schauen. Das Ergebnis ist bei Almuth Hickl keine Gegenüberstellung des Analogen gegen das Digitale, sondern eine Bereicherung, die sowohl die Experten wie auch viele Betrachter zu beglücken vermag.

 

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zu sehen auf der Ausstellung:

Technische Probleme, Jahresausstellung im Künstlerverein onomato, Birkenstr. 97, Düsseldorf. 13. April 2019, ab 19:00 Uhr.

Weiterführend →

Ein Porträt der Hungertuchpreisträgerin Almuth Hickl findet sich hier.

Und außerdem im KUNO-Archiv, ein Hinweis auf die Ausstellung Freibank. Einen Essay zu den Aktionen im Rheintor finden Sie hier.